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3 ^93^

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^reinsten

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S3cgliicfmtg btt äSeitfcbett

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ÖcfeUfcfjafrltcfjeit geben/

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D. 3ofjatttt 0öttÜe5 ^«rcF^arbt/

a f}oe bec »eutfdjen @»angelif<&eft öe meinte t«t t e c @ a ö 6 1) iit Co n ton.

3 n> e e t t t 33 a n ö.

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3tt bet ©uc^anblung beö 2Baifenf)rtufe$ in (SömttiijTiotw

1 7 94*

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6 &}3 t,

. 5. /

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I

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SS o f r e i> e.

ber <£i’fdjeimmg Mefe^ jmeefett SBanj be3 meinet* ^rebigten §uc 23eghufung £>er ^enfefjett im gefeUfd)aftli4)en£e6eti/ fjabe icf) eben nidjtS $u ertnnent, a(3 ba£ et* mit bem erfien ein ®an$e$ au^madje, tinb bag betbe a(S ein ^afjrgang öon ^3rebigten übet; eine c^vtfHtc^c ©pecial * ©ifteniefjre angefe* fjen werben fonnen. £)ie SSertljeifung auf > alle ©onntage burc$$ ganje ^arjr fann fe^t* leicht gemacht werben. £Bifl man fte nad) t>ei* 0tei^c lefen, fo finb biefe jwep SÖa'nbe, beren jeber brepjsig ^rebigten entfkUt, auf jeben ©onntag in ben jroep unb fünfzig djen be$ 3afjre$, ntc^t nur juretdjenb, fon* bern man bemalt aud) nod) ad;t 3)rebigten für

)( * Sefc

18949-2

IV

95 o v r e b e.

gefttage übrig. Sftan brauet ftcb aber auch nicht fo pünftlid) au biefe Orbnung $u bi n- ben, fonbern famt ttad; belieben gerabe bie* jentge Materie trabten, über meld;e man tu roao ju lefen münfcbt, unb ba$u mirb bat* am gebangte Scegijfer über ben ^nbalt ber <Pre* bigteti in beiben Sbetlen bienlicb fet;n.

deinem erflen 0ttmurfe genta'ß finb f>icr bauptfddjüd; foldje Materien abgebam beit roorben, meldje bie Religion mit unfern ©efcbdften unb bem aüta'glicben feben per* btnben. $83enn biefer 3n>e<f erreid;t werben foüte: fo mußte freilid; mancher befonbere ©egenjtanb Porfommen, welcher gar tue Ijt, ober feiten, auf ber ftanjel abgebanbelt wirb, unb gleicbwol aufä innigjte mit ben gewöhn* lieben ^öünfebett, SSebürfnifien, Arbeiten unb Vorfällen ber Üftenfdjen oerwebt i(h ^^cb giebt bie StuSfübrung eineö feieren befonbertt Jjpauptfa&eb einer ^rebigt aud; eine fd)bne

©eie*

o r t e & e, v

©efegenljett, ftd> ein meitereö &ur tracftung Dieter andern unt) allgemeinen Sßafjrfeiten ju eröfnen, unb tr>trt> beni&uett gleid; , roclc^er einen geringen Urfprung fjat, aber im Fortgang immer mefjr anfcfroillf, unb ftcf jutejt ein unüberfefbarer Strom ine TDZeer ergießt, £enn atle SSafjrfeiten ber Religion,, fte mögen ba$ Riffen ober ba$ £fjun, ben ©lauben ober baö £eben betreff fen, fangen n>ie ©lieber in einer ^ette farnmen. 3n unfern geiten mirb e$ aucfj mefjr al$ jemals nötfjig, gemiffe begriffe, als bie über ©leicff eit ber Sttenfcfen grei- feit ©efj orfam gegen bie Obrigfeit u. f. ro* im SSolfeunterricf te immer mef) r aufjuftdren unb ju betfimmen, weit auö ber SSermirrung unb bem Sfti§berjtanbe berfelben Diel <£lenb entjteft, unb roeil eine SveligtonSroafjrfjeit nur'alSbann erft recft toirffam unb beglu* tfenb roirb, wenn fte ficf burcf ben S3erfton&

)( 3 ben

I

vi hortete.

ben $3eg in$ Jg>cr$ baljnt, u nt> btc

$ß3drme unt) bae ©cfüljl beö Jperjenö ntdjt in £ike unb falfcfje 33egeificiung auöartet, fonbern t>ui d) ba^ £idjt bcr 33ernunft gelei¬ tet roirb. Slftan meubc mir niefjt ein, ba£ matt nidjt nötfjig habe, einen ^^rifien, beffcit £er$ burd; 0otte$ 0cirt erneuert unb cjc^et= ligt tji, ju felgen befonbern Sugenben $u er» muntern; baf? er e6 fehon felbji tmfie, tute er fi'cf) bep einigen SSerhdltmfiett unb Uniftdnben be£ geben* ju uerfjalten habe, unb baf? bon felbn ante grücfjte erfolgen, wenn bic $Ö$ur» jel gut if?-. Mein tbie manche Pflicht unb Sugenb rnirb berfdumt, meil man nid)t ba» rinn gehörig unterrichtet ifi, unb ba$u auf$ neue ermuntert mirb.

3d; banfe hiermit allen greunben unb greunbinnett, tbcfdje biefee 5Berf burd)

%

0ubjcnption unterfingt h^ben. Sa ftd) bar» unter aud) fold;c fxnben, meldje nidjt ju um

ferer

93 o r r e b e. vii

fever Ätrchenpartfjep gehören: fo tverben fie eg um t>effo lieber feljett, toentt hier fetn Stampfplafc über ©eheimnifle u«t> Unterfchet* bungelehren erbfnetijt, unt) tvenn fte lauter foldje @d^e abgeljanbelt ft'nben, tvelche unbe* zweifelte unb unbejhüttene Wahrheiten ber Sveligion enthalten, worinnen rttd;t nur £uthe* rauer, ftalviniÜett unb $atfjolifen, fonbertt auch alle vernünftige ?0?enfd)en überetnfHm^ Uten. ©$ wirb biefeS zugleich im AuSlanbe $um 3$etveife bienen fbnnen, wie frtebüdj unb bulbfam alle SKeligionSpartfjepen in £on* bon unter bem 0d)u^e ber ©efe|e bepfam* men leben. (Sott verhüte nur, bah jtatt be$ Aberglauben^ nicht Unglaube, ftatt beö 35er* folgungögeijteS nicht ©leichgültigfeit gegen alle Religion unter un$ einreihe, unb baf$ tvir über Sftebenbingen nicht bte ipauptfa* che tvahre ©ottfeligfeit auS bctt Au* gen verlieren! ©r fchenfe un$ allen einen

)( 4 ©lau*

viil 93 o r 1 1 b c.

©tauben / ber bur ch bte Siebe tbdttg tftl 3ct) bin büllig baoon überzeugt, bagbaS, n>a$ in biefen 9>rebigten borgetragen mirb, roafj* reS ©fjrigentfjum \{i ; unD ic$ bitte ©ott, mie SßauluS für feine ^fjilipper unb (Eolojfer, für alle meine geliebten Su^orer unb Scfer, bag ihre Siebe je mehr unb mehr reich »erbe in allerlei) (Jrfcnntnig unb Erfahrung bag fte prüfen mögen , »elcbeS ba$ bejle fei) bag fte erfüllt »erben mit ber Qfrfenntnig feineg ^Bittens in allerlei) geldlicher 2BciS* beit unb 23erganb bag fte »anbei» »ür* bigltch bem £)errn $u allem Gefallen unb fruchtbar fet;n in allen guten Wertem Sonbon in ber 0aooi;, am i3.^ooember

1793-

3nhalt

IX

3 n M ! t

t>er 3ket>icjten jur 28e$lücfutt9 fcer SDJenfdjm im 9C|tUf^ßftlid)en £c5eri*

^nfyctlt Des crflcn 23anDcS.

<£c(lc Pteöigt.

&ie ^raft 5e$ ©jtifient&utnö in $5ilbung guter unb

nüjlic&et 50ienfd)en für aüe ©tänbc t ©eite i

■Streite pre&igt.

£>ic SSeteljeit unb @üte töottce in 5er 93erfdjieben;

()eit unferer SebcitSart ; ; s j x$

^Dritte preötgt.

(EinfTug 5er Sffievfe 5er Ä'unjt un5 5e$ $leijjc6 auf

5a$ SBol;l unb bic ©itten bcr 9J?enfcf;en > * 41

Vierte preöigt.

93on 5er Sßafjl eineä Berufs 1 « 5 6\

fünfte preöigt.

£)ie Stimmung bcr jvinber ju einer getriflen Set

beneart ; t t s ; ; 8 f

)( 5

x 3 n \) a I t.

0ec^fle prebigt.

Ser SSofjlftanb einer frommen gamilie <

Seite 96

Siebente prebigt.

Sic ‘Pflidjt bei SKcifteri unb Sterlings :

t 1 12

2(d?te Prebigt.

Spittel wiber SOtfjjgunft unb 5ftaf)rung$neib

< 128

neunte prebigt.

Erleichterung öcc S3efd)tucrlid)feit unferer SSerufi;

gc|'d;äfte i t t t 144

Zehnte prebigt.

Sfli ©lücE einer Leitern unb froljen ©emütf^art t 166 örlfte prebigt.

lieber ben Eigenfmn t t t t 184 3reolfte prebigt.

lieber mürrifdjci $83cfen unb üble Saune * < 203

iDrei3cf?nte prebigt.

Saö ©lücf unb ber rechte ©ebraud; gefunber ©in ne 216

Vierjeljme prebigt.

Set Eljrift bei; Äratrt(;citen t t 231

5unf$cf)tite prebigt.

Ermunterung jur Scmutl;, 23c|'d;cibcnljcit unb

SBol)lfl«nb t } } > ( 248

0fd?63

XI

3 ti M 1 1

i

0edje3 c^nte probigt, SS?a^r«>eit6(ic6c unb ^(ufricfjtigfeit s

©eit« 264

(3ieben5ef?n:c prebigt.

SBarnung für $Rü£iggang unb Gürmimtcrung jur

2lr6eic|amfeit ; s t e 383

2Jd)t3efmte peebigr.

Zie Quellen M ©egen$ in unfern 3?>mif$ge(cl;äften 303

. v . i

VZ«ui»3cfjnte peebigt.

Gnnpfeljlung einer vernünftigen ©parfamfeit t 325

oajßM3igfic prebigt.

23 ott ter 3nfrieben()«it < ; t 1 343

£in unb 3a'ßn3igftc prebigt.

3f6maf)nung von angfllidjcn 9?n()tungSforge» > t 367

3i»ei unb 3tc«tt3igfle prebigt.

Ue6cr bi« u>af>re Sreimbfcfjctft t t t 389

Drei unb 3tt>;tniigfie prebigt.

25«tvaf)ruttg vor ben ©ünb«n großer ©tabte ; 403

Vier und 3u?an5igf^e prebigt. lieber bc.n SSSertf) unb @e6raud) beö ©c[be$ t 420

5unf unb 3tD«n3igfle Prebigt.

Sfyuc embern, tva» bu itillfr, bn$ ftc bir tljmt feilen 440

©ccl?*

/

xn 3 n Ij a I u

©«4)8 unö jcuanjigfle preöigt,

3«£>cm ba$ ©eine! j t ©eite 469

Sieben unö n»an3igfie preöigt,

25er (Staubiger unb ©cfniibner t ; t 476

2td?t unö jroftttjiglte pceöigt.

Cf)ii(l(icfjeö 33er(;a(tcn bei; *Proccf]cn t t 491

Heun unö 3u?an3igfle preöigt.

23on ber SBicbeccrflattwng t s t 505

J>rei$igfte Preöigt»

53on ber 3Menbung unferö $öcruf$ t t 52?

3«MH

I

XIII

3 it M l t

t> e $ j tt> e e t e n 23 a n t> e

SEtfte predigt.

93oti bet ©(cid^cit fccc SDienf^en i t ©eite t

t

ot veite predigt.

fßott Der maljrett jm)l)eit s t i * 23

dritte predigt.

S3om ©eljorfctm gegen ©ejefj unb öbrigfeit ; 45

Vierte predigt

(£fjt:iftlid)e 'QJicnfc^ctiliebe / alö baä beflc Mittel juc

Söeglücfnng be$ ge|e[l|d)aftlid;en £e6en$ i *6?

fünfte predigt.

©cgeiifcitige ‘PPidjtctt be$ Jpau^PanbcS 1 1 80

(Sedjfte predigt

Set £fjrip im Kriege i t * # ioi

(Siebente predigt.

<2>d)ciblid)e Schert be3 Eu.tHf t t 1 uo

Sichte!

XIV

3 n a l t*

2ld;te ptedigt.

Setracfcftmg über Me ®d)i|fa[)rt t t ©eite 140

1

Neunte pteöigt.

S5en ber SSorfufjt unb iviugfjeit ; < t 156

oetjme Prebigt.

SSon bcr Umgittglkfjfcit be$ Sfyrijicn 1 t 9 174

%

itlftc preöigr.

£(jttjr(idje$ $3cd)a(ten im Umgänge mit fremben 3\e;

ligiensvcucatiMcn t t t t 194

^ \

otcolfte preöigt.

95en bem 3tufccn be$ 6ffcntlic^cn ©otrcebtcnftcS s 110 sDrcyjcTprttc Prcöigt.

33on bem meijcn ©ebraudjc unfercr futjen üebenejcit 117 Vicr*ef?rtt2 prebigt.

2>iber ben ©elbfcmotb t c t t 243 5unfjel?me predigt.

$rcf?grunbe 6«; 'Sebeffäücn nafjer 33ern>anbtett 1 i6o 0cdi?S3el;mc predigt.

*PjIid?tcn gegen Me Verdorbenen ; 1 * 276

0iebetijef?nte predigt.

Von ben ©ünben der 2ftcnfc$cn naefy tyrem $obe 1 294

3 dpt«

S n M i t.

XV

2J<$t3cbnte pceöigt.

5Die $f)icre atö Jefjrcr ber 53ien(cl)en t

©eite 31J

£>er $rü(jting

STcunje^nte Pceöigt.

> i t i t

t 33s

&er ©ommer

3axm3igße pceöigt.

fitii

342

2>er

£in unö 3rr>An3igfle Pceöigt.

%

S i S i i i

; 3 6s

3a>ei unö stonnsigße pceöigt.

$er Sinter t t ; ; < f < 3;S

•I''

2>rei unö stonnjigfle pceöigt.

^fe|u5 nnfer 93orbilb in Jeiben < » < > 387

Vier unö 3tr>«n3igfte pceöigt.

SSem Sieberfeijn in jener Seit / $ 1 t 40+

$ünf unö 3n?an3igfie Predigt.

Sertf) unb ©lücf einer fnifjjeitigen Jrömmigfeit t 424.

I % ^

0edj s unö 3a^n5ig(le pceöigt.

Sarnung vor bem lüD2ijj6rauc^ ber grffjjern £rfennt<

nijj unb $ret)()eit unfern 3«italter$ t t t 440

Sieben*

XVI

3 n M 1 t

Sieben utiö 3aj«ti3«g(le prcbigt.

$3on ber SÖefjutfatnfcit im Urteilen über ba$ Jjcrj

unfern- 3?ebenmenfd)en ; t t ©eite 454

2Id)t uttö 3tuan3igfle PteDigt.

Söon ber tSMjjisung unferer Söcgierben 1 1 * 469

tTeun uttö 3n?an3igfte ptcöigt.

Sßon bem f>6c^flit)tc^ttgcn SBcrfe ber ^3etbeffctung

unferer ©ccle t t * * * * 485

£>teifjigfte preöigt.

'^mveifung, ein waljrer <£(jn|t ju werben, ju fei;rt

uub ju bleibfit 1 t 1 s t t 5 1 0

iStjic

9? a $ t r a 3

jum €>ubfcubcntcn*93cr$eic$ni§.

25.

Sie Herren 33cuer. 55aum6a$. Cf. 35in<jer. $• !Q3crgc$ in Siorenj. $lj. Cf. QManfenfjaaen. £. Sutt. 33>ut* mcftcr. ©. Srucfer.

<E.

^»erc Stättur.

3D.

Jperc Siebricfifen.

5.

.£err Sce^tag, .£6n. ‘Preujj. (Eonfuf in Sonbon, 2 (?r«mpf.

<£.

3§tc Äonigl. ^o^cie, &ie 9)rtnjej]m ©opljie t>on ©(oucefter. .

Jpert Q5. ©raupner, unb <5. ©ieferoeß.

-&

©e. .£od)m. ©n. her Äifdjoff von Jpereforb , Sr. 93utt* ler. .£err ^>ofmei(ler 2 (Srernpl. £r. ^icfel, i?. %. •£>ofmal)lcr von SSien.

».

Jpetr £. 3\altf;&&er «nb 93?amf. S. 33?. Äard^eriit.

rtr.

m.

'©urcfifiiudEjf, t)ie regierende Jjerjogin bon 9K«cf* fcn&urg» ©cfyrcerm.

' - n

Jpertr 3. Sfteyer , unb 23. sU?men$.

n.

•Jpett Slijjen , Ä&nigl. Preuß. donful in £i»erpoU

P-

Jgietrt ‘P. 'Polanb.

K.

Jperr lebten. «^>crr ©e{j. £cfjation$ratb SRcnfnet in 53«rK»h

SOiijj 9iicf)ftrb.

<3.

Jpcrr ©cfjufj, Sftotar. ‘Pubf. 21. ©torfe.. 31. ©mit?) m ‘Petersburg,

C.

JDie Herren ‘Sielfe unb 'Jolfien.

IV.

J}>m <£. 2Beigcn6orn unb 2Binflcr.

C£t(Te

I

fZtfic ptebige*

(Bon bet ©leid&^eit bet: 90?etif$em

CSiro^r ^^pfet* un^ ber ^Henfcfjen , bu \J fjafi gemacht, bafj oon einem 5Mut aller $ften# fd?en ©efd)led)te auf bei« ganjen ©rbboben mofjnen, unb &aft :giel gefe&t unb juuor uerfeljen, mie längs unb meit fte mof)nen follen, £)u btffc nid)t ferne Pott einem jeglichen unter uns, benn in btt leben, mcben unb ftnb mir. &or bir, bu 2Ulerf)öcblter, ftnb mic alle gleich. Tlüed, mad mir ftnb, Ijaben mir allein beiner freien ©nabe ju banfen. Sßit (jaben alle eis nerlet) Urfprung unb 23efiimmung; ftnb alle gleichen @d)macl)l)eifen untermorfen, unb f)aben alle ein grofs feS 3^1; b*c ^wigfeit bor unö* biefe ©leid)*

^eit uns XJemutf) unb $ftenfdjenliebe lehren, bafj mit bicfy, als unfern gemeinfcbaftlidjen $>atet im J^lmrnc elften, und aber auf ber ©tbe untereinanber ald ©e* fcfymifter lieben.

©6 l;at bir aber aud) gefallen > betne grafte un& ©aben nach einem öerfd)Kbenen 9flaafje aud^utfjeilen/ unb einen großen ,Unterfd)ieb unter ben ÜRenfdfett einjufu^ren. 9ftöge bod) nun ein jeher in feinem Q5es ruf unb ©tanbe bad tlntn, mad if)m obliegt, bamtf

, Swcit« tbtil. 21 b8C

2

Cßon bet ©!eid;ljett

ber gemeine 9ftu£en baburd) beforbert werbe. Sftoge ein ^eber ber SHSefC mit bet: ©abe bienen, weld)e ec ton bir •erhalten fyat, unb nicht nur auf fid), fonbern auch auf baS beö ©anjen fe^en , bamit Dbrig<

feiten unb Untertanen, ie^rer unb gu^orer , ©Item unb Äinber, ©ebwaebe unb ©tarfe, £Keid)e unbTlr* me, £Beife unb ©infältige, bureb gegenfeitige 'Oienjt* leiftungen beglucft, unb bureb bie innigfien $5anbc ber Eintracht, beö 503o^ltt>oUenö uhb ber t^atigen iiebe bereinigt bleiben, bis mir aus bem jejigen ©tan* be ber Unboüfommfieit unb Prüfung bureb einen feit« gen ‘lob an ben Ort fontmen, wo ftcb ade 3Beife unb ©ute beö menfeblieben ©efd^lecbts berfammeln, in bir ewig felig ju fet;n ! kirnen.

$;ejrt: Üuc. i,5i 53,

©r übt (Bemalt mit feinem 21rm, unb jerffreuet bte boftdi’tig ftnb in ifjree iper$en$ ©inn; er fiüftet Die©eroaltigen t>ont ©tufjl/ unb erbebet bie0enbeit, bie hungrigen füllet et mit ©ütern , unb taflet bte 0veid;eit leer.

£)ie iobrebe ber SDtaria auf bie 9D?ajefiaf ©offeö flcfj aus einem Jjperjen t>oü ber fro^eften ©efuf>Ic unb ber ebelften ©efinnungen. ©ie erbebet insbefonbere bie 53armberj;igfeit unb Sreue, nad) weldjer ©ott ben großen Ütefter ber SDtenfdjen fenbefe, ber fc^ort ben ‘Hltödtern Idngft uerbeiffen war, unb fie jur ‘»Stuf* ter aueerfobr, bureb welche er in bie $BeIt fommen foüte j unb fie fpriebt bon ben SBirfungen ber gottli*

eben

ber 3ftenf$en. g

djen llltnacbf auf eine "Axt, wie fie ber (£rfafjrung al* ler 3e‘fen öoflifl gemd§ ift 3Der Tiümdcbfige bebieneC fid) beti ber Ausführung feiner Otat^fcfjiuffc oft bet unfebeinbarften üftitfel unb Sßertjeuge; er weif? bie Jjjoffdrtigen ju bemut^igen; er fielet ton feiner £6(je auch auf bas fiebrige; er Idfjt aus weifen 'Hbficfjtett bie grofje 23erdnberlid)feit in ben menfeblicben ©ebiefs faien ju, nach welcher wir bemerfen, ba§ oft 0(an$ nerbunfelt, unb Jpofjeit erniebrigt wirb, bafj ein £6* nig feinen ^ron Verliert, baf? ein Speicher öerarmf, unb ba§ bagegen ber Unfcrbrütfte, ber Arme unb (£lenbe ficb aus bem ©taube erbebt, bantif mir ba= raus erfennen follen, bafj f£v es fet), uon weichem wir alle ab^angen, unb bafj mir alle in feinen Augen gleich ftnb. ©tefeS leitet mich auf ben ©ebanfen:.

Sßoit bet ©leicf)f)eit bet 2ftenfd)e«*

Suet ft werbe i$ ben begriff biefec ©leiefcheit befttmmen;

gtteitenS geigen, woher gleicbwol bie Ungleich beit unter ben ©ienfeben fomme,

SD ritten & n>a$ für Rechte unb Pflichten au$ betten für fie entfielen.

^tet^ett unb C&teicb^eit bet fcTIenfcbert ba$ ftnb gleicbfam bie ioofungSroorte unfers 3«itaf* ters geworben, unb wer weifj nicht/ wie viele (ürfebüt» terungen ber $Belf neuerlich barüber entftanben ftnb? ©lücflid) war es für bie ‘üÖienfcbljeif, wenn biefe für ftc fo wichtige Angelegenheit mit ber Seber unb nicht

A 2 mit

4

£Bon fter ©Ici^ett

mit bem Degen, mit ©tunben un& nicht mit Sßßaf« fcn, mit frieblid)er 2luegleid)ung unb nicht mit .ftrieg entfliehen merben fbnnte. Da fein* öiefeö auf bie 93orfleUungen anfommt, welche ber ?0ienfd) fiel) üon einer @ad)e mad)t; ba unfere Pflicht ift , meil bie jSSafpr^eiteliebe fobert, alles §a(fd)e, Unbraud)« bare, Ueberfpannte in einer ©orficüung ju bemerken, unb uns nur an baö ju galten, maö malm, maö braud)= bar unb rid)tig ift : fo mellen mir juerft auö ber 97a« für, auö ber (Erfahrung unb 33ibel ben richtigen 35c« griff von ber 0(eid)heit ber “DJienfd)en beftimmen.

Der 33egriff (Bdeici)l)eit feljt eine 93crgleidjung voraus. SSSenn jmet) <perfonen ober Dinge in allen rvefentlicben (Eigenfdjaftcn ubereinfommen , fo fagt man, b'afj fte ftd) gleich ftnb. Die ?0?enfd)en finb ftd) alfo gleid), miefern fie alle bie mefentlid)en (Etgenfcbaf« fcn (;aben, roelcbe jur 9Jienfd)l;eit ober menfdjlidfen SRatur geh&ren, melcbe ben ‘5Kenflben jum 9)7enfd)en mad)cn. Diefer 0a'h ifl fo einfach, fo beflimmf unb bcutlich, baf) eben fo unvernünftig fet)n mürbe, ihn ju bejmeifeln, alö übcrftttfjig ift , ihn ju bemeifen. $cbod) mollen mir ihn in ein näheres licht fefjen, um feine ganje 0tärf?e ju fühlen.

Die Sftatur unb baö gbttlidje 2Borf fliinmen ba« rinn uberein, bah bk Sttenfcben flcf> einanber gleich ftnb. ^n jebent 3Be(ttf)eile, unter febem Rimmels« flrid;e , bet) allem Unterfd)iebe ber garbe unb anberer auffevmefentlid)en Umftdnbe haben mir alle einen Ur* fprung , fomnten alle auf biefelbe ?lrt auf bie 5ßelf, merben alle mit 0d)merjen unb unter einem mutter« iid;en#lageton, welcher burchgdngig berfelbe ift,

; . fle«

s

fcer SÖJctifchcn.

geboren; f»a6en alle einen feljv fünfilichgebaufen leib, unb eine Seele mit geiftigen Anlagen. ©ie ^inbetr ber Vornehmen fsnb nicht bon ben Ambern ber ©e< ringen im 23au unb in ben ©liebmaften ber mcnfd)(i* d)en ©efklt untetfchieben , unb fommen in ebenbem* felben ^iilflofen Suflanbe auf bie Qiöelt. 3fr berSol)n eines Honigs mächtiger, ober 6raud)t er weniger SOGartung unb pflege in biefer 3eif/ fcer @o(jn beS Bettlers? Äann er fchon felbft für feine JJid^rung forgen, feine ©lieber gebrauchen , ftd) bov ©efabren fd)ühen, ober fein (Erbrecht geltenb machen? 3'üplt er weniger junger unb X)urfi, 5rofi unb ©chmerj? Sfßcnn ja ein Unterfchieb ift , fo befielet er barinne, ba§ bie itinber ber ©eringen oft weit ftarfer unb ge< funber finb , als bie ber Vornehmen unb Dieichen. 53ep allen EOtenfchen ohne llnterfd)ieb finben jid) fer; ncr biefelbcn wefentlidjen Eigenfdjaften , Neigungen unb (Inebc bcc Sode, Anlage $um Denfen, 7(b= fcheu bor @d;mer$, J)ang $ur greube unb ©lücffelig* feit, liebe jur gren^eit unb ©efellfchaft, ©efüf)l bon Ehre, Unwillen über jugefügteS Unrecht, liebe ju Eltern, ©atten unb 5\inbern, jum £>aterlanbe, ©e* fühl bon Schönheit, Drbnung unb Erhabenheit in ben SBcrfen ber 97atur unb Äunfi, bon Dvecht unb Unred)t, bon Sugenb unb lafter, bon 9ßafjt()eit unb 3rrf(jum. Selbfl ber wilbejlc EDtenfd), weld;er an bas Sfjier Ju gt anjen fdjeint , empftnbet nid)t wie bafs felbe nad> bloßen 3nfUnft, fonbern ^ant>elt nad) Sßahl, nach Entwurf, entwebet etwas ©Utes ju genießen, ober jtch ben einem Hebel ju befreien. Er fühlt cS, bafj er gemijfe SSovjügc (jat, ohne welche

X 3 cc

Qßon ber ©Ieicb&ett

er auf&crfe ein $Jienfd) $u fepn, ofme treffe er fclbft bas $£>ier beneiben mußte. Es giebt fein ©efdjäft, feine ^Knflalt , fein Vergnügen, felbft fein Berber# ben unter ben SJienfdjen, me(cf>es ftd) nidjt julc|t au$ irgenb einem mefentlicben Triebe ber menfd)lid>en ff<a# für erflären lieft. 5£ir ftnb ferner aüc gteidien 25ct fcurfmflcrt unb Sckwacbbctten unterroorfen, 'Der Surft mie ber Äned t, ber Oieidje mie ber Tlrme, ber Äluqe mie ber Einfältige fuf)(C bie 0d)ranfen feiner Erfenntntß unb grafte; füfolt förperlicbe ieibcn, fcljnf ficb in Äranfheiten nach einem TlrjC unb nad) ©cne* fung, unb me bleibt ber funfllicbe Unterfd)icb im *£0» be? ?0iUß nicht ber fterblidje 'Shcil 000 1105 «Hen micber '3u \5taube mevben, rooPon er genommen ift, er Permefe nun im 5£af[er ober in ber iuft, im ®d)eo# fe eines gemeinen ©rabmalS ober unter einer ffcljen 9?i}rnniibe unb Monument pon Marmor? Äannft bu ben igcbäbel eines Regenten pon bem eines @c(aPen/ bie Tlfche eines SICeltmeifen pon ber eines Einfältigen unterfd)eiben ? Unb jenfeit bes ©rabcS im Tinge* fid>t beS Emigen, mu§ ba ber Äönig nid>t , entblößt pon Ären unb 0<epfer, eben femefjl Died)cnfdiaft oblegen, mie ber gemeinte "Slftann ? @inb mir nicht auch im ©etlichen 0inne uns aüe gleich? olle arme Sünber, olle clcnb unb tobeSmürbig haben mir nicht alle ©nabe unb einen Etlöfer nef^ig ? äjaben mir nicht alle einen Q?ater? (jaf uns nidjt alle ein ©oft geraffen? Diefer ©ott (>dt nach feiner 3GeiSf)eit unb ©üte auch für unfer aller rtet^burft unb T'ergnu* gert geforgf. 2£it jlnb Pon einanber abhängig ge* macht; feiner fann bes 2lnC>ern entbehren ; mir alle

ffn*

7

ber Sftenfchcn.

fonnen unb (offen einanber bienen unb 6ef)uf(fid) fepn, unb je f;of;er ^etnanb in ber 2Belt ergaben ifl, beflo mehr ^angt er pon Tfnbern ab/ beflo weniger fann er offne fie befielen. $)ie ©untme bes ©Uten, roelcbeS bie SJlenfcben geniefjen, ift fo ^iem(id) in gleichen ‘Shei* len unter ihnen t>ertf)ei(f. ©o roie affe Sänber ber Er* be bas ©onnenlidft genießen, nur im perfd)iebenen ©rabe, fo fltomf Pon i^m , betn ©eher alles ©Uten/ auf jebeö ©efd)bpf bas 9Jlaa§ non iebenSgefüfjl unb ©lücffeligfeit, bejfen es fdf)ig ifl; unb roenn audjin ber bürgerlichen Einrichtung ein großer Unterfd)ieb flatt ftnbef: fo fommt bod) babureb roieber alles ins ©leichgemicht, ba§ mit Ehre, Tlnfefjen unb Üieicb* t^um fo manche ©orgen perbunben flnb, mooon bet SDlittelmann nichts weifj. 9ßürben f;aben if>re Q3ür* ben; ihre Pflichten finb febrcerer, ihre ©efafjren unb 53erfucf)ungen mannigfaltiger. Arbeit ifl nid)f fo febroer unb brücbenb als 9Jiü§iggang, unb bie £)ürfrigfeit hat oft weit weniger £>ebürfnijfe als bie 33erfcbwen* bung. £>er ©chfaf befudjt weit elfer bas ©trobfager bes Firmen, als bas SÖetfe bes Reichen. 5ßie t>ief leichter ifiS im $h°k bcr ©emutjjben borniebten <Pfab bes gemeinen iebens ju wunbeln, als f!d> auf einem gfanjenben Sofien $u behaupten? £>ie ©rohen ber Erbe finb auch ber A5erdnberlichfeit aller *£)inge un* termorfen. X)er gal! ifi aisbann beflo tiefer, je f;o# her fte gefliegen mären. *£)er ©türm, welcher über $f)al unb Jpütfe ofme ©chaben oorüber geht, trift gemeiniglich Eichbaume unb ^aldfic befto heftiger, unb wem nie! gegeben ifi, ber f;at aud) piel ju Perantwor« ten, ©ogar bie ^ugenben ober bie ftefflec ber 9Jien#

3 5 fd;eu

8

Q3on bcc (Bleichheit

fcßen muffen baju beitragen, bie natürlich« ©leid)()eit mieber herjufteden, meldie non funfUiehen ©inrichtun# gen öerbrdnget wirb. 5Bcnn jemanb auf einer gldn? jenben ©teile fle^t unb habet) übermutßig unb ßolj >ßz feine ©emalt mißbraucht, nid)t im 3Bofj(tfjun fein Vergnügen, unb feine ©toße furf>t, fonbern geijt unb 7(nbere ausfaugt: fo mirb er halb vcrljoßt mer= ben, benn er f>at ficf> $mar bie ^enfehen, aber nicht ißre £erjen untermorfen ; nicht nur ber Sfteib, fonbern auch bie ©erechtigfeit mirb ißn fiürjen, unb bafür fceflrafen, baß er bie ©leidiffeit ber 9ftenfd)en vergaß. SCenn bagegen ^ernanb in niebrigen tlnjUnben feine Ärdfte anftrengt unb ausbilbet, mit feiner £)emut(j unb ©efchmeibigfeitßd) überall ©ingang verfeßaft unb burd) feine maßren SSerbienße bie CSGelt beglucft: fo mirb eS if;m an Q5emunberern unb ^ereßrern, mirb an Belohnung nid)t fehlen ; er mirb fief; unb bie ©einigen aus bent ©taube ergeben, unb feine 97ach# fommen merben vielieid)t bie ©efeßgeber unb 7Cnf«^= ver eines ©taafS merben , menn ein floljer Jpaman, ber aus feiner ^bße f;erabfiürjte, mit feiner gamilie langft vergeffen iß. QBir mögen a(fo ben ^Oienfehett von einer ©eite betrad)tcn, von meldjer mir mollen, von ber natürlichen , moralifcbcn, geifilicbett ober bürgerlichen ©eite: überall ftnbcn mir 2>emcife unb ©puren von ber ©(eid)heit ber SÖienfrijen.

Allein, mir burfen hierbei) einen Umßanb nicht vergeffen, mcld)er eben fo fcrgfdltig unterfudn merben muß. £$ir ßnben ndmlid) bei) ber §8ergleid)ung ber 93icnfd)en, baß fie in vielen dußerlid)en unb ligen gingen von cinanbcr untcrfd;icben unb au$ge*

jeich*

9

ber $D?enf<$eti.

jeidjncf fmb. <£ß ift rr>a^r r bie Sftafur unb nodj »ief* mefjr bas (£(jriftent(jum fdjlingt um alle S-ftenfdjeti gleid)fam eia bruberlidjes Sanb, aber bod) (dpt ficf> <m if)nen bet) aller ©leid)fjeif , aud) eine fel;r gro§e Ungleichheit roafjrnefjmen , unb biefe entfielt aus beni Unterfd)icbe bes SJJiaapeS iljrer Kräfte, ifjret? bürgerlicher» Hage, ihrer Derm6gen6um|tant>e/ ihrer (Lugenfc unb Frömmigkeit*

Sie IBicnfcfjen finb ftd) nicht rollig gleich in 3(6* ficht ihrer Kräfte, fonooi)l bes leibes als ber @eele. Sie n?cfen£lid)en ßüigenfdiaften ber üD}enfd)f>eit, 5Jiifj« gebürten ausgenommen, f;aben fie alle; aber meid) eine SÖiannigfaltigfeit in bem ‘Sftaajje unb ber Tlnroen* bung ihrer Kräfte! 2ßeld) ein Unterfd)ieb in ihrer ©efialtung, ihrer ©emut^Sart unb iljrem (Sfjarafter! Set eine ift großer, ber anbere Keiner; ber eine flatf, ber anbere fd)tvad); ber eine fd)6n, ber anbere ( jd§* lid); ber eine fcftarfftnnig, ba§ er mit 'Jlblersblicf alles burd}fd)aut, ber anbere bl6bfid)tig , ba(j er fauin bla £>berpdd)e ber Singe recht mafjrnimmt ; ber eine fchnell , ber anbere langfam, unb rco jener nur@anb=> fbrner, ba fielet biefer lauter Serge ju überfieigen; ber eine offen ebel unb gropmut^ig, ber anbere frie« d)cnb unb niebertrdd)tig; ber eine gefu^lootl unb men« fdjenfreunblid), ber anbere fjartfjerjig unb unbiegfam; ber eine füljn unb unternefjmenb, ber anbere »erjagt. (Sollte benn fein Unterfd)ieb jroifdjen ben Seelenfrdf« ten eines Sfteuton, unb eines Hottentotten obet ^cuers lanberö fei)n? ?Ö!an füge aud) nid)t, bap biefer Unter« fd)ieb in ben ©eifteSfraften ber TD?enfd)en bloS »on i&rer verriebenen tobilbung, <£rjiel;ung unb Äul«

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cif

II

Set üftenföcn.

als bas Dvcdjf ober vielmehr bas Unrecht beS 0edc« fern gelten, Tiber ber £OTenfct> fotl aud) fein roilbeS $f)ier fepn, @r ift jur ©efelligfeit gefefeaffen unb fü^)lt in flcfe ju if>r ben fldrfflen ^rieb. TluS einzelnen SDTenfchenentftehenjundchjt 5öm^ert/eS entfielet ber JpauSftanb. Tiber roie fann biefer beließen , wenn fein Unterfdjieb jroifefeen Jperrfc^affcn unb £>ienftbeten ifl ? »nenn ber gefiordjenbe $(jeil befehlen trollte, unb ber befe^lenbe $f>eil geborenen mußte? vffiie bie tnilien ftd) vermehrten , fo fcfelcfTen fie lieb in größere (BcfcUfc^öftctl/ in bürgerliche Berfaffungen jufams men. X)iefe fonnten nicht o£ne gute ^uefee unb Or* bnung, offne ©efefee befreien ; biefe ©e|ffee mußten jroar ber TluSbrucf be$ allgemeinen vEBiüenS ober ber vernünftigen 531e^r§eit fetjn, fle fonnten aber unmog* lieb von Tillen gegeben, fonbern es mußten bie roeü feften beften SDlitglieber aus irrten baju ertt>d^)lt ro?r= ben; unter biefen ^OTitglicbern mußten tvieber girier, ober Einige ^inreidjenbeS Tlnfefjen fjaben, bie ©efe= fee ju vermalten, tfjre Beobachtung einjufdjdrfen, unb bie Uebertreter ju beflrafen. 0o rourbe um bes all» gemeinen Beften roiUen ber @tanb berDbrigfeitcnunb Untertanen eingefuf)rf. Benn rote elenb rourbe e$ in einem ©taate auSi'e^en, roo aüe befehlen , feiner gehorchen roollte? ©eroiß fo, roie es am ©d)lu§ bes Buchs ber dichter heißt: ber 3eit war fein «^onig

in f^frael, ein jeber t^at, roaS ißm recht bauchte. £i* gentlid) ift alfo baS (Be fe3 bie fKichtfdfnur, nach roel« (her man feine .fpanblungen einjuriefeten , baS fjodifte Tlnfe^en, bem man fleh ju unterwerfen hat; unb baS allgemeine Befte ift ber große 3wecf, welcher ba*

burch

12 35on bet ©leichfjett

burcfj beforbert werben feil, 3lus biefer Urfadje wer# ben ouef) ©tdnbe, welche biefeg allgemeine 55eflc ge» fefemdjjig beforbern folien, wie ber ©tanb ber Könige, Üiegenten unb gürften, ber ©efeljgeber unb Ovidjter, bereitem, ber leerer, unter jebem 53olfe in befon# bern Güfucn gehalten; nid}t als wenn fic an ficf; fclbfl größere Dvcd;tc hatten fte finb unb bleiben Men# fd}en, felbfl ^l;eilc beS ©anjen, ftnb felbfl bem ©e= felj unterworfen fonbern weil, wie fern, unb fo lange fte t>on ber ©cfellfdiaft bcfMf ftnb, baö allge» meine 55efte wafwjuneljiHcn.

Die Mcnjcben finb fid} auch ungleid} mit Oiücf# ftd)t auf ifjre Permogeneumflatibe. Diefer Unter# fd)ieb fommt freilid) oft aus bem©eif* unb berDiaub# fud)t ber Menfdjcn Ijer, wo einer alles an fid> reiffert will, inbeffen baß ber Tlnbere nidjts hat, uub bet} a(> lern 3ieid)tf)um ber9?aturüieUeid}tüerfd}mad)tcnmujj. “5Iber fe^r oft fiat er and} feinen ©runb in ber 53er. (d)icbcn^eit ber ^rdfte unb bcS 53efhebens ber Men= fd;en. ©oll benn ber gcfdjid'te Mann nid}t l;o^er geachtet, nid}t beffer belohnt werben, als ber tlnge» fd)id'te? ©oll benn ber, weld)er guten ©aamen, unb jur red}tcn 3ed/ unb reidjlid} unb unermübet auSge# ftreut hat, feine beßre ©bte haben, als ber, weld}er gar nid;t ober fparfam unb feit furjer 3cit fdete? 0oll benn ber fleißige Mann feine 53orjuge hüben t>or bem Müßiggänger? ©oll benn ber Sugenbljafte, ber 53erbicnßöol(e nicht bem Sofcwidjt, bem Sauge» nid;ts »orgejogen werben? (Sollte es benn bem Kiber# lid)en, bem 53erfd}wcnbcr, ber fid> felüft in Tlrniutlj fiürjt , fret}ßehcn, bem Övcid;en feine ©ütcr gemalt#

tljdtig

13

ber Sanftheit.

tfjafig ju entreißen, aus betn QScrwanbe, ba§ bie SJlenfdjen fid) gleich ftnb V Das ifl woljl billig, ba§ bei; jbjfentlicben Q3cburfniffen unb Abgaben ^ebet nad) OJlaafjgabe feines Vermögens beitrage, bafj bet Tlrme nicht gebrucf't werbe, bafj ber 9ictd)e feinen ileberflufj, fein ©olb nicht wie einen tobten @o|ert Verfd)liej}e, fonbern in Umlauf bringe; aber eine vol* lige ©emeinfehaft ber ©ufer einfuljren, baS ©igen* thumSrecht aufljeben wollen, bas f)iejje bie Drbnung ber Dinge verfemen, bas §ie§e bie wefentlichen Diechs te ber 5Kenfchen jerrutten, unb ben allgemeinen .ftrieg ber Diniere unter vernünftigen ©efefjopfen einfuftren.

©nblid) ftnb bie SÖTenfchen ftd) ungleich, felbjl itt Tlbftdjt bes <E(jnjlent|jumg , ober ihrer (Eugenb unb ^cömmtg^eit. Die heilige ©djrift t^eilet biegen» fchen in jwet) klaffen, in fromme unb ©ottlofe; itt folche, welche fid; im ©tanbe ber Statur unb folche, welche ftch int ©tanbe ber ©nabe befinben. ©ie re=> bet von einem Unterfchiebe jwtfchen benen, bie ©ot£ bienen, unb benen, welche ihm nicht bienen. Tibet es giebt bod), fo wie in ber Bosheit, alfo aud) in bet grommigfeit, fo wie in ber SBefofmung, alfo auch itt ber 53eflrafung, fehr viele ©tufen. Tille ©unbet ftnb ftd) jwar einanber gleid). 2jn allen ifl ber 23era jlanb verftnflert; in allen f>crrfd;t bie itebejum Uns red)t unb Safter. Tiber einer ifl hoch blinber wie bet anbere; biefer ifl bod) lafler^aftcr , wie jener, ober auf eine anbere Tlrf. ©ben fo verhalt es ftch and) tniC gebefferten guten ?01enfd)en. ©o wie im üvetcfje bet Sftatur bie 9D?enfd;en ftd) einanber in ben Dingen glei* d)en, bie jum SÖSefen eines 5)lenfd)en gehören, wie

alle

14

33on ber ©Ici^cit

alle Vernünftige ©inwofjner ber 5Belt mit einerlei) trt» nerlid)en unb äußerlichen feilen beß $eibeß verfeßen, unb mit einerlei) wefentlid)en Kräften beß ©eiflcß be* gabt finb, baß, wer einen Menfdjen fennt, fie alle fennt: fofinb fiel) auch bie G£()riflcn gleich unb ähnlich. Sie füßlen alle baß 33erberben ißrer Siatur ; fie fefjs nen fid) alle nad) ©nabe unb ^ejferung; fie haben alle einen ©ott, einen (£rlofer, einerlei ©nabenmittel, einerlei S^ecf, eine ^Beftimmung, eine Jjofnung; an tf;nen allen jeigen fid) bie feligen 3DBirfungen beß ©eifleß; fte ftnb alle Kinber beß .fpodiften; fie fud)en unb ftnben alle in ^efu ©nabe unb 9»ufje; alle jire» ben fie ber Heiligung nach; alle verfammeln fie fid) einmal im Jpimmel. Die ©nabe weiß aud) Von fei# nen Mißgeburten, fie bilbet feine Seele, bie ßal6 ©oft unb halb Teufel wäre. Allein gleicßwol unter? fd)eiben fie fid) burcf) baß Maaß ißreß ©laubenß unb bureb bie Stufen ber ©ottfeligfeit. Die ©nabe aß# »net l)ier ber Slatur nad), unb vollenbet eben fo wenig alßbiefe, ißre ©efcßäfte mit einemmale; jum geiftli# d)en $6ad)ßtf)um geirrt fo wie jum leiblichen, 3eif unb ttebung. Der neue Menfd) ift in einigen gleich# fam alter unb eben beßwegen fiärferalß in ben anbern. Denn ber geijilicße Menfd) wirb nief )t, Wie ber na# türlidje, mit bem Tllfer oßnmddjtig, er weiß von fei# ncr (Jntfräftung. 3Ber lange fid) in ber ©ottfeligfeif geübt bat, muß notßwenbig erleuchteter, geßorfamer, freubiger, fidrfer, treuer in ber Heiligung feijn, alß baß Äinb ober ber Jüngling in* §hrif*cnf&um* Der neue Menfd) ift in bem einen feßoner, woßlgefialteter, alß in bem anbern. Der eine benft hellet, rid)tiger

alß

1$

ln SWonfc&M.

als ber anbere; ber eine bringt es tn ber Heiligung, ober in gereiften Pflichten unb ^ugenben reeiter als ber anbere; bet eine hat biefe, ber anbere jene @abe, reobureb er ftcb ausjeieftnef. (£e ftnb mancherlei (Sahen Meintet Kräfte ahet es i(i ein (Bott, bet la wirket allee in Ellern* 3 n einem jeglichen etjeigen (i ch bie (Baben bea (Beijiea 3um gemeinen Hugen* iDenn gleich# wie ein JLeib ifi / unb b<*t boch viele (Bliebet; aüe (Bliebet aber eines Heibee, wiewol ibtec viele ftn&/ finö ft* Öocb ein Heib: aljo auch (E^n|lue» *%

©ehet, biefeS ftnb bie ©runbfalje bes göttlichen Sßortes oon ber ©leiebheit ber 5Renfd)en, reeldje ju* gleid) burd) bie Sftatur unb (Erfahrung beftäfigt reer* ben, unb reelcfte uns nun auch ju beutlicften unb be* ftimmten Gegriffen »on ben Rechten ber fcHen# jehen unb ilpren pflichten leiten reerben. ©ie 9)len* fdjen ftnb ftd) gleich baraus folgt notfwenbig, ba§ cs aud; gereifte allgemeine Rechte unb pflichten giebt, reeldje für fte Tille geboren. £)ie SÖienfcftett ftnb ftch aber auch in Dielen ©tücfen ungleich ba* raus folgt notftreenbig, baft es befonbere Rechte unb pflichten giebt, reeldje aus befonbern (Eigen* fchaften, Kräften, 33er^dltniffen unb ©tänben ent* fpringen*

(Es giebt alfo juerft gereifte allgemeine Hechte unb pflichten bet OTenftben, welche für alle ge# boten* ©inb bie $)lenfcben ftd) gleich » hätten fte in allem bem, reasfte ftnb unb haben, Don ihrem ©dja*

pf«r

*) i Äor, ti.

i6 93on fcer ©leichhett

pfcr ob: fo muffen toiriljnen auch bag alles einröuttiett, mag i(jnen i(jr @d)opfer, alg (£igentfjum ®ie finb ©efehepfe einet’ [mljern (Siaffe, bie vornehm« fien nuf bem(?:rbboben ; fie (;aben 2infpruche auf ben S(K« bet* <£rbe, tocldjer irrten alg SGofjnftf; einge» räumt tourbe Pom ©djopfer fclbfl , unb tocr, toer gab Europäern bas 9ied)t, frentbe 8ßelttheile ju er» obern, ober entfernte ^nfdbeipofjner, too nicht ju ntorben , bod) in baß 2»od) ihrer ©claoerep ju jtoins gen? 35er SDienfd; I;at 2(nfprudj auf baß, mag bie gütige SRatur ju feiner Erhaltung ^etttorbringf , unb nie, nie muffe es einen 9Jienfcf;en geben, welcher ans bet-ß, alg aug eigner ©djulb ocrfdjmadjtet, 35er 93ienfd) hat 2(nfprud) auf fein leben; unb nie, nie muffe ein Stopfen SOienfchenblut unbefugt unb of>no Steel) pergo^fen toerben. 55er 93}enfch ^at 7(nfprud> ouf Freiheit unb nie, nie muffe fein leben if;m leid)tfinnig genommen, fein leib oetfttimmclt ober in fetten gefd)miebet , fein ©eifc ur.terbrucft ober gefef» feit, nie muffe feine UJienfdjennatur, meld;e einer immer t;öt)ern $5erebelung fällig ift, unter bag Sf;iee l)crabernicbrigt toerben. 91ur aißbenn muf er ftd) bie (£infd)ränfungen feiner Dvechtc unb ^rei^eiten ge« fallen taffen, wenn er ittt burgerlid;en, gefelifdjaftli* eben leben, nicht blofj auf fief), fonbern auch auf baö ffiBohl beg ©anjen $u felgen fyat, ober toenn er fre* pcntlid) bie Rechte unb Freiheiten Oberer frdnft, bie mit i^m gleid)e Sriebe unb Söebiirfniffe unb 9ied;te haben. $6ir finb alle Äinbet emee Katers itn «Jjdnts ntel ; toir alle muffen in '£>entuth unb in jtefem ©efühl unferer gänjtichen 'ifbhdngigfeit von ihm Mw* SB«*/

.1 ich

bet tÖJen©ert. 17

ich foüfc Uftenfdjen, meine trüber, Raffen r fränfen, beleibigen? 93Biü id), ba| fte biefeg an mir fljun fof« len ? Srdgt ung nicht biefelbe (£rbe ? ©cbeint ung nicht biefelbe @onne? Q3efeelf ung nicht berfelbe Oeifl ? Jpaben mir nic^C biefelben €mpfmbungen pon greube ober ©djmerj, £hre ober ©chaarn? D unfer Jjperj muffe grofj genug fepn, alle, alle Sftenfchen hinein« jufchliefen; unb unfer SSefireben, COienfcben ju be* gluden, muffe ung bet ©otfheit ähnlich machen. Un#' fer höchfteß ©efej, «ad> welchem unfer Sf)un unbfaf* fen einjurichten itf, fep Liebe , dUee umfaffonbe, alle 6 beglucFcnbc Giebel £)enn bet @d)6pfer ijt liebe unb bag Pernünfcige ©efehepf foll liebe fepn. 5Darf ich fc^ott nicht einen SfBurm martern, wie piel weniger einen «Jflenfdjen, welcher, fo wie ich, in ftd> felbft ben Stieb jut ©elbfierhalfung fühlt? 9Rie muffe ihm Unrecht ge^effen ; ftefg muffe ihm ©ered)tigfeit wieberfahren; er muffe in allen ©tud'en leben , ben« fen, beft^en, unb fljun, wie unb wag er will, fo lange er nach göttlichen nnb menfchlid;en ©efe|en fTch richtet, unb feing pon ben ©efellfchaftgrechten Perle|t, woburd) ihm felbft (Schuh für feine «Petfon unb©igen= thum gefiebert wirb. @t erfenne unb Perehre feinen (Schöpfer auf bie TCtf , welche er in feiner läge unb nad; feiner Ueber&eugung für bie befte half; ich will ihn auf bie meinige perehren; wir wollen ung nur hier einanber bie Pflichten leiften, welche unfer gemein« (djaftlidjeg SBohl nothwenbig mad;t, unb bann froh erwarten , bah wir einmal in einer beffern $8erfaffung ben grofjen llnflchtbaren aud; beffer erfennen werben.

55 €1

Stvntfr tl)tii.

iS 3ßoti fca* ©leidjhcit

<£ö a6er auch bcfotifcere Rechte Uttb pflichten, xrelcbe aus befonberrt {gtgertfcbaf; tcit , Z\caften , Dcthältmfjcn imb ©tauben fiteren. Diejenigen, wefcpen bie Oiegierung unb Söerwaltung ber ©efelie anoertrauet ift, haben aller= bings ifjr Tlnfc^cn oon ber ©efcllfdjaft überhaupt, unb ift ein fefjr richtiger 0afc, bafj ber 9{egent ber erfte Diener bes©faatö ift, bafj er für ben Mifjbraudj feiner ©cwalt oerantwcrtlid; wirb; aber fie tonnm unb muffen eben beöwegen auf Unterwerfung unb ©e* f>orfam bringen, unb bic 0tf;rift fagt : ^ebermanti fet) untertfjan ber Dbrigfeit, bie©ema(t über i(jn f>af. 0ie foüen nad) ihrem widrigen Zimte bie allgemeine Qjßohlfartlj befördern ; biefeö tonnen fie nicht, wenn if;nen bie ^)aribc gebunben ftnb, unb baffelbe ©efej, wcld)eö ihnen ihre <Pflid)t »orfd)reibt, fd)drft ben übri* gen Mitgliebcrn beö 0taatö ©ehorfam gegen if>re ges fehmafjige Befehle ein. Diejenigen, rt>elcf;c fid) burdj torjüglidje gdfjigfeiten , Bigetibcn unb Betbienfle außjeidjnen, unb baburdj mehr als anbere, jur@um= me beß allgemeinen SOSofjlö beitragen, ha^crl unflrei=» tig ein £Red)t auf ausgezeichnete Belohnungen, unb tvenn biefe einmal als ©rmunferung beö Sleifjeö unb Bcrbienficö in einem 0taate feftgefe^t unb rerfheilt finb, fo muffen fie aud) non i()ren Mitbürgern ancr» fannt werben. Diejenigen, weld)e jld; auf eine red)fs mdfjige SEBeife Oieicbthümcr erworben haben , unb fie boju anwenben, ben Dürftigen roohljuthun, ben ©e= werffleifj &u ermuntern, unb gute gemeinnüljige Zln* ftalten ju beforbern, werben fid) aud) vorzügliche Zldj* tung erwerben. Dagegen aber wirb baö &>olf über*

haupC

bet $}ehfd;em J9

gdupf aucg baS Oiecgt gaben, bcsrauf jii fege n , bag bie Regierung igre ©emalt nur gefegmägig gebrauege, bag Alltel / (Jgrengellen , Remter unb 33elognungert nur an mürbige öertgeilt, unb nicf;t ju ©tolj, lieber# tnutg unb tlnterbrucf img gemigbrauegt roerben , bag bie au&übenbe ©emalt in i^ren ©egranten, unb jebec Bürger in feinen Zeigten ungetrdntc bleibe , unb bag jebem n ad} feinen Umgänben ber ©cgitg, bie dpülfe,. bie Benfcgenliebe mieberfagte, tt>eld?e er mit Üvecgf non Bitmenfegen, Bitburgern, Bitcgvigen forbertt fann. Säger ig bas (£grigentgum bie bege, bie tnoglfgätigge Oicligien für Die 3Belt. 0s gebt beit tlnterfcgieb ber ©fatibe nifgt auf, lagt ign gegen; bringt über babureg alles miebet ins ©leiege,, bag ei> Uns bcs foniglidje ©efe| ber liebe, bag es $)gicgfett norfegreibt, rnöbmcg bie Benfegen trüber merbenj. 9Cir füllen uns einanber lieben unb unfer 33eges ge» irteinfcbaftlid) beforbern, Regenten unb Dbrigfeitert füllen näferlkg gegnnet fepn, ftdP) gerablagen, ftc5 nid)£ ftolj ergeben, nid;t glauben, bag bie Untertganen unt igretmilleti , fonbern bag ge um ber Untertganen toil# len ba gnb; Ou’tcge feilen mogltgätig fetjn , igr ?3et= trauen nid)f auf baS 0clb, fonbern auf ben lebenbigert ©ott fegen, bie Firmen niegt neraegten, fonbern ig= hen aufgclfen. (Ein jeber füll Tlnbern mit ber ©abe bienen, roelcge er non ©ott ergalfengat; jebem füll es 9>gtcgt unb $reube feijn, fo niel ©ufes ja fgmt, als tv nur immer fdnn. 0 rnaren bie Benfegen fo, »nie baS (Egrigentgum ge gaben mollte, n>ie mürbe im für? Jen baS menfdgiege (Elenb nerminbert merben, meid) ©(lief mär eS alsbann, ein Bengg ju fet;h, mie

2 mürbe

20

93on bet ©Ictchheit

mürbe bann alles jur lieblichffen Harmonie ffimmen, olles im allgemeinen TluStaufd) »on Kräften unb Vor¬ igen ffd) beglüd't füllen !

Unb bas mar aud) bie meife unb gütige 'Jlbffchf, marum ber 2(ll*>ater in feiner großen 9Jicnfchenfamilie eine folcbe Verfchiebenhcit julie§. ©ie feil jur allge« meinen ©lütffeligfeit melpr beifragen, inbem fic ein meites Selb ofnet, in fe^r mannichfaltigen Verfjdltnif* fen bes febens unfere Ärdfte ju bilben unb ju üben, unb unfere Pflichten ju beobad;fen. ©o mic mir in ber natürlichen SBelt eine grofce 9J?annigfaltigfeil ber ©cfd)opfe, eine Äetfe unb Stufenleiter ber SBefen, ton melden immer bas eine um beS anbern millen ba ift, glcicbmol aber bodj auch Einheit beS ^fanS ma^rs nehmen : fo iff es auch in ber moralifdjen 3ßclf. Jpier ifl ein iabprinth, meldjes ffd) gleid;mol auf ben fd)ün* f\en einfad)flen ©tanbpunct ber allgemeinen ©lüeffe» ligteit abminben foll. Jpier iff eine vielfache ©elegen* heit, bie ebelfle Sugenben ju üben, Dcmutf) bet) ©reffe, unb mannlid)C ©ebulb in fRiebrigPeit , 9)}d* higung im ©lücf, unb ©tanb^aftigfeit im tlnglücf. £)u hatf cincn 9r^*rn ^rffanb, tiefere £inffd)t? leite bie ^rrenben r unb *>wbreite mißliche ^Baf>rfpetf* X)u biff gefdjicft, geehrt V Vraudje bein 7(nfe^en jur «Öeförberung bes ©Uten, jur Oteffung ber Unfd;ulb unb gerechten ©ad)e, jur Belohnung bes befdjeibenert Verbienffcs. £)u biff beffer als anbere? roün# fd)e, bah fein ©elbff betrug fet), meil mancher ffdj blos einbilbete, es ju fet)n aber menn £)u esmirf* lieh biff, banfe ©ott bafür, ber bid) t>or Verführung unb f aff er bemakle, unb fuche nun aud; anbere ju

beff

2t

ber Sflenfdjcn.

beffern, bie bu auf bcn £Gegen beß unb

Safterß Du bift reid)? ©ott f;ot bir nicht

ctn ©elegenheit unb an Firmen fehlen laffen, betnen Ueberfluh noch bet) iebjeiten unb nid)t eben erffc nad) beinern Sobe woljl anjuwenben. Du bifl arm? ©et) gebulbig, jufrieben, bicnflfcrtig. Du bift |)Ocf> unb über Tlnbere ergaben? ©et) fjerabiafienb. Du bift niebrig? ©et) unterwürfig. Deine ilmflan* be ftnb tn S33erfaü ? 20ßar beine ©ebulb, fo befferc bid), unb bann wirbß beffer werben. 2ßar es nicht beine eigne ©ebulb, fo traue ber Vorfefjung, welche bir biefe Prüfung auflegte. Deine Umfianbe ftnb blü» benb? SÖSerbe be« Vlinben Tluge, be« lahmen guf, beß ©f ummen Sttunb, ber 'üBaifen Vater. ©o tja» ben wir aRe taufenbfacbe Veranlaffungen, in allen Utnflanben Dtgenb ju üben , unb mit unferer Digenb wirb auch unfere ©lüdfeligfeit wachfen.

0 meine Sfjeureflen, lafjf unß nie ttergeffen, ba§ alle« waß ©oft tl;ut unb juldft, recht unb gut fet), unb bah n>ir ^ietr in einem ©tanbe ber Prüfung unß ju unferer ewigen Veftimmung oorbereifen follen. Tille SDienfdjen, fo uerfd)ieben fte auch immer fetjn mögen/ hoben bod) gewiffe Pflichten ju erfüllen, ge< wiffe Verfuchungen ju überwinben, gewiffe Vortljeife ju geniehen. ©ie alle beftnben ftd) in einem ©tanbe ber Vorbereitung jur langen granjenlofen 3u^unfr 3Baß h'cr roac ut,b thot, wirb ©infhtfi in fein ewige« ©d)idfal hoben, unb aller jejige dufjerlidje Unterfchieb wirb einmal aufhoren. 9Tur baß Vewufjts fetjn unb bie §olge wirb bleiben, wie fcinc

25 3 <Pflid)f

22 cgon bet ©leicbfyeit bet Sttcnfdjen.

<Pßicbt erfüllt ober rtic^f erfüllt (jaf, unb rodele ©teile ifmi alfo im künftigen unfief;tbaren DJeicfye angewiefen werben mufj, je nacfjbem er fein 5ftaa|j Don £raft, unb bie ©elegenljeit jum ©Uten in biefer fteftbaren SSclt nacf) ber Tlbjlcbf feineö ©d)opferö gebraust hat, ober nid)t. .fpier uerfebwinbet alle irbifcfye Jrtoljeit, aller blenbenbc ©lan$ wie ein bräunt! ^n ber T)unMf)eiC beß ©rabeS, im $id;te ber ©wigfeit |Inb fd) bie OJien# (eben alle gleich, tt>ic fic fd) im itrfprunge waren, unb nur ber fann hoffen , ewig fclig ju fepn , wer ficb befirebte, bas ^od^fie Siel ju erreidjen, baß unß allen fcorgefteeft ift unb fciefeß ift, Uebercinftimniuwj mit ben unperdnberlicben unb ewigen ©efc£en &cr SÖSafjr« f>eit, beö Died)ts unb her Dehnung1, ift ©emein? fd;aft unb ^lehnlidjfeit mit ©ottl

3wote

23

3wote prcötgr*

33ott l)er wafjirtn grei)I)eit.

«^)u wiüft 0 ©off, bofj wir, beine bernitnftigen ©e* fchopfe frei) fet)ti fallen. Du ffafa unß Vernunft ge* geben, um über baß nachjubenfen unb ju urteilen,, was waffa ober falfd), was recht ober unrecht, maß gut ober bofe ift, maß unß glücflidj ober unglucflicf) macht; unb hafa unß überfaffcn , jwifchen begbert ju wählen, unb unfere Jpanblungen nach unfern ©ins flehten freiwillig ju beflimmen. Daß £f)ier folgt betn blofsen Triebe feiner Statur; aber wir fallen bem lieh# te ber Seelen, ben hefaern ©runbfdljen bes ©eifaeß folgen. Tiber ach, wie oft wirb baß licht ber 2Baf)r= heit in uns burch 3rrfl)um berbunfelt; wie oft wirb bie «Stimme ber ‘Sugenb in uns burch heftige Segier* ben unterbrüeft! Das ^Bollen hoben wir wolM oft, aber bas Vollbringen ftnbcf fid> nicht. Daß ©ute, bas wir wollen, baS tf;un wir nicht, fonbern bas 25ofe, baß wir nicht wollen, baß tlfan wir. Darü= ber ge^et alle üiuhe unferer Seele, alle Freiheit unferß ©cifteß verloren , unb wir werben unglücffelige Selas ben unferer lüfte, ©roher allmächtiger ©oft ! be* frege uns bon bem SQSiberfpruche , in welchem wir mit uns felbft flehen, bringe bie Steigungen unferß ©emüths in ©leid;gewici;l unb Drbnung, unb heilig«

V 4 Öir

34

Sßon ber wahren 5«if)<it.

bir alle Stiebe unferer J^erjen, ©rlofe uns Don bem garten fd)änblid)en 3od)e, *>on ber unfeligen Dienjt? barfeit bes iaflcrö , unb t)ilf, bafj wir bir bie frepwiW ligen Opfer eines finblicfjen ©eborfams barbringen. Sffiaö fjilft e$ uns, wenn wir auch äufjerlid) Steifheit unb Ütufje genießen, unb gleid)wol unfere ©eele burd) taufenb Seffeln ber ©unbe gefangen gehalten wirb? 0 baß wir recht frei) würben ! fret) Don Unglauben unb Aberglauben , frei) Don ©icberßeit unb Änedjt* fd)afc , frei) Don $3erfd)ulbung unb ©trafwurbigfeit, frep Don Qflenb unb 23erbantmniß! 23ilbe uns burd) bie d)rifllid)e ie^re unb burd) beinen ©eift ju beinen wahren SJereljrern, baß wir für uns felbfl benfen, baß wir uns einen ©d)aß guter ©runbfdfce fammcln, unb nadj benfelben unfer $l)un unb taffen cinridjten, baß wir unfere 53egierben 6ef)errfd)en unb bir gefjor* eben lernen, baß wir in allen Umftänben bes iebenS eine flets gleicßbleibenbe uncrfd)utterlid)e@emütf)Sruf)e behaupten, iaß bie rnaßre greifjeit ftd) auf beinern ganjen ©rbboben imitier weiter unter ben SOtenfdjert Derbreiten, unb bringe uns einmal alle aus biefer ftreU tenben Äirdje auf Qfrben, ju ber triumpßirenben ©es nteinbe beiner AuSerwäßlten im Fimmel.

$ejt; £ue. i, 68 75.

©clobet fcp ber dperr, ber ©ott ^froel; benn er fjat befugt «nb erlöfct fein SSolf. baß mt erlöfet au$ ber dpanb unferer geinbe, tfjm bienten ofjtte gurd)t unfer febelang, in ^etligfeit unb 0ered)tigfett, bie ifjm gefäl¬ lig ij |t* _ _

Witter

SBon t)cr magren Freiheit* *s

(£iner feer inerfrourbigftcri Bonner in ber @e< fdjichte ifl unflreitig 3°hannes, ber kaufet unb 23or» laufet unferS ^errn. Q:r flehet jroifeben ber alten unb neuen IXeligionSberfafTung in ber SDlitte; er ifl ber lej# te Prophet unb ber et'fle €t>angelijl; er war gleicbfani bic 9Jiorgenrotf»e, welche por ber aufgefienben ©onne norlpergieng , bureb welche bie ganje £Belt erleuchtet werben füllte, ber Jj?erolb, welcher bie Tlnfunft bei großen IXetters anfünblgte, bureb welchen alle ©e* fcbledjter ber €rbe 6eglücft werben follten, Korber war alles 23i(b unb ©chatten auf (Einfluß gewefen; je^t füllte alles DJealitat werben. -Der leoitifebe ©of* tcSbienfl hatte biel DiauheS unb Jparteö, biel ^nechfi# (djeS, biel ©efefslirfjes. Tiber fchon athrnet ber lob* gefang bes gaebarias einen finblicbern ©eifl ber S‘rei)s heit. <£r fleht im ©eift bas grojje licht, baß benen erfcheint, welche bisher in ginfiernifj unb ©d;affen bes 'SobeS gefeffen hatten ; er .fleht ben ^eitpunef , wo bas menfehliche ©efchlechf, welches bisher wie ein ^inb unter bem Sudjtmeifler geflanben hatte, bclljdh* rig wirb unb für fleh felbfl benft unb banbeit; er fleht bie betten ber ^nechtfchaft jerbrochen, unb auf ben Drummern ber Sprannet) ben ^hron ber wahren freys heit errichtet.

©o wie ber traurige 3uflanb ber SDlenfchen ohne €rlofung burdjgängig in ber ©chrift unter bem 23ilbe ber ^nechtfchaft borgeftellt wirb : fo brüeft fle auch bie gefammfe ©lücffeligfeit, beren wir burch Sefutn theilhaftig werben, mit einem einigen QBorte aus, unb bas ijl Freiheit grci^cit bon ber ©cfjulb unb ^errfdjaft ber ©ünbe, greifet öon &cr Strebt bes

23 s $obe$

26 Qßon bei* iva^rcn Freiheit.

Sobes unb bcr Söcrbammniß. Unb biefeS foff uns ei< ns 53’ranlaffung geben, non einet* QJiatcrie $u fyanf bcln , melche ben S3ebürfniffen unferS 3?italters ange« Hieben ijt. Denn ju feiner 3e>t mol)l mvf)t* non Steifheit gefprcchen, mef)r über biefelbe gegriffen unb gcfdjrieben morben, a(6 in unfern Sagen. 9ftan batf fiel) auch barüber nicht munbern, tnenn man bebenft, ti>cld> ein großes herrliches ©ut wflhre 3rf*^c>f fei). <2fs mirb gembfmlid), mie affe anbere ©üter bes le» benS, nid;f ef>er recht gefdjaljt, als bis es nerloren ge^t/ ober uns geraubt mirb. 5ßie fürchterlich ftefjcC es in einem fanbe aus, mo , mie in ben SJRorgenfdn# bern , ein eitriger Stjrann über baS feben unb ©i* gcntfjum feiner fclaoifdjen Untertanen ju gebieten hat/ unb jmar nicht nach ©efefj, 9ied}t unb Drbnung, fon* bern bloß nad) (Eigcnfinn unb faune, nach blinbec ßßutf) unb feibenfehaft , mo bas ©chicffaal ganjer OJiiüionen non biefent Sinnigen abfjangf unb beftimmt mirb. 9Pan nennet biefcS Despotismus; unb mie glücflich für bie ‘DJienfdjhe’t ifl eS, baß bie 3«<t ge* fommen ju fepn fcheint, mo ein größeres ficht aufgef)f, bah künftige ©efd)led)ter nielleidjt blos ben Spanien, ober nidjt bie ©ad;e fennen merben. ©sßat aberaud) eben fo fc^rccf lid;e folgen , menn XEemge ober gar }2icle anfangen, in einem fanbe ju tprannifiren, unb fid} mehrere Oiedjte über if>re l5Ritmenfd)en anjumaß« fen, als ihnen jufommen. Denn meldje fd;auber* haften ttnorbnungen unb ©raufamfeiten entfielen als* benn , menn ber große J^aufe ober ber mütfjenbe 'Po* bei über bern SScftreben, fid) nom alhugroßen Drucf ju befreien , bie 3ug^ ber Dtegierung ergreift, meldje

Sßon Der wahren Freiheit. 37

, ' j _3

ft’&od) nicht ju lenfen perftef)t? Mes fommf färbet) auf bie SSegriffe an , weiche wir uns oon ber 5reib)etC machen. €s ifi biefeS freilich sine poiitifche ^rage; aber ba fie gieichmol mit ber Religion in fo innigem 3ufammenf;ange fceijt; ba bie begriffe, weiche mir uns pon einer ©adje machen, einen fo fiarfen©nflu§ auf unfere Steigungen unb Jpanbiungen haben, ent» weber einen fchdblichett, wenn biefe begriffe falfch, ober einen mißlichen, wenn fie richtig unb wahr ft'nb; ba mir enblid) uberjeugf fepn muffen, ba§ unfere 53e* griffe nur alsbenn ber SCBa^r^sit geindh finb , wenn fie mit Den ©runbfahen bcs göttlichen SOßerts überein* ftimmen: fo b°ffc ich ©oft, ba§ unfere fejige 23e« tradjfung baruber nid;t cfmc Stufen unb ©egen feptt werbe, 3$ rebe;

28on ber wafjren ^reitjeit.

Buer ft Port Den Rechten, welche fie uns fdjenFt#

Sweitens pon Den Pflichten, welche fie uns auftegt.

^he wir oen ben Rechten reben, weiche uns bie $rei?heit giebt, muffen wir juerft überhaupt fehen, was Freiheit fep, unb wie fie eingekeilt werben fonne. 9iid;t immer, meine ©eiiebten, h^nbeln wir nach ben biinben Antrieben unfers ÄorperS ober nad; ber ©ewalt dunerer (£inbrücf'e, fonbern wir finb es uns auch bemüht, bah wir biefen <£inbrüden unb 2fntrie* ben wiberftehen Tonnen, wenn wir wollen, bah wir Pernunftige iteberlegungen übev eine ©ad)e anjMeti fbnnen, ob fie ju fintn, ober ju laffen fep, bah wir

fo#

38

<2ßon ber mtytn §ceüjeit.

fo, ober anbers b<wbe[n fonnen, je nad)bem bje Ve» weggrünbe finb , roclcf^e uns baju beflimmen , baß wir mit einem SBorte ^rei^ieif, ober bas Vermögen beßßen, aus eigner Bewegung nach gewifjen Vorbei* Jungen ju ßanbeln, oßne oon äußern unb frembenllr* fad)en baju genötigt 511 werben. 5Bir wollen biefeS bie innerltcfee Freiheit bes 3Renfd)en nennen. Daß ber Vienfd) ein fold>eö moralifd) - freies ©efeßopf fei), baß er jwifdjen jwep Dingen wählen, baß er bie'ileiif* ferungen feiner Äräftc, ober feine ^anblungen nad) feinem ©utbunfen «inrid)ten, baß er tßun fenne was er wolle, wenn er nid)t jum ©egenttjeil überrebef, ober oerführt, ober burd) unwirkliche 9flad)fge» jwungen wirb. Das lehret uns unfer innerßes ©es fufjl unb bie allgemeine (Erfahrung. SOSie fonnten auch fonfl bem Vlenfd)en ©efeße oorgefeßrieben, wie fbnn* te er jur Verantwortung gezogen, wie fonnte er bes lohnt ober beflvaft werben, wenn er feinen frepen Qßillen, wenn er nid)t bas Vermögen batte, jroifd)en ©Uten unb Vofen ju wählen? Darinne befielet eben ber Vorzug unb bie 5Curbe ber menfd)lid)en Vas tur oor ber bloS tl)ierifd)en, Das unoernünftige^ljier bat feine Ueberlegung unb ©nßd)t; es wirb burd) fei# ne Triebe unn>iberfle^lid> fortgerifien, aber juniUften* fd)en fann man fagen: was mad)fl bu? ©0 heßan* beit ihn Öott fein ©d)opfer fo bebanbeln ficb Vlenfdjen felbfl oor ©erid)t unb im gemeinen leben, ja fo bebanbeln wir uns felbfl, wenn wir bei) gewiffen .ftanblungen uns entweber billigen ober mißbilligen, wenn wir es füßlen, baß wir entweber lob unb Ve* Jobnung, ober Vorwürfe unb ©träfe. Perbienen.

29

Sßott ber wahren Freiheit.

(So lange roit* uns ben ^Renfchen als ein einjef* tteS ©efchopf oorftellen , »elches im ©fanbe ber ein* famen £Bilbf)eit für fid) feibfl lebe fo lange »irb ec firf) biefer feiner grepheit, biefeS »efentlichen Triebes feiner tätigen Dlatur bebienen bürfen, fo öfter nur immer fann ober »ill: aber fobalb mir ihn uns als ettt Sftitglieb einer ©efellfchaft benfen, fobalb roirb fein Jpang jur 5reif)eit ficf> aud) ge»iffe Jpinberniffe unb Einfchranfungen gefallen laffen muffen, weil eine bür« gerliche ©efellfchaft unmöglich befielen fann, »entt nid)t jebes SUiifglieb feiner natürlichen Unabf)dngigfeit jum the‘l entfagert unb fich in bie ©efe|e fügen »ill, welche jum 3Bot;l bes ©anjen gegeben unb befolgt »erben muffen. £)ie au^etlicfcc ober bie bürgerliche Freiheit befielt alfo barinne, bah ein ^eber baS t^urc fann, »as er will, jeboch fo, bah er feinen Tfnberit baburch in feinen Rechten frdnft, bah er für feine (perfon unb im 53efih feines Eigentums fidjer iff, bah SRiemanb fyn, aber auch et 9Riemanben toerle|ett barf, o^ne jfraffallig ju »erben.

TfuS biefen ©runbbegriffen fo»of)l ber inncrlU <hen als aufjerlkhen Freiheit bes ^enfdben laffen ftd) nun alle bie Äecbte feiten, »eldje tyrn »ermoge berfelben jufonimen. Es giebt allerbings Rechte ber Sftenfchen, unb fle befielen barinne, bah ein ^eber, als Sfftenfch unb 9ftifglieb einer ©efellfchaft alles baS tfcun, beftgeii, bedangen fann, »as tyrn nach ber Einrichtung feiner 9?atur, »eiche Pom ©chöpfer felbft herrührt, ober nach ben notljmenbigen ©efehen Inhalten unb Einrichtungen ber ©efellfchaft, in »el*

eher

Q3on bet grdljeit

dier er fet>f r juPommf» (£0 felget hieraus nöffjrcen« big, üa§ jeher DJienfd) überhaupt in 2lb(td)f feines ieibcö «nb lebcns frei) «nb fid)cr fepn muffe ; bafj fein ©eift unb feine ©enffre^eit nid)t eingcfdjranft roers ben burfe; bafj er alfo and) o[)nc B^ang feine Urteile unb ©efitmungen im Dieben unb ©djreiben offenflid) befannt machen fönnc; es folgt hieraus, bafj es i(jnt fret) flefje, nad) feiner Ueberjeugung $u ^anbeln, fiel) ju einer gcroiffen lebenöart ober QSerbinbung ent* fd)liefjeu, ju roefdjer er miß, unb jebes erlaubte unb unfdpulbige Vergnügen ju genießen ; bafj Diicmanb feine Qrljrc, feinen (Efjarafter, fein Söermog'eti unb (Jigenffntm of^ne 33eruf unb ungeflraft antaften burfe, unb bafj er überhaupt alles ba$ fmbe, genicfjc unb tf>uc , was er mit feinen 97ebenmenfd;en unb Söiitbür* gern gemein f jat, ndmlid) ©idpetlpcit fut feine petfen, (Bfewtffcnefretfpett unb f£igenttpumß* tedpt»

Bieber SBienfdj fpat ein pellfcmmcnes Diedjf auf pefcßnlidpc ©icber^cit. 5b i c liebe jurn leben ifl nid)t nur ben ffienfeftett, fonbern oud) jebem S^iet pon ber £anb beö ©dpopferß tief eingepflanst, unb ©clbfteripaltimg ifl bas erfre ©efej ber Diatur. Der «ÖSurm frfmimt ftd), wenn er gebrueft wirb, unb affe Trufte bes D3ienfd)cn ftreben empor unb frengen fd) mit ber f)bdjflett ©pannung jur Üiettung an, wenrt er in grofjcr iebensgefafn' ifl, ober wenn ifjm eingeinb mit IScrwunbung ober Sftorb brofpt. 93iit roeifer ?(b* fld)t mürbe biefer rege $rieb in jebeö lebenbige ©e=> fd)opf gefegt , weil fonfl baß 0efd)led)t md)t erl)altert werben tonnte, fonbern gar halb untergeben mürbe.

3t

Qßon Der wahren ^reif>cit*

(£$ ifl iiud> erftaunenSWurbig, wie fiarf her $ang juc Freiheit bei ben Üftenfdjen ifT. bielen fallen jiefiC er ftc bem ^cbe fdbft oor, unb will entweber flerben, ober frep feijn. Dann verrid;fet ein 3>cl? gewöhnlich Die größten .ftelbenthafen, wenn es für feine grei^eit freitet, unb bie ®efd)icf)re aller Diepublifen l;at es ges leljrt, baf bie grofjfen 5)idd)te ftri) &u fd;wad) gefuf;(C haben, jle ju uberwinben. Der ^Jienfd) fyat nun eins mal ein Verlangen, bepm Öcbraud) feiner Kräfte, un* gefrört oon frember SJiacbt, b!os feinem $ßillen ju folgen, unb er wirb fiel) baljer allem roiberfeljen, wa$ feine Freiheit einfehrdnfen unb oernichten, ober t^tt ^inbern will, bas ju tbun, was er für gut erfennt. 0cf)on biefer wefentliche Dieb ber menfdjlichen 97as tur fönnte uns lehren, wie unrcdjtmdfig bie Sclabes ret) unb ieibeigenfdjaft fet?, unb wie wenig alfo ber 0clarenbanbel, welchen fdbft cf;i’ifllic^e Golfer bis# her aus niebrigem ®dbgeifc jur @d)anbe ber DJeligion unb 9^enfd)lpeit geführt haben, mit bein narurlidjen IKecbte oereinbar fei;, ber ©cbwarje nicht ein 5ftenfd), wie ber £Geife? 2$ er nicht ein 33tuber? $at er nicht mit uns bie wefentlicbften Deburfnifte unb Dtechte ber Sftenfchheit gemein ? £> baf? es nie jur 0d)anbe ber (Eljvifren gefagt werben muffe, baft jTe aus falfd)er ^olitif, aus ©ewinnfudft, aus Ungered;» tigfeit, jidj ber unmenfddicbftcn ©raufamfeiten gegen bie fflegers fchulbig gemadjf haben ! 2ßas haben biefe Unfdjulbigen gethan, baf wir fle in ilnen frieblid;en puffen auffudren, unb barbarifch ju ewiger 0c(aoeret> öerbammen? Qjßir jagen freilich Diebe unb Üidubec wie Üvaubthiere auf; wir tobten Korber; wir oerur*

theilen

$2

Sßon fcer wahren greift.

feilen SSetbredjer ju §ar(ec Arbeit unb ewiger ©e* fdngnififlrafe, unb baß Cf>un wir beßwegen, weil fte bie greifjeit anberer SOlenfcben »erlebten , unb bie of» fentlidje ©icherheit florfett. Denn wer anbere beleih bigt, ^anbelt niefet fie^ / fonbern ifl ein Stjrann, unb fo lang er frei) ifl , ftnb anbere ©clatoen. Deßwegen fielet mit £Kecf)t übet ben ©ifängniffen ju ©enua bie Ueberfcbrift: ^rei^eit! *2iber wer bie @intrad)t unb Orbnung beß ©anjen nicht flort , wer fld) ben ©efe* |en unterwirft, wer 9liemanben in feinen Rechten per» leljt, ber rnufj unb foil baß crfle f;eiiigfle Oledjt ber 5Jlenfcbbcit fel&fl ßenicfjen, ber barf nicht ofme Örunb unb unerhörter 0adje tn< ©efängniß geworfen ober in betten gefebmiebet werben, ber mufj ©efunbljeit unb Seben, baß ebeljle ©ut beß SUlenfcben, ofpne ©e* walttbatigl'eit genießen fönnen, ber mujj für feinerer* fon völlig flehet fepn.

©o wie ber SJlenfdj im ©tanbe ber 9lafur eint <Ked)f jur ©elbfloerfheibigung hat, fo f)af er alß Un* terff;an eineß ©taafö »olligen 'Hnfprucb auf ben©cbulj ber ©efefje. 7(uge beß ©efe^eß muffen ZUe, Pom Jpocbflen biß junt Sliebrigflen gleid) fepn : fic fitzen alle of)ne Unterfcbieb unter feiner ©ewaft unb unter feinem ©d)u£e. 9liemanb, welcher angeflagt wirb, mu§ für febuibig gehalten werben , biß gefefcmäfjig erwiefen ifl, unb wafcrenb ber ©efangenfehaft muft bähet lieber fo getinbe wie möglich be^anbelf werben. £>ie Tortur follte baljer nirgenbß mehr gebulbet, fon* bern in allen ianbern, wo fte nod) gewöhnlich ifl, ab* gefdjaft werben. Denn ifl außgemacht, bafj felbjh ein 3>erbred;er flarf genug fetjn.fann, fte $u ertragen,

ohne

33.

%$on öet wrtjwn Srci^du

of^nc $u befennen; unb ba^ ein Unfdjulbigcr üUS§urd)£ biefer unmcnfdjltdjen Q3ef;ant)lung etwas befennen n>trb , was er nidjt begangen §at.

3eber aftenfcb f>nt fernerem PoOfommene&’Üücbe jur (Bcvriflönefrei^eil:, welche barinne befielet, ba§ er fold;c aJiepnungen in ber Dieligion befennen batf, we!d;e er nad) feiner Uebcqeugung für wahr half, unt) fcaf$ er ©oft nad) feiner 'Krt ungefiert verehren fann* ©6 ifl bierniit aud) baS üveebt Perbunben, ju benfen, ju fprcd)en unb bffentlid) befannt ju madjen, was er nur immer will, was er für wahr unb bem aJienfdjen für mißlich (;a[t, fo lange er baburd) nicht bie bffenfs Iid>c Diüfje flcrt , ober bas dnfehen ber ©el'e^e be(et= biget. 'Dem ©eifie bes aftenfd^en bannen feine gef* fein angelegt werben , weil ihm Pom @d)opfer felbjt bie Freiheit angefcfyaffen ift. ^eine 3ftad)t in ber 2ße(C ifl im ©tanbe unß ju gebieten, wie wir benfert unb was wir glauben follen; unb alles fommt hier auf Ueberjeugung unb ©rünbe an. ^)ie Religion hat iirt Sßerftanbe unb im ^»erjen tf)ren ©ifj; ^emanben alfo «ine Religion bureb ©ewalt aufjmingen wollen, ofme jenen $u erleud)ten unb biefes ju rühren, baS i|f t(jo< ridjt, unmöglich, tprannifcb, bas berwanbelr aften* fcf)en in aRafdjinen unb #eud)ler. -Der blinbe ^fifee unb bie @d)wdrmeret) in ber Oieligion, weld;e ihre oft unftnnigen afteinungen ber aßelt a(S ©laubens* ortifel haben aufbringen wollen, haben, rom weltlichen 2frm unterflüjt, eben fo Pie! Unheil angeridjfet, als Unglaube unb ©ottesleugnung. iXßic picl 53Iut ijf über bie SKeligion pergcjfen worben, weil man fd(fd;< lieh hat/ baß man Tinbersbenfenbe ausrot^

g ten

34

<2ßon Da* wahren greiljeit.

fen unb Perfolgen fonne! 5n &en ftnjtern feiten &et Q3arbarep unb beß Tfberglaubenß war biefeß £Ked)t ber Ou’ligionß» unb ©ewtfjenßfreiliieit ben Uftcnfdjen ent* riffen; es wirb aud) je$t noef) nid)t in folcbcn ftnflerit ianbern jugeffanben, wo nod) bdß abfd)eulid)e 3ngui» fitionßgeridbt (jerrfdjf. Tiber iutl;er flritt für baffelbe unb ftegte. 0:5 entfiunb freilich fo mand)cr Äneg bar* über, aber ©otrlob bie feiten finb nun vorbei), wo 5)]enfd;en um if;rce ©laubenß willen perfolgt, gotobfcC würben ; man f;at ben Unftnn eines fold;en Söerfalj* renß einfefjen lernen; }ejf fann jeber glauben, waß er will, wenn er nur ju feiner eignen 23eruf)igung auß ber Vernunft unb ^eiligen ©d;rift beweifen fann, wenn er nur baß SÖaefen ber wahren Dveligion im Jjpet* jen unb leben fiat, unb ein tugenbfcafter red)tfd;affe= ner 3ttann ijt,

([in jeber Uftcnfdj fiat enblid) ein Pollfommeneß 9ied)t ju feinem ^igcnt^um. 'Ser Tlümäd)tige tjat biefe (£tbe für bie 9)icnfd)en gefdjaffen ; ein jeber f;af Tlnjprudje, aber er (jat nur 9ied)t auf ben ^Ijeil irbi< fd;er ©uter, weld;cn er ftef) burd) ben ©ebraud) fei* ner geifligen ober förperlid)en Ärdfte ju eigen maefjf* £)er ISJlenfd) ift geneigt, ficf> fein leben fo beguem alß möglid) ju machen; baß ©efüljl feiner Porigen 23e* bürfnijfc reijt ilm, alles ju tfjun, iljnen jupor ju fom* men, unb für bie £ufunff Uu forgen, er arbeitet junt Unterhalt ber ©einigen ; bie ([firbegierbe entflammt ilpn, fid> Beifall unb Vermögen burd) ®efd)id'lid)feit unb nu^lidje eble ‘Sfiaten ju erwerben, £)aburd) wirb er nid)t nur für ftd) felbfl, fonbern mad)t aud) bie©e* feü|d;aft glucflich. £>aß alles aber würbe Wegfällen,

wenn

QSeri bet wahren greibeik gf

Wehn Sftiemanb feines ©igentbums ficbcr fepn fonnte. ©r mu§ baber bas9ved)t fsa&en, ftcb felbft obne^wang eine iebensatf, ein ©cfdjäft ju realen, bet) we!d)em er feine Grafte am Portbeilhafteften an juwenben glaubt ; Vergnügungen ju geniefjen , welche er für ficf? notftig unb erlaubt f;d(t; unb Verbinbungen 3U fcbliefjen, Pon welchen er ftd) bas 6cflc ©lucb perfprid)f. 9J2it Ovitcf* ficht auf £et)rafhen unb ^rofefjlonSPermanbte iff* bie* fcö 9?ed)t jwar in Pielen länbern unb Stabten fefjc eingefd)tünft; aber es wirb Pflicht , fid)5föld)en ©e* feben ju unterwerfen, welche in ber weifen 2(bftcbt ge* mad)t waren, baS QBohlbeSÖanjen jubeforbern, wel* cberrt allemal^PrioatPortbeil aufgeopfert werben mufj.

2ßir haben bieüJecbte fennen gelernt, welch? un$ bie Freiheit giebt, lafjt ur.s nun auch bie PfltC^tert fennen lernen > welche fie uns borfd)reibt. 9)fiicbt ift uberbauptbaSjenige^ woju wir auS©runben eine Ver* binb(id)feit haben, unb was wir tbun muffen, wenn wir nid)t ein @efe| übertreten unb ftraffallig werben Wollen. 3Die SDienfchen buben fe^r fd)led;te begriffe Pon^reibeit, wenn fie ftd) etnbilben, bafj fie ohne alle ©mfebränfung alles tbun tonnen, was fie wollen. tDie Freiheit fann fd)rec?lid) gemijjbraucht werben, unb fo ift es leiber in unfern feiten jn ejnem benad)barten 9veid)e ergangen, wo fo Piel Pon benüiedjten bergen* feben gefproeben, unb gleicbwot bie ^eiligflen ü?ed)fe ber SKcnfcbbeit unter bie gu§e getreten worben fmb. ©s ift, wie wir gefeiert haben, bas erfte Diedjt ber Statur, feines iebens fldjer ju fepn, unb gleicbwol ift niemals mehr bafelbft gemorbet worben. @0 wie efy* mals unter bem Scheine eines heiligen Eifers für bie

© 2 ebrift*

36 §ßon fcec Wahren greiljcit.

chrifllicbe Dleligion aus trüber ©djrodrntevei). ©fronte ron 9Jienfd)enblut oergoffen morben firtb : fo §at hier ber ruitbe (JnthujlaSmuS für bürgerliche Freiheit oiele ^aufenbe auf bie @djlad;tbanf geliefert. 2lbcr ba$ ifr t>aö 9ved?t milber ^Ipierc, mo baß ftarferc immer baS fd)n)dd;ere tobtet, ^eine §rci(jcit fann of;ne ©n« fdjranfung , fein 1 e n fd) e n v c d; t ofme 9Jietifd;enpflid)ü befte^en. €ben fo frei} mie mir, finb aud; 2lnbere, unb menn mir uns Dverijfe jufdjreiben, fo muffen mir barauf feften, bafj mir urtfere OJlitmenfchen in ben ifj* rigen nid)t frdnfen, fonfl ifl unfer Diecf;t ©tofj, 7(n# mafjung, SOSilbfjeit, £ügeüofigfeit, fonfl artet unfere ^vettyeit in aus, unb jerreifct bas 33anb,

welches SDlenfdjen als ©cfchmifler jufammen galten follte.

'Sie erflc Pflicht baf;er ifl, wii* t>tc na* tüvUcbert Rechte eines 3c^crt anerkennen, unt> ntemant» im Sefig imt> (Benuf? betreiben ffo* Iren* Ser ©eringfle mad;t fo mie ber ?{ngefe()enfle ein ©lieb in ber $ctfc ber ©efellfchaft aus. ©oll er bas leben nid;t geniefjen, bas iljm ber ©djopfer gab? ©cli er faen unb nicht ernbten? ©oll er in Tltmutlj Derfdjmachten, inbeffen bafj feine Arbeit ben oerfdjmen» berifchen l33lü§iggdnger füttert? 3BaS ifl bas leben, wenn ifjm bie ©üter geraubt merben, burd> beren ©e* nufj allein fd)dhbar mirb? 933aS ifi es ohne greif heit, o^ne ©gentium, ofjne ©lücffeligfeit? Das Gfpriflent^um enthalt eine golbne Siegel ber 23iüigfeif, weld)e uns unfere Richten in jebem gallc (ehrt, mo mir mit unfern Slcbenmenfdjen ju tf^un haben, unb biefe ifl; 26aS bu roillfl, bas Tinbere bir t^un follen,

bas

37

93on fccr toaljren grcthcit

bnö f^us tu innert. DiefeS ©efe$ gvünbet fid? auf bis ©(eidjßeit bei- SDtenfeßen, ißre 23eburfni(fc unb ©e* füßle, fo oerfeßieben fie auef; fonfl immer fetjn mögen, unb feßreibt uns ein geredetes Söerßalten baburd) üor, baß mir uns immer in bie ©teile eines TInbern feiert unb if)tti bas lei|1en follen, roas mir oon ißm mit 9?ed;t forbern mürben , mdren mir an ber [einigen. ©Ieich= mol aber goßet bie Eigenliebe unb ber ©tolj bes SÖtenc [djen fo meit, baß er t>on feinen Stebenmenfcßen jmar xnel foberf, aber bagegen wenig ober nichts (eilten will, fid? fe(6ft jraar ^reißeiten nimmt, aber anbern nidje jugejteßf. Der Jpang $um Vergnügen unb ju unumfeßränfter ©eroaft ijtgemiß nicht allein ben ‘Sßro« nen eigen, fonbern jeigt ßcß in febem menfdjlidjen «fber^en. tDtandjer ipüttenbemoßner mürbe ein f)tero fetjn, menn er auf bem 'Sßrone fäß, unb mir bürfen uns gar nicht munbern, baß iperrfeßaft fo oft gemiß* braucht mirb oon benen, in beren dbänben fte ift, ba mir foldje ßBirfungen bes menfchlichen Eigenbünfels überall im gemeinen leben antreffen , mo einer immer gern über ben 2inbern ßerrfeßen mochte. Die fege» nannte feine iebenSarf, bie Sftobe unb hergebrachte ©emoßnßeifen, meldje oft läcßerlid) genug an Jpofett unb im alltäglichen Umgänge finb, fmb ein großes .frinberniß ber natürlichen Freiheit beS 3J?enfcßen, baß er fteß niemals fo jeigen fann, mie er ift, unb baß oft meit eßer ein grobes iafter, als ein geiler gegen bicfeS eingefüßrte ©tjfiem non Jg>cucf)efet> vergeben mirb. Daß ber SEßertlj eines Süftenfcßen fo oft blos nach feinem Dtel ober nach feinem ©olbe abgemogen mirb; baß 9ieid;tßum unb Oiang ben 33or$ug not

E 3 ©eleßr*

38

^ßon t>er magren grei&ctt

©clc^rfamfeit unb Sugenb l )at; ba£ ber reblidjfte SDiann oft jtdj rote ein dßurm Per bem Unwurbigen Drummers mu§, ber über ifm bloö burd) ein DrbenS= feanb ober einen glud'lidjen 3ufaü ergaben ifi: baS ift eine foiefje Verfehrung ber Sßatur unb Freiheit, roie fic nie anberS als burd) ©cwaltthdtigfeit unb 2Iuöar= Jung in ber 2öelt eingefuf)rt werben fonnte,

£>a burd) eine ju weit getriebene Verfeinerung ber Sftenfcf) ocrjdrtelt, ba bie 9?atur burd) .ßunfi per* brangt wirb/ ba wir ©clapen ber (jet’tfcfrenben 5ftobe ftnb: fo wirb bie ©efe(Ifd)aft baburd) einem ©d)au< fpiel gletd), wo jeber feine Diolle fpielt unb am tnei» flcn bewunbert wirb, wenn er am wenigften fid) felbft unb am ftdrfflen ben angenommenen (S^arafter auS= brücf't. 7(ber wie unnatürlich, ben @d;ein Pon etwa« onneljmemmoju ba« SÜSefen fehlt ! ^c&ermann follfe ein 9ied)f f;abcn, bie@te((en unb 2(emfec in einem ©taate ju fud)en unb 5U erhalten, woju er gd(;igfeiten f)at, unb nid)ts füllte weiter ben ‘üOienfcfyen abein, als 2Bei«f>eit, Verbienft unb ^ugenb. £)cnn wir finb alle aus einem ©taubegebilbet, Tfber wie oft geben in unferer Ver» fgfjung Erbred)tunb ©eburt Vorzüge oor felbfterworbe* pen großen Eigenfdjaften bcs ©eiflcö unb J^erjenö ? SQ3ir feljcnalfo, bafj^prannet), Eigenliebe, SÜftobe unb Q3orurtf;eil bie natürliche Freiheit bcs 5ftenfdjen un* {erbenden, unb bafj unfer gefellfd)aftlid)es leben nicht ef^er glüdlid) fet)n wirb, als bis jeber bas ift, woju ihn ©ott fcfjuf unb was er fepn foll, als bis wir alle wahre dhriften werben, unb ben Villen ©otteS auf (frben thun, wie er im Fimmel gefd;iehet?

39

Sßon t)er toteren §tei(jdt.

©mb bie <9Uenfcf)en fr et) , fo folgt barauö bie jwofe Pflicht, bafi in einem ©taate jebe Tveli* gtcrt gebulbct xvetbe, xvelcbe feine bet* menjcb* lieben X&ofelfai^rt nacbt^eihge Meinungen ^egt» £ein Q3o!f ifl fo rof> unb wilb, meld>eö nicf;C eine föorflellung oon einer ©ottljeit unb Don einem ßuflanbe nad) bem £obe f)aben follte. IDiefe groben lehren pon ©oft Pon Tuqenb unb Pflicht, Pon Unflerblid)feit werben bie ebelften ‘Sriebfebern menfd)* lieber Jpanblungen, roeldje fein duberlidfeS Zwangs* mittel Ijeroorjubringen im ©fanbe ift. Daburd) wirb bie Dieligion bie ©runbftüfje ber ©icfjerfjeit unb$Bol)(* faf)rt eines ©taats; unb ein 23olf o^ne alle Religion würbe gar halb untergeben, benn es würbe mit ©ot* teßleugnung unb laflerljaftigfeit ein ©iftenperberbnijj einreiben, weldjeS (Id) mit einem ganjlidjen Umflurj ber offentlid)en Otulje unb 3Bol)lfal)rt enbtgen würbe, iefjrte baf)er aud) eine Dxeligion ober ©ecte folche ©d* f$e, welche offenbare ^rtljümer enthielten, welche in iljrerSÖSirfung ber ©efellfdjaft überhaupt fcfjdblid; wer» ben, baS fafter beforbern, bie allgemeine liebe fym* men, unb ben ^rieben floren würben: fo fonnte fle feineswegeS gebulbet werben. Tiber beswegen muffen wir uns nicht baS üied)t anmaben, bas ©ewiffen ei * neS anbern ju jwingen , ober i(>m oorjufdjrciben, was er glauben feil. £ier fommt alles auf guten Unter® rid;t unb auf eigne Ueberjeugung an. 2Bie oft aber ift bie üleligion jum £)ecfmantel ber wilbefien Tlffecten bes menfd)lid)en Jpcrjens gemibbrauebt worben! Sftie wollen wir alfo 3emanben beswegen fjaffen unb Per* folgen, weil er in OicligienSfadjcn anberS benft, wie

(£4 wir!

'40 Q3on fcw todjrm greiljeif,

wir! Denn wer bifl bu, bafi bu einen fremben Änecljt rid;te|V? G'r fielet ober fallt feinem .fterrn. ^eben wellen wir bulben, ben ©ott bulbet; alle wollen wir unß in liebe einanbertragen, wie ©ott uns tragt; ben 3rrenbcu oon feinem ^nfjuin liebcDoll ju überjewgen; ben lagerhaften ju beffern fudien. llnfer ©laube fet) fruchtbar in guten Werfen, fo wirb er Don fdbft ftef? als her wafire red)tfertigen !

©inb bie $Dlenfd)cn frei), unb foflen fle eS fetjn, fo ift es enblicf) aud) unfere Pflicht, baf wir uns «bet ben ^ertfebritt freuen, welchen bie wab* re Freiheit macht, unb baf wir (o viel als m<%s lieb ba3U bcforberltcb ftnb* 0 wie viel ^rthum unb Aberglauben, wie viel ^ned)tfd)oft unb (Jlenb, wie Diel ©ewiffen^iwang unb Q3ebrudung f>crrfcf)C «cd) unter bem menfd)lid)en ©cfd)led)t aufallen $h*ilert fces (Erbbobens, felbfi in lanbern, weld)e burd) bie ©tralen bes Cüvangelii erleud)tet finb ! SGcnn wirb bie 3cir l'ommen, wo baß Ijod) ber ©clar-erep völlig jer* fcrodien , wo ollcö in ©taor unb Kirche auf bie ur* fprünglid)e ©inridjfung ©otteß, auf bie wcfentlichen Stiebe unb 53cburfniffe ber menfd)Iid)en Sftatur, auf bie moglicbße 5üeforberung ber allgemeinen ©ludfe» ligfeit jururfgeleifet werben, wo ein Jpirt unb eine J£eer< be fepn wirb? 9Rod) aber fif^en fo Diele QSblPer iu§in< flerni§ unb @d;aften beß Sobeß; noch fenfjen fo Diele unter bem Drude ber geglichen unb leiblid)en$ned;t* fdjaft, nod) hat bie Ddlenfd'heif nid)f bie ©tufe ber Söereblung erreicht , weide fic erreichen Pann unb foll. Aber er wirb Pommen , ber (id)tDo(le bcglüdenbe £,citi jnmft, wo bie Sinjtevnijj bem lid;f, bie ©claDeret) ber

Srei t

41

Q3on b et wahren greif) eif.

greifjeif/ ber Tiberglaube bem (£()riftentf)um, baß fa* flec ber 'Sugenb, baß (£lenb bei- ©lücffeligfeit 9)(a£ machen mu§. @d)on §abcn rotr wichtige TlufrrttCc er= lebt, unb bie gufunft n>irb nod) fruchtbarer an Unter# fud)ungen unb ‘iSeränberungen in ben wid)tigjten Tin* gelegensten ber s3Jienfd)en fet)n. ©eilten mir un$ nicht barüber freuen, wenn es auf ©etteß weiterleit immer befjer wirb ? 3Ber f)at ©efühl für 5ftenfd)cns wohl, unb fann gleid)gü(tig habet) fetjn, wenn ganje 5Ö3elttbeiIe, ganjefänber, wenn Sftulionen SQtitmen* fd)en burd) befferc Diegierungßverfofjungen, burd)Tluf* flärung, burd) mal)re üveligion, burd) J)anbe(, dvünfie unb $Bi|fenfd)aften, burd) weife, bem Siechte ber 9 Ra» tur gemäße ©efef^e, burd) eblen ©emeingeift in einen gfücffeligern Buflanb verfemt werben? ^a, ja, bie jejt ber Qiitelfeit unterworfene unb fef)nfud)tßvolle (Ereatur wirb frei) werben vom £>ienfle beß vergänglichen Sbße* fenß ju ber ^errlirf>en greiljeit ber Äinber ©otteß *). ÖBir wollen unß innigfi barüber freuen, wenn immer mehr iid)t verbreitet wirb; wenn bie fdjlummernben «beiden Triebe beß ?01enfdjen immer mel)r geweeft, fei=> ne wefentlicfjen Siechte immer beffer erfannt, unb bie Sligfien Q^flidjten von if;m immer eifriger geübt wer* ben. fRie wollen wir ein T3olf beneiben, wenn ftd) ju eben ben$3orj;ügen fjervorarbeitet, weld)e wir fd)oti genießen. 5ßir wären beßiid)tS nid)t wert!;, baß unß erleud)fet Ijot, wenn wir es anbern mif gönnen ober gar verbunfein wollten. TllleS wollen wir baju bei* tragen, was wir nur immer fonnen, burd) Belehrung, burd) üöeifpiel, burd) SXGo^it^ätigfeit d)rift!id)e (Er*

(E 5 fenne»

*) 916m. 8,2i,

42 <35011 ttwljren $rdI)dL

fenntnifj unb 9Jienfdjenwohl immer 6effcr ju Seför&ern, bamit begQflenbeg unter ben DJJenfcfjen weniger werbe» 5ß3ir alle weilen bef)in flreben, an uns unb anbern ben großen »Jwecf &u bt forbern , woju wir gefdfoffen finb, unb biefer ijt frei), fugenbfjaft unb glud'lid) ju le# ben, in biefer unb ber jufünfrigen Sßeit!

Unb nun, meine greunbe, wag foil icb nod) 5um 0d)lufj tagen? (£$ giebt nod) eine greif)elt , wel# d)e bie befle, bie ebelfte tfl; eine §rei^eit, bie feibfl ber 0clare, ber ©cfangene in betten genießen fann; eine Areifjeit, welche bet) allen auch ned; fo beSpoti» fdien Üvegierungsformen bennod) befielen, we(d)e fein Dirann, feine nod) fo wut^enbe SSerfolgung unö ent# reifen farm, unb bas ifi bie waipre cbrifilicbe grei# heit. 0o euef) ber ©ol)n frei) mad)t, fo fet)b ü;r recht frei). Durch bie dtrijllicbe lehre wirb ber ©eifl fo er# leuchtet, bag £crj fo gebeffert, ber UJienfd) wirb ba# burd) fo feiner “Segierben Jjjetr, fo über Unruh?/ ^ob, ©rab unb bie 0d)reden einer (Jwigfeit erhoben, bafj er fid)er Por allen geinben, ©ott fein lebenlang ohne 5urd)t in 4?eiligfcit bienen fann. Der (Sjjnfl benft für ftd) felbfl, er benft (auf, waö, er in feinem Jjerjen fühlt, unb feine $ften|cbenfurd)t, fein ©efdngnijj, feine 'Peinigung fann if;n baron abhalten, (£r hot fich aus ber 0d>rifr unb (Erfahrung einen @d)ah mal)# rer @runbfd|e gefammelr, nad) weld)en er feine Den# fungSart unb fein Verhalten einrid)tef, jeber 0ad)e ihren wahren &Bcrth bet)nii§t, unb bie ihm über alleg heilige Qßahrheit rer ber ISßelt befennt unb in feinem leben übt. (Er weih feine 7(ffcctcn ju mäßigen unb in ©chtanfen ju halten, weld;e bem 9Jienfd;en bie $rei>

heit

43

QSon ber toafyrm Freiheit.

^cif rauben , wenn fte bag SKuber fuhren; unb war er ein .£ned)f, ein leibeigner , er ijl großer alg fein ©e» bieter, wenn biefer nod) ein unfeliger ©dane feiner lüffe ifb. ©enn fein SDienfdj ifi ebel unb fiep .. ber benSSegierben gehordjef; aber ©oft unb feiner (Pflicht gcßordjen, bag ift roüfommene Sreißeif. ©er (Sfwifl behauptet unter allen, auch noch fo traurigen £5ege* benfieiten, felbft in ben gcwaltfamflen ©rfdjutterun= gen ber $ßelt eine fid> fletö gleidjbleibenbe ©emütpg* ruße unb dpeiterfeit, unb felbfl bann, wenn feine febwadje 9ftatur ftnff, ergebt er ftd) burd) bie ©nabe unterflüjt jur Jjpofnung einer Poliigen unb ewigen §m= f>eit unb ©rlöfung. £ßer wünfeht ftd) eg nid;f, je? ftep ju fepn ?

2fber fepb ifjr bag, i^r ©lenben, ißr niit!eibg= wurbigen ©daben eurer funblidjen (Segierben, bie if)t euren iaflern froßnt, unb bie il;r frep ju fepn eud) einbilbet, wenn if)r in ungebunbener 3ügelIoftgfeit tßun fönnf, wag eud) gelüftet, ober Pielnießr, wenn if;r ber ©ünbe gel;ord)en müßt, welcher if?r eud) ju Ä'nedden ergeben fjabt? 3Bag habt ißr für ^rudjt Pon eurer greiffeit? beren ißr eud) fd)ämen müßt, benn bag ©nbe berfelben ift ber ‘Xob. ©ag iafter i fl ber größte ^prann, benn ber 93tenfd) wirb burd) öftere SBieberßoljlungen beffelben fo gefeffclt, baß er feine moraIifd)e Freiheit enblid) ganj perliett, unb wie bag Sßier burd) blinbe (Stoße fortgeriffen wirb. Äann aud) ein ?0tof»r feine £aut änbern, ober ein ieoparb feine Siefen? ©o fonnt auch ißr guteg tlfun, bie iljt beg ©ünbigeng gewohnt fepb. fühlet eg aud> gewiß in©tunben beg Umflog, wie brücfenb bag£iccfr

‘IV

44

Q3on öer toa^wn gwi&eit.

ift/ djr tragen mujjf. $Gollet ifjr benn langer in tiefem 3ufanöe einer fdjänblicben £)ienjtbarfeit blei* ben? STf ein , jerreifjet bie Äeften. 3$r f'onnf erretfef unb befreiet werben, wenn iljr wollt. £>enn iljr fepb ta^u erjet/affen unb etlofet, freu ju fepn Don bcr^>err* fd?aft ber@ünbe, frep Don allem gittern Dor ber Ijocf); ften ifliajefldt, frei) Don ber gurcf;t beg Tobeg unb ten ©djrecfniffen einer ©wigfeit. ©g ift nid)C fo febwer, wie ifir eud) einbilbef, ein (Efjrift ju fepn. £>aö ^d) ift fanft, bie faß ift (eid)f , bie unö 3efu$ aufiegt. Tiber cg gehört nur ernftlidjer ©ntfd)Iufj, €rnfi, Hebung, finblid)er ©eljorfam baju, ftdj jur djriftlicben Sreifjeit empor ju fdwingen. ^f;r wahren ©Ijviftcn, befielet in Der ^reiljeit, womit eud) ©(jrifluS befrepet Ijat. 3()r fcpt> treuer erfaufc, werbet nicht ber ^ftcnfd^n Unechte, @cf»et bahin, ba£ if)r nid)ü eure 3re*helt 5um X'ecfmantcl ber 33ogl)eit mijjbraus d)et. ©laubt nidjt, a(g gab eudj bag $>erbienß einen grepbrief, jufünbigen, fo Diel iljr wollt ein abfdjeulidjer ^rfljum, in wcldjem fo Diele (Ebriften f d) befinben ! ©onbern bienet ©ott mit einem finbli» d;en fronen Reitern SOBefen , big iljr Dollig unb ewig frep werbet, bif? ibr bie grobe Jpuüe ablegct, bie euch trutff, unb big euer begnabigfer ©eifl Don ben T3an= ben beg Äorperg befrept, ftd; jum ?{nfd;aun ©offest empor fdjwingt.

SDtitte

Dritte prcbigt.

Q3om©el)orfam gegen ®cfe£ «nt» Obrigfdt,

Unäußfpred)lid) großer ©off, $Be{jerrfd)et ntleö bef* fen, waS burd) bid) ig, wir beten bid) als bas erfte twllfommenge 2ßefen an, unb etfennen beinen 3Biüm 0(5 bie lpcd)ge Diichffdjnur unfers iebenS. 'Dein 33er* ganb ig untrüglich; beine $ftad)t grdnjenlos, beine ©üte unerfd)opgid). Wies, was bu tljug, ig recht unb gut, unb alles, was bn juldfieg, gat weife um? oft unerforfdgiege Tlbgchten. Dein ig betjbes, [Rarfj unb Slpat; bu f>ag föerganb unb 93iad)t; burd) bid) fjerrfdjen bie Jürgen unb alle Diegenten auf (Erben. Du fefpeg Könige ein unb ab, unb alle (Erfd)ütterun# gen ber £Gelt, welche leiber nur ju oft burd) bie wil< ben SSegierben ber 5)]cnfd)en erregt werben, gefpen unter beiner Oberaufgd)t, unb bu lenfg ge nach beineu ewigen '•Ißeisheit }um 23egen beß menfchlichen ©e* fd)led)tß. 0 moduen bod) alle, benen bu bie EKegies rung über ilpre Q3rüber anoertraut fpag, gets ilprc ers gabene unb wid;tige ^egimmung bebenfen, bag ge beine @telfocrtretcr auf ber ©rbc fet)n, unb wie bu, mit alles umfaffenber iiebe, alle ifpre Untergebenen beglüefen follen. 5ftod)ten bod) in biefer Tlbgcgt feine anbere, als weife unb gute ©efefee gegeben, mod)ten ge ridptig erfldrt unb oerganben, reblidp geübt, unb

4 6 Sßont ©ehot’föttt gegen ©efej

iinparthepifeh berroaltet merben 3ftod)fe boc!) öle all* gemeine ©lud'feligfeit bas fei)n, &öS jeber @fanb fid) ju erreichen borjlecfte, unb mochte Itugenb un& SÜoeisbeif, $leifj unb Drbnung, QSaterlanbsliebe unb 9\ecf)tfd>affen^eiC einen 3e&en befeelen^ baju mitju* toirfen!

D ©otf/ bon bem alles ©ufe fommt, fdjenfe bod) allenüvegenteu unbDbrigfeiten bieSÖSeisheit eines ©afemo, ba{j fie bie ihnen anberfraute ©emalf nicf?C itii^bcaudjen. ienfe i[>re .fperjen 511 ©ebanfen beS ^riebens, bamit nid)t bas 231ut ber armen leibenben 5Jienfcf)^ei{ bergofien rnerbe! 5ftad}e fie eben fo millig als gefd)icft, baS leben, bas ©igenffjum unb bie ^f>re ihrer Bitburger ju fehlen, unb burd) bie ©cgnuns gen beS mohlthdtigen§riebenS bas5ßo§l bes gemeinen SBcfenS immer fefier ju grunben. lafj es unS aber aud) nie bergeffen, bafj fie SDienfdjen mie mir finb, unb l;ilf, bafj mir burdj Untermurfigfeit unb ©effer# fam gegen alle if;re redjtnidfjige Q3efef)le i^nen bie fdjmere lafi erleichtern , melche um unferer ©ichetbeit millen auf if»nen liegt. ©teure 0 ©ett in jebem lanbe ber ßroeitradjt unb (Empörung, unb l)ilf uns, bafj mir unter unferer lieben öbrigfeit ein ruhiges unb fli U leö leben fuhren mögen in aller ©ottfeligfeit unb (Elm* fearfeif. lafj uns biefes nicht aus fclabifdjer $urd)C bor ber ©träfe, fonbern um bes ©emiffens millett tfjun, unb gieb uns ben liebebollen ©inn, nach mels ehern mir bereit finb, aud; unfer leben für bie 23ruber ju laffem Unb menn mir hier als gute (Einrißen uns fere laufbafm bollenbef haben , fo bring uns jum 23es fi| unb ©enuffe unferS 23urgerred;ts in beinern un*

ficht*

unb öbriöfcic* , 47

fidnbaren unb eroigen Dieid)c , im Jpimmef um 3efu (£f)rij}i willen. "Kmen.

£e?t: 1 ^3etc. 2> 13 17.

0epb uttfertßan aftet menfd;lidjen Drb= iutng um fcee Spe rrn ©Ulen, e$ fet) bem ft’ü* ntge, al$ bem Obergern , ober ben ipaupt= leuten , alö ben ©efanbten Pon tijm ;ur Sta* d)e über bie Uebeltfjdter, unb $u gobe bett frommem £)enn ba£ tf? bei* SßMe ®otte$, bof; tf>r mit 5öo(jltijun üerftopfet bte Unit# fenljeit ber tljörtcßten SOlenfcßeni äl3 bte $ret;en, unb nid)t al£ fjdttet ifjr bte $ret)= ßett jum ©ecfcl ber 23oöfjett, fonbern al$ bte ftneeßte ©otteo. £(jut ©Ijre ^ebermamt^ £abt bte trüber lieb. Jürdtfet ©ott* ©(j= Ut ben ftüntcj«

(Jö tft eine auSgemacfete Sßaljrljeit, meine greuns fee, bafj bie (Sitter, (efjre beS (Sfjtiflent^ums, wenn fle red)t verftanben unb geübt wirb, ben wof)itf)dtigftett ©nfluj? auf bie 35efcrberuhg bei- ©lütffeligfeit nid;t nur einzelner STtenfcfeen, fonbern aud) ganzer fanber unb 523oifer fjabe. Sbenrt ba alle ifere ^orfeferiftert ftd) in bem ©ebote einer magren ©ottes* - unb SJiettfdjenliebe vereinigen, fo werben baburdj in unfe# rer (Seele bie ebelften Steigungen unb Triebe geweeft/ welcfee uns $ur dusübung ber gemeinnü^igflen öligen* feen reifen, unb ba bas ©an$e aus feilen beftefef, fo müßte notf)roe*big bas ein reefet blüfienber (Staat

feyn,

4g ^om ©efyorfam gegen (Befej

fepn, in welkem red)£ Piele folget’ guten (S^riflett unb DJienfcbenfreunbe lebten. £)ie cf)rifUid)e Religion, fo wie fic befonberß nach ber Deformation ju i^rer ur= fprünglicben SKeinigfeit wieberf)ergefrelit ifi, ifi alfo bie fkbeifie ©runblage ber 2Bof)lfartl) eineß ©taateß. QBollet i^r eud) bapon überzeugen , fo pergleid>et nur folcfye Idnber, wo biefeß licht, baß bie Volfer etleudj* tet ^at, feine wo^Itf)dtigen ©tragen hat »erbreiten fonnen, mit foldjen , wo entweber nur bie löiorgcn# rotf;e baPon bdmmerf, ober wo nod) eine gdnjlidje Unwiffenf)cit unb ginfievnifj l;errfd)f. Vergleichet bie feiten Por unb nad) £f;riflo, bie 3e*ten öor unö nad) ber Dveformation ; Perglcichef ben blül)enben gufianb einiger lanber in Europa, in weld)en baß Cfljrifien* fjjum bie $Jicnfd)en weifer unb gefttfeter gemacht fiat, mit bem 2lberglauben, ber Varbaret) unb bem Q:lenb, in wclcbeß f)€tbnifd;e Vewohner in fremben ^H?clftf)ci=« len pcrfunfen ftnb. Ölücflid) ftnb bie 9ieid)e, in be* ren Diegierungßperfaffung ber milbe©eifi bcö t()umß Perwebt ifi/ unb wo eine barauf gebaute weife ©efef?gebung bie ©ranjen jtpifchen Obrigfeiten unb Untertanen genau bejeidjnet, unb jebem Vürger fei# «e 'Pflichten Porgefcht’ieben hat.

£ßir leben in ganj eignen unb merfwürbigen Reifen , wo mehr a(ß jemalß not()ig wirb, gewiffe begriffe aufjufldren, beren Verwirrung großen 9lad)# teil nad) ftd) $ief)en, unb bie fdjrecflicbfien (Jmpcrun* gen unb Kriege erregen fann, £)af)in gehört inßbe» fonbere baß Verbdltnifj, in weld)en Dbrigfeiten unb Untertanen miteinanber flehen, unb ich habe mir jejf

unb Öbtigfeit 49

Vorgenommen, biefe ^OtaCcrie furj unb bunbig abju* hanbeln. ^d) fpt’eche nämlich;

£$om ©e^orfam gegen ©efe| unb Dbrigfett

Stfllid) roerbe id) von bet QBütbe bet ©efe|e unb Dbtigfciten

gweitenö ton bem ©e^otfam teben, benn>it ihnen fdjulbig ftnIX

58enn bie SDfenfchen ftd) tu fleinete ober größere ©efellfdjaften unb (Staaten jufammenfchliefen, mentt fte nicht abgefonbert unbmilb, roic fonbertt

als vernünftige ©efdjopfe bepfammen (eben mollen , f> läfjt es ft d) nid;t behfen, mie fte glucflid) fepn ober befielen fonnen, fo lange fte feine ©efe^e haben, ober nicht nad)©efefcen leben modern ©er grofjte SfBunfd), bas (e^feSiel eines !^ebcn ifl ftc^ever unb froher Gebens? genufj, ifl ©lücffeligfeit. (£ben biefen SEBunfd) haben unfere SDfitmenfchen unb Bitburger. QBie fann er aber erfuüt merben , menn einet ben anbern in feinen £Ked)ten fränfte, ober menn feine innerliche unb auf« (erliche (Sicherheit unb Dehnung hetrfdjte? 2ßie fanit aber biefe befielen, menn fein 53anb ifl , bas fte alle jufammen hält, menn fein ©efefc ifl , melcbes ^eben in feinen gehörigen @d;ranfen ^dfc ! ©aS ©efefc ifl alfo bie h&chjle ©ernalt, bie mir anerfennen, bic l3)la* jeflät bie mit verehren muffen» ©Ute ©e|et$e aber ftnb folche aufüleligton unb Vernunft gegrunbete33or$ fchriften , nach »velchen mir um unfers unb bes gemeU neniSeflens millen unfer <Shun Uttb $öffen ein«urid)fen haben, ©u munfd;efl glücflich ju leben, bu mutt*

^weiter ©

50 Qßom ©efyoi’fam gegen ©efcfe

baf bein leben, bein ©igentfjuni , bcine €^re, bein Vergnügen bir gefiebert fetjn folle. £>aS ©efcfc ijt es, welches bir biefen ‘SBunfch gewahrt, welches um bein leben gleidjfam ein ©efiege jieftf, wcldjes bid) gegen alle ungerechte Tingriffc in (Schuh nimmt. Tiber fo wie Tinbere nad) bem ©efelje ftd) gegen bid) Der hals ten foüen: gerabe fo fellfi bu bicl; auch nad) eben bie* fern ©efeh gegen Tlnbere Derl)alfen. Unb fo roirb ein 23ruberbanb jwifdjcn üftenfcfjen gefnupft! So wirb eignes unb allgemeines 2X?of»l beforbert ! 'Oas mad)ü ben ©runb Don ber £$crbinblid;f'eit unb ber hohCtt Sßürbe ber ©efefce auSJ

@S entfielt aber hier bte grofje Jrage: SGßer ßfMtt ©efe^e geben? unb wer foll fie Derwalten? llnftreitig i\i ©otf, ber Schöpfer, auch einzige unb hbd)fle ©efehgeber , ber unumfd;rdnfte Oberherr unb 53cherrfd)er ber 2£elt, €r hat uns feine ©efe£e in unfer Jperj unb ©ewigen gefchtieben; er fyat fte in feiner Offenbarung wiebcrf)olt unb beut(id;er erfldrf ; fie ftnb in feinem unfrüglidjen ^Setfianbe, in feinem heiligen SBillen, unb in ber 9?atur ber £>inge gegrun* bet; fie flnb bie 0.uel(e, aus welcher alle £Bal)rheit unb alles IKecht fließet, unb aus welcher weife ©efeh» geber bas, was jte gutes h<>&en/ feit jeher fchopfs ten. Tlufjer biefen göttlichen giebt es aber auch ttienfchliche ©efehe, weld;e jwar Don 9Jienf<hen ge< macht werben, aber bod) unfere ganje .fpodjadjtung Derbienen , wenn jie aus ben ©runbfdijcn ber wahren SKeligion Vernunft unb Sittlichkeit hergenommen jinb ; wenn fie nichts enthalten, was bie 9ftenfchh«if unb

Sus

ünb Dbrigfcit, 5 1

^tugenb eHte^t, fonbern barouf abjiefen, tue mchfcfj* iid;c ©lucffeligfeit ju befötbern. ©g iji fein groeifef, ba§ bas gefammte S5o(f bag Diedjt §abe, bie ©efe|e $u machen , nach röelcben eg regiert fetjn n?iü. DaS ©efeljy »t>eld;eg alle oerbinben foll, mu{j alfo auch TluSs bruef beg allgemeinen 2Billeng fet)n ; Denn feiner rnirb einem ©efe^e feinen ©eljorfam üerfagen fonnen, roefs d;es er enfroeber felbfl r ober burd) 2lbgeorbnete, jutrt gemeinen Reffen ^af machen Reifen, ober bed) Oer* möge eineg Vergleichs (Uflfdjmeigenb billiget, und) roef* d;em bie gefefjgeben.be unb auch i>oll$ief)enbe ©eroalC ©inem ober feineren übertragen roorben ift. ©efjeC ba ben tlrfprung aller ©efellfdjaffgpjTichfert, bag 25er* tjältnig jmifd;ett Dbrigfeit unb Untertfjän, unb bia Sßichtfgfeit beg ^Sefe^fö * ©e^ö UMctttyan aUeg iticnfcbltc^cn (Dr&miiig,

$)ie SBurbe beg obrigfeitlichdt ©fanbeg beruhet alfo auf feljr ftc^ern ©runben, aufberunt>erbtud)lichett Jpeiligfeit göttlicher unb menfchlidjer ©efefee, unb of)ne fte fann feine ©efeüfcfcaft , feine Drbnung, fein ojfenf* rid;c6 3Bo^l beheben. $Benn mir gleich ^ierbet) annefj* men, bah junddjfl Sfftenfdjen nach ihrer SCGeigfjeif fol* <he "Xnotbnungen gemacht haben, fo etf)eüet hoch eben f)ieraug auch i^t gottlid;er Urfprung, unb eg ijf fein SQSiberfprud) , wenn betrug oon einer ttiettfcfeltd)en (Dtbnung rebet, <Paulug aber oerflchert: i|i

fccinc (Dbcigfeit cfynt von (ßott *). ©entt mie auch immer ein Ovegent jum Vejtfj fe'ner ®ßurbe gefommen fetjn mag, enfroeber burch©t&ud, ober

£> » burch

*) ft6m, 13. 1, ff*

52 95om ©djouffim gegen ©efc|

burdj ©rbffbäft, ober burdj £ßaf)I, ober atidj burdj Ärieg, fo muffen mir bod) immer adeß jutefjt auf bie adeß regierenbe £>orfefjung ober auch auf bie ßufaff fung beß '2ldet()od)ffen juruef leiten , meld;er ber Slonig aller Könige unb 4?err ader Herren iff, gegen melcben felbff ^Dionartfjen ,£ned)te fftib, unb bem fie Dfedjen* febaft abjulegen haben.

Tiber biefe SEßurbe ber öbrigfeif o mit mie toielen Würben iff ffe beiaffet! 2BeId;e ©entnerffbmere Pflichten (eget i^rbiefer erhabene 23cruf unb ©tanö auf! Diefe <Pffidffen formen mir niebt beffer fennen lernen, alß menn mir baß ©emidjt ber 97amen beben* fen , melcbe ben Oicgenfen unb Jürffcn in ber ^eiligen ©d)rift gegeben merben. @ie merben ©efanbfe ©of* teß, Diener ©otteß, ©tattlpalfcr ©otteß, ©brtetr ber ©rbe genennet. SBaß ©ott ber ganjen 3Be(f iff, baß joden ffe iljren ©taaten feyn, 9)}an fann baß gan$e nienfdffidje ©efdffecbt alß einen großen ©taaC anfe^en, beffen Oberf)err ©ott iff. ©o mie aber ©ott jeben Süftenfcben liebt, unb bie ©lucffeligfeit af* ler mid unb jurn Ijocbffen 3wecf feiner $>orfel)uagi macht: fo foüen Regenten fo oief alß ifjnen möglich iff, bureb bie beffen Mittel bie ©lucffeligfeit i(jrer ©taa* ten ju beforbern fudjen. Der Surff eines SSolfß fofl alfo baß ffcbtbare ^3ilb ber adeß beglucfenben unffdjt* baren ©oltljeit fetjn. ©r ffe^ct an ber ©pffe feines SSolfß; er iff baß erffe *Driebrab in ber großen ©taatß* mafdffene; auf i^n ffnb aller Tlugen gcridffet; er foll für baß 3ßof)l beß ©anjen madjen. 2Bie mirb er bie* (es fonnen, menn et nicht ©eelengtojje unb 9Kenfdjen*

liebe

53

uni) Dbrigfeit»

Hebe wenn i§n nid;f tiefe dfjtfurcbf Por ©otf,

©efefj unb 93flid;t &a$u befreit? 5ö3ie fef>v würbe er fid) taufeben, wenn er ftd> für ein ganj anberß ©es fcf>opf hielt, alß feine 9Kifmenfd;en, wenn er bie 0timme ber 0d;meicbelet; horte, bie nur gar $u gern bie ©rohen ber drbe Pergotterf, ober wenn er wohl gar in ftoljer dinbilbung bad)te, bofj bie Unferthanen um feinetmiden ba waren. SRein, dr ifl um ber ttn# terthanen willen ba maß er ifl, baß ifl er burd) ihre jufammengefebten Grafte, unb fte haben ihm fei* ne grofje Gewalt um ihrer SÖSohlfartf) willen anoer» traut, dr felbft ifl ben ©efe|en unterworfen, unb fletß muh ihm ber dib heilig fepn, womit er feinem SSolfe beprn Antritt ber [Regierung febwur, bah er CS bet; feinen [Red;ten febuhen, unb nad; weifen unb guten ©efehen regieren wolle. dr roirb bie ihm ans Pertraute ©ewalt nid;t über ihre ©ranjen außbefwen ober mihbraueben. dr wirb feinen Untergebenen feine unerträgliche kflen auflegen, ober baß ianb burd) feine SQerfd;menbung ober burd; feinen ©eih außfau* gen, weil babureb ber ©runb ju plagen unb 21ufruf)t gelegt wirb, welcher jwar oft erfl fpat, aber alöbenn beflo fürchterlicher außbriebf. dr tragt jwar baß 0d;merbt nicht umfonfl. Tiber nie wirb er ergreis fen , um fld; her ju rauben ober $u morben , benn fo mürbe er einem fürd;terlicben Üiaubfhiere gleich, befs fen TMutburfl beflo fd;recfiid;er ifl, je wüthenber fein ©rimm unb ie überlegener feine £raft ifl. dr wirb biefeß 0d;werbt nie eher Juden, alß bifj er baju ge* jwungen ifl, unb wieber in bie ©d;eibe fahren laffen, fo halb er nid;fß mehr pon. feinem geinbe ju

S5 3 fürd;*

54

^ßom ©efyorfam gegen ©efef

furdjten ^at. Vertrauten Saufenbe feiner DSftit* burger t^r leben, ifjr Vermögen, i^re ©icbei'beit, t§r TlüeS besmegen an, ba£ er es mit blin&en ©igenjtnn ober niedriger Oiacbfucbt aufopfern foüte? 0 bas un* febuibig Pergoffene Vlut mürbe jum ^immel um 9ta« dje fdjrepen. 2Bebe bem Üiegenten, ber es Pergibf, fea§ er ein Viib (Softes fepn foü, melcber feine 7Ctt= luacbf nur bureb 3Beisf;eit unb ©ute leiten läft. Tiber $DanffepeSbem©br,fantbumc/ bajj in unfern ©taatSf Verfolgungen feine Sprannen , feine Jerone auf bem $bronc j^n, uni) mir Vepfpiele genug Pon mei* fen unb guten durften aufflellen fönnen, melcbe i^e ©eroalt ba$u brauchten, ibr Volf $u beglucfen unb ju fegnen. D ibr Regenten ber Völfer! mie unglucflidj fcpb unb macht ibr, menn ibr fcblecbte SDtenfcben fepb unb gemijfenloS ^anbelt ! Tiber mir perebren in euch unfere ©cbubengel, unferc Vater unb COGobltbuter, mir freuen uns eurer mit finblicber iie6e unb Danf« barfeit, unb opfern euch miliigen ©eborfam, menn ibr als ©efalbte beS $errn, mirfiieb Pon einem gotf# lidjen (55eifte befeelt unb regiert merbef , menn ibr uns fd)ubt unb beglucff , menn ibr bie ‘Sugenb unb bas Vcrbienft belohnt, aber bas iafter auSrottet unb be» (traft, menn ibr feinen ©tanb bem anbern porjiebf, menn ibr bie malere IKeligion, bie Sßiffenfdjaften, uÄb bic©emcrbe in Jlor bringt, menn ibr bie Vitfen* ben b&rt, menn eud) euer 5ßort ^eifig mie ein ©ib* febmur ifi, menn ibr Gebern ©ereebtigfeit mibetfabren Ia{jt, menn i^r uns auch in eurem b<iuS(id)en leben ein gutes Vepfpiel gebt, bas man fo gerne nadjabmf, menn i£r $tcnfcbcnfreunbe unb mabre ©brijten fepb.

0

mit» Öbrigfeit. j;

O bann £u(bigf euch gewiß jebcß ebie £cr$ unb fau= fenb 9ied;tfchaffene finb bereif / für eud; i(jr Sebcn ju laßen !

33on bem ©ianje, welchen bic f»of>e Sanbeßobrig« feit umgiebt, faÜcn auch einige ©freien aufbiejeni# gen jurücf, mif weiden fie bie iaft ber Regierung tijciif/ unb weiche ihre Diathgeber, dichter unb Un* ferbeamfen finb. Tiber audj biefe finb 0otf unb bem ianbe perantwertlich, wenn fic ißre ©ewaif miber bie Abficht anwenben,' in wekher fie ihnen gegeben war. Könige unb §ürfien finb ntd)f allgegenwärtig unb ail* wiffenb; fie muffen bafjer SDiitteißperfonen haben, be? ren fic fid> alß Jjpanbe unb Augen bebienen, t>urd; mcl# dje fie nid)f nur Pon bem Buftanbe beß Oieidjö unb feiner SSewohner gewiffe 9ftachrid)ten cinjicijen, fon» bern burd) meiere auch ihre gefe|nidßigen befehle an biefeibe gelangen unb Poiijogen werben fonnen. Q)e* fruß ermahnt baßer, nicht nur bem Könige, aiß ber ^O^ert (Dbttgbeit, fonbern auch ben Jpauptieufen, ober ben Untetobtigfccitcrt untertfjdnig $u fepn, Unb wie wichtig ifl ber Q3eruf eineß 5Jiinificr6 , eineß ©eneralß, eineß Dtid;ferö , unb einer jeben Dbrigfeit in ©täbfen, Rieden unb Dörfern ! @ie aüe fotlen ju bem großen 3wecfe mitwürfen, baß 0iücf beß fanbeß ju befefiigen unb ju erweitern, weife Dtafhfchidge er, feilen, geheime Aufwiegelung unb Empörung untere brüefen, bie gebrüefte Unfchulb Perfheibigen, baß Unrecht unb iajier befirafen, unb unparthepifch, ohne Sreunbfdjaft unb geinbfehaft, bie 0ered;tigfeit h«nb* haben, ©o werben fie ^Ö5ohUh^tcr *&rer trüber.

X) 4 Aber

56 Sßom ©ctyorfant gegen ©efef

2lber fie fint? aud) eine Q)cjl ber ©efellfdjaft, unb wer« ben if)re üiduber unb OJIorber, roenn fie bic grofie 2lbfid)t ihres Tlmtß auß ben TCugctt verlieren , burd) ©efeftenfe fld) bie Tlugen blenben lafTen, baö Ovec^t ju beugen, ben Unfdjulbigen in ben ©taub treten, unb nur für ftcb felbft , aber nicht für bas gemeine IBefte fergen. VDebe Serien, bie bofes gut, unb gutes txSfe ' heißen ; bie aus jinfiernif; Hiebt, unb aus Hiebt macbett; bie aus fauet

fuf$ unb aus füfi jäuct machen bie bem (Bottiofen Äecbt fpeeeben um (Btafcbenfc ruiUeit unb bas Äecbt ber (Bcrccbten von ihnen wem ben*). D modjten mir in ben ©erid)töfluben, auf ben ütat()6bdufern , bet) ben Kammern, unb in allen ianbeö? (SoKegien , viele ©amuels haben, non be» nen gefagt wirb ; burd) ben ©lauben haben fte bie ©ered)tigfeit gebanbhabetj 9Jiöd)te baß 25et)fpiel beß Äarbinal VOoIjey, biefeö ©rofjen ©unfllingß bc$ Honigs J?emrid)ß VIII. weldjer aber julelst in ilngna* befiel, allen ©taatöbebienten jur SOSarnung bienen^ bamit fie nid)t tvie er, nor betn Stabe nod) außrufen wüßten ; £atte id) ©ott mit eben ber £reuc gebie« net, alß meinem Äbnigc, fo würbe er mid; nicht JU9 lefjf in meinem Filter nertafjen hüben, c<

S^od) eben biefelbe lehre unferß ^peilanbeß, weis d)e fo oft t>on ber hohen SOßürbe bes ©efe^es unb ber Obrigfeit fprtd>t , unb ib>r fo fdjwerc Pflichten nor* fd)reibt, legt and) bett Untertbartert bie pfTicbtauf, ihnen mit ehrerbietigen unb willigen ^erjen um be$

ge«

*) 5, 20— «3,

unt> Dbrigfdt, 57

gemeinen Beften willen allen fcfeulöigefl^e^otfaitl ju (etflcn, (Es t>erftef>C jld) »on felbfi: , bafj fein Uns tertlfan öerbunben fet),' beni 525efe^>tc ber ObrigfeiC $u gef>ord)en, welcher wiber bas ©ewiffen, wiber bie Religion wäre, unb wo er ft cf) offenbar wiber ©ott Derfunbigen mu^te. $iit Ovecf>t weigerten jtcb bie egt)Ptifdjen XBeljmufter, ben morberifeben Befehl be$ fPljarao ju erfüllen, ber ifjnen gebot , alle ^fruelitis fd)e Ändbletn ju toben. Sftit Siecht weigerte ftd) ©a» braef), Gefach unb ttbebnego, baS ©ofjenbilb beS Stebucabnejar anjubeten. £>enn ffier trat ber galt ein, wo bie erhabene Siegel galt, bie in allen afmlis d)en fallen gelten tmi§ : tTfan itutf? (Bott mef)b ge^>otd;en als Öen Hlenjcberi. 28ir laffen uns öud) nicht jejf in bie Beantwortung ber großen wiebtis gen ©taatsfrage ein: ob nicf>t ein gart3et5 )2ol£ baS SKecf)t habe, fid> einem tprannifdjen Siegenten ju wi* berfe|en , unb i(jm feine SJiadjt ju benehmen ? £)as (Efpriftent^um entfd)eibet hierüber nichts. Tiber ba cs, wie bas Siecht ber Statur barauf bringt, bafj ein Ber* gleich , ein Besprechen gehalten werben mufj, fo mufj auch einer ganjen Station frei) fielen , wenn ifjre geiftlidje unb bürgerliche Siechte auf bie gewiffenslofefie SfBeife gefranft werben, benjenigen, weldjem fte bie 5Jtad)t jur Berwaltung berfelben anoertrauten, jur Sied)enfd)aft ju jiefjen, feine gemaltfame Unterbrud'ung mit ©ewalt ju Vertreiben , unb if>n wof)l gar nad) be* funbenen Umftanben feiner XBurbe gdnjlid) ju heraus ben, wenn red)tlid)e Spittel unb befebeibene ©egen* borfteüungen nichts helfen wollen. Tiber ba folche ge* waltfame ©chtitte mit fchrecflichen Unorbnungen oer»

X) 5 tun?

58

i

9ßom ©efjorfam g’egm ©cfcf

bunbert pnb, ba biefc ?0tittcf, bic ^ranfljeif ju {jeilen, cft rocit furcbtcrTicbcc als bas Uebel felbp finb : fo tnupcn mit ©off bitten, bap es um bcr cffentliden Diufje unb 5Bolfartf) willen niemals $u berntteuperpen fommen möge; unb jemeljr bcr ©eip bes (E^riflcru tpumS Dbrigfeiten unb Untertanen befeelen wirb, bepo mefw werben pe Urfacpe paben, mifeinanber jufrieben ju feijn. ^ejt re^cn ro‘r M°S oon &en sppidpcn, weldje eirt3elnc Untertanen ber fjopen Dbrigfeit unb ifjren 2>erorbneten fdjulbig finb, unb die biefe vereinigen pd) in einem willigen ©efjorfam gegen bie ©efefce,

'Sie Dbrigfcit ift baju vererbnef, bap pe bie g-reipeit, bas ©igenf^um unb ieben ber Untertanen rad) bem ©efe£e fd)ufcen foQ. ©aper jagt man and), bap ber ^onig ober irgenb eine anbere obrigfeitlid^e «Perfon nidp irren ober Unrecht fpun fonne, fo lange ftc naa) bem ©efefce panbelt. ©enn alles fommf ju= julept auf gewipegufe unb pcilfame 0efepe an, welche nad) twn allgemeinen 5Biüen jur öffentlichen üfulje 0id)erpeiC unb Sßoplfartl) auf eine beftimmfc Tlrt fef= gefegt pnb. ©ie Dbrigfeit panbelt allemal unter bem 'ifnfepen biefer ©efepe, unb pe wirb nicht eper fabelnS« rourbig, als bip pe felbp gegen biefe ©efepe panbelf, melcpe pe bod) panbpaben follte. 0o lange pe pdj ober nicht fo wopl an ben 55ucppabtn, als vielmehr on ben ©eip biefer ©efepe palt : fo lange tput pe ipre «ppidjt, unb verbient unfere ganje Unterpüpung unb ©pffurepf. 5SBie unglucflid) pepet es in einem 0taa* te aus, wo feine guten ©efepc pnb, ober wo man

folgen

59

unö DbrigFeie.

folgen ^Perfonen feine 'Xcbfung bezeigt, weiche gute ©efe£e fpanb^a&en feilen l £)a roiü jeber nad) feinem eignen SBiüen (eben, jeber fein eigner [Richter fepn; ba ijt ©iner gegen ben 21nbcrn, ba ift [ftiemanb fei* neö iebenS unb ©igenfljums fld)er. "über wie glucf* lieb ift ein fanb , rco gute ©efe|e gelten , unb biefe ©efefje auch befolgt rcerben. Sßir fef)en hieraus, roie roo^It^atig unb beglucfenb bie allgemeine $3orfd)rift fcp, roc(d;c bie d?rifl(id>e <s5itten(e^>re ,of)nc alle ©in* fcbrdnfung allen einjelnen Untertanen giebt: m am fey unterbandet: (L'btigFett, fctccBctpale über i !?at! freilich fofi bamit nicht ber ^pran# uep baS £Gort gerebef, unb baS ©lucf rieler Haufens ben unb Millionen bem ^Diifjbraucbe eines ©injigett ubcrlaffen rnerben : aber im ©anjen genommen, $at biefer 53efef)l ben roo^ft^atigflcn ©inffujs auf bie all* gemeine «SBo^Ifart^- £5enn roenn febon ein £au$ nicht mof;l regiert werben fann, n>o es nicht nad) bem ÖBiUen bes ftamilienhauptes gefpü: wie piel weniger roirb ein fReicb befreien fonnen, wefdjeä mit ficb felbfl uneinß ijt? 3efu$ ©f)riftuS, unfer ■£«?/ unb feine Tlpoftei, waren baljet felbfl fjcibnifdjen Herren unter# tf)an, unb fle rid)feten fid) punft(id) nach ben ianbe5= gefefcen. ©s ifl aüerbings ein Unglucf, wenn bie Obrig« feit ungläubig unb (afier^afc ifl: aber werben mir et# was auSrid)tcn, wenn mir gegen ben 0from febroim» men, unb einer alles jwingenben Gewalt wiberfee* ben wollen? Vielmehr erfobert bie djrifllicbe Ä(ugf)eif, ta§ mir uns alsbenn mit ©ebult faffen, uns ber ab les regierenben £3erfef>ung unterwerfen , unb il)r ben TfuSgang ber geredjtcn 0acbe überladen. ©rlaube

bic

60 Sßom ©e^orfam gegen ©efeij

bir baber nienialß mein (Sf)Vtfl, einen voreiligen unb un« befonnenen ‘Sabel ber ©d)ritteunb'3Jtaaörcgcln/ me(d)e bie Oiegierung nimmt, £)u mu£t fd)on über bie ,£>anblungen unb ben ^cr^cn^ufianb beiner üDiitmen; fd)cn mit bet* großen 23ebutfamfeiturrbeilen, miepiel me^r über eine ianbeßregierung, me(d)e baß ©anje überfein feil, ba bu nur einen eingefdjrdnften ©e* fid)tßfreiß rceld)e eine •Blengc non 9lad)rid)ten unb ©rfenntnifjquellen bat, meldje bir t>erfcf)loffen ftnb, meld)e 21bfid>ten haben fann, bie bir ©ebeimnifje fmb, unb über meld)e bu nid)t el;er urteilen fannfl, alß bif? fte ftd) im ©anjen überleben (affen Q3ebenfe, bafj felbfl eine fehlerhafte Regierung taufenbmaf beffer jfl, alß eine noUige Anarchie unb Bügcüoftgfeit, mo 2l([c ber|*d)en , deiner aber gefjordjen n>iü. Sieben* fe, bafj fclbfl ber Oiegentein eingefcbränftefiunbfdjroa? d)cß ©efdjopf fei) unb roer meifj, ob bu, ber bu fo lieblog über i(;n urtljeilfl, nid)t mcit mel^r Selber begeben mürbefl, menn bu an feiner ©teile mdrfl! 23eurtbei(e baber aud) baß, maß bu in beiner 9)iet)* uung für Rebler baltjl, niif ©djonung unb SOlen» feben liebe , unb tlpne alß (£b‘ifl, alß Bürger unb \hncttl)an , maß betne ^flidjt ifl.

“Der ©cifi beß CÜbriflentbumg jiclt pffenbar ba* bin, bafj ber obrigfmlid)e ©taub in 0;ren gebalten merbe, unb bie £Bürbe behaupte, olpne meld)e er nid)t für baß gemeine 23efie ben Oluben fliften fann, meld)en er fliften foll. 25eneibe al|o ja nid)t beine Obern unb £>orgefe’,ten um ben ©lanj unb bie 33or* jüge, rneldje fic umgeben, D menn bu müjjtefl, n?ie

unb Dbrigfeit. 6 1

örucfenb eine Äonigsfrone ijt, bu wurbeft bir fte nicht wünfehen. $hUß alfo dies, maS beine Obrigfeir be» ftefjit/ fobalb es nicht miber bein ©emiffen ober über beine Kräfte ift. £)ie 23eburfnijfe beß ©faats, t>er* langen grofje Ausgaben, unb biefe machen groge 'Huflagen unb Abgaben nbthig. $ftan fann a(fo tt>o^C nichts fur&eres billigeres oon bir forbern, als mac<Pauj luS »on feinen (Sh' :ften verlange : (Bebet 3c&ßfwaurt *x>as th>t fcfculötg |e^ö, Scbof$, fcem bet ©cbo£ gebül)tet, öem bet goU gebühret, bem bie £bte gebühret. SSer-enfe, roie moljlihdtig für bich bie Obrigfeit i(i 3n&e*lenr bajj bu ruhig fchldffl unb beine ©efchdfte treibfi, mufj jie für btd) machen unb forqen. XXhUfi bu hieb abet nicht fürebtert rot bet (Dbngfeit , jo tl^ue (Butes bertn fie tfi (Bottes iDienerin, bit 31t (But* Hl) uff bu abet bofes, fo fürchte hieb; berm fte traget bas ©cbwetbt nicht umfon(?,fte i|f(Bot* tes iDienerin, eine Ädcberm jut ©ttafe über ben, bet böjes tbut. ißaö ftnb es für ©ünben, weiche oon ber Obrigfeit mit lanbeßnermeifung, ©e<* fdnqnijj unb ^ob befltaft werben ? lauter Verbrechen, welche bas £Bohl ber ©efeüfchaft, unb bein eignes ©liuf untergraben, SKorb ©he^ruc^ fieberet) Sftepneib (eichtfinniges ©chulbenmachen "Huf* rufjv unb alles, maß bie 23anbe bes gefeüfchaftli# (h«n lebenS jerreifjt. IDu fannfl bich alfo baoor huren, in bie Jpanbe ber Obrigfeit ju fallen, wenn bu öid) burchgdngig ber mähren Oiechtfchaffenheit unb ^ugenb befleifjigefi. lafj es immer fepn, ba(? (ich fo manches Un&oHfommene in allen menfchltchen Einrichtungen

ftnbe,

2 93om ©ehorfatn gegen ©efefce unb k.

fnbe/ baf* felbfi: in bet Regierung unb ©ericb«pflege fcer länber noch fo manche unoermeiblicf)e 5?hler un* terlaufen : fja6ebu nur immer ©off unb fein fünftigeS allgemeines $Belfgericbt oor klugen, unb bebenfebaö ©nbe, fo toirfi bu nimmermehr Q5ofe$ tljun. furchte ©oft! S§re ben Äönig! habe bic $5ruber Heb!

©re§er ©off , heilige bu bir fclbft alle ©fdnbe unb ©efd)led)ter ber 9ftenfd)en burd) beinen ©eifl unb burcf) bein 2Borf, bah unfer Jperj, unfer leben, bah alle *anbe, alle SOSelfen, alle Fimmel, alle<£roig< feiten beiner ©hce 00^ »erben. ^men.

Vierte

/

%

Alerte predigt.

(Sfyrijllufce SDlenftalicbe alt fca§ bejle Mittel jur SSeglucfung M öefelifc&afc lieben 2ebetiS.

ZJ ©ott, bu 6ifi bie liebe, unb bu milffl, bä(j auch wir liebe fetjn foüen, Du l)afl beitte wo^Itpuenbc 6e? glucfenbe liebe in reichen ©tromen über Jpimmel unt> (Erbe auggegoffen; jebeg lebendige ©efdjopf hat feinen beflimmtcn ^eil ton lebenggefühl ton bir erhalten, ober ingbefonbere haft bu bid) an ung SKenfdjen als einem ©ott ber liebe im SKeidje ber Statur unb ©nabe terljerrlicbt. Du giebfi ung fo bieleg ©ute ju genie= fjen, ob mir gleich flrafrouibia finbj Du roillfl nicht ben *£ob beg ©ünberg, fonbern bafj er fid) bcfc^re unb lebe, bu haft ung in ber ©enbung beineg ©oh* neg ^efu <£^>rifli ju unferm DJetfcr , ben hochjlen <5^ roeiö ber SKenfchenliebe gegeben, meiner auf ber QEr* be unb im Fimmel möglich ift. Du magjl fchaffeit ober jerjloren, geben ober nehmen, tobten ober leben? big machen, ftrafen ober belohnen, ©onnenfeheire ober Üvegen geben, leiben ober greuben ung jufchicfen : bu bifl unb blcibfl bennoch bie liebe. Dag fagt uns unfer Dafet)n, bag fagt ung bie gan je Statut, ba$ fagen ung alle beine 2öerfe, SCßege unb Sprüngen; ein 3!ag fagtg bem anbern, unb eine ©tigfeif rcirb ber anbevn fagen, bajj bu bie liebe bijl*

D

64 Cfyriftl. SDicnfc^cnftebe alö btö befte Mittel

D modjte« mir aud) liebe fetjn. S^enn baß ift unfere SSejtimmung, ba)? mir bir bu emige D.uelle, bu gro§eß unenblicfjeß tlrbifb aller $>ellfommenf)eir, jo äljnlid) merben, alß mir nur tonnen, bir nadjal)* men / jinß nach bir bilben, baf? mir barntfjerjig, uoll* fommen fetjn feilen, mie bu t>i|t , unb baß ift ber Ößeg, unfere Statur $u nerebeln, unb ben 3n>e<f un* ferß Dafepnß $u erfüllen. 0 tajj unß bod) barnadj jtreben, unfere (Einfid)ten non bir, bu (Sinniger, im= tner mefjr $u ermeitern unb ju berichtigen, unfere Srie, be unb Steigungen immer mef)r ju reinigen, unb alle unfere Jpanblungen beinern erfannten SÖSillen immer gemäßer ein$urid)ten. leime unß bidj, alß unfern Q3a; (er, unb bie S)tenfd)en, alß unfere SSriiber lieben, ba« mit baburdj menfd)lidjeß (Jlenb geminberf, unb tuenfd)lid)e ©lucffeligfeit beforbert merbe, unb mir einmal, menn alleß, alleß, nur nicf)C bie liebe auf» £ort, ju beinern feligen ttnfdjaun im Jfpimmel gelan* gen mögen.

$c;rt: £uc. ig, 25 37,

(Ein 0d)riftgelel)rter berfudjte t^tt unb fprad): ?ÜZeifter r wa$ muß id; tfjun baß idj ba$ ewige geben ererbe? (Er aber fprad) : 5Bie fielet im ©efej gefcfjrieben? mie liefeft bu? ©r antwortete unb fprad): bu folljf ©ott beinen iperrn lieben boit ganzem Jjper* jen/ bon ganjer 0eele, bon allen Graften/ unb bon gattjem ©emutfje, unb beinen Stad)* ftenaläbidjfelbfh (Er aber fprad; : bufjaftredjt geantwortet, £fjue ba$, fo wirft bu leben.

<£t

SSegiücfuitg bw gefeflfc|afti, £ebeni, 6$

©s tfl ganj imbegtciflict) , meine geliebten 3uf)o? ter, rote bie altern unb neuern geinbe bes £^ri{len< thurns i^m ben QSormurf haben machen fonnen, als menn es feine Tlnl)dnger gegen bie 'Xngelegenljeitert unb ©efdmfte biefes lebens glcidigültig mache, unb fie ftnb in ihrer falfcben unb füfmen Behauptung fo roeiC gegangen/ $u fugen, bajj ein @taat hiebt b[üf)enb fepn ober befielen tonne/ meldet aus lauter ©br‘0ert beftünbe. ©iefe falfdje Befdjulbigung mar eine Port benUrfadjen, marum bie cbriftlicbe Religion gleich anfangs pon ben üibmern gebaut, unb ihre Befenner fo ^eftig Perfolgt mürben. £)ie waren fonffc

bie beften UHenfcben ; fie maren bie getreueren Unter® t^onen; fie beteten für ihre Äaifer unb Dbrigfeitenj fie erfüllten reblicb bie Q^fTtcfcfcn Ihres Berufes ; ft« lebten in ©intraebt betjeinanbet; fie enthielten ftd) Port laftern, fie übten bie febmerften Sugenben j nur molk tenfiein ben heibmfdjen ©öfsenbiehft nicht einfiimmen, l^ren @d)aufpielen nid)t beiroohnen, ihre Perborbenen ©itten nidjt annehmen t unb barüber mürben fie als 3ftenfd)tnfeinbe gehafjt unb auf bas unmenfcblicbjle Perfolgt unb gemartert. Tiber bas, mas ber ebtififi* eben lehre als Sabel naebgefagt mürbe, bajj fte ficb närnlid) nicht mit4bem irbifd)en ©inn unb falfcbec ©taatsflughtit ausgleidjen taffe, bas gereiche il;r jimt mähren lobe. £)ie ganje Befdjulbigung felbft aber tfl ungegrünbet unb erfebeint in ihrer lügenhaften Blojfe, menn man bie ©runbfdhe bes ©hr‘tfcnt!)um* felbfl naher ermägf. Uftan mirb alsbenn ftnben, ba§ feine Dveligion in ber 5ö5elt für bie Sicherheit unb SCBohlfarth beS gemeinen Sßefens fo mohltbäfig fet) -3»veiter tljcil. © al$

66 Qüffriftl. tD^enfc^cnlicbe alö beiß bcffe Mittel

als bie djriftlidje, ba§ fie allein bie mirffamflen ^cte6j feiern ber ebenen gemeinnüfjigftcn Sfjatigfeit für baS £6ol;l bes gemeinen 5Befcns fpanne, ba£ ber <2f)rifl - ft cf) aud) in feinen aufjerlidjen $3erf)dltnilfen auf baS Vfftcbtmdjjigjte betrage, unb bafj t>ctr ©taat alfo ber glüefliebfie, ber blüljenbfie fepn müfjte, meiner aus lauter magren (griffen beflünbe. ^Denn baS Jpauptge? fefc bes (ElniftentfiuimS ifc Hiebe, f;erjlid)e, tfjdtige liebe ju @ott unb $u SDienfd'en. liebe fyat ^ffus gelehrt; liebe (jat er geübt, ©eine 'Xpofiel mürben non gleU d)etn ©eifte ber :liebe befeelt; bie ©djriften bes Ijannes, feines lieblings, atljmen lauter liebe, ©ott ifi bie liebe, unb ber OJienfd) feil liebe fepn. ©eljet ta bie ganje djriftliche üieligion in menig Porten. 5Gir ftnb unauSfpredjlid) t>on ©ott geliebt morben; unb aus 'Sanfbarfeit follen mir ^fjn mieber über TfU IeS, follen mir bie Sftenfdjcn mic uns fclbft lieben. (£s ift jejt mein USorfals, eud? ju jeigen, mie bie maljre SD?enfd)enliebe, biefe ©ecle aller Oieligion, biefes ^auptfennjeidjen eines malten Sfjtiften, red)f gcs fd)icft baju fep, bie gefammte mcnfd)lid;e ©lücffelig» feit ju beförbern, unb id; fpred;e baffer:

SSon ber <$rijHicfjen 9)?enfcf)enltebe , al$ bem beften Mittel jur 25eglücfring ber S0Zen= fd;en im gefeüfcfjaftltcljen geben.

lafjet uns feiert

©rfilid), moburd) M gefellfdjaftltd)e Sebcn ber 9ftcnfd)cn beglüeft merbe; g n> e i t c n i, baß bie cbrifllic^e 9)?enfd;enliebe ba= batf beftc Mittel fei).

SÖJerni

jut $$cglücfrmg Des gefellfcfjaftl, Seben$. 6?

SEßenn ich Dein gefcUjcbaftlicbcri leben fpredje, fo nehme id) baß SBcrf gejeUjc^aftltcfo in bem weit# läuftigflen ©tnne, roo es nld;t etwa bloß jene freunb* fdjafflid;e 3ufammenfunfte anjeigf, in roelf^n matt ftd) tton ©efcßäften erholt/ unb ftd) burd) ünferre* bung unb greubengenufj fein -leben gemeinfcbaftlid) ju »erfußen fudjt, um fid) alebenn roicber in bie (£in* famfeit jurud'iuzießen unb fceflo beffer feine <P|lid)ten 5u erfüllen fonbern id) »erflehe barunter jene gro* ße 53erbinbung, in roelcße ber ©djbpfer felbfl bie 9Kenfd;en burd) Dlafur unb Tlbjlammung, burcf; ihre gegenfe tige Tfbßdngigfeit unb lÖeburfnifje, butcf> berr Unterfcbieb ibjrer ©aben grafte unb SSerßdltniffe, unb burd) äußerliche löerfaffungen , gefeßt ßaf. Äet'n SJlenfd) bann für |td) allein felbfl befielen ; einer ßangf Don bem anbern ab; alle follen fte in Seinern ober gro< ßern ©efeUfdjaften frieblid) bet) einanber leben, TfuS bem Unterfcbiebe unb ber 33erbinbung ber betben ©e* fd)led)ter entgehen €ßegatten; biefe werben bie Jpäup* (er einzelner ^amiliert ; hieraus entließet bas 5^5er^dlt« niß jmifeben Eltern unb Äinbern, unb alles bas, maß man bas t?auelid)ß leben ju nennen pflegt. (Sinjelne gamilien aber, welche in einem Orte, ober unter bettt ©d)u|e unb ber ^Regierung gleid;er ©efeße, in einem lanbe beifatnmen leben, mad;en ein$5olf, einen ©faaC ober eine DfepubliF aus, unb hieraus entließen bentt bie (Jinricbfungen, 53erßältni(fe unb ‘Pflichten, welche man mit einem Sßorfe unter bem bürgerlichen leben bezeichnet. Solche 95erfa|fungen geßen ins ©roße, unb formen nicht oßne weife ©efeße befleßeti; es wirb inbenfelben ber leßrflanb, ber 9läßr|lanb, unb

3 ber

68 Sflenfchenltebc cilö baö beffe Mittel

ber 'vOSf^rflnnb nothwenbig ; Dbrigfeiten muffen bie ©efetje, welche anfs allgemeine 35efte jielen, hanbfja* ben, unb llntertbanen biefelben befolgen, unb fo Oer* fchieben and) bie ©tanbe, ©aben, unb 33efd)dfti=> gungen finb , fo foüen f?e bod) auf baS 'iXßof)! t>e6 ©anjen jielen; ein OJab mufj f;ier in bas anbere grei= fen , fernö burf gehemmt werben , wenn bie grojje ©taatsmafd;iene nicht flocfen ober fülle fielen foll. ©nblid) fielen alle Golfer bes ©rbbobens unter ftd> burd) Jjwnbel unb ©ctyiffarfh, burd; Tlustaufd) if)rer 9)robufte unb QSorjuge, unb burd; bie gemeinfchaftli* d)e 55icnfd;f)eit in £>erbinbung; bas ganje menfdjlü d;e ©efd)(ed)t madjt nur ©ine Jamilie, eine grofje ©efeUfd;aft auS. ©elpet, fo muffen wir unfern ©e» ftdu6freiö erweitern, unb Familien, S3olfer unb aU les was Sftenfd) ift, mit einfdjliefjen, wenn wirbont gefellfd)aft(id)en ieben ber 3Renfd)en reben,

©ine ber allerwidjtigflen 5ra9cti ifl alfo gewijj biefe: 'Sßoburcb wirb bas gefeüfdjaftlidje kben ber 9)}enfchen beglucft? 5öaS wirb baju erforbert, wenrt bie 9){enfd;en nach ber Tlbftdjt ifjrcö ©chopferS fd;ott auf biefer ©rbe ihres kbens fro(j werben, unb ben 3we<f i^reö Dafepns erreichen foüen? £)er Mmdcb» tige fd;uf bie ^enfdjen bod; wahrhaftig nid;f ju ihrer $)ein unb Cluaal; wir ftnb bod; offenbar baju ba, bafi wir biefes furje ieben auf eine frohe unb banfbare 2(r t genießen , bafj wir unteretnanber baffelbe uns ange* nehm machen, bah wir alle an ber 23eforberung un* fer Sßohlfartf) arbeiten, bah wir unfere Ärdfte bil» ben unb iiben, unb fc^on jejt bie uns mögliche ©tu* fe oon ©lücffeligfeit unb 23o(lfommenheit erreichen,

nach

jur 25eglü<fung öeö gefellfchaftl. Sebenö. 69

nach weicher wir in uns affen einen fo regen ‘Srieb fufj= fen. 3£ir wollen uns baßer je;t einmal borfleilen, nidjf, roie bie 3ftenfd)en ieiber finb, fonbern wie fie fepn feilten, unb woburd) iljr gefefffd)aft(id)es leben, fo lange baffelbe wahrt, r echt beglücft werben würbe? 3ü)iefe grage ifl eben nicht fo fd)wer ju beantworten; benn man barf nur baran benfen, was uns jejt fo ungiucflid) macht/ unb aus weichen Clueüen jejt fo »ieleS ©ienb fließt, fo wirb baS uns auch auf bie ©e< banfen leiten, woburd) baS gefeiifd)aftlid)e leben ber DJienfdjen glüeflidjer werben fbnnte. Ohne affen 3weifei würbe bas ^dueltche leben giutflid)er fei)n, wenn ^^egatten auf gute Tirt jufammenfdmen unb miteinanber lebten, wenn nicht (^cbonijeif, Oieichi« tf)um unb Dtebenabjtcbfen , fonbern waf)re liebe unb % ugenb bie Sriebfebern ef>efid)er 93erbinbungen waren ; wenn jeber ^ed betti anbern bie fcßulbige 'Sreue Icifle# te; ©d)wad)heifen/ benen wir affe unterworfen fmb, uberfdße, unb an ber Drbnung unb bemSBobl besge= fammten JpauSwefenS baute ; wenn bie i?inber ju aU lern ©uten unb in ber Oveligion erjogen würben, unb ihren ©itern finblichen ©eßorfam ieifleten ; wenn bie Jjperrfdjaften ihren ^ienflboten ein gutes ©pempel ga* ben, unbbiefe, ihrer Pflid)t gemäß, $reue, ©ehorfam unb Unterwurjtgfeit bewiefen. Ohne S^eifel ift a(S< benn baS bürgerliche leben ber 9J}enfd)en beglücft/ wenn lieber für feine perfon unb in feinem ©igentßum ftdjer fetjn unb ohne 3urcb* leben fann, wenn jeber feine erlaubten unb rechtmäßigen ©efd)dfte mit giücf* (id)em©rfolg treibt; wenn weife lanbeeqefefje gegeben unb beobachtet werben; wenn ber Üiegent, ber 3&rft,

© 3 ber

70 Qtyrißl. $ftenf$en(tebß atö bcrä bcfle Mittel

bereinig, alß t>er erße Wiener beß @faateß, eilt SSftenfchenfreunb, ein Söafet beß 33o(fß iß, unb Unterthanen if)rer rechtmäßigen Obrigfeif gegordjen; wenn Die ungercdjfen unb unnötigen Kriege pertnie* ben merben, wenn ein beßanbiget Triebe ßerrfcht; wenn bie ^>oßen nicht bie Sftiebern unterbrüefen , wenn bie Üldchcn i(jr Vertrauen nidjf auf ben tobten ©o|en beö ©elbeß, fonbern auf ben le6enbigcn ©ott feljen, unb nid)t bloö barum arbeiten, i^ve ^amilcett reich unb angefeßn ju mad)en/ fonbern ben 7(rmenbci# fteßen unb woßltf;dtig fmb ; wenn ber Arbeiter feinen lohn empfangt ; wenn feiner einen faifchen 0b fdjwort, fonbern wenn man ßdj aufvCBort unb 3u|age perfaffen fann ; wenn ^eber ftef) beßrebf, fid) feiner Jpatibe beit ju udbren, unb feinem 9ü'benmenfd',en nicht burd) S5etteln üirerlaßiq wirb; wenn alle©ered)tigfeit lieben unb baß tBiaas ihrer Kräfte nicht nur für ftdj felbß, fonbern aud) *um Sß3o()( beß ©anjen anwenben. D gewiß! fonnte Pief beffer um bie menfdßicbe ©efell» fd)aft ßeßen , fonnte noch Ptelmefjt jur ^23cforbc^ rung ber allgemeinen ©lücffeligfeit get(;an werben. Sollen wir unß benn Pon unvernünftigen “Stneren befdjämen (offen ? 3n weicher 0ntrad)t bauen bie 25icnen ihre (Sellen, nnb bie Q3iber i(;rc 5Bof)nungen an ben Ufern ber Jlüffe? @d)eint bod), a(ö wenn eine fo(d)e ütepublicf, wie unter ihnen iß, Pott pon fold;er 0ntrad)t unb Sßdtigfeit, nod; unter 3ftenfd)en Permißt würbe! 2£6aß biefe'Sßierc burdjblo* fen 3nßwft thun, follte benn baß ber Vernunft ber 9)ienfd)en unmöglich fet)n, unter ftd; inß^Bcvf ju rid;s ten? Dl bie golbne 3c*t würbe gewiß fomnten, wo

auch

jur Söeglücfung bc$ gefdlfchaftl. Sebent 71

ouef) Uftenfdjen gfueffidiee beifammen leben würben, wenn bie unter ifjnen herrfchenben iafter &cß ©ei|ef, .^odjmutfjS unb ber 2Boüuft aufhorten, unb bagegen bie göttliche ^ugenb mehr unter Ihnen befannt unb ge= übt würbe, welche allein bas pollfommenfte s-5anb ifr, bas eine ©efellfchaft jufamnren halten fann, unb baS ift bie Hebe.

!jcb habe behauptet, ba§ biedjrifHtrbe 9ftenfchen» liebe bas bejie Sefckörnrngsniittcl bcc menjefc* lieben (Blücfjeligfceit: trn bürgerlichen unb h><*U6* licken Heben feg, unb biefes will ich nun bew\:ifen. Uebet’haupt ift ja bie chriftliche üieligton eine göttliche Offenbarung ans £Oienfd;engefcl)(echt; fte enthalt bie grofe ©nabenanjtalt ©otteS jur Errettung, Qxffe* rung unb^eglücfung einer fünbigen'äBelt; fie befiehlt uns nichts ju glauben als was wahr, nichts ju unter» laffcn, als was fchablid), nichts ju ff)un, als was uns gut unb heilfam i(t; fte tragt ©laubenelehren por, welche mit ber gefunben Vernunft übereinftim# men unb ihre iücfen ausfüllen; fie fchärft lebenSpffichü ten ein, welche fleh auf bie ewigen Dvegeln bcS üiedjfS unb ber Drbnung grünben, unb ben ^Kenfchen, wenn er fte erfüllt, in 3<nl unb (£wigfeit weife, gut unb felig ntad)en; fte ermuntert jur Jroinmigfeit unb^u* genb burd) bie macf;tigften Seweggrünbe ber X)anf* barfeit unb jartlidjjten ©egenliebe, welche ben fragen aufweefen, ben 3Banfelmütf)igcn befefligen , benOtim* mächtigen ftärfen ; fte beruhiget unfer J£>er$ unter fo mannid;fa(tigen leiben burd) bie Ijerrlichflen Srofhin» gen Pon ber ©nabe unb £5aterliebe ©otteS. £>on einer folchen iKeligion, welche aus bem 2Cefen ©otteS

4

73 ©tfftl, Sflwföcnltebc «16 beftc Mittel

fließt , unb ben 35eburfniffen beß 9ftenfdjen fo notfjig unb angemeffen ifl, lafjt ftd) fdjon im Porauß er* warten, bafc fie ben 9flenfd)en in allen Umjtdnbcn unb SSerlpdltnifTen beß jejigen $)rufungßlebenß juredjtweis fen , unb burdj i^re feligen ^tnfluflc beglüden werbe. Unb baß tfjut fte widlid) burd) bie SQorfdjriften , web d)e fte jur ©inridjfung unferß Söanbelß auf ber ©rbe unß norfdjrcibt. 91ie ifl ber $Gelt eine fo reine, Poll* fomnmte, baß dperj angreifenbe, beglud'enbe ©itten# (efjre geprebigt worben, alß bie d?riftlid;e; felbft bie g-einbe beß (£f)rifi;encl)umß fonnen il)r i^ren Beifall unb 23ewunberung nidjt Perfagen, unb weife ©efefs# gebet- f>aben iljre ©runbfd|e allen Sriebfcbern porge«, jogen, weld)e in ben perfd)iebenen ©taatßperfaffungen gebraudjf worben finb , bie ‘DJienfdjen bem ©efelj un* jertljdnig ju machen , unb fie §u guten Burgern unb SfJiitgliebern ber ©efellfdjaft ju bilben, £)enn fie bringt barauf, bafj man nidjt blo§ auß <$urd)t bor ber ©tra* fe , fonbern auch um beß ©ewiffenß willen, nid)t bloß auß ©ftrgcilj unb ©igennuls, fonbern auß liebe unb Uneigennülpigfeit, nid;t gejroungen, fonbern freiwillig, nicht blof? fiücfweife, fonbern Pollftdnbig unb überall gut unb ebel benfen unb fjanbeln folle, fte befiehlt mit einem $ßort d;rifllid;e IHenfd^enltebe.

Unb waß ifl biefe? iDw fcUfi fceiriett Hdcfc* ffen Uebcit / fo wof)l, «Iß t>td? felbfi. Unb wer ifl benn mein 3tdd}fler? fragte ber ©cbriftgeleljrte, web eher feine liebe bloß auf feine lanbßleute unb fRelb gionßperwanbte unb Familie einfdjrdnfen wollte. QBer fragte if)n 3»efuß, wer war benn ber 9ldd;fte bem, ber unter bie Werbet gefallen war? ber, wcldjer bie

23arm*

jur Seglücfung t>eö gcfcllfdjaftl. Sebent 73

Sarmf)erjigfeit an iljm getfjan hatte. Tllfo, jeher, ber unferer Jjpulfe bebarf jeber, befien «£u(fe wir bebürfen jeber , mefc^er mit uns bie ©igenfebaf« ten unb Sebürfnijje ber nienfcblicben Statur gemein bat. @agte ein Jpeibe; „^jeb bin ein SEftenfcb, unb nichts muh mir frembfet)n, waS bie 9ftenfcbf)€it be# trift" wie Pielmefw mujj bas ber ©h1# fagen ' 2Bit füllen alle 9ftenfcben als ©lieber einer grofjen Familie ©ottes, bes TillüafcrS, betrachten, ©oft £at uns felbft bureb bie ganje ©inriebtung ber ffißelt in bie al# lerinnigfte Söerfnupfung gefegt. ©S beftnbet jtcb eine Slutsfreunbfcbaft jwifeben allen oonTibaman, bifj auf ben lebten $)ienfcben, welcher geboren werben wirb, £)er itnferfcbieb ber ©efcblecbter bie Sfti* febung ber ?Otenfcben Pon mancherlei) Tllter ihre gegenfeitige Tfb^dngigfeit bas perfd)iebe# ne 9)}aaf$ ihrer ©aben unb Kräfte unb ber ba^er cntfle^enbc TluStaufcb ihrer Sorjüge bas alles fnupft j]e bureb «in brüberlicbes Jßanb jufammen, unb einen $ftenfcf)en halfen , bas ijt eben fo piel, als fidj felbfl entehren. <&aben wit niefct aüe einen X>a* tec? »ns ntebt alle i£in (Hott gefefoaffen? XPattun verachten wir Öenn i£iner Öen 2fn* öern? 91ocb mehr. £)aS ©hrift€nthum erflärt aus» brüeflieb, bajj ©hr*tfu6 für 2lUe geflorben fei>, bafj ©ott wolle, bafj 2Ule jur ©rfenntniij ber SOßahrljeit fornmen, bafj deiner Perloren werbe, 3e^er ifi, wie wir, jurn Silbe ©ottes gefdjaffen; in jebem foll bie# fes bureb @unbe perlofcbene Silb wieber hergeflellt werben. 5Cßir wallen alle einer ©wigfeit entgegen, 2Bie ©ott uns alle geliebt hat, fo füllen wir uns un*

© 4 fer«

74 £lj#l 3Jlenf<$cnliebe ölg btö Bcfre Mittel

terewanber lieben. ©olcfje ©runbfafje unb ©ejtnnun* gen finb fähig, baS £erj beS $ftenfcf)en jur fie6e $u bilben, ifjm eine lebhafte Tld)fung berSÖSürbe unb be$ SÜßertfjeS bei’ tnenfdjlicfyen Statue einju^o^en, bie ^ri* be bes jdrtlidjfien unb tfjdtigflen 58of)lwolIenS in un$ ju weden, unb uns ju menfdjcnfreunblicljen Jpanblun* gen ju veilen. $iun muffen mir uns alles beS ©Uten freuen, welches jemals unter unb burdf SDienfcbcn ge« (ebenen ift; nun muffen wir unfere 5Gof)lc()dtigfeif über alles ausbreiten, was sjiftenfd) ifi; nun muffen wir baS menfdjlidje 0enb minbern, bie menfdjlidje ©lücffeligfeir beferbern, fo »iel wir nur immer fon* nen, bie Sfjrane beS Kummers troefnen, wo wir fie fließen fcfjen, unb fo weit es uns mbglicfj ijt, jebem ieibenben mitJ^ülfe entgegen eilen, ofyne Unter* fdjicb beS ^3olfs, ber Oieligion, ber ©itfen unb beS ©tanbes. 2) er barmfjerjige ©amariter fragt nidjt erfl: „ift biefer Unglücflidje oon meinem ©lauben? ijb er meiner .fpülfe mürbig"? STein er fiefjt einen 5Jienfdjen in feinem 33lufe liegen, genug für fein liebe* volles ^erj, bie Jpülfe ju beftf;lcunigen, bie ifjm ju leiflcn möglid) ifl. *3Die d;rift!id)e ^Jienfdjenliebe be? flehet alfo barinne,bafj wir mit fleter JMnfidjt aufbie ©leidjljeit unferer Sftatur, auf ben Sßillen unb baS S^cijfpiel ©otteS unb ^efu, ©uteS untersten? fdjen tbun, als wir fönnen, unb alles was wir finb unb §aben, jum 23efien ber allgemeinen SBofjlfartfj anmenben.

Tibet biefes allgemeine grofje ©efeli ber hebe ift einem ©troinc glcidj, weldjer fidj in unjaljligc fleine* re Tlrme unb Sandle crgiejjf. £ßcnbet t€ auf bie uer*

fd)ie*

aut gefeUfdjaftl. Gebens. 75

fcfyiebenen @tdnbe her Benfdjen cm , unb iljr werbet finben, bajj £icbc bas öollfommenjte £3.inb fep. Tie itienfd;(id)e ©efedfdjaft befielet aus (^galten, 0* fern uni) Ambern, .£errfdjaften unb Tienfl&ofen, Obrigfeiten unb Untertanen, unb Derfcfyiebene $laf* fen t>on Bitburgern; fie ifl bem Körper gleich / in welchem jwar t>tele ©lieber, biefe aber alle unter einem Raupte fo bereinigt finb, bafj feinS bas anbere ent* beeren, feines, wie etwa baö Tfuge jum gufje fagert fann : id) bebarf betner nid)f unb bafj alle leiben, wenn eins leibet. 216er wie wol)ftf)dtig finb bie 33or* fdjriften berdjriflficben Sittenlose jur S3eglucfung bes 0an;en? Tenn was jaget fie ^ß^egattert ? 3Dic POeibet feyen untetttyan ihren männern* ttlamter, liebet eureXPeiber, gleichwie Chrißu* auch geliebt hat bie (Bemeinbe, unb (ich felbfi für fie gegeben C£ine t trage bes 2lnbern La\ t, fb werbet i^r bas (Befeg Chrifii erfüllen* ‘SGas fagef fie ben Kinbern? 3hc Äinber , feyb gehorfäm euren Eltern in bem 4ertn, benn bae tfi billig* £hte Pater unb tHutter: bas ifl bas etfle (Bebot, bae Per« heiffung hat, auf baf* bire wohl gel;e, unb bu lange lebeft auf i£tben* 5ßas faget fie ben ÖJltern ? 3hr Patec reijet eure 2\inbet‘nicht 311m 5orn , fonbern 3iehet (Te auf in ber 5ucht unb Ermahnung 3tmi £>errn* $6as faget f e ben Ttenflboten ? 3ht 2\nechte, feyb gehör« fäm euren letbltchen fetten Raffet euch bunfen, bafj ihr bem £errn bienet, unb nicht allem ben tYlcnfdjen, unb wiffet, bafj bae,

wae

7 6 Cljriftl. S9fcnf(fym!iebe dfä ba$ befte Mittel

was ein jeglicher (Butes thun wirb, bas wirb er rom &>evvn empfange«, et fev ein Änechc ober ein ^re^er. - 5Bas faget fTe ben £>errfcbaf* ten ? 3bc ^etrten, lafjet bas iDrohen, unb wifjet, bafj auch euer 4>ert im Fimmel ifl, unb ifi be? ihm Bein 2lnfchcn bec Perfon* 5Ba$ faqer fie ben Untettbanen ? 3ekermann fey un* tert^an ber (DbrigBeit, bie (Bewalt über ihn bar* f£s ifi Beine (DbtigBeit, ohne von (Bott* Sic tragt bap Scbwerbt nicht umfonfi. Sic ifi (Bottes iDienerwn, eine ^acberin über ben, ber 23<5fes thut* 3Baö fagt fie ben (DbiigBeiten? ©ie flcflt fie ate ©tattfjalter , ate Ttnitöleute ©otfeS Der, rc>e(cbe einft pon ^rone, ©cepter unb ©ewalt entblößt, bem bodjficn £Kid)fer Pein ©ebraud) if)rer ©eroalt Oledienfcbaff geben muffen. So lafjet euch nun weifen ihr 2v3nige, lafjet euch süchtigen tbr dichter auf (geben* iDicnet bem £>etrn mit 5ueeht unb freuet euch mit 3ittern* VOe * he benen, bie bofes (But, unb (Butcp bofe heiß fen, bie aue ^mfiernif Hieb t, unb aus Hiebt ^mfiermf machen* Wehe benen, bie bey (ich felbft weife (inb, unb halten fich felbf? für Blug iDie ben (Bottlofen Kecht fpreeben, um (BefcbenBe Willen, unb bas Recht ber (Berechten von (ich wenben* Wehe benen, bie ein i^aus an bas anbere sieben, unb einen 2lcfer 3um anbern bringen, bis ba^ B einl&aum mehr ba fey, baß fie «Hein basHanbbeftsen. ©elpet aUe übrigen klaffen ber ‘SJienfdjen unb 03er» |altniffe beö lebenS burd;, unb if)t werbet fnben, bitfj

ft

&üt 23egfücftmg be$ gefellföaftl. Gebens. T!

fie alle angemiefen rnerben , in ber furcht bed «fpemt folcfjc Q^fTicf^cen auö^uuben, n>elcf?e aud ber liebe flie^en^ unb ben mo^lt(;dtigfien Qrinfliih ouf bad ©luef i(jrer Üftitmenfcben haben. $)ie Setcljeil foilen nicht bad Jjerj an ben vergänglichen 9veicbtf)um fangen, fon# bern ©uted bamit tf)un ; bie 2lt4mert foilen nicht trmfs ftggehen, nicht betteln, fonbern mit flillem 2ßefen ihr eigen Q3rob ejfen, unb arbeiten, baf? auch ft« etmud übrig haben, ju geben bem ^Dürftigen; feinben fofe len wir vergeben, mofplthun; ^eber foü bem Unbeirrt mit ber©abe bienen, bie er von ©ott empfangen hat» mit ben fröhlichen füllen mir uns freuen, mit beit SBeinenben foilen mir meinen. @agt, menn bieSDten# fchen fo rnaren, mie fte bad (£h<#entf)um haben rnoll# te, mürbe ed nicht ein Vergnügen fepn, unter 9fteit# fchen ju leben? SOBdrebad nicht fchon ber Fimmel auf ber (Erbe? (Schon hat bad (Slmihenthum viel, viel ©uted auf ber (Erbe gegiftet* SRach ^hrijlo ift offen# bar ber Buftanb ber Sftenfcbheit im ©anjen genommen beffer gemorben, als er Vorher mar, unb er mirb im» mer beffer roerben, je mehr bad achte thdfige (Ehriflen* thum fich unter ihr ausbreitet; je mehr folche be* glucfenbe ©runbfdhe ihrer ©ittenlehre immer beutli* (her unb gntnblicher gelehrt, immer lebhafter erfamnt unb empfunben, immer treuer unb eifriger geübt merben. Unb man fann alfo gerabeju behaupten, bafj Mangel bed (Ehriftenthumd unb ber Religion bieSQJur» jel alles (Elenbed unter ben üfTJenfchen fet) unb bah ber ©taat febr bluf)enbfepn unb am langten begehen mer# be, in melchem bie meinen mähren ^^riflen jmb.

78 ©fyrifll. ^cnf^cnliebe als bat? bcfte Mittel

^>icr ifl alfo ein (Spiegel für alle lieblofen, eigen* nufeigen, unbienftfertigen, felbftfüdjtigen ©feien, rceldje nur immer auf ftcf> fc^en, unb für Tlnbere nichts füllen. Tld) es giebt ^DiCnfdjen , weldje weiter nichts clö ben Spanien unb baß 2(nfe(jen Pen SOienfdjen f;a? ben; weld)e lieber Sttenfdjen untergeben fcl;en fonnen, *he fie bas geringfte Pen bem 3bri9«n «brer ^v«t5 tung bergeben wollten, welche oft ihre <pferbe unb ^mnbe beffer behanbeln, alö bie ihnen untergebenen sötitmenfdjen. ©ebet in biefen ©piegel, lernet eure «Slö&e unb Unwürbigfeit fennen, unb beffert eud). r^aS cgßcfen beß (Ehriftenthumö ift liebe. Sßer feine iiebe bat, ber fage nidjt, ba§ er ein (Shritf fet). 3ßet ba fagt, er liebe ©ott, unb baffet feinen trüber, ber ift ein iügner. £>enn bie liebe ju 9Jicnfd?en ift ein gweig ber liebe ju ©ott. ©tebeftbu, ful;üofer «Üftenfch, wie ber ^itntulifd)e 2$ater feine ©onne aufgeben unb regnen laftt über S3ofe unb ©ute, über ©ered)fe unb Ungcredfte? £aft bu jemals bas ©bttlid)e in ber liebe gefühlt, womit ^efuß (EhriftuS ftd) für baß Qfiohl einer 5ßeltooü©ünber aufopferte! #aftbu eöbebadjf, boft bu lieben unb roohlth«« W, wie ©oft unb ^efuö geliebt unb woblgethan bat? ©epb pollfommen, fepb barnib«sig, wie auch euer SSater im Fimmel Poll» fornmen unb barmherjig ift. £>aö, baö ift baß gro(je dufter, welches wir uns porjufefcen haben, wenn unfere «fllenfdjenliebe djriftlid) fenn foü. D wie eilte ^efuö mit feiner Jjmlfe jebem (Elenben entgegen ! 5ßer fam ju unb gieng ungetröftet weg? 3ßer b&rte

jemals auö feinem «Ölunbe: SMr will unb fann id) nidjf Reifen 1 ©o wie <Er war, fotlen wir aud; fepn. Sb'«

jur SSeglücfung gefellfc&aftf. Sehens. 7 $

immer afmlidjer ju werben , bas ift unfer SSeruf, unb barinnen befielt bie SSerebelung unferer Sftafur. Unt> 0 wie felig ifl es, wo^ljut^un ! £> meine trüber, wie wollen uns befireben, 3efu tn feiner fSftenfdjenliebe auf ber ©rbe aljnlid) 5U werben, bamif wir ifjm aud> in feiner ©etigfeir, bie er jejt im Fimmel geniefjer, dljnlid) werben mögen. £>cnn er wirb an jenem grof* fen f£age biejenigen befonberö für bie ©einigen erfld* ren, welche i^a in feinen armen 55rubern gefpeifef, getranfet, gefleibet, befuebf fjaben; ifjnen wirb ec jurufen: £ommt tyevityt (Befegneten meines X)m tevs, ererbet bas Ketcb, bas euefy bereitet i(i rc n Anbeginn ber XPelt!

3Bir ba&eu «inen ©ott unb Jjerrn,

©inb eineö 2ei6e6 ©lieber;

Ärum biene beinern Sftdchjten gern,

5>enn wir fiub alle Sörüber.

©ott fcfjuf bie SBelt nicht 6to@ für mich;

SOiein 37ad)fter i(t fein Äinb , wie ich.

SBa$ ich öen frommen hier gethan,

S)em $(ein(ten auch »on biefen,

5Da6 fie()t (Sr, mein (Srlöfer, an, fjätt’ ich* ihm erwiefen.

Unb ich, ich folli ein Sftenfch noch fei;n Unb ©ott in SÖrübern nicht erfreu« ?

fünfte

fünfte ptebigt*.

©caenfeitige t>e$ £augjlanbe£.

^lllgegenwärfiger Oott , beffen 9)?ajeflät Jj>imme( uni? (£rbe erfüllt , unb Der bu gewijj jejt aud) befon= berS unter uns bift, wir finb §icr oerfammlet, beirt ^eiliges 5öort ju betrachten, welches beinen £Biüen unb beine (jeilfame @efe£e jur Einrichtung unfers gam» Jen SBanbelS enthält» ©egne biefe $3efchäftigung mit.' beinern göttlichen QÜinflufie, baniit wir alle unfere ^Pflichten immer beutlicher etfennen, aber auch immer eifriger unb treuer alle unfete ©ejinnungen, Dieben unb ^haten nach biefer Diichtfchnut einrichten* .fröre einen ^eben, wenn et toor bir betet; ©ieb,ba£ ich tf;u mit5lei§, was mir ju fljun gebühret, woju mich bei« Befehl, in meinem ©tanbe führet. .frilf, baj? ichS teblid) t^u, ju ber %dt, wenn id) foll, unb wenn ich$ thu/ fogieb, bo^ es gerat^c kirnen»

£ej:t: Sol. 3, 17 4/ *♦

2lÖe$, ma£ ihr tfjut, mit £8ortett ober 58erfen, ba6 thut alles in bent tarnen beö .perrn ^efu, unb banfet ©ott unb bem 33a* tcr burd) ihn. Sh1’ 2öeiber, |et)b tintertfjatt euren Bannern in bem perrn, mie fiel;# ge= bühret. 3h? Banner liebet eure Leiber,

unb

©egenfeitige Pflichten bes «£)äuöftanbt& gi

unt> fepD nic^t bittet gegen fie. ftitibcr, fepb gehorfam ben Eltern in allen gingen; bentt baP tft bem Jjperrn gefällig» 3hr SSdter, erbittert eure^inber nicht, aufbaßfte ntc^t fcfjeu roetben. 3(j* Unechte, fet)b geborfant in allen gingen euren leiblichen Jjperrn ; nicht mit £)ienß bor klugen als ben fftenfehen $u gefallen, fonbern mit Qnnfdltigfeit beö Jj>er^ &enö, unb mit ©ottebfnreht» Sillen, n>a6 ihr tfjut, ba£ tljut r>on Jjperjen, al6 bem Jjperrn, unb nicht ben ^enfdjen, unb miffet, baß ihr bon bem Jjperrn empfangen roerbet bie Spergels tung be6 (£rbe3, benn ihr bienet bem Jjperrn (Eljrißo* Söer aber unrecht tljut, ber roirö empfangen, roa$ er unrecht getfjan hat, unb gilt fein Slnfefjen ber ^erfon. ^hr Herren, roa$ recht unb gleich ift / bemeifet ben Unechten, unb roijfet, baß ihr auch einen Jjperrn im Jjptmmel {jaht.

£)er JpauSjtanb, meine ©eliebfon, ein e(jr< wurbiger ©tanb. (£r enfßanb, fo balb SDtenfdjett würben unb fiep jum gefelligen feben vereinigten ; ec bie ©runblage aller bürgerlichen $$erfajfungen ; ec fann unb foü nach ber Ptbficpt ©otteö nicht nur ba$ irbifdje fonbern aud) bas geiftlid;e'2Gof)l ber9ftenfchett fceforbern, wenn in bemfel&en bie füllen ^ugenben geübt werben, weldje bas f)äuslid)e feben beglucfen, unb je mehr gute unb glucf'iid)e Familien ein ianb hat/ beßo blüpenber wirb eS werben.

3«»u« timt, g (£in

8* döcgmfeitige ^flidjten fccö ^)au&flant'Cd.

©in Unterricht über Die rced)felfeitigcn <Pfüdjtcn fcegipauSftanbeg ift baffer eben fo notfjnuenbig als nüö* lid). Denn, rnaö ifl n>of;( Die Urfacbe, roarum n>ic fo oft Etagen über unglüdlid)c ©fjen, über ungerade* ne ÄmDer, über fd>lecl)te Jperrfdjaften unb Dienjlbo« (cn froren? liegt fe nid)t in Dem Mangel Der ©ryc« (jung unö be<3 ünterridjtö? UnD trag Reifen ade Diefe Klagen, wenn Daß Uebcl nicht bet) Der SÖSurjel aus* gegeben rotrb, wenn Die UfRenfc&en nicht ton 3<dt gu 3eit an ifjtre befonbern Pflichten erinnert, unD burcf) Dringenbe 33croegungögrünbc jur Erfüllung berfdbert geneigt gemad)t werben? Die 0ittenfef)re Üjjcfu unö feiner 'Jfpoftel §at in Diefcr ?(bfTcht ein unftcvbfirijeiS 53erbien(i um Die SEBclt, unD Den rooljftfjätigflcn ©im fluji auf Die ©lüdfefigfeit Der bürgerlichen unD f)äuS< lid;en @efeüfd;aft. Denn fte feht nicht nur allgemeine itnD grojie ©runbfälje feft, noie Diefe: Hiebe heilten naiven als hieb fclbß aUee 311 <5ot* teö (£hce fonbern (leigt autf; jur SScfefjrung be* fonberer <PfIid;>tcn herab , rneldje roie abgeleitete i\a* näle auö einem 0trome ficken. Der $Öolfcrerleud)= fer, Paulus, giebf in Der bet’fefenen ©teile, mit wddjer mir eine anbere im Briefe an hie ©pfjefer *) dergleichen müffen, einen furjen, Dcutlid)en nad)brudö< tollen Unterridjt über Dag, maß ÜJIenfdjen in Den be« fonbern S23crf)ältnijfen Der l)äuglid)en $3erbinbung ge« gen einanber ju beobadjfen (;aben, wie pd) Banner gegen ifjre CCßeiber, unD ©Beiber gegen iljre üDuinner, ©Item gegen ifjre ÄinDer, unD ^inber gegen i^rc ©Item, Daö ©ejinbe gegen if)te ^ierrfd;aften, unb Die

Jperr*

*) Ä«p. V, 2 1 VI, 1 9*

©cgenfcitige ^pidjtcn bcö $rtü$jtdhbe& 83

$errfd)dft gegen baö ©efinbe cevfjalfeti fottett ©iefe Örönung füll benn auef) mit* jejt jum ieitfabert unferet 23efrad)tung bienen. Der fid)tbare Verfaß andrem* niigfcit urtb “£ugenb in allen ©fdnberi, befonbers int Jjjausjlanbe , tnad)f es notljmenbig, and) I;ierinne bert SÜStllen Uttferö ©ottes ju etfennen , unb ccrjutragctu @d)0rt iutf)ct ernannte biefe SfteffjWenbigf'eit, uijenn ec in feiner $a»Stafe( einen ?{u$3ug ber 33ibe( Darubec »nadjte, n>c!d)e es uerbient , ba§ fie forooEj! erweitere als erläutert icerbe. Erwartet a6er nid-t, bag ict) in ber Äje ber 3"*f eine SDZaferie erfd)6pfen fonnte, n>eld)e fo reid)fpa(tig ifl. 3$ werbe aber gleidjtuof ©elegenljeit fjaben, bei) betn ©ntrourfe bcö TTpoflelö^ worinn roir ifjm ©c&ritt cor ©djriff folgen rcollen, mand)e wichtige üSemerFungenutib 5£öinPc mitjut^eifen^ unb nid)? nur bie 'Pflichten felbji corjufMen, fonberrt and) jugleid) mit ‘Seroegungsgrünben ju unterftuijen, tOieinc <Prebigt enthalt einen Tlbrifj

SSott t>ca gegcnfdtigen ^flidjfcn im #au$* ffanbe.

.€ c fil i cf) * 9ßon ben ^Pflidjtcn bei' Regatten*

3 ib c i t e n s : Q3on bert ^3füd>ten ber Eltern uni) Äinber.

£) ritten«: $ßon ben $fb$cen be$ ©efinbeS unb ber $errfdjaft.

SGeldjes finb ble Pflicfytett bet (£begdtteu? 3^üXücibet feyb untcvtl)an euren tTlänncvn itt Pein £ctut, wie fictys gebühret» jl;t JTJgnnetv

§ 3 liebet

84 ©tgenfeitige ^flicfjten be£ dbmiöftanöeö.

liebet eure XEeibct, unfc feyfc niefct bitter gegen f*e» Ciefeö ifl bie furje ©ittenlefjre für d)ri(tl. (£f)c* gatten, unb toir wollen baraiis fo tool)l bie gemein# fd?aftlid?en 'Pflichten beiber, als auch bie bejenOem beö üftanneö unb £ßeibeö fjerleiten.

(Regatten, woQet ifjr ben ©fanb, toelcbctt ©ott felbfl jur 3'ortbauer beö menfd)lid)en ©efd)led)tö unb jur gegenfeitigen Jjpulfölcijtung eingejejt f)at, nach feiner 2lbfid)t unb eud) juni ©lütf fuhren , fo erfüllet forgfdltig Die gemeinfcl?aftUct?cn Pflichten, roeldje eud) obliegen. Erinnert eud) oft an bie eljeJidje Sreue, n>eld)e ibr eud) nufagtet, unb am Tllfare beö Jjperm fdmniref. 'Cer Qfhebrud) ifl ein abfcbeulidjeö unbflraf* bares iafler, meldjeß ben roeifen 7lb|id)ten beö @d>6* pferß jutoiber ifl; ein fafler, roelcbeß ben 5Po()Iflanb ganzer Familien untergräbt, roeil bie J?er;en ber €f)egattcn enfjroept, tocldje bod) (Jinö fetjn follen, unb baß ©ift beö Jpafleö, ber Dfad)e unb ber (£iferfud)t in fte flojjt, tvelcbeö 3ar,f/ Trennung unb ©tarn gebiert; ein iafler, toeld)cß felbfl geflttete Reiben per* abfdjeuten, unb roiber mcldjes fld) ber Tlrm ber Dbrig* feit jur ©träfe roafnet. Cer leicbtflnnigc $reoler mag jittern, roelcber oon oiel;ifd)en Trieben gereift, ein fold)eß 33erbred)en begieng ober ju begehen loillenö (fl ; feine ’fdjivarje *Cf)at mag nun enttoeber in ginfler* nifl oergraben bleiben, ober ans liebt gejogen roerben, fo tt>irb er allemal in ben klugen ©otfeö unb jebeö ge* fetteten SOßeltbürgerö oerfjafjt unb flrafbar fetjn. 523er* meibet ba^er auch ben ©d)e in beö $36fen, unb alle biejenigen freien unb leid;tflnnigen ^eufjerungen, roel»

cbe

©cgenfeittg« pflichten fceö 45aträfJanbeö. 8j

dje S3erbad)t unb ©iferfucht ermecfen, bas SSerfrauen unb ben hduslidjen ^rieben ^ernicbten, unb eud) viel» leidjt ju mirflid)en Vergebungen fetten fonnfen. Sa* roiber fünbigen aber befonbers bte ©cfcbdftemdnner, melche nad) vollbrachten Sigetverfe, am "ifbcnb if>re Familien verlaffen, fid? ju ‘Jrinf* unb ©ptelf)dujVm verfügen , unb bie ganje 3fad)t hinburd) fchmdrmen. SÜ3a$ muf inbeffen bte einfame unb t>erlaflene ©affin benfen! unb roie traurig muß es um baß J£auSroefen eines Cannes flehen, meiner nid)t mit unter feiner Familie glüeflieb fei>n fann, fonbern eine verbddjtige ©rfmlung an anbetn Orten fudjt! 9?ichfS fdjabet ber e^efidben Slreue mehr, als roenn fiel? Verbad)t, ^dlte unb ©leidjgültigfeit unter ©Regatten einfd)leid)f ; aber nichts fnüpft auch biefeS ^3anb fefier, als wenn fic ftd> unentbehrlich geworben ftnb unb il;re iebenSorb* nung g(eid)fam in einanber geroebt i(l. beuget hoch halber aliemvor, roaS einen foldjen Äaltfinn unb Ue* berbrujj veranlaffen fonnte. Vermeibet alles ©Pel^afte unb Unangenehme in eurem getragen; gebet vielmehr einanber ^öemeife einer juvorfommenben ©efdliigfeif, unb einer 'Xufmerffanifeit auf folcfye fleine Umilatibe, welche eurem ©affen ein überrafebenbes Vergnügen machen. Verhinbert alles was Vttfjverftdnbmtj unb 53erbrufjlid)feiten ftiffen fonnte, unb bie roirflid} ent* ftanbenen fuchet auf eine gute 3frt ju heben, ^oret nicht auf bie Älatfcherepen ber Verlaumber; Verhütet unnbthigen $Borttved)fel, befonbers ju ber Seif/ wenn ber ©atte aufgebracht tfl , unb märtet eine beffere ©elegenheit ab, ihm vernünftige Vorftellungen ju tfjun. ©uchet ben fehlenben $heil ©anftmuth

§ 3 unb

86 ©egcnfeitige Q3fTid5tön #au6ftanbe$.

unb liebe 51t beffern. Verlanget aber and) nidjt ju biel, imb bebenfct, bafc feiner Pon uns ein ganj f elj# lerfreper (Engel ift. (Einer trage bes 2(nbern iaff. 0epb auf alles bebad)f, was bas $3anb eurer cf>eti= d)en 5'reunbfd^aft fefier fnupfen fann, unb fud)et in fcldien (Elgenfd)aften- bcö ©eiftes unb J^erjenS Polfc fommener ju werben, woburd) if>r bie ©ewogenljeit eures ©aften erwerbt. £)enn alle jene äufjerlid)en ©orjuge, weldje bei) 0d)liefning einer <El)e, gewoljn* lid) in Q3etrad)t fomnien , @d)onf)eit, 9ieid)tf)um, unb atibere ©lucfeumflanbe fonnen Perlorcn gelten, ober ein weites unb tugenbfjaftes Jjpcrj beriiert niemals, erbebt Pielmefw mit ben fahren feine fKeif;e. ©cbet cinanber ein gutes Q3epfpiel, unb friert eud) in guten ©efinnungen unb in brr wahren, ©ottfeligfeit forberlid) ju werben. ^f;r habt eud) berbunben, nid)t nur bie greuben, fonbern and) bie leiben bes lebend mit ein* a> ber ju tbeifen. 5ßie wäre es alfo möglich, baf) i(jr, bie ibr eud) unter allen 9ftenfd)en auf (Erben bie näd)* fl- n fer.O, bei) ber geringen Äleinigfeit cucb trennen cb-'r im Unqlud Pcrlaffcn feiltet V D7cin , tragt jebe lad gcmeinl'dmftlid), fo wirb jle baburd) leichter; berfufit eud) bie QMtterfeiten bes lebend burd) (Erinun* (erung unb £rofl; fU’^rf eud) in 2lrmut(j, ^ranff;eit unb 37otf) bep, unb unterwerft eud) ©ott unb feiner ^ubrunq. Arbeitet gemcinfd)oftlid) an ber (Erjie()ung eurer Äinber, unb beforbert moglidjft bie f)uuslid)ö Gßcfj!fart(j. 0 wenn icf> mir PorfMe, bajj alle biefe tpRidtten geübt würben, llnfd)ulb , ^crjenSper» einigung, (Eintracht unb gegenfeitige ^>u(f/eiflung baS 25onb ber ehelichen ©efellfchaft waren; wie glüdlid)

würbe

©egcnfottige ^fltdjten #ausffant>e& 87

Würbe bie ©rbe fepn! 2ßie Pielc ^flanjdidtte würben cnffte^cn r aus weld>en bie ©rbe gute bürget, unb ber Jjnmmel felige Vcwoljner hernehmen konnte! 2ßel* d)e 0.uel(c oon $reube unb (53Iucf fdigfeit würbe fdjon bas jefjige leben fetjn !

'2X6cr (affet uns audj bie befonbem pflichten beS Cannes unb SBeibeS betrachten, ©ei* tllawit iff bes XX^ctbes ^caipt, bas ifi Tlusfprud) ©ottes inber ©ebnft, aber and; fefjon In ber Sftafur. Denn offenbar giebt bie 9?atur bem männlichen ©efdjledjte gemiffe Vorzüge, fte giebt ihm jene ©tdrfe, jenen Sfturf)/ jene Grafte unb 3‘dhigfeiten, welche jur Erlernung ber SOßijjenfdjaften , jur Verwaltung öffentlicher Umt fer, jur Uebernehmung fermerer Arbeiten ju Gaffer unb lanbe, jur Unerfcbrocf'enljeit in ©efaljren erfor« bert werben; bas wcib!td;e ©efdjlecht aber ifl butd) Reinheit ber ©mpftnbung, burch 3<ict(id)feit unb (Sanftmut!^ unb burd) foldjc ©igenfdjaften auSge» jeidjnct, weldje bie füllen Jreuben unb Qingelegenhei« ten beS fjauSlidjen lebens perlangen. ©s giebt 7luS# nahmen pon biefer 9?egel; werben aud; ieberjeit weib(id;e tarnen, bie burch gro§e mannlid)e] ^hafctt berühmt jtnb, im Dempel bev Unfterblid)feif glanjen, unb oft mu§ in einer ©Ijc ber eine Sf)c*f ^egen un* leugbarer Unfähigkeiten beS anbern ftd) 9ied)fe jueig=« nen unb Obliegenheiten übernehmen, bie fonft nur bie« fern gehören. Tfber obgleid) Dfatur unb Religion bem Spanne bie Jperrfdjaft einrdumen, fo muff biefe bodj in feine Jjperrfchfudjt ausarten, er mufj gegen feine ©attin unb Familie fein $t)rann, fein Teufel fepn, webureb bie ©he ‘n {'ne £olle perwanbelf wirb, ©r

3 4 (ott

88 ©egenfeitige Richten Ui

foö bas $aupt bes 5CBei6cö unb ber $amilie fepn, wie (Eljriftuö baö £aupf ber ©emeinbe ijt, folglich ein 33ilb unb ©telloertreter ©otteö unter ben ©einigen wer» ben, unb eine liebe 'gegen jle bemeifen, wie (S^rifluö fie gegen uns bewies. SOScnn JemanbEhre Perlangf, fo mufj er ehrmurbig, wenn er liebe bedangt, fo mu§ er liebenSwurbig fepn. Es mürbe alfo finbifd)en 0tol$ Perrathen, wenn ber SDIann ftcf> Olechte unb erneuert» fdjaft anmaafjte, weldje nicht auf wirflid)e Ueberle* genbeit an Kräften bes ©eiffes unb Jperjens gegrün» bet märe. 'über ift er baS wirflid), was er ifepn foö, ganiilienhaupt fo wirb er auch Sreunb , €Q5of)U tfjdter unb 33ater feiner J-amilie fet)n, feine ©attin als feine befleSreunbinmitSartlichfeit unb 0d)onung bebanbefn, feinem ganjen Jpaufe ein UKufler ber "ür» beitfamfeit urb Drbnung geben, bas ©anje anorbnen unb lenfen, unb ber 93erforger unb 33efchuher ber ©einigen fepn. £)ie ^trau, welche fo glücflid) ijt, in ihm ihren 9ftann ju ehren, wirb ihm alfo gewif? auch mit Ehrerbietung, $reue, liebe unb 'ünf)änglid)feit juget^an fepn, mirb if)n in allen wichtigen 'Üngelegen* helfen ju ülnt^e jiefjen, mirb ifjm feine müfifame Xr< beit erleichtern unb ihm ben @<hmei§ Pon ber 0tirnt troefnen, mirb if)m in allem, was IKedjt ifl, folgen, mirb für bie befie Einrid)fung bes Jpausmefens forgen, unb burch 5ßirthlid>Peit, Eingezogenheit, unb SCBoht« thdtigfeit baS ©lucf unb bie 3<erbe ihrer Jamilie ju merben fireben. lefet felbjl, was pon einer guten Butter unb ©affin in ben 0prudjmortern0alomonS gefagt ijt *). 0 il)t Jünglinge unb Jungfrauen, bie

ihr

*) €ap, XXXI, io ff.

©egenfeitige ^fltdjten beö 85

ifjr biefeö fdjone 35ilb 6ctrad>tef , meldjes bi<r enfroot* fen i(t, bie ihr f)oft, etnjl audj Häupter t>on Familien ju roerben, mit roeldjen großen ©ebanfen unb eblen €ntfd)liefjungen muffen euef) fold)e2luSjtdjfen erfüllen! fanget jejt fd)on an, ba if)r noef) in ber SSluthe eurer ^ö^re flehet, ju jenem mistigen 'Xuftritte eure« funfs tigen leben« , ber näd)fl ber ©eburt unb bem $obe ber nnebtigfle ifl, burd) eine 3u9cn& boö Unfäjulb, g(eifj, SÖidfjigfeit unb Sugenb eud) »orjubereiten.

2ßenn ©oft ^^egaffen mit Äinbern jegnef benn Äinbern flnb ein grojjeS ja bas größte ©efdjenf unb ©lucf für Eltern, roefdjes iljre efjlidje Buneigung Piel flärfer mad)t fo entfielet barauS ein neue« SSerhältnifj im häuslidjen ©tanbe, bie innige 523er* binbung jtpifdjen Litern unb ^inbern.

Unb ineldjes flnb bie Pflichten ber Ktnber?

Kin&er, fagt Paulus, fe?fc gel;ot|am bett Ürltern in allen Dingen, fcenn baeifibem i^emt gefällig. tiefer ©e^orfam fielet au« ber banfba* ren liebe, Ehrerbietung unb Dienflgeflieflenheit, mel= d)e bie $inber Eltern beroeifen muffen, f;at alfo in ber ©eele junäd)fl feinen ©ilj, ballet in Dieben unb SÖSorten roieber, unb offenbart fid) burd) oüe J£>anb» hingen, greilid) fiefjet ein 3eber leid)f, ba§ bieSCßorte: geborfam in allen Dingen, flef) nicht auf funblid)e Sefeble ber Eltern erflreefen fonnen. 2Benn Eltern gemiffenloS genug waren, ihre ^inber ju Diebflahl, lugen, ^)rad)t unb Eitelfeit ju Perleiten, ober ihnen etwas jujumufhen, was wiber bas ©ewiffen ober ben

3 5

50 ©cgetifeitige Pflichten be6 $au<>flant>eg.

göttlichen 123efe^I flritt: fo mußte fleh baß Ätnb be* fd)eiben jurucfjiefjen unb ©off mehr gehordjcn als > Sftertfcflen. 'Tiber wenn bas £inb bas ©lud §at, gute unb redttichaffene Eltern ju befl|en ^ bte es junt ©ufen anf)alten, fo wirb bie licbeoollflc unb bcreirmif# figfle gelgfandeit feine 'Pflicht. t£lj>re Pater unt> tHuttet, Perm bae biUtt^ 9iid)ts ifl gerechter als biefe gorberung. £ il)r Äinber, rote biel haben eure (Jltern an euch getflan, unb wie unenblid) *iel fct)b i^r, näd)fl ©otte, iflnen fd;ulbig? ©ie flnb bie GBerfVuge euveß Dafet)nS, eurer ©rflefjung unb eu* res ©lüdß auf ber ©rbc. ©ic forgen für eure ©e* funbljeit, 3Bof;(fet)n unb Unterhalt. QBie Diel ©orge unb DJiufle hobt ihr euren DJiuttern gemad)t, ehe unb biß ihr jum reifem TÜter Ijeranwucbfl? $Bie bielett ©efahren war fle, beine Butter oußgefefjt, ba fle bid) unter ihrem .$erjen trug unb bie feflaffenbe Tille mad;t beine werbenbe ©cheine in ihr bilbete ? 2Q3ie »iele fdflaflofe 97dd)tc machte ihr bein hülfsbebiirftiger ßuflanb? Unb wer war mehr, als 33ater unb Sfliuf* ter, um biefl befummert? ©ie biefe guten lieben, beine erflen beflen 26of)lthdter unb greunbe forgtert unb arbeiteten für beine Nahrung, für beine Gilbung, für bein irbifdjes unb ewiges ©lud. Unb bu wollfefl: biefen <thcuren &en fdjulbigen Öehorfam berfagen, fle wohl gar beleibigen, ihnen ^serjeteib berurfadjen, unb burd) "Merger if>r foflbaveS leben berfurnen? wofltefl nicht bie unjälflbarcn £5eweife ifprer 5artlid)en liebe burd) ©egenliebe erwiebern? D bann mufltefl bu al<

IcS mcnfdflid;e ©efuljl berlcrcn haben. Denn mit 9Jed;t ifl 3c{)ei7 n)cld;cr gegen 2ßol)ltl)dter unbanfbat

war.

©egenfeitige t>e$ 43aus‘ftcmt>e$. 9 p

roar, felbfl unter .fpenben afö ein Ungeheuer oerab< fd>euet roorbcn. JTietn, (affet uns unfere Eltern lieben, benn fte f)aben uns juerft geüebef. IDen Eltern gleiches vergelten, fräs ifi woblget^an im& angenehm vor (Bott. Stüber, erroeifet alfo euren Eltern ©et)orfam in allen rerfjtmdfjigen ‘Befehlen. S^at bet ©ebulb unb 9Qad)|ld)t mit ihren ©d)tuad)l)eitert unb Jeljlern , benn 0 taie biele ©ebulb fjaben fte mit ben ©d)U)fld)f)eiten eurer fjugenb haben muffen S Qßenn if)r auch in ber £Ge(t fcorneljmer, reicher, ge# fd)icfter roerben fofltet : fo bleiben fte bertnod) eure 0* fern ; fd)dmt eud) alfo ifjrer nicfrt, fonbern roerbet i(jre etu£c im TUter, unb forgt für fte in Tlrmutfj unb Äranffjeit. §ür arme alte Eltern forgen unb fte er, ttdfn’en— bas ifl ein ausgezeichnetes ©lüd für roofjl# (jabenbe Äinber, roe!d;es me^r roertl; ifl als aüe (^d;d* £e ber $Belt.

tiefes fonnfe für jebe junge empftnbfame (Seele fdjen genug feqn, fte jur Beobachtung aller finblid^en *Pflid)ten ju ermuntern ; aber ©ott (jat aud) nod) über bicfeS einen befonbern ©egen barauf gefejt: aufbafj tue? woblgetjelunfc tu lange lebeft duflSröcn! (£5 ifl realer, biefcBerheifjung bejicf;et fleh junad)fl auf ben langen unb g(ütflid)en 5ßof)lflanb, rccldjer ben 3fracltten in <Pa(djlina ju ^^eü roerben feilte, roentt fte biefeS unb alle anbere ©efefce hielten. Tiber eS gilt gercijj aud) t>on uns unb unfern 9Had)fommcrt; benn bie Erfahrung fliinmt bamit überein , baf} frommen gutartigen ^inbern roof)l, bbfen aber übel in ber 2ödt ju gelten pflege. 9fid;t nur bie Beifpide

$2 ©egenfeittge pflichten t>c$ dpauSjlanbel

eines Jacobs, 3°feP(?g> bes jungen Tobias, fo roie auch eines (Eain, (Efau unb ber ©c()ne (Eli betätigen biefes, fonbern es mürbe uns aud) nicht fd)»»er tverbett in jebem artbern 3e'fa^er Belohnungen »orjügItd)er (Elternliebe, unb Beflrafungen gottlofer ^inber aus# juftnben* 2Bie mancher ungeratene ©olm, ber un# ter ber laft eines felbfiverfdmlbeten (ElenbeS feufjt, unb roeld)em Unglücf unb ©träfe auf ben 3'u§en nad)folgt, mu§ roie borü bie Brüber ^ofepf)*: baS haben mir an unferm Bruber »erbient! mit eben ber Diene ausrufen: bas hab’ ich an meinem Batet-, an niemer Butter »erbient! ©o mafpr ift es, t»aS bie ©dirift fagt: T)eS BaferS ©egen bauet ben^inbern Fünfer, aber ber DJlutter J-lud) reifet fie nieber. nbet mir nid)t ein, bafj es aud) fromme Ämber gebe, benen es übel gebt, unb bie nicht lange leben, unb bagegen bofe Äinber, an r»eld)en bas ©lütf feine Oieia)tl)ümer »erfdircenbet , unb bie bas ^od)fle Filter erreichen. Da s roaljre ©lücf beliebt in nichts 2ieuf# ferlidiem, fonbern in ber ©eele, im Betvuflfet)n, bafj mir unfere Pflicht getban haben unb in bet ©nabe ©otteS. Das lange leben aber ifl nicht nad) ben ^al)* ren fonbern nad) feiner innern ©üte ju berechnen, unb wer fromm lebt, h°t lange genug gelebt, tuenti er auch frühzeitig (iirbt.

Welches finb aber bie pflichten bet (Eltern? Diefe vereinigen fid) in bem, roas uns bie d)rifllid)e liebe für fold)e bülflofe @efd)opfe ju tbun hei§f, tvel* che burd) bie Banbe ber Sftatur fo innig mit uns »er# einigt, t»eld)e »on bem erjlcn Tlugenblicfe ihres lebens

an,

©egcnfeitige Pflichten öeö dpau6fhnbe& 93

an, unfirer pflege anoertraut jtnb, unb bie mir itt Zeit unb (£roigfeit ju beglücfen fucben foüen. £>eS= megen l;at aud) ©ott einen fo (Warfen nafürlidjen $rieb in uns gelegt, meld)er uns ju ifpnen funjiefjf, unb bie armfte Butter bejiljt in i^rem ^inbe einen ©cbafe, ben fie für alle Oveid)tf)ümer ber SÜSelt nid)C fjingiebt, unö ftic ben fte gern iftre $5eguemlid)feit unb Vergnügen aufopfert. 2(ud) an unfern Äinbern ftnbet fid; bie $ftenfd)enmürbe, bie mir (5od)fd)äfjen follen , benn ftc finb nad) bem 33ilbe ©ottes gefcfraf* fen, fte finb Qfrlofte 3>efu, unb ba mir nid;f mijfen, maß aus iffnen merbcn fann, unb oft mirflid) oon ge» ringen Eltern bie großen Banner abgcflamnit finb, burd) meld)e ©ott grcfje 'Singe in ber 2Belt oerrid)* tet tjat: fo mu§ uns jebes ^inb efjrmürbtg fct)n, unb mir muffen baffelbe ju einem nü£lid;en SOiitgliebe ber menfcfylidjen ©efellfd;aft erhielten.

'Jfjr (Eltern alfo, meldje ©ott mit foldten Pfans bern ber liebe gefegnet f>at, lernet unb übet bie Pflicfc ten, rneldte eud) 'Paulus oorfd)reibt. !Je f urjer fte finb, beflo mef;r ermdgt ifjren Umfang unb ITiadjbruf. 0r giebt jmar feine Tlnmeifung, mie if>r für bie 'Tiafj* rung, Reibung, ©efunbljeit, unb bas irrbifd;e ©lücf eurer Äinber forgen follet: bas fonnte unb mufjte ber &lugf)eit jebes einzelnen Zeitalters unb Ortes überlaf= fen merben : aber er fejt einen 0runb|a(5 ber (Srjies §ung feft , aus roeldjem alle übrige pffiditen ftergelei* tet merben fonnen : *>ietyet eure Ktnöet auf m öet 3u:bt unö X>ermat?nung 3Um ^errn'. Mev* bings mu& 5wcfct fegn, aber habet; muffen mir uns fjüten,

f*

94 ^öenfeittcje $3fltc$tcti tscö ^auöfrattb^,

fxe md;t 3a erbittern, fcafj ftc nicht fchen vtnrr* bei?» Sarinne pf^t’gcn es oicfe (Elfern tu v>crfef)crr* ©ic foKtcn mirflidje Unarten i(;rer Stüber betrafen, 2lber fse f;aben entweber eine 'H^fenliebc gegen fie, un& freuen ftd) roeljl gar über Die (Erfilinge ifprer iScefjoit $ ober fie firafen biefelben un^citig unb unmäßig , bafj es taö Äinb leicht merif, ba{j jte bloß tljre hifjigett ’Jlffecten an iijnen füllen unb $>erbvufc(icbfeitcn im $ausn?cfen an iijnen vdd)en tr*oifcn» ©agr Eltern, berfd)eud)t if;r baburd) nid)f fei b ft bie finblidje iie# be avisieren jungen ©eclen? D eS gehört grofje 5$eiö# £eit baju , bie ©träfe fo einjurid)ten , bafj jlc weber ju gelinbe noch ju flrenge fei), unb ba§ in jungen @e* muttern bie SJtifdjunq non (Efprfurdjt unb liebe ent» flet^t, weldte ftd) fo fefpr öon bem 73eben beo ©dabett oor feinem $errn unterfd)eibet. Sie ©eroalt, meld)e felbft baS weltlid)e ©efeb ben (Elfern über ifjre £inbec einräumt, gerat!) aber aud) auf fo manche anbete 7(6» toege, wenn f;c fd)on ertoad;fen finb. SaS fo ge* wofmlidjc (Enterben bet- Äinber f;at beSmegen fo riet •’8ebenflid)Cß , weil eS auf ©eiten ber (Elfern immer ben 'Mnfdjcin einer gemiffen £ärte, 9?ad)fud)i unb ituocrf6()n!id)?eit l)af, bie f*d> mit ber dmftlidien lies be nid)t bereinigen läfjf. 2tber frei(id) ftnb (Eltern oerbunben, fold)en ^inbern fernem Unterhalt ju Der* fagen, rccldjc aus $aul(;eit unb Uiber!id)feit feine dn» ftalt 511 i^rem eignen Jortfommen in ber <B3eft ntadjert wollen, ^nöbefonbere &cigt ftd) ein grofjcr Üftißbraudj ber elterlichen 0en>a(t bet) ber $8crf)et)rat(jung ifjrer ^inber. ‘Senn oft ift (Eigenfinn, Jpod)mutf) unb $aabfud)t bcc Eltern bie Urfa$e, warum fte i^tre Sin*

toiU

©egenfeittge fiepten fcc$ $nu$ft<»iöe& ss

WtHigung ju einer ?8erbinbung jweycr ite6enben nid)£ geben »sollen, rjdd)e bod) njafjrfdjeinlicb eine glucfli* d)t (?l)e rouiben geführt fjaben. itnb »sie t>ie(e un* glücflidie (£!)en flnb bee'megen gefcfUcffen »sorben, »seil Litern aus irbifdjen 2lbfld;ten ifjre hinter ju einet SSerbinbung jroangen ober überrebeten, gegen roeldjc biefe Opfer if>rer ©trengc Abneigung bejeigten !

£>ie weiften Eifern glauben fdfon bann tfjre <Pftid)t geffjan ju fjaben , »venu fte ilpre Einher tut Seibiicbeu serforgen ur.b innert nadj bem ^obe ein gtofjeS Vermögen ^interlaffen. Sas ifi ber ^eefmantef, hinter rodeten fid) fo oft ber 0df3 unb bie ©ammel« fuebt berbirgt, rcfefd;e bem Ijoljctn ?llter fo eigen ift. ©ie mi(jbraud;en baju dud) »so()l bie ©teile ber ©djrift, »so gefagt n>irb, bafj ber ben ©tauben ser# leugnet f;abe unb arger als ein £eibe fei?/ tseldjer nidüf für bie| ©einen forge *). $G3enn aber bie ^inber in ber ©r$ief>ung jur ©ittliajfeit unb Religion sernad)* läffigt werben finb, unb fein ©efd?dft geiernet fjabett, fo tserben fte ba(b genug baS Ijinterlaffene Vermögen luberlid) serfdjisenben unb unglüeflid) werben , jtaff bafj fte bamit nad) ber 3lbjid?f iijrer Eltern i()r ©lüc? Ratten madfen folkn, unb mir ftnben, öa£ Äinbec armer Eltern, n?dd)e genotfjigt ftnb, fid) fe(6fl fort« juljelfen, meiC elfer ju ©lud' unb (£f>rc fommen. ©5 (ff aud? fe^r ju bcflagcn / bafj siele eitle Eltern if) re Äinber blofj 5ur feinen JebenSart erjieljen, ohne ilj» ren ©eift ju grunblidjen Äenntnijfen, iljr dperj ju frommen ^mpfinbungen unb ihr S53cr^alten jurDJedjt*

fd)af<

*) i Sim. 5 1 «•

9 6 ©egenfeitige Richten t>oö £)au$jtonfa$.

fdjaffenf)eit ju bilben; unb man weif) nicf)t, ob man barüber lachen ober meinen foft , wenn ftc an ihnen fleine Segler in biefer feinen iebenöart mit ber fd)drf# gen ©trenge ahnben, bagegen aber lagerhafte 9]et= gungen unb .^anblungen ganj ungefraft (affen. D ! iljr Eltern , benft 'oft an bie fjo()e Q$egimmung eurer Äitiber! ©ie ftnb nicf>t nur für biefeö, fonbern aud) für ein h&fjeres leben gefdjajfcn ; es flnb 5ßefcn, bie ber ©djopfer mit grofjen Anlagen ber Vernunft unb anberer Kräfte befdjenft fyat, bie burdj cud) naef) unb nad) entwickelt werben feilen. Arbeitet baber an bet 'Mufibilbung i^reö £>erflanbes unb Jperjens; ferget für ihren leib, aber auch für i^te ©eele; flogt ilpnett ©efühlc für ©ott unb alles baScin, maß red)t unb gut ig, unb gebet ifmen ein gutes 18et)fpiel. $abt i(;r baS gethan, fo fonnt if>r ruhig gerben, unb wenn if)r ihnen aud) nid)ts weiter ^interlajfen könnt, ©ie cbriglicfjen ©runbfaije, bie i^r ihnen eingegofjt £abf, werben fte in ihrem ganjen leben begleiten; if>r wer# bet nad) eurem *$obe in ihnen fortleben ; ftc werben tiod) eure 71 fd)e im ©rabe fegnen; unb welcher J*?im« meloolle Tlnblid wirb es einmal fet)n, wenn i^r mit euren Äinbern oor bem 5Beltrid)ter hintreten unb fa» gen fonnt: ©ie^c J£>err, hicr gib roir unb bie bu uns gegeben hng/ lag uns beine Jjerrlid)feit fefjen!

(£nblid) ftnbet gd) in ber hauSlidjen ©efellfdjaff noch ein befonbereS 553crh>altnig jwifdjen -^errfetyaf* tert unb iDtenfibotcn, beren «Pflichten wir noch »or* jugellen haben, ©ie niebrigge 2irt ber ©iengbofen gnb bie Gt-ldvm ober JUibetgenen ; unb ba in bie»

fern

tos $au$flanfcc$. 97

fern fanbe unb *äu unfern Seiten fuijfid> fo indes für unb roiber bie 7C6fd)affung bes ©clabenljanbels unb ber feibeigenfcbaft gefagt worben ifi, fo mujj id> midj furj barubcr erfldren, £)as <E(jrij!«nt£um beobachtet hierein fel)r weifes ©tiüfdjmeigen; betin 3>efuS unb feine 2lpoftel webten ftef) nirfif in bie ©efeljgebtmg unb d5«f<^af£c ber ÜJegierung mifeben. Tfber ber ©eift bei’ dirifilidjen ©itfenlefwe jielt offenbar bafjirt ab, einen fo!d)en ©fanb ber ieibeigenfdjaft , wddjer ohnehin ben fjeiligen SXedjten ber ©ienfdjljeit juwibec ift, nad) unb nad? oon ber (£rbegU berbrdngen, <pau* luS rdtl) jmar ben Unechten, ober ©daöen, if>re gret* f)eit ju fudjen, aber wenn aud) biefe nid)t 511 erhalten war, fo befielt er i^nen bennod) Unterwurfügfcit unb ©ef)orfatn gegen i^re ^cibnifcfje Herren, SEBentt man bie Unmenfdjlicbfeit bebenft, womit ber ©da* penibel getrieben , unb womit biefer grofje ‘Sfjeif ber (eibenben ‘SDienfcbfjeit bepanbelt wirb: fo fann wof)l feinem in ben ©inn fommen ju glauben, als wenn baß (Efjriftentljum einen folgen ©tanb billige, ba cs überall auf $Bcrtf)fd)d|ung ber menfdi'idjew Sftafur bringt, unb uns bie ©efinnungen ber ebelfleti 9[Renfd)enliebe einflöfjt. 9ftan wenbe mir nidjt ein, bafj nad) einem göttlichen 23erf)dngnifj berglucf), wel* eben fftoal) über JpamS 9ftad)fommen ausfpracb *), bis jejt über iljnen rulje ; benn wir leben nid)t meljr itt ben feiten Hilfen, fonbern bes Sfteuen 23unbeS; unb es ifi jur €§re ber SBernunft unb üieligion, bei* 9ftenfd;f)eit unb ©eredjtigfeit ju fjoffen, bafj biefer

ab*

*) 1 ‘DJ'of 9, 35 ■— 27.

3tviiut ?ixu.

0

$8 ©ccjenfcitige Pflichten

abfd)eulicbe #anbel, tiefer enteljrenbe ©tanb mit ber ge it in allen djrifUicben iänbern , in treffen er aus ©elbgeil* unt Jperrfd)fud)t nod) gebufbet roirb , werbe abgefchaft werben. Denn finb tiefe Unglücklichen nicht 5Jienfd)en? fittb fie nitf)t unfere früher? 5ftiC ihnen mufj inan aber nidjt bie freien Dicnftboren Der» rced)fcln, wcldje nach einem Vergleiche, ten wir mit il^nen treffen , niedrige unt notljwenbige Dienfie in unferm #aufe t»crrid)tcn, aber eben beöwegen fo bieleö jum £ßo()l einer 5'au,,l*e beitragen, unb mit tiefen muffen wir nicht foldjc ^Derfonen in eine Älajfc fef$e*i, weld)en wir edlere ©efdjdfte auftragen , alö bie Sr» 2,iel)ung unferer hinter, uub bic @orge für ihre ©eele. 'SDiefc muffen wir alö unfere greunbe lieben uub fdjd|en,

Unt welches finb benn mm bie pflichten des dkftndeö? @ie vereinigen fid) in bem (Bellet* faiti, ben es ber Jperrfd^aft fd)ulbig ifl. Cfjrififitfyer Dienflbotc, bu mufjt alfo in bem ©tanbe, in welchen bid) ©ott gefegt f)at, beine Jperrfchaft als beine Obern unb Vorgefefjten betrachten. Srweife i^r baf)er alle fiebe unb (Ehrerbietung in Voorfen unb SBerfen. ©e(;ord)e ihrem Vefel;le of)ne Durren uub VSiber* fpenftigfeit, es muffte benn fetjn, bafj fie bich jur. ©imbe verleiten , unb bid) ton beiner Sfwiflenwurbe Ijeraberniebrigen wollte. Denn giebt leiber, befon* berö in großen ©tabten, fo manchen ^errn, fo inan» d)e 5rau, weldje niederträchtig unb gewifienlos genug finb, i()ren Vebicnfen ober ihre Vebientin, jum Vo* fen ju reihen, ihrer Unfd;ulb unb Sugenb ^allftricfe

©egenfritjge 53fudjicri Detf * #au$fknöc$. 39

ju [egen, unb fic $u verführen. SBeifct foldje 3Jei* jungen jum Q3ofen mit (Jbelmuth unb @tanbl)aftig« feit jurficf, ober reifet cuc^> auch oon foldjcn gcfdfn'li* djen 33erbinbungcn gdnj(id) los. ©epb ihr c6er fo glucflid) , eine tugenbhafte fromme ^errfd)aft ,;u ha* ben , fo fd)dl^ct jie um bejlo fwher* SSeforbcrt treu unb reblid) ihren Siu^en; gcljetmitbem be^utfamunb gemiffen^aft um, was eud) anrertraut wirb; fepb Perfcbwiegen unb plaubert nidjt aus, was ifjr feljet ober höret: lebet mit eurem 9)iifge(tnbe oertrdglich unb friebfam, unb glaubt baf S^rlicbfeit unb 3ieblid)fei£ ber beftc 2Ceg ijt , eud) bet) eurer Jperrfchaft beliebe unb überhaupt glucflid) $u machen. ©teile bir por, baf bu nid)t bloß ^Jienfdjen, fonbern auch ©ott bie* neft, wenn bu mit einem d)riftlicben ©emutl) beine Richten erfullejt. SDenn in feinen 2fugen ftnb wie aüegleid); alle fte^en wir in feinen Dienten, ber üiegent fowof)l als ber '•Diener, bie .fperrfdjerin eines ganzen Sollte wie bie get'ingfle IDienflmagb; jebe Jjanblting, welche ju feiner (E^te unb jum QBo^I fei* rer ffllenfdjen gereicht, §at bep ihm einen großen SBertf), unb wenn 3etuflub etwas ©uteS tf)uf, fo wirb er belohnt werben , er fet) ein Unecht ober ein gretjer. ^f;ue beine 'Krbeit gern, fo wirb fie bir leichter werben; wirb bit’S fatier, laf bidjß nicht Perbrüfjen, ber Jperr hat fo georbnet; bu bijt Pott mancher @orge befregt, weld)e beine Jperrfchaftbrudt; bete oft im ©rillen ju ©ott, unb befiehl if)tn «Ile bei* ne 3ßege, er wirbß wol)l madjen.

Unb> i\)t Herren, \va& recht »nb gleich i(i, bae bewetfet b>ert Knechten, uot> wtffet,

© 2

io© ©egenfettige ^Jf!u$ten Sdcö

«ud? ity einen faxw im Fimmel l;abt*

£BaS ©ett gegen euch iß, SSater unb ÜBohlfhdter, liebreicher, fd)onenber, gütiger SBerforger, ba$ follt if)r gegen bte euch Untergebenen fetjn. ^Beobachtet überhaupt bie natürliche SBilligfeit unb ©eredjtigfeit gegen eure £>ienfUeute, unb leifief ihnen ben mit \ty nen gemachten Vertrag. @orgef auch für i(jr geiß* licheS GBo^l , bennfTejlnb, wie if)r, Hnßerblid) unb jum ©lud einer ©roigfeit gefd;affen. Vergeltet if^ ren guten SSGillen mit gleicher Siebe; ermuntert ihren gleifj burd) ^Belohnungen unb ©efchenfe, wenn eud> cud) fein SBerfpredjen baju verbinbet; habet ©ebulb unb 9T?ad)fTchC mit ihren Fehlern, wenn fte nicht aus einem boshaften ^erjen fließen , unb fuchet fte mit 0Onftmutfj ju beffern; erfdjroert ihnen ihre ©ienfte nicht über ihre grafte ; fet)b nicht und;rtßlidj unb tt)« rannifd) gegen biefe Tfrmen, welche ohnebem fchon bie faß ihres ®d)id'fate oft nieberbrudt, ihre ßiüen 0eufjer mbdjfen forsft ju bim fc^repcn, tneld;er jtdj befonbcrS ber Unterbrucf fen anjunehmen verheißen hat ; gebet ihnen feine SBloßen; erhaltet eud) bet) ihnen burd) ^erablaffung unb weifen ©rnß in gehörigem Tinfehen; gebet ihnen ein gutes SBeifpiel; verßoßeffte nicht in ^ranfheit; nehmet euch ihrer befonberS an, wenn fte in euren $5ienßen alt unb grau geworben ftnb, unb forget überhaupt für fte bruberlid;, Pater« lieh, mutterlid)* SXBifjet, baß aud) ihr Unechte unb Wiener ©otteS unb 3efu ©hrlft* febn foHt ; ba jj euer 5ßof)lfianb unb £Reid)t()um ein frepeö ©efchenP feiner ©nabe, bah bie ^>errfd;aft über eure Untergebe« ne ein £)ar(ef)n iß, von tveldjem ihreinßbem ober?

flcn

©egenfetttge beö $au*>fi<in&e3, 101

flen 23oöerrfd;er ber 5Belf, Per meinem fein 'Xnfeben ber 5>er|on gilt , Ovedjenfdiaff abjulegen ^abf. SBif« f et, ba§ ber £ob einmal allen Unterfcbieb ber ^ften* fdjen auf ber (Jrbe aufljebf, unb bafj il) v, fo mie mit: alie, bereinfl gerate bas empfangen mer&et, ma5 mir uerbient Ijaben. 0 bu emiger ©ott! bu 33afer unb Jperr aller 9Kenfd)en! f)ilf bu un5 baju, ba§ mir alle unferß Q$erufö murbig roanbeln mögen, iefjrc bu uns fljun nadj beinern iSoftlgefal'en/ betn guter ©eift fu£= re uns auf richtiger 25af)n. Tfmen»

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© 3

5w»f«

102

■*

©ed?|?c predigt*

©er Gfjrtft im Kriege.

2Tm 6f|cntlidjim ÄvicgSfuijjtage btn 19t«! 2(pri( 1795.

©

rojjet ©off, Pon unenbficfScr 9JJajeftdf unb$3oflf* fommcnljeif, roir finb perfammlef, uns auf bastief: fle Do»' bir ju beniuffjigcn , mit Oieue uttb ©djam bir tinferc ©unbe *u befennen, bief) um Vergebung ber? fclben, um Erbarmen anjuflefjn, bir bic 9ftotl) beS Sanbes unb bei* ganzen (Sfjrijtenfieit Porjufragen, unb bir eine ernfllidje $5efferung anjugeloben. ^u f>aft uns bisher unzählige 3Bo()lf(jafen ermiefen : aber mie unbanfbar finb mir gegen bicf> gemefen ! 5ßie t>iel tln* glaube, mie Picl ^dfte unb ©(eid)gultigfcit gegen bie Ovp'igion, mie piel irrbifdjer ©inn, mie Piel Safter* fjaftiqfeit unb ©unbe ^errfefer unter uns! dürfen mir es alief) magen, unfere Tfugen por bir, bu ^»eiligfler, miftuljeben, unb bicf) SSater ju nennen, ba mir un< banfbare, ungeljorfameÄinbcr, aufruf>rifcf;e ftrafbare ©efdmpfe in beinern Dteid)e finb , unb bein geredetes 3fti£fallen miber uns gereift f;aben ? Jperr mir fd)äs tuen uns por bir unb por uns felbft. SOBenbe in ©na« ben bie mof)lrerbienfcn ©trafen unb bie uns brof>en« ben ©efabren Pon uns ab. Vergib uns um 3cfu S^rijU millen, meid}« als ein Opfer für bie ©unbe

ber

£)er Otyrifl im Stiege. 103

ber geworben ift, unb feite uns burd) beinen ©eiß auf bir mofjlgefdffige 5Cßegc , bamtC mit nicht nur non ber ©ebulb, fonbern aud) non ber .£>errfd)afe ber ©unbe frei) iverben mögen.

Tfffmdchtiger, unter bejjeft 'Xufftdjf unb üiegie« rung bie ©chicffafe ganjer Koffer, fo rote etnjefner 9ftenfd)en flehen , mir bitten bid) an biefem ‘Jage für affe ©tanbe unb (Sfaffen non $tcnfd)en. ©egne ben ©taat unb bie £ird)e biefeö lanbeS. J£)ilf bod), ba£ unfere Regenten unb D6rigfeiten ftd) burd) maf)re ©taatöffugfjeit feiten taffen, 9Jecf)t unb ©ercd)tigteit fjanbhaben, unb bie affgemeine ©fücffeligfeit befor* bern; baf) unfere leerer bein Sfßort mit 3tad)bru<f nerfunbigen; ba§ unfere J^ausfcdter unb Jpausmutter if)re Äinber ju affem ©Uten erjie^en ; befj Jpof)e unb fiebrige, IKeiche unb 2frme, ?ifte unb 31,n3e/ baf mir affe bie Pflichten unfers ©tanbes unb Berufs treulich erfüllen. la§ bas licht ber 2öafjrfjeit, bas unter uns fd)eint, immer mefjr affe ^tt^unier ^erflreu« en, immer mehr unfere Steigungen unb 33egicrben reinigen unb ^eiligen , fafj beinen ©eift in uns affen leben unb mirfen. D ©otf, menn fommt bie £eit, ba ber ganje (£rbboben beiner Srfenntnijj unb $8eref)J rung »off ferjn mirb; menn brechen bie glucf feligen $a* ge an, ba bie Uftenfchen fich nicht mehr burd) Ärieg unb 53fuf»ergie§en quälen unb jerfioren, fonbern mie S3ruber einträchtig bet) einanber mohnen merben, bie ^age, mo ein emiger 3r*ebe bluten unb ben (£rb» freis beglücfen mirb? D fa£ fie bafb fommen biefe fe< ligen'Sage. Steige bie.£>cr$en ber ©rojjen ju ©ebanfen bes 3'ticbens, unb la^ bie lef^re 3efu unter uns ‘ms

104

©er 0jrifi im Kriege« '

tuet- roirffamer werben. 0cgne bcSmegen audj freute im ganjen ianbe ben Vortrag beineS SGerteg, unb Ia§ e$ reid)lid?e grucfyte ber S3e)]erung tragen um bei* ner iiebe nullen. 2lmen.

Sejrt: i £im. 2, 1 4.

0o ermafjne idj nun, baß man oor al* Icn gingen juerfr tßue SSittc, ©ebet, gur- St tre unb sbanffaguttg für alle SD'enfd)en, für bte Könige unt» für alle Dbrigfctt, auf baß mir c.a gcruljigcd unb ßtlle$ geben füh¬ ren mögen in aller ©ottfeltgfeit unb (5f)rbar=* feit. £)enn foldjcö ift gut, ba^u aud) angc= ncbm oor ©ott, unfeem j£)eilanbe, meld)ee luill, baß allen ÜDJenfdjen geholfen merbe, unb fie $ur ©rfenntniß berSÖafjrijeitfommett»

Die Gelegenheit unb $3eranlajfung biefer gof* teöbienftlicben 3ufammenfunft euch ollen befannf, meine 3>uf)brcr. Die fd)red'lid)en Unruhen unb (£w fcfyuttcrungen eines benachbarten 33olfS haben auch unfere Diegierung in einen Ärieg öerwicfelf. SCBir mögen nun auf fte ober uns fefpen, fo fxnben mir 0teff genug $um ernßlidjen 9ftad)benfen über bie Uw fad)en unb geigen biefer 2ßelterfcf)utternben $3ege= benljeit, roelcbe früher ober fpdter einen großen ©n= flu§ auf ben ßußanb bes menfd;lid;en ©efd;ledjts l)a< fcen mu§.

0ehen rcir ouf granfreid)/ fo fdjeint ein befon* bereö 0irafgerid)t Gottes über Diefes fenß fo blü^cnbe

ian&

€fjriji tm Kriege. iqj

Sanb auSgebrodjen nu fetjn. &ie Urfadjen1 tiefer auf= ferorbentlid)en Dfeoolution fmb freilidj jutn ^^et( be* fannt genug. (Es febeint, als wenn nad) eben bent ©efe^, nad) weld)em ©rbbeben in ber natürlichen ÖBelt entftefjen, aud) in ber jittlidjen 5ße(f unter IBTen* fd)en Tiufrubr unb Empörung entfiünben, roenn bie Effecten bei llnmutb* unb ber ütacbfudjt über ge* fränfte gret)b*i*<n unb $cd)fe allgemein gereijt unb ju heftig gefpannt werben; unb ein SSolf, wirb eben fo wie ein einzelner Sftenfcb, entweber fmfen, ober ftdj ftrauben, wenn bie iaff, bie i^m aufgelegt wirb, über feine grafte gefpt unb unerträglich wirb. Tiber erfolgen audjalsbenn gemeinig'id) folcbegewaltfame 93erdnberungen, bet) weidjen bie ?OTenfcf)^ett bebt, unb man greift ju Mitteln, ein Uebel 51t beben, weldje fd)redlid)er alö bas Uebei felbft jinb» ©otf! wie Diele fd)auberbafte blutige Auftritte b^ben bie 55ewoh* ner biefes unglüdlidjen Dieicf>S feit furjer £eit erlebt! ößeld) ein trauriges, beweinenswurbiges ©emälbe fielit es uns Dor Tiugen! 33ie 93fcifer beS ©taafS ura* gejtürjf ber ©aamen ber 3wietracf)t überall aus* gefireut Religion 3ud)t unb Orbnung uerbrangt-^- gbttlicbe unb nienfd)lid)e @5efe|e verachtet baslanb burd) Zerrüttung unb Empörung feiner 33ewobner unangebaut unb oerwüftet .ftanbel unb Tieferbau jerflort bie 'Pflugfcfeaaren in ©piefje, bie ©idjeltt in @d)werbter berwartbelt feine perfonlidje ©id)er= beit, fein £igentbumSredjt ber $onig b‘ngerid)# tet bas ganje 33olf wie bie empörten Stellen eines burd) ©türm erregten leeres , unb alles mit S>ev*

wüftung, üigub, SOtorb unb 35lut angefülit -

© S 9ft<m

io 5 ©er (Eljrift im Kriege.

9)ian fann biefen ^uftanb nicht furjcr unb (reffenböc betreiben , als mit ben SBorfen: 3U ber 3e^ rcar fein $cnig in ^frael, unb lieber tfjat, was ihm mfyU gefrebl. £ann auch ein Dieid) befielen, welches mit fid) felbfi uneinS ift? ein Dieid), wo bie Dieligion, tiefe ftchertfcötunbfhühe berJßohlfarth eines ©taatcö tuebergetiifen wirb ?

0o Diel (?lenb mü£fe uns rubrer», wenn es uns öud) »reifer nichts angienge. 0ie finb 3ftenfd)en, irclcbe burd) tie SSanbe gleicher Dlafur mit uns rer? einigt finb. Utijere Dieligion lehrt uns 9)ienfchen, als D3icnfd)en betcadjten, unb ihnen, wenn fie un# glucflid) finb, ofme allen llnterfcf;ieb ber Dieligion bei# ft't)cn» $ß*r sollen auch f)'er nad) ber D3crfd)tift unferS JjeilanbeS hanb*ln/ unb fold)en mobltbun, welche uns für Äcb,er galten. Tief) bas rielc burch i§rc Verfahren unfchulbig rergoffene Q3(ut fo rieler faufenb ^)rote|lanten ifl auf eine furd)terlicf>c TIrt ge# rochen! 'iE&ir trollen Dielmehr für fieberen, bajj nach befdnftigfem ÄriegSfiurm baS fid)t ber wahren Dich» gion, ber wahren §rciheif, ber wahren ©lücffeligfeit fie befiralen möge. Tfber burd) bie ^>errfud)t unb ben TMutburft ber ^arrhet), welche bie $ügel ber Die» gierung an fiel) geriffen bat unb bie wir nicht bem $>olfe überhaupt entgelten laffen wollen, burd) ihre (Jntfcblüffe unb Ofrflärungen ifi ganj Europa in T3e# tregung gefefet worben. 0ie haben gefucht, iljre ©runbfahe auch auf biefer g(ü<flid)en ^nf^i auSju» flreuen, unb burd) geheime ©efanbren auch unfere Orbnung unb ©lücffeligfeit ju jerjlcren, unb barüber »ft ein Ä'ricg ausgebrochen, weld;cr, ©oft roeifj, wie

(an;

©et Cfyrijt int Kriege» 107

lange bauren, unb wie Diel 23lut utib ©elb foftett fann. v '

©urch eine fonigliche QSerotbnung foü baS ganje fanb besroegen heute einen Q5ufjfag fepern. 9}un follen mir fletö SSufje tfnm unb uns ju ©off wenben, nicht nur im Kriege, fonbern auch itn ^rieben, nicht nur in .^rantheit, fonbern auch in ©efunbfjeit, nicht nur in bofen, fonbern auch in guten “Sagen, fonft fint> wir ©Ziffern gleich, weiche nur ju ©oft rufen, wenn ihnen ein0turm ben Untergang bro^t, aber t>om 33e# ten ablaffen, wenn fTc im Jjpafen unb am ianbe ftnb* 3?boch ifl e$ tmfere Pflicht, bafj wir als gute Unter* tonnen unb als (Efjriften biefem befehle gehorchen; unb bie 2lbftd)t biefes £ages, nämlich eigne grünbliche 33efferung , an uns erreichen laffem 2fd) werbe biefe fchicfiidje ©elegenbieit benu|en, euch einen Unterricht über ben $rieg ju erteilen. Denn ich bin nicht ber SEftepnung, ba§ man über gemiffe jartlidfe ©egenfiän* De nicht öffentlich reben muffe. SSielmeljr werben2iuf=> fldrungen ber begriffe über fte befio notiger, je (jau* ftger fte im gemeinen ieben norfommen, unb mit ber ^Religion in 53erbinbung fielen. 3$ »eige euch:

©ett (E()rif?en itn Kriege.

Raffet uns fefjen

©rftlid): ob Das Qihriflcnthum Den ^rieg billige?

Zweitens: was für ein fdjrecflidjeS Uebcl Der $ricg fei) ?

©ritten ö: wie fid) Der £f)rij? Dabep ju »erhalten

habe?

*o8 ©et4 (Efjrijt im Kriege.

<2>b has Cpnftcm^um heit Krieg billige?

SDiefe $rcge ld|fef lief) nicfyf fogleid) mit ober Sfteiti beantworten. I^efuS S^rifluS niifdjfe fid; flicht irt ©taatsfaefjen, unb bie leiere Oeö (Jpangelii beobachtet über biefen |pun£t ein tiefes unb metftvurbigeö ©tilU fi^meigcn. ©ie (affet bie üfegierungspetfaffungen ber fanber fielen, wie fle tiefelben finbet , unb roie |le bie $(i;g()eir ber ü)tcnfd)en eir$urid;ten für gut fanb: ober fte fielet offenbar bahin, alle ©tanbe ber ?Ö}en* (eben ju beffern unb «u fpeiiigen. ©o Piel a6er ift ge< roit, ba|j ber ©eifi tcö <£f)ritentf)um6 überall J-riebett fltl;met, unb ein (Sbrifi fann nid)tß anbers wünfeben, öls ba| fiatt beö perberbltcfren Äricgeö ein allgemeiner unb eroiger Triebe auf ber(Jrbe t)errfd;en möge. ©ott, olö ein ©ott ber liebe, beö $riebenö unb ber Drb= itung fann unmöglid) bie 9)ienfd)en baju gefebaffen fmben, bat f»e fafy unfereinanfeer jerfiören unb auf ba$ cntfe|lid)|le tibten foüen; er will getuifj nicht , bat «in einziger tropfen ?0?enfd;enbfut unnötiger meife »ergoffen werbe. SDGenbef mir nicht ein, baf? fo lange bie £ßclt teilet, immer ^rieg gewefen fep, ja bat ©ott felbft ben ^frneliten befohlen habe, b*e -ftanani* ter im Är^ge auöjurotten, Daß DJtaat ber ©unbeit biefer Odölfer tpar Poll; fte mären in ©ö|enbienfl: unb bieabfcf)cu(id)ten lafter ber©obomiferepunb bergen* fd)enopfer Perfunfen: unb wenn ber Tdlmdchtigc , ber Äönig aller Könige unb Jpert aller Herren befd;lo§, tiefes ©efcblec^t $u Perfilgen, unb biefes lanb juiu ©ifj ber wagten Dieligion ju machen: fo fann feitt nod) fo mäd)tiger ^onig bet (Erbe, ber felbft ein fün* tiger Stficnfd; unb @rf;watf)l)eifen unterworfen i|t, fid>

©er €|jrtft im Kriege. 109

ähnlichen Kriegen berechtigt fK^en- UeberfciefeS liegt biefe ©efchichte ju tief im Kitertfjum, unb was bamalö in her 5\inbi;eit ber £6elt gefd)a(), baö famt flicht ju einer ^eitnaefgeahmtwerben, wo baß menfdj* fidje ©efcblcdjt ju einer gr&fjern Voüfcmmenheit int .Jpanbeln gereift fet}n foüfe. *£)aß Sf;ri(lenthutn aber follte ein wirffomeß Mittel fet)n, bie Urfad;en bei Kriegs ju perminbern, unb einen allgemeinen ie^er* $\r bewirfen , es feilte bie SJttenfdjen auß grimmigen iowen unb blufbürjligen ^tjgern ju fünften bulbfamen idmmern unb @d)afen, ju einer dpeerbe beß ©rjhirtett ^efu dijnfti umfdjaffen. ©ß wirb auch gewiß biefe SBirfungen duffem, wenn baburd) bie ©mpfttibungen ber 9Jienfd)enliebe, ber ©erechtigfeit, ber Villigfeic immer beffer geweeft, wenn bie Jperjen ber Regenten baburd) Pon unorbentlichen unb haabfüchtigen Regier« ben gereinigt werben, welche bie Urfadje fo »ieler bin« tigen Kriege finb, unb wenn ^ebermann baburch ge; beffert wirb, bah er ftd) t>on Vernunft unb ©erech* tigfeitßliebe beherrschen l cfjt, unb anbern bas tf)uf, waß er will, bas man if)m tl;un falle. £)er S(;ri(l barmherjig, friedfertig, unb ein greunb aller '»Dien« fd;en, wie fein tlrbifb £^fuß, unb wie ©otf, weicher will, baß allen SÖienfchen geholfen werbe, unb matt barf fid) ba^er gar nicht wunbern, baß einige fleinere d)rißlid)e ^attheyen ben .Krieg überhaupt Pcrbammt haben. @ie waren gewiß feine ©chwdrmer; biefer liebevolle ®3unfd) ißres ^erjens ju einem allgemeinen ^rieben, war gewiß feine Verwirrung unb @chwdtf)e bes Verßanbeß; er würbe ihnen pom ©eiß unb ber 0ittenlehre eingeßoßt, welche bie reinfie unb

wohl*

HO

©er im Friese.

n?o^ft|dtigflc iß. Unb war Denn nicht möglich, baß bie $ßelt ohne Streit unb Ärieg befielen formte, baß man unter 9Jienfd)en eben fo biel Eintracht unb Drbnung fanbe, alß unter dienen unb Bibern? Söenn bie ©roßen ber ^rbe erfl alle bemutfjig , ge= nugfam, liebreich, fanftmutljig, friebfettig ; wenn ße alle wahre (Eßrißen waren; wenn ©ute, ‘Sreue, @e* red)tigfeit ftd) fdjweßerlid) einanber fußten; wenn SciemanbeinemanbernUnrecht tf)dte; wenn jeber fein ehrlich berbiented 33rob ruhig berühren tonnte; wur* be alßbenn nid)t ein gülbeneß 3C|taitcr eince allgemein nen griebenß dnfangen, würbe bie (£rbe ntd)t ein SÖilb Deß Jpimmelß fetjn? QDoarlid) ber gute ©ott ifi nicht Sd)u(b an fo btelen Uebeln in Der 2Belt, wor* unter ber Ärieg eines ber fd)recflid)ßen iß; er fann fd)lechferbings fein SBohlgefailen Daran höben; bieß fonnte bie 7(bfid)t nid)t fet)n, warum er eine 2£clt fdjuf , unb o, wenn wirb tue Tibjidjt erreicht werben, warum 3efuS in fam, uni5 welche @ngcf

bet) feiner ©eburt anfunbigten ; ^rtehe auf !£k» fcen!

2(uß hem (Shriflenthum werben wir alfo gewiß mehr ©runbe tvibec alö flfc Den £rieg erwarten; unb werben bringenbe Umßdnbe, wichtige (£in» fchrdnfungen fetjn muffen, unter welchen einen Ärieg billigen, ober bielmehr berfiatten foll. (Jirt Ärieg, weld)er nach her ieljre Des Qibangelii entfchuls biget werben fann, muß ein not^wenbiget unb ge» tecbtec, ein 33ertheibigungßfrieg fet)n. Daß Üied)C her Statur erlaubt jebem einjelnen^Kenfcben bie 9?oth«

wefw

III

©er im Ätiefl«.

roeljt unb ©elbftoertbeibigung, wenn er geroaltfamec unb roiberrecbtltdjer roeife öon einem anbern angegtif* fen n>irb* ©er &rieg ift bie Stotljroehr eines gan&rn SßolfS. 3Baö foü es tfjun, roenn ein ungeredjtec geint» Eingriffe in feine 9\ed)te unb T3ejlhungen f^ut ? ©6 roirb ficf> freilich genotf)igct unb gelungen fehen, ©eroalf mit ©eroalt jurudjufchlagen. Tiber foü ber Ärieg gerecht fetjn, fo roirb auch erforbert, baf? fcor= her jenem feinbfeligen $3olfe fein TCniaO $um Angriff gegeben mar bah alle mögliche frieblidje Unter# hanblungen eingefdjlagen mürben, bas tBtihoerjtanö* ntjj }u heben unb ben Ausbruch bes Krieges ju hinbern-^ ba§ man ftd) auf alle Tirf gegen ben geinb ftd)erte bah man Perfuchte, ihm mo nicht ben 2Giüen, hoch bie SJtacht, uns ju fchaben, ju benehmen unb bah man ihm im Kriege felbft nicht mehr fd;abe, als es bie eigne ©icherheit forbert. vüSibcr einen folgen Ärieg hat bie SSernunft unb aud; bie Üteligien nidjtS. Unfec ©efü()l bon ütechf fagt uns, bah in einem folgert galle fogar bie <Pflid)f eines jeben SJiitburgerS ift, fein leben für feine trüber ju (affen, unb auf eine ebelmü# thige TCrt ju fterben, bamft je&t lebenben unb fünftigen ©efchled)tern , unb öielcn taufenb SJtenfchen, ihre 9vuf)e, greiheit, ©efelje unb fKechte erhalten unb ge# fichert roerben. Tiber bie ©timrne ber Statur unb bes ©oangelii erhebt fid> miber alle eben fo unnötige als ungeredjte Angriffs Kriege, welche aus funblichen Steigungen unb Tlbfichten angefangen unb fertgefef$C roerben, roie jte leiber grbht?ntl)eils bisher ftnb geführt roorben, unb noch felbfi unter Shrijten geführt $u roers ben pflegen; ftc Perbammen jeben ^rieg, roelcher bloß

burd)

112

SDer ©Ijvift im Kriege.

t-iirtf) ben ©igenftnn ober bie ©roberungsfucbf eines ©injigen angefangen, ti>eld;cr nid)f »om ganjen Bolfe gebilligcf/ unb auf eine unmenfrißidfe 7(\ t geführt wirb, döie rnenige Kriege werben julaffig fet?n , wenn fle an tiefen <probterßein gehalten werben ! 2£tld)e ©trbme tton 5)}enfd)enblut ßnb feit jefjer eljne Stoff) »ergeben worben, unb fcbreqen, wie Tlbelö Blut, jum JjMnu me( ! Sßie febr ift es ju bebauren, baß es überall nod) Urfadjen jurn Kriege giebr, wie fefjr ju wunfdjen, baß bas menfd)lid;e ©efd;letf)t enblicf) einmal bte^or* £eit einfefjen möge, beren es )7d; burd) SDtorben unb Blutvergießen fd;ulbig madf)t!

iDcmi bet 2\tiec$ i|? eins bet fcbrecF Itcbflcrt UebeL ©djrecflid) in feinen Ürfadjen, unb fd>recf* lid> in feinen SOBirfungen. £)ie gembl)nüd)cn Utjrt» eben bes Kriegs ßnb gewiß nicht immer ©ereduigfeit unb 9ftenfd)enliebe, fonbern vielmehr 3in‘n/ @tolj, Otad)fud)t, ©ci($, Un»erfol)nlid)fcit, ©roberungS» geift alles »erberbte Steigungen bes menfcblichen JjperjenS, welche in Familien ©treit, 3anp unb ‘Pro« teffe erzeugen, unb unter ganjen Boifern bie $acfef tes Krieges unb ber 3i»i*trad;t anjünben. £)ie ©of« ter ber ©rbe ftnb oft ben ^eibnifdjen ©oljen ä§nlid) gewefen, wc(d)c ftd> noch »on ben niebrigjten leiben« fd)aften befperrfd)cn ließen, ©ine Äleinigfeit vielleicht bringt jTc in 3orn, welcher niemals fljut, was »ot ©ott recht iß, unb taufenbe »on unfcbulbigen 9Jien« fd)en muffen es alßbenn entgelten. O wenn werben bie fKegenten ber Bolfer aufljbren, mit bem leben iT;ret Untertanen jit fpielen, unb jle wie ©d;( adjtmefj,

ol^ne

im Kriege. 1 1 3

e^nc brirsgenbe Urfadje aufjuepfern ! ©ewi§ ber 'KlU mächtige muß auf .Svriegführenbe £?me mit eben bettt Sftitleiben herabfef)en , clö mir auf einen 2(meifenf)au* fen bliefen, bie ftch um ein ©tücfgen (£rbe janfen. > ttnb welche fcfjrccrlicl;e XVivfcimgm bes kriegest SCelche befwüjtungen richtet er an ! ©S ifi ein ttnge* heuer, unter beffen gußfritt blu^ert&e ©aaten un& fruchtbare gelber pcrwelfen, bas bie gacfel ber %mit* tradjt in ber Jpanb, £)orfer unb ©fdbfe anjünbef, bie befle $ftannfchaft eines SSolfS ju taufenben mor# bet, Sßitfrcen unb 2Baifen Jßrdnen kes Jammers in bie 2fugen jwingf, unb nichts als ©enb unb Job itt feinem ©efdge hat. SBas ift bet’ $rieg anbers als eine ÖOßiffenfchaft , bie SKenfdjen nach ber $unft 51t morben? betrachtet ein ©chlachtfelb , eine belagerte ©tabt, eine mit ©türm eingenommene befiung. SCBelcheS tXftenfchenherj fu^lt nichts bep bem 'KnblicS Dieler taufenb ©etobteten ober berraunbeten , welche mit fraglichen ©timmen Pietteicht ißre Ueberwinbec noch um bie graufame barmherjigfeit anjTeben, tattert ben lebten ©toß geben, unb ihrem feiben ein ©ube ju machen? ober einer großen unb blüfjenben ©tabt, welche in wenig 'Jagen burd; ben Bonner bes©efchühes pon ©runb aus jerjlort wirb? ober einer eingenom* menen ©tabf, in welche mit ben©iegern jugleich ö«S fafter feinen ©injug feines TfrtcrS, feines ©e* fdjlechts gefchont wirb, ruhige unb unfchulbige be* wo^ner unter ben ©treidjen beS wilben Kriegers (Ins fen, Dfeiche geplunbert, Jungfrauen ^efcfjdnbet, unt> öüe ©efe^e ber 9D?enfd)(jeit unb Ovcligion mit güßert getreten werben? 0 es müßte ein ^»erj harter als gweittt Xf)<iL ©tein

ii4 ©er 0>ri(l im Kriege.

Stein fenn , weldjeß habet) ungerührt bleiben weifte 9Kan fann fid) nicht ermäßen , wie jur Q^efl^cit, bie Daoib über fein $>off brachte / mit if>nt bie 3'rage ju tbun : maß Ijaben benn Diefe unfd)ulbige ©d;aafe ge# t^an?

■3ftan trenbe mir nid)f ein, ba§ ber^rieg aud) fein ©ureß ^abe, ba§ er ein Mittel fet), ganje 93olfer auß Trägheit unb Schlummer ju werfen, ihre Ärdfte jur ^batigfeit ju fpannett, i()nen neue ^enntnijTe unb ©efe^e jujufu^ren , unb mancherlei) (jeilfame $}erdn» berungen unter ihnen ju bewirfen. Die QSorfehung weif freilid) nach ihrcr allmaleenben ©üte bie $el)ler ber <5ftenfd)en jum ^23cflcn ju lenfen, unb auß bem CSofen ned) efwaß ©uteß heworjubringen. Tiber ei« Uebel, baß meift auß fofehen giftigen Dmcllen flicht, unb foldje fchauberbafte^emn'ifiungen anridjtef, fann nimmermehr beßwegen gerechtfertigt werben. Der ^rieg ift unb bleibt allemal eine furd)terlid)e fanbpla# ge; aud) bie jlegenbe <Parf(jet) haf immer habet) gro# fern Seeluft alß ©ewinn; nod) lange wirb her Staat bie €rfd)opfung Pon Kräften fühlen, bie er haben ge# litten hat, 97ur unter ben Segnungen beß $riebenß fann ein $3olf bluh^nö unbglurflidj werben; ba treibt jeher feine ©efchafte in Üvuf)e; ba ifl Sicherheit ber «Perfon unb beß ©igenthumß; ba blühen fünfte, 5Biffenfd)aften unb bie .ftanblung; ba ^errfcf;t wahrer SBof)lftanb unb iebenßgenuf.

faffet unß nun noch fefjen, wie (C^rifien ftc b im Z\negc vergalten jollen» $Ö3ir mujjen aber

hier»

£Det im Stiege* i 1 £

/

hierbei) öuf biejeniqen fe^en, wefd)e bie Wad)f ^df>er)^ einen j\rieq an3tlföngefi, ferner auf Die, welche i^tt führen, unb enblid) auf Die, welche barunfer labert»

tEctcfye Krüge att3ufartgert (tnb, bas fte()e£ meifenS bet) ben Siebenten unb ihren ©taatSniinb (lern, bas mu(j alfo ihrer Klugheit unb Q3eran(wots tung überladen werben, unb barübet fönnen biejeni* gen feiten tid)tig urt^eifen, weid)e um bie ©e^eininlffe bes (Sabinets unb um bie geheimen 1£tiebfebern einer Äriegserflärung nichts ober nur wenig wiffen. Tiber ber$ür(l, welcher ein unb ein $3atcr feines

93olfs ift, wirb (Ich gewifj in feinen anbern als jioefj» wenbigen unb gerechten Ärieg einfaffen, er wirb alle mögliche Drittel jur (Erhaltung bes3riebenst>erfud)en* er , befjen Q5efehl bie ©eele ganjer flotten unb livf hieenifl, wirb bebenfen, baf bas leben Den kaufen* ben/ ba§ baS CCBo^l ober 3ßefje ganzer ianber unö Golfer t>ön feinem (Entfcbluf abf)ange, unb wie fehr er (Id) felbfl t>erf)a(jt mad)e, wenn er übereilte @d)ritte thut, et wirb nie ohne ober Wo(;l gar wiber ben $ßtl= len feines 93olfs einen ^rieg anfangen, unb bie aufs fet(ie 3Behmuth empftnben, wenn er gehoff)igC wirb/ feine Untertf)anen juben 5Gä(fen Ju rufen. 2Gie wid)» tig i(t bafjer bie Ermahnung beS heiligen Paulus: ©o ermahne id) nun, baf man thue Sitte / baf ©oft in ©naben bie allgemeinen ober befonbern itebel t>on uns abmenben wolle, weld)e uns 5)Ienfd)en wegen un* feret ©ünbe treffen, unb worunter befonbers ber^rieg gehört; (Bebet, baß ©ott alles bas ©nie unsfehen* fen unb erhalten wolle/ weld;es ein glüdfeliges leben

3 öuf

ii 6 ©w'©jrifttmÄ««ge.

auf ber @rbe außmachf, unb worunter 6efonbcrg bet4 $rirte als eine ber größten <vCBof)lc^aten ju rechnen ifl ^ ^üfbitte, t>afi ©ott nid>t nur unö, fonbern auch anbern tiefes alles »erleiden, unb oon ifjnen biefe He* bei ab, tiefe ©ufer (;uwerben wolle, wie Tlbra^ant für ©eborn bat; £)an£fagung, tob mir bein Jg>crrrt für tie befonbere $ulb taufen, wenn wir fcerfdfont bleiben, wenn uns jwar ©cfafjren trogen aber nicht treffen, wenn tie gan;e Sa fl bcs Krieges nicht fofehwer auf uns fallt, als auf unfere (citenten Sftitmcnfchen, unter welchen ter ©diauplafc beffelben aufgefd)lagen ifl unt bas alleg juerfl fite alle fcnenfekert aud) für unfere 0einbe, alsbetm aber aud) für 2\omge unt ifjre Unterobrigfeiten tenn fie fmt um tcc 53?enfd}en willen ta, fie feilen tie ©djubengcl beß Volte fetjn, follen bie ©efefee hanbljaben, feilen baö Sanb fehlen; fie haben eben beßwegen fo nielcß 'Knfe, f>en in ber SEBelt, aber auch niele bruefenbe laflen, heilige Pflichten, fdjwere Verantwortung auf fid), unt wie fonnten wir alfo gute Unterthanen fetm, wenn wir nicht beten wollten, bah ber Tlüerhocbfle fie, bie am Üvuber bes ©faafß fi|en, mit wahrer 3BeiS* heit ausritfien, fie aus uerroiefeften Sagen herauS^en, fie nor unnbthigen Kriegen bewahren, ihre ^erjert Juni ^rieten binneigen, unb wenn fie friegen mufjert, ihnen bciftef)en unb ter gerechten @ad)e einen balbi=» gen ©ieg verleihen wolle? tag erforbert ja unfere eig* ne fKuhe unb ©lütffeligfeit, Öaitiitwit unter il}rtert ein ruhiges unb (fiUee Sieben fuhren rn^gen in aller (Bottfeligfett unt> Ifiptbatieit* £)as all» gemeine Jöeft* ifl ber SJlittelpuncf, um weld;en fid>

febeß

U7

€F)ttfl im Bridge.

jcbeS noch fo Dcrroicfcffc ©taatöfuftem abwinben, wo= ju jeber baö (Seine Beitragen foll. £Gie fd)recflicB fteljet in einem ianbe auö , wo fein ©efe^, feine Dbrtgfeit mef)r geachtet wirb! Tiber wie wofjl fielet e?, ba, wo 3eBer geroi{fenf»aft feine ^)flid)£ tfjur!

$BaS follen aber bie thun, welche bcn .^rieg futtert ? SBorinne beflcljt bie Pflicht ber ©otbafen? $uf biefe gragc fann man nicht fürjer unb beffer ant* roorten, als was Johannes felbfl einmal auf fte ant* worte e: (Lfrut ntemanh (Gewalt noch Unrecht unb laffet euch begnügen an eurem ©olbe ©o lange ber .Strieg ein notf)wenbiges Uebei tfi wegen beS SSerberbenö ber ^ftenfeben, fo lange nod) geroalt# fame Mittel gebraucht werben muffen, ungerechten SDienfcben 'Sßiberflanb ju tf)un : fo lange ifl auch ber ©olbatenßanb nolbwenbig , unb er muf? uns ehr« würbig werben, wie fern man ifjn nicht auf ber ©eite betrachtet, wo er wegen feiner 2iusfchwetfungen unb 9ftijjbrduche öerfja§c ifl, fonbernoon ber, wo er für bie (Sicherheit unb fRufje ber übrigen ©tänbe wacht. ©ö ift ba^er fef^r leicht entfehieben, ob ein (S^rifl mit gu« tem ©ewiffen ein ©olbat fepn fonne? ©er befle (S()rift i(l auch ber befle Unferthan unb ber befle ©oh bat. SCßenn er aufgeforbert wirb, fein SSaterlanD ju bertheibigen, fo wirb if>n feine Uftenfcbenlicbc mit djriftlichem .£elbenmutf)e befeelen, feine Waffen jufül)« ren, benn er greifet mit Vertrauen auf ©ott unb eine gerechte ©ache, unb mit ber Hoffnung einer fe* (igen Unflerblichfeif. 5Cirb er fiel; aber aud; in ei«

3 neitt

*) £«f. 3/ »4*

i t 8 ©er Cfjrifl tm Kriege,

rem ungerechten Kriege gebrauchen la^en, wirb et? gegen einen gonj fremben fteinb, ber fein 33aterfanb ri-Tt angreift, fireiten bürfen? bebaute beti ^ttenfchen, bir in biefe läge fommt, unb bcm ^nmn* ge ber eifernen 9ftorl)wenbigfcit nicht rcibeiftefjett fann. (£r i)\ einer non benen, welche im 2\ricge leibeit, unb für we(d)e ich feinen anbern ‘Srofl weif?, als bah bed) altes unter ber Oiegierung ©ottes unb feiner 3l|la|Tung ftel)e. 93jir fetjen freilich bie Ur« fachen nicht ein, warum alles fo ift, unb warum ©ort fo oiele Hebel juldfjt. Tiber wir wollen uns in allem $u ihm wenben, uns Dorthin bemufbigen, alles Anliegen auf il;n werfen , unb Den Tluffchlufj in ber (Jwigfeit erwarten. 2öir wollen uns vot? SSftenfdjenhaf? unb Oiachbegierbe hüten, (£s ifi ba= f>er and) nid)f ju billigen, wenn in unfern Äricgsge» beten bie unchrtftliche ©pradte l)errfd)t, bafj ©ott linfere fteinbe ansrotten, ober ben iSßaffcn gliicflicbeit S'ort taug geben wolle, ^enn bas l)ct(jf immer bodj fo rief, bah ©ott feinen ©egen geben wolle, bafj Viole raufenb ®ienfd)en gemartert, gelobtet ober »er* flümmelr werben mögen, (£ben fo wenig mochte es ©ott gefallen , wenn wir if>m ein ^cbeutn, einen fobgefangnach erfochtenem ©iege anftimmen. »Denn fcas boch in Dielen fallen nid;fß anbers, als ©oft banfen, baf? er feinen ©egen jum QMuföergieffen unb unmenfchlid)en ©raufamfeifen gegeben habe, Tlbev bußfertig bemuthigen follen wir uns , baf? unfep ©efd)led)t nod> fo verberbt ifi, baf? eine 97otf;wehr Votf)ig wirb; bitten wollen wir ©oft, baf? er bie $K«n(d;en bcfc^vcn wolle, bamit man nicht nethia

©er (üljrifKm Kriege* 119

fjabe , jTd) gegen fle mie gegen Diaubfbiere ju pertfjei« bige«; beten rooüen mir, ba§ bie 3ftenfcben ju ber (£rfenntni§ bec 5Q3a(jr()eit fommen, tute unnnturlidj fep, $rieg ju führen; beten wollen »vir, bajj tvitr unter bem 33et)flanbe feines ©eijteß im Kampfe gegen öüe bofe SÖegierben ben (Sieg bafcon tragen, unb enb(id) nad) Poöenbefer ^rufungSjeit in bie $ßof)nun* gen bes ewigen griebens fommen, wo feine ©unbe unb fein ^rieg mefw fet;n wirb. Tfmen.

S) 4

Siebente

T20

Siebente ptebtgt*

©cOdblidje geigen t>e$ 2upu$.

V_Aoßer ©cfjopfer unb Jperr ber SCßcff! ber bu aU leß mit f)6d;ßet CCGcißljeit unb ©üfe regierß, unb gan« jenianbern, fo rcie einzelnen Sftenfdjen, if>r geredj* teß ©djicffal beßimmeß, mir merfen unß mit 5)emut^ unb ©(jrfurdjt vor beincr pjjajeftdt nieber, unb beten bid) alß baß ßocbße fefigße Sßefen an, in meldjem mir leben, meben unb ßnb. ^u gönneß unß, bei« nen vernünftigen ©efdjepfen, mie ein gütiger Vater feinen geliebten Äinbern, fefjr gern g-reube unb Vers gnügen, benn bu biß eß, meldjer unß unjafjlige nie verßegenbe Cluellen von Vergnügungen aller Tlrt, geis fligen unb ßnnlidjen, jeitlidjen unb emigen, gegen« mdrfigen unb jufünftigen, geofnet (i>at. 9?ur milfß bu, baß mir im ©enuffe berfelben mäßig fepn, baß mir beine SÜ3oßff()aten nid;t mißbrauchen , fie nicht in ber Vefriebigung unferer fünblid;eniüßeunb unerfätt« licf;en Vcgierben verfdjmenben feilen.

SÜ3ie unbanfbar unb [eidßßnnig aber geljen bic mehreren mit beinen ©üfern um? 505ie vermanbeln fie (ich burd) Mißbrauch baß inglud), maß für fic ©egenfepn follfe? 28ie wenig bebenfen ße ben großen jjmeef, moju ße erfdjaffen unb erlofet ßnb? £Bio fd;rdnfcn ßcß alle i$re Sßünfcf)e meißentßeilß bloß auf

biefe

1 2 1

©<$äb!idje folgen t>eö 2upu$.

f>iefe (Erbe unb bie 0inne ein, fo, ba§ fie btdj unb ftd) felbfl barüber Pergeffen? 3£ie oft genießen mit: (Erquicf ungen, mdjf in ber 2lbjtdjt, uns jur Sollen* bung neuer, ebfer SBerfe, ober jur (Erfüllung unferet *Pflid)ten ju Warfen, fonbern unferm auöfcbmeifenbett dpange nad; SBollufi unb ©innlidjfeit genug ju tf)un? SEBie oft $ief)en mir bas ©efdjopf, bir, btm 0d)6= pfer Por? £)u bifl unfer 23afrer; aber mo ift beine (E§re? S5u bifl unfer $err, aber mo furchtet matt feidj? ©elb unb 9?eid)tl)um, «fpoljeit unb Sljre, 9Bol* luft unb (Eitelfeit baS ftnb bie ©o($en, bie mir am meinen berebren, unb roorüber mir bid), bas §bd;fte ©ut, aus ben tilgen perlieren.

©rojjer ©ott, uberjeuge uns bon ber Strafbar# feit unfers $3erl)altenS , menn mir nid;t in allem bet= nen SEBillen tljun, fonbern unfre eignen perberblidjett SEßege manbeln. l5Jlodjten mir bor ben traurigen §ol# gen jittern, roelcbe ju grofje SEßeltliebe, ileppigfeif, 23erfd;menbung, unb ein eitles lafterfjaftes leben r.ad) ftcfp jie^en ! E0l6d;fen wir ben SEBeg perlajfen, ber uns bem Untergange unb $>erberben entgegen fü^rt! O ©ott, le^re uns felbfl bas gegenmdrtige leben fo ge* niefjen, bafj mir barüber nid;t ber jufunftt’gcn 0eligs feit oerluflig merben. SEßir ftnb ja nicht für bie furje Pergdnglidfe lufl ber (Erbe unb ber Sinne, mir ftnb für bie geiftigern greuben einer grdu$enlofen (Ewigfeit gefdjaffen. tiefer ©ebanfe ermuntere uns, mit eis wem ebien ©efüfpl unferer SESürbe alles ju peracfjten, maS uns biefeS grofje giel Perbunfeln, ober uns pon ifjtn entfernen fonnte; er ermunrre uns, ben ©runb |u einem ©lüefe ju legen, bas, mie unfer ©cifl, Pott

«h 5 einer

m ©djdblicße folgen t>c6 8ujm$.

einer ßoßern Statur, unb pbn einer ewigen '•Dauer ift, lettre unß in allen unfern Umfldnben unb $>erßdltnif» fen ebrifllict) (eben, bamit wir felig fterben fonnen, Unfer $3ater :c.

§i?t: 3ef. 23, 8. 9*

5ßer fjdtte t>a$ (\emepnet, t>a§ e££pro, ber ftrone, fe gelten foÜte, fo bod) ißreft’auf* leutc gürften ftitb, unb ihre ftrdmer bie fjerr# Itcfjticn im£atibe? ©er Jperr3ebaotf)ljat$ aU fo qebacf)t, auf baß er fd;rodcf)te alle ^raeßt Der luftigen @tabt, unb berdcf)tUd) machte alle Jg>errltcf>ett un £anbe*

Jpaben bie ©efanbüen beß Jperrn, bie ©ienet? ber üteltgion ju irgenb einer 3°^ / ober an irgenb ei« nem Orte, Urfacbe gefpabt, oor bem 9Jtißbraud)e uni) Dor ben fei db'id;en ß-ofgen einer ju großen SSerfeine* rung, per cu-er herrfdienben ©inniieffteit, bor 2Bol» luft unb ^runfenlpeit, bor 0d)welgeret), bor Kleiber« prac^t , bor üeppigfeit unb 23erfd)wenbung ju war» nen, unb ifjre 0timme immer lauter wiber ben Un# glauben unb baß lafier ju ergeben: fo ift gewiß jejt unb in biefer, fo wie jeber atibern großen Äonigß? unb $anbelßftabf , wo jwar .fünfte unb 'SUSiffcnfcbaften, Jpanblung unb ©ewerbe blußen, aber wo aud) Ueber# fluß unb SKeidKßum fo maneße Unorbnung jeugen, welche ben ©itten unb ber waßren SEßoßlfaßrt gfetd) gefdtir(icf) wirb; unb wo felbft bie mittlcrn , bie nie# bern ©tdnbe in ©efalpr ftnb, mit ben ßölpern jugleidj

©chäblid&e folgen Supul 123

Von bem einreiffenben ©trome verbevblicher ©runbi falic unb <53en>o^nt)eicen fortgeriffen ju werben. X)ie Klagen über ben Verfall unferer feiten finb nicht alle« mal übertrieben unb ungegrünbet. 2ßie hebt nicht wirflid) ber Unglaube fein *$aupt jejf immer freveln« ber empor! unb welch ein ^»eer von ©unben ifi in fei« nem ©efolge'. weldje Bugeüofigfeit ber ©itten! wel« d)e ©leichgultigfeit gegen bie Religion ! roeld;e @nt« heiligung ber ‘läge beß Jperrn! weld)er 9J}i§braudj beß ?7iamenß ©otteß unb 5>e|u (Epriflc ! weld;e 55er* ad)tung ber Obrigfeit unb ber ®efe|e ! welcher Jjpang $u üftuhigaang . §u ©telfeit unb ju QEßolluften! . Strang bie ©timme beß ©ittenlefn’erß fo flarf unb oft, wie beß ©chmeicblerß, ju ben Ohren unb J^erjen ber ©rohen unb Vornehmen : fo würbe man fic freilich juerft von bem Qjirfluffe überzeugen muffen, welchen i^r Verhalten unb 35eifpiel auf bie 53ilbung ber ©it? ten beß großen Jpaufenß haben. Tiber fangen alle jene Uebel fchon an, mit 9ftacht bie anbern ©tanbe ju burebbringen, fo wirb unfere <J)flid;f, mit ©fec bafur ju warnen. £)ic Äünffler, bie Äaufleute, bie Jjanbwerfer, unb alle anbere SDütglieber ber ©efell« fchaft, roeldje jur fogenannten ?Diittelflaffe gerechnet werben, jjnb eben, bie bureb i§r SRadjbenfen, burch ihre Tlrbeifen, burch itjr frommeß tugenbhafteß ieben noch 5ßol)lffanb unb ©ittlidjfeit in einem ianbe erf)a(« fen. Tillein, werben auch biefe verberbt; h^rfcht unter biefen ffaft beß glei§eß gaulheit unb 9JKi§ig=* gang, ffaft ©parfamfeit 55erfd)wenbung, flatt £>es muth ©toljr ftatt (£ntf)altfanifeif unb 9Jtä§tgimg Sßoliuff unb Tiußfd;weifung ; bringt greqbenferci) unb

Oiflf«

124

0djöfc!icfje folgen boö £upu£.

SKeligionßfpott , ©otteSbergeffenfjeit unb ieidjtfinn,, ouß ben^Paüaffcn brr ©to§en unb {Reichen enblid) biß $ur ,£>üftc bcß lanbmannß, ober biß ju ben SSBerf* ftdtfen ber ‘KrbeiCSleute : alßbann wirb baß ganje 93o(f unglüdlich, alßbann nähert fid> ein ganzes ianb, ober eine grofje blüf>enbe ©tabt, mie 'Spruß, beut Untergänge.

Der 3l|ftänb unb baß ©d)icffa( bon 'Spruß, bie* fcr eljemalß fo berühmten Jpanbelßftabt im grauen TU' terfljume, mirb bom ^ropljeten 2>efaiaß in bem Äa* pitel, morauß unfer ^epf genommen ift, auf eine fef>t marnenbe 7£rt für anbre folcbe @tabte befcfjricben. 2>l)t ipanbef gieng beinahe über bie ganje 3Q3elt , unb fte mar ber ?Uiarftplaj ber Golfer, ^bre Äauffeute maren an Oteicbflpum unb Jpofjeit ben durften gleich, unb felbft iljre gramer fonnten mit biefen metteifern. 21üein, maß f)atte biefe Jj?errlid)feit für einen 2(uß« gang? 5Bie if;n jebe ©tobt, jebeß ianb fjat, beffen @inn>of)ner auf bem ©ipfel beß ©lücfß gleichfam bom ©d)minbel ergriffen merben, bie fid) im ©enuffe unb ©ebraudjc if;rer DJeicbt()ümer nid;t mehr ju mäßigen miffen, unb bie in ifjren (2BoUüften in j?d) feibfl ermaf* ten. 5Bo ift ein Tlttjen ? ein 23abplon? ein ^ferufas lern? ein alteß Oiom? £Ö3o ifl noch eine ©pur bon Sfcoruß? (£ß mürbe $U jmep berfchiebenen malen bon ben QBeltübcrminbern, bem f)?ebucabnejar, unb bem ^llepanber belagert, eingenommen, bermüftef; unb felofj bie ©efd)id)te f)at if)ren Sftatnen aufbeljalfen, um ber 9?ad)me(t a(ß ein $$orbilb bon bem 3l|ftanbe unb ©chicffale einer ober ber anbern@tabt ju bienen *).

2(e(jn>

*) Offenb. i8>

125

0cMMid>e folgen bcö Sttfite.

Tlcftnlidte tlrfadien, meine ^nfpcrer, Bringen ähnliche 3Birfunaen hervor, unD bie ©eredttigfeit beö ,£>6chflen belegt immer gleiche ©unben mit gleichen ©trafen, ober vielmehr jebe ©unbe wirb tf;re eigne ©träfe. Qßenn idnber , wenn ©tabfe gfeidjfam bie hochfle ©tufe tn ^imflen, ©emcrben, 33erfcinerun» gen unb 9veid)tl)umern erfliegen Ratten , fo mürben bie Ctueüen i^reö ©litcf'S zugleich bie Urfacben ihres 33er* falte unb Unterganges 3Bcr ernennt nid)f in ^ruß, biefer Ärone, biefer Königin unter ben ©fabfen ba» maliger fyit, fo mancher jefeigen großen

©tabt? ^ann in ©futiben bes Sftach* benfenS ber §rage nicht enthalten: maß mirb julejt auß bem gefefedftigen Bonbon, auß bem verfeinerten fParis, aus bem fioljen Diom, aus bem großen (Sairo aus bem reichen iinia unb <Peru werben ? freilich ift biefeS'rage fefer leicht mit bem Untergang ber 3öelt be* antwortet, wo alle ©rofje unb ^»errlichfeit in if)r vo* riges SRichtö jurücffinlt. Tiber felbfl noch vor btefem groben Auftritte ijl möglich, ba§ bie ©efchicfjte ferne© ^algthunberte mand)en biefer STamen, wie ein ItpruS ermahnt, ben hoffen Umfturj bie 2öelt voll ©fiaunen fragte: TOOer^ätte bas geme^net, t><x$ es (Eyro, bet 2\rone , jo gelten jöUte ?

TlUein, labt uns biefe fuljnen QMicfe in bie ferne ßufunft befchranfen , unb nur bet)m ©egenwdrtigen, bet) uns felbfl flehen bleiben, ^ieaufgcfldrter bie Beiten fmb, in benen wir leben ; je mannigfaltiger bie CUtel* len bes Ovetchthumß unb ber Nahrung fmb, aus be* nen wir Bequemlichkeit , Vergnügen unb Unterhalt fd;opfen ; je grofjere $)inge wir um uns fehen, bie

ti6 (SdjdDlidje folgen t><*3 $u)ru$.

uns mit trugerifdjem ©djein blenben fonnen ; je grof< fet* bie Vorzüge ftnb , bie wir bejahen, befto großer finb auch bte@cfa(jren; befto nötiger wirb bie'])flid)C ber 26ad)famfeit , beflo btingenber bie (Ermunterung, uns nid)t ber 2Belt gleid; ju (teilen. ^d) f;abe mir ba^er jejt Porgenemmen, non einer ©ad)e ju fpreeben, welche gewiß, nach bem Vebütfnifle unfererSed, felbfl in bie Äirdje unb nuf ben ie(;rfluf^l gehört; Pen einer ©ad)e, welche ben Umfturj eines je$r fo nilgemein an* gebeteten ©of}en ber ;i&elt betriff, bem (lohe unb $tie* brige fjulbigen; Pon einer ©ad')c, weldie einen grof» fen ©injtufj in bie Qßofjffa^tt, ober buö Unglücf nid^f nur ganzer ©efellfchaften unb $amilien, fonbern autf) einzelner S7?enfd)en f)m; Pon einer ©ad)e enblirf), weld)e baS £ßad)öthum bet ©otrfcligfeit unb Sugenb hinberf, unb baS iafter begünftiget, unb biß alfo, mehr ober weniger, ©ud) alle angelet,

SSon beti fcf)dblid;eti folgen be$ £tij?u&

er fl muß id) jeigett, tt)dö ßuyuö ifh tllöDann, m$ für fchäölidje folgen er Ijdt*

^ebe 3‘Cfhe unb jebes Vergnügen bes Sehens jebe Tlusgabe, jeber ^fufwanb, ber nidjf eigentlich, Weber für uns noch 2(nbere, gl ben tiOfbroenbigltert S5ebürfniffen, fonbern gleid)fam $u ben Ueberflüßig* feiten gehöret, beren wir wohl entbehren fonnten ; jebe Verfeinerung in ben ©egenftdnbenj unb greuben ber ©inne, jebe Verfcßonerung ber 5>7atur, ber SOtenfmeH, ber ^h>erc &urd; &‘e ®3wfe ber ^unfl , jebe Verwen*

bung

127

©chablüije folgen Ui 2ujtu&

bung beS 9teid)fhumS unb Vermögens auf'Singe, bie ben ©efdjmacf , bie 5£ol(ufl unb (Eln'begierbe reihert fonnen: furj, alles entbehrliche in bem, mas uns Nahrung unb Vergnügen Perfchaft, wirb mit einem fd>on längft eingefaßten gangbaren $3orre JLujriiö genemet. @S fa alfo em 3Bort Pon einem meitlduf« tigenQ3erfianbe; ein &ort, bas in einem guten, aber oud) fcflechten ©inne genommen merben fann, unb baS etne'Jugenb unb ein iafier jugleid) anjeigf. £)amit mir bie ©ad;e nicht einfeitig betrachten, unb feine un« billigen ober unbefugten Seichter ju fenn fdjeinen , wollen mir juerjt einige Umfidnbe auffuchen, unter meld;en ber iujrus erlaubt, unb empfehlungömütbig ijt, e^e mir iß* unter bem ©eftd)töpuncre PorfMen, unter melchem mir ©ud) beute bafur roarnen, unb trt meld)em er nicht mehr unfcbulbig unb erlaubt, folglich tiid)t moßthdtig, vielmehr fdjdblid) mirb. £)as mirb uns in ben ©tanb felgen , fo t>iel als mogfitf) ifl, bie ©renfanien ju be^eidinen, mo (Id) bie gute ©eite beS iujruö pon ber fchled)ten fcheibet, unb mo er als^fadjf ju empfehlen, ober als Hebel ju permerfen unb ju per* meiben ifa

SüSenti ber Sftenfd) einmal fmnlid), unb nidß nur ©eift , fonbern and; Körper ifi ; menn fo man« dje nit|liche ©tfinbungen, fünfte unb ©efeffafte bie* fet ©innlichfeit beö ^enfdjen , biefer feiner Regier* be nad) Tlbmedfaelung , Vergnügen unb 33equemlid)i feit ihren Urfprung ju banfen haben, menn es ein» mal ber 9ßorfel;ung ©oftes aus meifen Tlbftcßen ge« fallen hat, Sleiche unb 'Hrrne in bie SEelt ju feßn, roopon biefe für jene arbeiten, unb fo für 5ftüpiggang

unb

eis 0cf;at>licT;c geigen SuyuS*

unb gaulßeit Bewahrt werben , unb jene biefen Unter* half unb Effaßrung t>crfcf>affen ; wenn wir befugt ffnb, uns von ben grüdffen unferS g-feißes ein erlaubtes Vergnügen ju mad;en; wenn bas (Eßtiffentßum uns bie ©aff fretjßeit , bie SOßerfe ber SÜßoßltßatigfeit unb *ffienfd)enliebe empffeljlet; wenn wir für bie fdjicflicfee (Erjießung unferer Äinber forgen, wenn wir nad) ber einmal eingefüßrten örbnung unter ben ©tanben itt ber$£Belt, eine mit gewiffen 33ebienungen verknüpfte SßBurbc behaupten/ unb um nicht ganj fonberbare QKenfdjen ju fd;einen, uns nach ber jefeigen feßr weit fen (Einrichtung ber ©inge, fo Viel als cs oßne SBer* Jefeung höherer $)ffid)ten gefd;e$en kann, bequemen muffen: fo ffnb alierbingS gewiffe Ausgaben , fo iff ein Tlufwanb nbtßig, fo iff ein gemäßigter lujruS SBoßltßat unb 5>ffid)f. greiiid) braucht ber EDienfdj nur feßr wenig ju feinem notdürftigen Unterhalt* ^Baffer wäre fdjon f;in(ang(id^ für feinen ©urff; £>rob für feinen junger, eine Jjjblc ober ein Sßierfell jut Söebectung feiner SBloße.

3n unferm verfeinerten unb aufgeklärten 3<dfal* ter aber iff feßr vieles, was unfere Sßorfaßrcn entbeßrs ten, für uns wirflid) junt wahren 25ebürfniß gewor* ben, unb ber jefeige fünff(id)e ßuffanb ber 5ßelt iff einer Wafcfeine dßnlid), weld;e gar halb ffoefen wür* be , wenn nur ein ‘Sriebrab fülle ffefjen müßte* SCBir haben gewiß fd)on oft bie (Erfahrung gemacht, baß viele taufenbe von Süftenffhen außer 53rob unb Arbeit gefejt werben, wenn ein gemiffer 9D?anufacturjweig, barinnen ffe arbeiten, ffillc ffeßt: «unb wie ebel ßan# beit ba ber ^enfeßenfreunb, welcher fo viele #anbe

wieber

129

0$öt>lidje folgen bc$ Su):u$.

mieber ju befcftaftigen mei§? Sßlan mufj ganj gemiß ben begüterten für einen 9iiebertrad)tigen Raffen, roeldier bei) ollem feinen UeberfTuffe jurücfljaltenb unb fparfam ift , unb ftatt bem 9ftiftelmanne efmas $u Der# bienen ju geben, unb Jpanbel unb ©emerffieifj ju be* förbern, feine ©d)dlje als einen tobten ©o^en Per» fd)lic§t. 'Perfonen bon gemiffem ©ranbe, unb in einer gemiffen läge mirb es oifo erfobert, einen iljrett (Einnahmen unb bedungen gemogen Tlufmanb ju machen, um fo gleid)fam bie ©afte, moburd) ber Äor* per ber ©efeflfd)aft erholten mirb, in Umlauf ju brin* gen. 3Bie biele .ftopfe unb djanbe finb gefd)dftig, unt für bie Safel, ober bie SBofjnung eines einzigen nigs ju forgen? 2(ber in biefer ©efdjdftigfeit ftnben fie alle ifjten eignen Unterhalt, ©s mürbe gar halb eine Sobtenfttlle jidj über bie ©fabte unb iljre bemo^ ner berbreiten, menn alle bie fünfte unb ©emerbe nid)t mef)t unterflüfet merben follfen , m^ldje für ben Tlnflanb unb bie 3‘erlid)feit unfers ^auSraf^S, unfe# rerÄleibung, unb für bie berfefjonerung unb be-* guenilid)feit unfers lebens eingefüfjrt finb. Sftiemanb mirb auch mo§( in feiner flrengen Sorberung fo meit ge^en, ba§ ber CE^rifl (Id) nur bie Mittel jum fjodjffc bürftigen Unterhalte erlauben, unb (Id) bom ©enuffe jeber anbern nodj fo erlaubten ©rgof$lid)feit enthalten inüffe* £>er ©f;rijHann , oljne fein ©emiffen ju ber* le|en, alles maljre ©d)one unb ©ute in ber £BelC unb ber (jerrlidjen @d)opfung geniefjen, in meldjer er feinen f)immlifd)en bater als einen fo reichen ©eher erblidt; er fann an ben unfdnilbigen Sreuben ber 0e* fellfdiaft tfmlnefjmen, in meldjer er lebt, unb jebe 3»fit«r Heil, ^ dujjer*

*30 ©djdbliche Sollen fce$

äußerliche ©itte annehmen, weldje ber 5Gürbe unb grommigfeit eineß (Einigen tiid)C entgegen ijt, fo (an# ge ec nur Vermögen, 3€<f/ Grafte unb 2BiUen ge# nug befl^et, jtd) unb anbern baß leben ju verfüßen. D^ne Zweifel if* ber Tlufmanb unb bie grepgebigfeit ba am rühmlichen unb nülslicbfien, wo fie ftd) in (£r= bauung von ^ranfen« unb Tirmenf^dufern , in 2(nftaf# ten für bie (Jrjiefjung ber ^ugenb, in bermdd)tnifjen für d)rifUid)e unb wohltätige 3roetf'e äußert; weld>e auf bie weitere Tlußbrcitung beß £f;rifientf»um6 , ober auf bie beforberung beß £ßot)(S ber gefammten 5Jienfd> beit abjielen. Unb meid) 01ucf ift für bie £53c(t, baß noch mand)e foldje cble ©eelen giebf, wie bic sjftaria ‘Sftagbalena, weld;e felbft bie foftbarfte ©albe nicht für ju treuer hielt, auf baß Jpaupt unb bie 3üße beß (Erloferß außjugießen, wenn gleid) ber Unverftanb, ber (Eigenßnn ober 0eih habet) neibifd) fragte: woju biefer Unrath ? D wenn alle 0roße unb 33ornef)# nie in ben erwähnten 2(0fid)ten einen red)t großen 2lufwanb niad)ten, wenn bie begüterten mit ihrem Vermögen jugleid) ein frommeß wof)ln>otlcnt?eö Jperj befaßen, unb mit ber liebe jum ©djonen aud) bie liebe jurn Sftüßlichen verbdnben, unb bet) allen ber# wenbungen auf ißr bergnügen ober ißre €ßre ju# gleid) bie Q^hrc ^er Religion unb baß wahre SCßofjl ifj* rer brüber befotberfen : wer foüfe ba bem iujruß nicht eine lobrebe halten?

Allein, fobalb ber lu>uß auß unreinen D.uellen fließet, auß einem vereitelten, ganj fleifcßlid) geftnn= ten 4?er$en, unb auß einem verwohnten ober verberb# ten ©efehmaef, ber nid;tß fd;on finbef, alß maß auf

bie

@<$«Nic$e folgen teö 131

fcic 2{ußfcbmucfung beß lafierß jielt, fobalb er auf fünblidje ©egenftdnbe gerietet wirb, unfern finbt» fchen ©l)rgei|, ober unfere thierifche Sßolluft ju bet friebigen; fo halb er in Ueppigfeit unb 0d)we(qeret) aueartet, roeld;e ben üftenfcben weid)lid) unb für alles ©einige, ©rojje unb (£ble unfähig unb unbrauchbar machen; fo halb er, wie eine gluth nicht nur ho(m’e/ fonbcrn aud) nieberc @tdnbe überftromf, unb aüett gujluj? ber Nahrung unb ber notfjtoenbigen Q3eburf< ui'lfe erfcbbpft; fo baib er gleidjfam alle .ßunfbe unb Jpanbthierungen in feinen @olb nimmt, ber Dieiigiort unb 0ittenleljre entgegen ju arbeiten, bie Qüinfad^eic ber Statur $u Perbrdngen, unb jebes iafier rei|enb ju madjen: alßbann bleibt er nicht mehr unfchulbig, er mirb unerlaubt, unb fchablicb, er wirb eine $eft für bie menfchliche ©efellfdjaft. freilich haben baruber feit jeher ber djri(tlid)e 0ittenlel)rer unb ber 5ßelf= mann oerfcfjieben geurteilt. 3ener hot ihn mit DJechC bem Cthriftenfhunie unb ben guten 0iffen für fd)dblid> gehalten; biefer hat i£m alß baß befle Mittel außgege* ben, ©elb unter bie ieute ju bringen, unb alle @tdtt= be in Sprung ju fc^cn. Sftan ift fo weit gegangen ju behaupten, ba§ bie $Belt ohne 0unben ber $3er* fchmenbung nicht beftehen fonne; ba£ ein $hc*I 9ftenfd;en baPon lebe, wenn ber anbere lafterfjaft unt) außfdnpeifenb fep. Sftan hat beßwegen f)ohen un& chen SOßoüüftlingen gefchmefd;elt , ba§ jie ficf> um bie SGelt perbient madjten; man hat bie0cbmelgerep miC bem außgetretenen Sftilfirom in Tfegppten Pergleichen wollen, welcher felbfl burd) ben ©chlamm, mit wef* d)em er bie gelber uberjieht, fte fruchtbar mache;

3! »mb

132 0$at>lidj* folgen beö Suj'ud.

unb man fiat wenigstens ben fdjäbftdjen iujL*uö für ettt notf)wenbige6 Hebel , für ein ©egengift gegen bie Un* t^ätigfeit, ben Müßiggang unb bie Faulheit gehalten, ^ch treibe bie0acf)e blof? nad) ber ^eiligen ©ebuft unb ber (Erfahrung beurtf)eifen , unb bann einem ^eben uberlaffen , ju urteilen, ob nicht ein jeber, be= fonberg in unfern 3^™, unb in biefer0tabt, ltr< fad>e genug fjabe, fcen |cfcö& lieben folgen Öee JLujCttft Juror ju fomnten unb augjuweid)en.

56ag lehret bie Erfahrung? 'Sah auf bem ian» be, auf ^Dörfern unb in fieinen 0tdbten , wo matt nidjtö non ber fogenannten grofen *£GeIt weih, weit mehr §ieih unb Drbnung, weit mehr Dfeinigfeit unb llnfd)ulb ber 0itten, unb alfo auch weit mehr fjäug# lid)eß ©iücf unb wahre Sufwbenheit h*wfd;t als in großen 0fäbten , wo ber 3ufammenffu§ uon alle bem ift, wag bie 'Hugen beg jtnnlicben ?0^enfcf;ert bienben, unb fein ^>erj mit unruhigen $3egierben erfüllen fann. Da, tro ber fettig nach befianbigen luftbarfeifen unb gerftreuungen ju, unb bie fiebe jur 2(rbeitfamfeif abt nimmt; ba, wo mehr rerjehrt, ais erworben wirb: ba muh notf)trenbig im ©anjen unb ©njeinen Sflans ge( unb Unorbnung einrei^cn , ba muh ber 5ßolji* ftanb unb S^ebe mancher gamtiie jerrüttet werben, unb Trägheit, hauglid)eg ©(enb unb ber feid)tjmn mit allen feinen folgen überhanb nehmen. SBoher bie grohe 9Jtenge oon 23anferoten, weich* in ben meifiett gätlen feibfl nerfdjuibet {mb, unb welche bi* 'ifrmuth unb baö Ungiücf öieier anbern gamiiien nach f»dt) jie# f;en? 2ßoh*r bie 0d)warme non Sagebieben, ttott 0trah*nrdubern unb 0chwinbiern, bon benen bi* un#

gleich

133

0$4&Itdje golden beö 8ujru$.

gleich geringere 3 afy ty* Seben unter bem ©algen en= bigef, bie größere aber ben Jpanben ber ©ereebtigfeit entgeht? 2Bof)er fo vieler betrug unb Unterfd)leif? jo viele iiji unb Ungerecbtigfeit ? X)iefe unb viele an* bere Uebel jfiefjen f)auptfdd)licb aus ber giftigen D.uel* (e bes iupuS, ober einer oenrohntenöerädrtelten, lafler? Raffen iebenSarf. SD7an roill in ben allgemeinen £on mit einjiimmen ; man mill alles mifmad;en; man ivitf ber fjerrfdjenben $ftct)C folgen; man null feinen ©elb* (junger, feinen ©Ijrgeif, feine iufle beliebigen. £)er gemeine OJiann roiU es ber ©tanbeSperfon, ber Tlrme bem Reichen, ber Dliebrige bem «£oljen gleich tfjun, unb jeber rvill biejenigen ubertreffen, bie feines gleichen finb, roo ntdjf gar jicb ftber bie empor febroingen, bie über ibn an ©tanb unb Vermögen ergaben jlnb. £)a$ fdjimmernbe, bas frolidje ieben roirb uns jur anbern Sftatur. 9D7an treibt es, fo lange es geljf, aus feinen eignen Mitteln; trenn biefe nidjt rneljr ju* reichen, ergreift man anbere, oft ungerechte Mittel; man ^auft ©djulben auf ©djulben , unb efje man nod) bie 3erruttung in feinen Umfidnbengeroaljr rcirb, jlefjt man febon am Oianbe beS Verberbens, unb ifl bem ungerechten .frauSljalter gleich, ber eigne unb frembe ©uter burchgebracht h af, unb in bejfen Dljren bie fürchterliche Stimme crfd>al(t : wie tyote id? l>46 von bir? Hfyut Kec^mtng von beinern •&au8l;>alten ; benn bu Eannji hinfort nicfyt metyt $>au&\}a\ut feyn*

Unter ben traurigen folgen beö £uruö, tvobon bie Erfahrung fo Diele Vemeife aufftellf, rechne ich auch Oie allgemeine ©elbgier, bie Verachtung armer

3 3 aber

134 ©d&äfclic&e folgen be$ £u)m$.

s /

ober murbiger -Blenfchen , unb ben Mangel glüeflidjer (Efien. £)a of)ne @elb ftd) nid)tß anfangen I oft, fo geijet alleß barnad), aber ntc^t in ber 7(6firf)t/ fid) unb 2(nbern bamit baß leben mahrl)aftig gludlid) ju ma« eben, fonbern fefjr oft bloö beßmegen, feine (Eitelfeit unb SCBoUuft \\i beliebigen, unb Tfuffe^en in ber'Sßelf gu machen. T)af)er jft Penn aud; ber ©eih febr oft mit 23erfd)menbung gepaart, unb ber 9ftann, ber bent *Krbeiter feinen lof>n Porentfmlt, if>n lange auf bic 33e\af)(ung märten lä{jt, ober if)m mit ber niebrigfiett j£>aabfud)t Äleinigfeiten atyubred)en fud)t, ber IDiann, ber einenormen ©d)ulbner megen einer geringen ©um* me ins ©cfdnqnijj n>erfen laft, unb eine nott)!eibenbe Familie ifprer ©tülje beraubt, Perfdjmenbet ju gleicher Seit piel gröbere ©ummen in prächtigen 0aflmal;(en ober jur löefriebigung tf;ierifd)cr lüfte unb unebler$3e* gierben. 2llleß, maß nidjt grojj ift unb glanzt, per# liert in feinen Tlugen aßen l5Berff). ‘öep ber ^3eur= Jfjeilung unferß 9ftebenmenfd)en ift nur immer bie erfte grage: ift er teid) ? l>af er Vermögen ? nid;t aber: „ift er ein red)tfd)affener gefd)icfter Efftann ? t;ot er ein efjrlichcß ^)erj unb QSerftanb?“ laffet i(jn biefe 33or* jüqe in nodj fo grobem Uftaafje bebten ; fehlet ii)ttt ©elb unb 9ceid)tljum: fo ift er in ben Tiugen beö ©folgen unb ©tlen nid)fß mertf). 5£ie Pief iiebloflg* feit unb (Elenb mub aber in einer ©efellfchaft einreif» fen, mo biefeß ber (jerrfdienbe ^cn mirb? 3;n berfeh» ben merben nun feine (Jljen mefjr auß liebe unb 3u* neigung, fonbern auß ^ntereffe unb 33ortf)eil gegiftet merben. 'Sie mefjreften jungen leufe merben im ef>e* lofeu ©tanbe bleiben, unb fW? liebet (lummen ©uw

ben

©cf;ät>lidje golden t)cö £upu£. 13 j

ben ober Tlusfdjwcifungcn ergeben, als ftdj in $8er* binbungen mit 9^fcnen einlüffen, beren d'itelfeit fte nicht ju beliebigen im ©tanbe ftnb, ober wenn fte fdfon mitifmen öerbunben firtb r ein eitleß unb traun» geß leben führen muffen, wenn i^r 3(ei0 nicht juretd)f, ber $3erf<hwenbung unb bem SBe'tfinn gehörige 97af)* rung ju öerfchaffen. Saß fann freilich jenen Iüj berlichen ju feinem Söorwanbe bienen, welche recht wohl eine grau unb gamilie glücflich machen unb er» nähren fonnten, welche aber auß liebe jur IBeguem* lichfeit, jur Tlbwechfelung, jur Ungebunbenheit, ftdj ben fanften geffeln ber Statut unb ber ©efe^e enfjie# {jen , lieber pon einem innerlichen geuer tobenbet lüfte »erjehrt werben, ober fich in ©ewiffenßehen unb ftraf» bare 33erbinbungen einlaffen, ober lieber auß ben Per» giftenben unb Pergifteten ©ümpfen ber unreinen SBolluft, als auß bem heitern reinen D.uell einer goft« liehen hiwmlifchen liebe fdjöpfen wollen, ©ie haben weber toor ©ott noch 9ftenfcbenQ:ntfd)uIbigung. Tiber baß bleibt bod; auch gcwijj, bah taufenb (Eble unb iiebenßwürbige in beiben ©cfchlechtern bet) einer über# triebenen «ftoffarth unb Cfitelfeit unferß Zeitalters lei» ben müffen, bah folglich bie (Jrjief)ung ber ^inber, bah baß häusliche ©lücf, bah bie ©efelifchaft, bah ber ©taat unb bie 2Belt habet? einen unerfehlichen Söerluft hflf.

3a, fd)äblid), traurig ift ber ©nfluh beß lu» puß, ber Ueppigfcit unb 93erfdjwenbung , bet Ijcrr# fchenben ©innlidjfeit auf baß 5Gohl ganjer länber, ganzer gamilien unb einzelner SKenfchen; febäbfid;, traurig für unfer seitliches, für unfer geiftlicheß unb

3 4 ovigeS

136 ©erbliche felgen beö Stipug.

ewigeß 5Bot)l. $5er iujruß burchbricht alle ©djran« Pen beß SSo^Iflanbeö unb £>cr ^^rbarfeit ^ ber Dieli* gton unb $ugenb; er erzeugt einen (jerrfchenben SDßelt« geijl unb eine allgemeine Ungebunbenfjeif unb Sugef» lojlgfeit ber ©itten; er erfdjopft höhere unb reiche ©tdnbe; er fturjt niebrige in Tlrmutf) unb föerach« rung; unb beibe macht er für bie Pflichten beß (£()fi* flenthumß unfähig. €r perniinbert bie Sugenb unb beforbert bie ?(ußbreifung beß iaflerö , inbem baburd) bie ©emütljer befonberß ber heranwachfenben^ugenb, meibifd; unb eitel, ftolj unb leidjffnnig, träge unb woliuflig gemacht werben. 23etrad)tet nur baß ieben ber großen unb feinen 923elt, wie man ba fein 9?ach« benfen blofj auf Sänbelepen, ©telPeit unb ftubirte SÖSollufle richtet; wie man ba bie foflbare Seit, beß SSJiorgenß im ^ujjimmer, beß Wirtagß bet) Doller Safel, beß ?(benbß in ©chaufpielhäufern, beß STiacbfß am ©pieltifcbe ober mit SCBerPen ber ^infternifj jubringf, bie Drbnung ber SRatur uerfehrt, unb auß SftachtSag macht. ^ann eine ©eel», bie blof? an wollüflige (Jm« pfinbungen gen>bf)nf ift, noch an etrnaß <£rn paffem ©efdimacf hoben? SBirb fte nid)t julefjt, wie ber Äbrper enfnerof unb gefchwächt werben, ganj in ©innlidjfeit perfinPen unb alleß ®efüf)l für SDßa^r/ £eit, Religion unb eble ©emeinnufeigfeit öerlieren? ÖBenn ein ganzer ©taat auß lauter folchen Sftifglic« bern beflünbe, würbe er nicht in Purjer Seit unter« gehen muffen?

£)ie atlerfdjäblichfte <2ßirfung beß iujruß, biefer ©cud^e , bie immer mehr unter unß einreifjt, unb fo Diele Vermutungen anrichtet, ift alfo biefe, bah be»;

ber

/

©djdbliche folgen t>e$ Suyuö. 137

ber herrfcßenben Ueppigfeit unferer Seifen, ber wa^rett (Sljrißen, ber frommen unb redjtfc^affcncn ülftenfchen immer weniger werben muffen, wei( eine folche febenß« arf burchauß nicht mit ber feiere beß(£oangelii pon bet ©elbftoerleugnung, bon ber £)emuth, pon ber 9fta# ßigfeit unb bem ^immlifcben ©inne befielen fanty ben ber (Efjrift annef)men unb außüben foü. ieute, welche ben SSaudj ju ißrem ©oft, ober baß ©e(b ju ihrem £roß machen ; ieufe, welche bie ©abcn ©otfeß, bie fle $ur £)anf6arfeir unbiiebe unb©e()orfam reifsen follten, auf baß fd)dnb(id)ße mißbrauchen, auß einet fuß ber ©inne in bie anbere taumeln, unb auf nichts alß bie ©attigung ißrer fünblid)en iufle bebacht ftnb: feute, weld)e fid) felbfl Pergöttern, unb pon anbertt eben fo fchlechten ©efchöpfen angebetet fepn wollen# welche an bem 9J}enfd)en nicht mehr bie (£tnftd)t beß SJ3erflant>eß unb baß gute Jjjerj, fonbern nur fein ^leib, feinen 2lufjug, unb ben auffern ©d)immer fchafsen ; ieute, welche in ben ©ümpfen thierifcher SQSollüße Perftnfen , ober Pon nichtß alß ihren ©innen regiert werben: folche ©öhenbiener, folche SBeifmcnfdjett tonnen feine wahre 23eref)rer ©otteß, feine 9ftad)= folget ^efu ^hrifli fepn, benn bei) ihnen behalt baß gleifd) über ben ©cifl bie Dberßanb ; bet) ihnen Per# löfcht enblich jeber ^unfe Pon Oieligion, ©ewiffen unb <£f)rbarfeit, unb fte ftnfen unter baß ^h‘cr hcra&* 2)ie (Jrbe mit ihren ©pielmerfen unb Sanbelepen be# jaubert if;re ©eele fo ftarf, baß ber Fimmel alle feine SKeije für ße Perlierf, unb auch nicht einmal einem ernßhaften ©ebanfen, einem eblern SEunfcße in ihrer perwilbetten ©eele <pia| laßt. SCBer jittert

3 5 nicht

138 ©<$ätili$e folgen dc$

nicht für if>rem @d)icffa(e tn jener 2Belt, wenn ein plo|lid)er ^teb j ise auß bem ianbe ber iebenbigen ba* funreißt ? SBas für eine Jg>oUc mufj fei)n, eine @ecle voll roilber heftiger ^egierben in bie 0vigfeiC ju nehmen, unb gleichrool aller OJJittel beraubt ju ferjn, feine Kifie ju befriedigen ?

Möchte biefe Betrachtung Qüudj allen recht roief?# tig werben, meine 3u^ret! Mochte fie unß reihen, unfere Jperjcn Von ber unorbentlichen SOSeltliebe im* mer meljr ju entwöhnen, unb bagegen mit (jimmlifdjen d>riftlicf)en ©eftnnungen ju erfüllen. 5ftod)te ber ^rbifcbgejinnte, ber iaffcerfjafte vor feinem ^uftanbe, unb vor ben fchretf'lidjen folgen feiner ^fjorßeiten unb Tluöfcbmeifungen gittern lernen. SÜSaß für ein llrtfjeil fallt ber heilige 9)auluß über einen großen $(jeÜ unferer in ©ünbe unb ©itclfeit verfunfenen 'rÖiitmen* feßen ? Laffet ettd? niefet verfuhren; fagte er, weder bie Ungerechten, nod? bie ^utet, noch bie 2lbg6tttfcbcn, noch bte (£tyebtecbet , noch bie XEeicblinge, nod; bte 2\nabenfcbdndet ; nod? bie iDtebe, nod; bie (Beißigen, noch bie (Etunfcenbolöe, noch bte Lüftetet, noch bie Zauber werden bae &eicb (Bettee ererben* Unb fcld;e find (Euter etl id;e gewefen: aber ifyt fe^b abgewafeßen, i\)t feyb geheiligt, il;t fe'yb geredet worben burd; ben Hamen bce -&etrn 3efa Gtytifti, unb durd? ben (Beijt um feree (Bottce. SDioeßten wir aber auch bavon über* jeugt werben, baß nicht nur foldje grobe iafter , foni bern baß fefjon ein ungebefferfeö eitleß Jfjterj unß in ben ttugen ©otteß verdeutlich unb verbammungßwüt«

big

©djäblidje folgen fees 2u;u& 139

big macf)f. 25iftet alfo ©oft, ba§ er euch eine fofc^fe DenfungSart fd)enfe, unb ein foIct>eö ©erhalten le^re, mie es ftd) für 3Jtenfd>en fdjicft, bie für bie reinen greuben ber ©migfetf gefchaffen jinb. ieget bettelt unb irbifdjen gingen feinen großem SBertfj bet}, als fie in fid) fclbfl f;aben, unb macht banon ben meifejien ©ebraucf) für bas 53e|1c ber 2£elt unb eure emige SBoipIfartf). S83ie eitel ifi alles, mas menfdjlid) ifl? 5BaS ifi bod) alle Jjperrlid)feit biefer ©rbe ! 2ßie halb fann fie ber Jpaucb bes 2lllmäd}tigen megblafen unb jerfioren, menn man ftd) berfelben überlebt T Unb mie mtrb jule|t alles, roaS jtdttbar ifl, in Dampf unb fRaud) auffliegen ! ©rofer ©ott! cmigcs, unpergän&* lid)es, allein feliges £öefen! lafj uns bod} in bir ab lein unfer f)bd}fieS©ut fucben unb fmben! Tlugenluji, gleifcbcsluft, ^offartiges ieben fornrnt nicht Pon, füljrt nidjt ju bir! 9ftur allein ber 3ftenfd), ber beinen^öSib len tfjut, roirb in ber (£migfeit beließen, unb in unb mit bir felig fepn. ie^re uns hoch alfo biefer £ÖelC fo gebrauchen, öajj mir fie nicht mifbraud)en. iefjre uns meinen, als meinten mir nicht; froltch fepn, als freuten mir uns nicht; etmaS bejthen, als befaßen mir es nicht. iDenn fe>ae XEefen biefa* VQdt vergebt. Linien*

2 \d)tt

2(c btc prebigt*

S5etrad&tunö über fcie (gdjiffaljrk

Vyrofjer ©off, bu ©dmpfer unb (Jr(jalter aller £)in» ge, ber bu aud) baö 9fteer, unb adeö, roaS barin» nen ifl , gefdjaffen fjajt, mir banfen bir, bafj bu un$ ade bieder fo ndterlidj geleitet, unb SJftandjen unter uns auch bei? ©efafjren im SOSaffer gerettet fjaft. 0 fegne ade, mcld)e auf ber großen $iefe jum 9?u($ett ber 2£elt redjtmajjige ©efdjdfte treiben. Sftimm ade ©eefa^rer in beinen admad)figen @d)u£, unb (jbre, acb ^>6rc fie, menn fic in ©efaf;r ju bir rufen, ober mit ©türm unb ^obesangfi ringen. Jpöre uns für fic beten , menn fic niedeidjt feibfl nid)t mefjr beten fon* nen. @egne iebe nufdidje .£anbtf)ierung in ber 3Cdt, fegne aud) bic ©d)iffaf)rt. 0 bu unfer ader 33ater! auf bid) [eben mir unfer Vertrauen; non bir adein er* märten mir bie Tibmenbung adeS SSöfen, unb bie 3u? menbung adeS ©Uten, iafj unö unfer beiner 2iufftdjC unb ieifung biefes iebenS red)t frofj merben, unb fufj* re um? burd) ade ©efaf;ren unb Unruhen biefer £Beft bis jum £afen ber ©migfeit, bis jum Jpimmef, biö ju X>ir 7(mcn.

Ztjct: 2!pof?efgefd). 27, 22.

2(cf) ermajjne euef), t>a§ tfjr unt>er$agt fepb , t>enn feines geben auö unö tvirb um? fommen, ofjne baö 0d;tff.

9)au*

14t

Betrachtung über feie Schiffahrt

5>auluS hatfc M fe'nel* ©efangenneljinung an feen tapfer in üiom appellirf, uni? er mürbe ju0chiffe fea^m gebrad;t. ©eine 0eeretfe, unb ber 0d)iff6ruchf feen er mit allen litte, mirb uns in biefem Kapitel er» $df)lt. <£r mar aber aus einer göttlichen Offenbarung gemip, bap nicht nur er felbft, fonbern auch aHe an* feere, meldje mit ihm auf bemfelben 0chiffe maren, um feinetmillen gerettet merben foüten. Das 0d?iff flranbete an ber Üflalta, unb pe alle fchrnam* men an fanb.

Diefes erinnert uns jundd?fl an bie ber 0d)ifTaf)i'f. 5Ber jemals eine 0eereife gemacht hat, unb mir alle haben biefe Erfahrung gehabt, ber mirb mijfen , in meldjer ©efafjr man auf ber großen $iefe fchmebt, mopon fld) berjenige, roelcher ftets auf feftem ianbe j7d) aufgehalten, unb niemals bas 907eer, ober auch nur ein 0d?iff gefe^en hat, feinen Begriff machen fann. 9ftan fann freilich aud? auf bem ianöe flerben : aber auf bem SÖSaffer flehet man gleidjfam feinen ^ob immer por klugen, ©s ift jmifefeen bem $obe unb uns nur eine breterne SHSanb. Unb welcher furdjterlidK “Ünblicf , meldjer traurige Suflanb es, wenn auf bem ‘tUieere, mo (7dj ber Jjborijont blos auf ben Jjimmel unb bas SBaffer begränjt, ein heftiger 0turm entfielt/ melier bie Sßeüen empört, unb baS 0cf)iff balD bis ju ben Rolfen empor hebt, unb halb in ben Tlbgrunb fdjleubert menn^eber, feer fid; auf bemfelben befxnbet, ooü'Jlngß glauben mup, jebenTCu* genblicf bepnt 0cheitern ober 0tranben fees 0cpiff$ in bie Hellen begraben ju merben. Unb fo haben mirflich Piele, viele OTenfd^en i|r <£nbe unb ©rab ge«

fun#

143 $5ctra$tung über ftie ©djifjraljrf.

fünften, unö ftaö macht ebne ßweifel eine D.ueile fteö menfd)(id)en Cf fenbeö für oiele Familien in feefafjrcn* ften Ednftern unö ©täftten auö.

Tillein, rrerftet ihr fugen: warumljaben ftie^Oien# fcfjen ftie ©düffabrt erfunften unft betriebet ? 5Barum fljun fie fold;e gefährliche ©eereifen? SOßäre es nicht beffer / wenn ^efter in ftem lanfte blieb, wo er gebo* ren ift unft fid) reftlidj nähren Pann? dpat nid't QciCel» feit, ©robmmgöfudjt unft ©olftfjunger juerfi ftie SJien# fdjen ju foldjen gewagten Unternehmungen gereijt? (Eö ifl freilich waf^r, ftafj ftie iDJenfcben fid) nicht immer cuiS ften eftelflen Tlbftd)ten große 93Iül)e geben, unft inftefjen, ftaf; fie für ißre geiftlidje v3Bo()lfaf)rt, für ftaö •(fine 97otftwenftige feßr wenig forgen, gleidjwol nad) irftifcften^Bortheilen fo gierig finft, ftaßjleaüe ifjreßeih prüfte , ©efunftheif, ja ftaö ieben felbfi ftaran feijen. Tiber es ift aud) wahr, ftaß öas ©uce, we(d)cö fturcfj ftie ©d)iffaf;rt gegiftet wirft, ftaö Q3bfe unenftlid) über* wiegt, weldjeö ftaftureb veranlaßt worften ift. ©oft f >at feine weifen unö für ftie 9£elt heilfamen übfid)tert gehabt, warum er fo mannigfaltige 'vSeftürfniffe ;ju# ließ, aber aud> zugleich ihnen ften ^rieb ewfioßtc, fturcfj rege £1)^*9^ *(?nen abjuljelfen. £>enn ftie T)tetifd)en lernen ftafturcf) feine Sßerfe bej]er Pennen; fie werften tafturd) unter einanöcr in eine nähere QSerbinftung ge* fefjf; fie werften ftafturd) ju guten ^Betrachtungen über fid) felbfi oeranlajjf. ©ehet fta ftie X^ortheile fter ©d)iffahrt. £)a alles was ben Sftenfdjen betriff, unft mit feiner jeitlidjen unft ewigen 5öohlfa()rt in £3et* fcinftung fleht f ftie Tiufmerffamfett ftes OJienfcben »er* bient/ fo wollen wir jejt auch einmal über ftiefc*

©egen#

Betrachtung über t>ic ©c^ijfa^tt. 145

©egenflanb eine erbauliche Befrachtung anfMen, nämlich :

Ue6er bie 0d)iffa(jr U

©ie jeigt uns

©rftlid) Cie ©rofjc unt> $errlicf)feit ©ottcö;

gw eitert^ Cie <3öeiöl>eit Der Sftenfchen;

© ritte n$ Die wahre Befchaffenjjcit unfern £ebentf.

•£)er erfte Bortheil ber ©djijfa^rf ift alfo biefer, baf Die tHenfcben babutd? (Bottes (Brofe nnt> ^errltcbbeit aud? im XX)affec tennen lernen* 5Bdch einen ungeheuren Ütaum unb wie unzählige ©efdjopfe faffen bie 53ieere unb ©trome in fleh, itt welchen bie ©rbmaffe ber SBelttheile idnber unb %ne fein fdjmimmt '• ©ewifj auch baß 33ieer ift ein ©pte* gel ber unfichtbaren ©ottheit; unb fo wie jeber 'itro* pfen 2ßaf[er baßBilb ber erfd;affenen ©onne wieber* ftralf, fo offenbart fleh auch Die SJiacht, SCßeiö^efC unb ©ute beß großen ©cfwpferß in bem weiten Um* fange, in bem ©leichgewicht, ber Bewegung unb bem £ftu|en ber 9fteere. deswegen fefjet auch bie©chrift, wenn fie ben $errn beß Rimmels unb ber ©rbe er* wa^nt, h>nsu: ber bae JTIeet unb alles, was ba* rinnen iff, erfchaffen hat. £)et* heilige ^falmift ge* benft oft ber grofjen erftaunenßwurbigen SQ?erfe ©of* feß im SJieer. fyält, fagt er, baß XX>af|er im tTieer jufammen , wie in einem ©d?laud;, unb leget bie (Liefe ine Verborgene,. jDas tlleer, bae fo groß unb weit tjl, ba wimmelte otync

144 SSctrac^tung übet bie 0d)tjfaljrt.

3ahl, beides grofe unb Heine (Lbiere, bafelbft geben bie ©ebiffe, ba finb Wallfifcbe, bie bu gemacht hÄß/ Hc barinnen (ebenen *)♦ QBelct) ein freffenbeö ©emdibe mad)t er öon her ©e* faf)r, aber and) öon ber (Errettung unb 9>flid)t ber SDanfbarfeif ber 0d)i|fgieufe: bie mit Schiffen auf bem tHeet fuhren, unb trieben ihren d>anbel in großen Waffern, bie bce <£erut Werte er* fahren t^ben unb (eine Wunber im tHeer, wenn er fpracb unb einen ©türm winb erregte, ber bie Wellen erhob, unb fie Sen «£»mmel fuhren unb in 2ibgrunb fuhren, baf* ibt eBee* le vor 2lng(i x>er3agte, baf (Te taumelten unb wandten wie ein (trunkener, unb wußten tei* nen JUtl; mehr, unb fie 311m <J*errn (ebnen in ihrer Hoth, unb er fie am* ihren 2leng(ien führte unb ftillte bae Ungewitter, baf bie Wel« len (ich legten, unb fie froh würben, haf es fiille worben war., unb et fie 311 iLanbe brach» te nach ihrem Wunfch , bie jblieit bem ^erm banten um (eine (Süte unb um feine Wunber, bie er an ben tHenfchentinbern thut, unb ihn in ber (Bemembe preisen unb bey ben 2llten rühmen**). 3a, 9ro& (mb bie QBerfe besternt oud) im €CBa(fer, roer i^rer achtet, fjaf f uft baran. 2Gie grofj wirb uns ©off, wenn mir i(jn in fo(d)en (Jinridj* tungen erfennen! QX>ir (el;en feine 5ftajeftäf nichr nur in ber SBette unb Siefe beö leeres, fonbern auch in feber $6oge unb SOSeUe, welche (leb ma^eftdtifch im tie#

f«R

*) ‘Pf. 33/ *04, 25. 26.

**) ‘Pf. 107, 23 35»

£5«mid)tuti(} übet tue Schiffahrt. 145

fett Q3effe, ober an bent fjofpett Ufer maßt, unb mit bem greifen Kriegs fdjiffe mie itiif einem SplunD fpielt mir fe§en fte im CCBaüftfc^c , ber Strome au6fd)naubt, unb im fieinflen SQSafferinfect, meld)e$ auf feinem ^itncf eine gan;e SÖSelt finbet. (Er ifl es, welcher ben Dcean im ©leichgemicht half, ißm feine ©ranjen fc|C, unb ju feinen floi^en SßMen fpridjt; QMS biel‘ber ut,k weiter' £)fe 'Hnjai;! ber unb <Pffanjen auf bem (Erbboben ifl jwar groß unb mannidjfaitig, aber bas 9)teet enthalt nod) nie! meßs rere unb großenteils unbekannte SOßunberwerfe beS Jpochften. SÖSir feßen feine ^Beiößeit in bet QSertfjei# lung ber SBaffer, in ber (Ebbe unb §lutf)/ unb befon* bers in ber unaufhörlichen Bewegung unb bem Salje beS SOieerwaffers , woburd) ber gaulniß ejner j-0 utt, gef)euren EÖiaffe roiberßanben wirb. T)ie fußen $ßaf« fer in D.uelicn, Brunnen unbglüffen haben eine tetrtU genbe, eine erfrifd>enbe unb ßarfenbe* eine ndhrenbe £raft, unb bienen Jut Erhaltung ber ©e|unbf)eit be$ Eftenfdjen. 933ir fehert enblicb feine ©üte barinne, baß er ben SERenfdjen SSerßanb gab, fchmimmenbe Raufet ju bauen, fid) auf bem SDieere gebahnte SOSege ju machen/ t?a6 <5Kcer einjubammenunb es Ju einer QSotrdtljßfam* mer ju machen; barinne baß er ben Kompaß erftnbett ließ, unb baß er SOienfchcn, meld)e oft mit Sturm, Untergang unb ’Sob ringen, beißeht unb ße errettet.

D wie foüte ber aüindd)tige unb gute ©ott unS in allen, allen gingen fo Pereßrungswürbig fcpn! Sßeld) ein SRid)ts bed) alle $ftacht bet 3ftenfd;en gegen bieScinige! Dos erkannte ein ©cbottifcherÄS* ttig, Canut, melden feine $offd)incidßer unter an*

Streitet ^ terit

$8ctvac()tung über fcic ©d;;ffaf)rt,

bem aud) einen </>ertfi bce tHcercs nennten. Um fte von ii)rem falfd)en ungeburlicfjcn lobfprud) $u über’ jeugen, erf)ob er fid) einmal mit aller 'Prad;t feines Jpofftaates an bie Ufer beß 9JieereS, febte fid) auf ben ‘Shron, unb gebot ber l)eranfd)wcltcnben §lutl) juruefjutrefen. Die QBellen waren taub, unb bej fpuhlten enblid) feine ftufje, worauf et- feinen J*">offeu* ten einen SBerweifj unb bie icfwe gab, bajj nur ber 2(Umäd)tige ein Jrterr bcs öftreres fct). 9Jiod)tcn mir alle biefem Könige in feiner bemutl)igen DcnfungSart dlmlid) werben! 2id) ja, biefe grobe Uebermad)t beß J)id)fien erfahren alle, weld)e auf bem iÖieere fahren, befonbers wenn 0turm unb ©efafjr entfielt. Da lernt aud) ber größte $lucber unb 35bfewid)t jittern unb beten, wie ber grepgeifi auf bem fefien Sanbe bet) einem Donnerwetter. Da ba l;brt man oft baßfeuf* jenbe ©cfd)rep: vfbetr, f)ilf uns, wir verberben. Daf>er aud) baß 0prid)wort: 5Ber nid)t beten will/ fomme auf bas SDieer. 3)}od)ten wir aber nid)f bloß in fold)en feiten ber SRoti), fonbern aud) bei0onnen= fd)ein, im (*)lud unb guten “Sage ju bem beten, unb mit bem tn einer feligcn ©emeinfdjaft flehen, ber 0tunn unbSjfteer gebieten fann. 5)iod)ten wir nad) berDiertung, ben Dan? nid;t vergeben, ben wir if)iu fd)ulbig ftnb!

Die @d)iffartf) ift aber aud) ferner ein ^Beweis ton ber XPciß^eit bec fcHenfcbcn felbfl, welche alle SBerfe ber 3ftatur ju benutzen unb barauß 33ors tfjeile für fid) ju jiefjen weif?. ©ott f>at gleid) ^(n* fang? and) bas 53ieer unb feine 23emo()ner ber ^err» fd;aft beß 9Kenfd;en unterworfen, unb wenn wir nadj

bem

58«täcf)tutu) über Sie ®diff<drf. 147

bem Oiedjfe ber ST?afur urteilen mellen, fo gehört bie %3efd)iftung eines leeres ober eines 3tufTe^ nid;fauSs fd)lie§ungStüeife einem T 3olfe, fonbern allen !5}enfd;ett überhaupt. ©0 mie ©ottes Sonne uns allen leud)» tet, unb t^»r geuec uns mannt; fo mie feine Erbe uns alle tragt; fo mie mir alle feine Suft affinen: fo ift aud) bas SÖSaffer uns allen gemein. Tlllein fomiß bie Golfer ftd; gemijfer idnber bemddjtigt haben, fo haben fic aud; entmeber burd) Siege unb Eroberungen, ober burcf) eine überlegene @eemad;f, ober burd) gc* muffe Vertrage eine^3ert^eilung ber 'DJteere unb SSGaf* fer unter ftd; gemalt, unb gemiffe &Bafferred;te fefl= gefeit. Es bleibt aber immer etmaS erfiaunenSmur* bigeS, ba§ ein SÖtcnfd;, ber von einer einigen Stelle erfliefet merben fann, gleidjmol burefy £ßi| unb ©djarfjinn unb bereinigte Ärdfte ein 23ef)errfd;er be$ DDteereS mitb. £)er ©d)ifsbau unb bie @d)iffart^ge» f)ort unter biejenigen IXßiffenjcbüffen , melde nid;f al« lein bem Erfxnbungögeifl beS menfdjlid;en SJerftanbeS bie grojjte Efjre machen, fonbern aud; großen 9?u|ett bringen. Dftan mu§ gernijj über bie @efd;i(flid;feiC erftaunen, momit bie galfrjeuge vom fleinften ©d;if« ferfa|n an bis jum größten ÄriegSfd;iffe gebaut fint) unb regiert merben, momit DJtenfci)cn auf bem DJteere gangbare ©tragen auSftnbcn, unb ba i|ren ^anbel unb i|re ©efd;afte treiben. $ßir mürben nid;tS t>ott anbern SCßeltlfeilen unb tf)ren Idnbern rotffen, menrt mir fle nid;t burd; bie ©d;iffartl) Ratten fennen gelernt» Tibet nun ift fein lanb, feine ^nfel, fein 2>olf fo entfernt, mit melden wir nicf;t in Söerbinbung font« men fönnten. 9lun entfielet ein vorteilhafter Um»

& 2 lauf

148 Betrachtung übet bie ©d)iffaf>tt.

lauf unb 'Jluötaufd) aller naturlidjcn ©rjeuqniffe beö ©rbbobenö, unb aller .^unftroerfe. Sfftenfdjen rcet* ben mit 9ttenfd)en naljer befannt, roenn fie mid) noch fo entfernt gegen Oft ober 5Gcft, ©ub ober SRorb meinen, wenn fie aud) nod) fo febr in '2t6ficf)t auf gurbe, Lebensart, ©pradje unb Oieligion toerfdjie* ben fepn feilten. 16ir fuhren ilfnen unfere Mittel ber Sftafprung, ber Q3equcmltd;feit unb beö ^Sergnugenö ju , unb fie fenben uns iljre <S$d)ü(je juruef. SÜSo ijl nun r.ed) irgenb eine ©egenb ber 5Delf, ju ber unö ber 3l,9an9 Mrfcfoloffen rodre, fo 6alb ein ©d)iff ba* f)in fommen fann? QS3ie fef>r ift burd) biefe ©eineins fd?aft ber Helfer untereinanber bie Kultur, ber $orf« fd>ritt in fünften unb SSiffenfdjaften , ©efelligfeit unb llmqang jur 55egludung beö lebend , unb felbjt tfRenfctjenliebe, Ovcligion unb X)u(bungögeift befor* bert roorben ! £)enn bie idnberfunbe unb ©efd)id)te ber ©duffartf) lehret unö, baf? bie <JJ?enfd)en in ifpren rvefentlidjen Trieben überall fich gleid) finb, bafj eßirt jebem ^olfe fd)led)te aber aud) gute ?Ö?enfd)en giebfi fie leint unö ben Perjtanüfgen unbred)tfd)affnen9Jiann fd)dljen, mo mir ifpn ftnben , unb gemeiniglid) ruerbet if>r bemerfen, bafj in Polfreid)en ©tobten unb ©ee< §dfen, roo ein 3ufannnenfiiif) ü[{er Ovationen ifi, bie 9ftenfd)en aufgeflarter unb bulbfamer finb, alö bie» jenigen, roeld)e nad) ifjrem eingefdndnften ©cfid)tS< f reife adeö beurteilen. 5Bie Piele neue 3roeige bet JFjanblung unb beö ©eroerbeö finb entfianben, unb n>eld)e D.uellen Pon ©innal;me unb 9ieid)tf;um finb baburcf) ben ianbern geofnet roorben 1 SCßie Piele 9)ii(» (ionen 9)ienfd)en erndl;ren fid; Pon ber 0tiffartf),

unb

149

Söetrachtutig über £>ic ©chiffahrt.

unb erraffen baburd) ©elegenheif, ihre Kräfte' ju üben ftd) ihren Unterhalt $u erwerben, unb auf eine nu^li* d;e Tirt für fid) unb if>re trüber gefcf)dftig ju fepn!

Eg ifl freplid) fef)r $u befragen, bajj bie Euro; pder bet) ber Entbecfung ber neuen £öelt, unb aud) anberßwo , wohin fte mit ihrer ©cbiffartl) gebrungen fnb, Dieleß Unglücf unter ben Einwohnern Derbreitet haben. 5)tan fann nid)t o!)ne ©d)aubern unbEnt3 [eben lefen, maß für ©raufamfeiten bet) ber Einnah3 nie neuentbeefter Idnber ingbefonbere Don ben ©pani* cm im fübiidjen Timerica, an ben Eingebornen Dcrübt worben flnb. 0 if;r Barbaren, eg mar nid)t genug, bajs i^r ihnen baß ianb entreißt, weld)eß ifpnen ©oft unb bie Sftatur gefehenft hatte, ihr mußtet fte aud) noch fatanifd) martern, unb ihnen baß ebelfte ©uf, baß ber Sftenfd) hat, baß leben rauben? £Ber §at nid)tß Don ben unmcnfd)(ici)en Tiuftritten gehört, wel= d)e an ben Tffricanifchen lüften unb auf ben Sßeftin* bifd)en Unfein bep bem ©claDenfjanbel Dorfallen, mel* eben felbft Ehriften auß ©eminnfucht treiben, welcher aber, wie jtd) $ur Ehre öer ISJJcnfcfe^cic unb beßSlpri» fienthumß ^offen lajjt’, geroi§ noch abgefdjaft roerben wirb ? Eg wäre auß ötefec Urfadje aüerbingß taufenb* mal beffer für bie Bewohner entfernter lanber, wenn fie in einer ewigen Unbefanntfchaft geblieben waren, ©ie waren bei ilprer Einfachheit ber ©itten, ja felbft bet) ihrem ©oljenbienft Diel glücflicher gewefen, alß bet) ber falfd)cbrijtlid)en ÜJeligion, bie man ihnen mit iift ober $euer unb ©cbwerbalß eine beffere aufbrang, unb wöbet) jle mit ben laflern beß ©elbgeifseß, ber ^runtenheit, ber SRSolluft, ber SSebrücfung befannt

& 3 würben

i $o Fernleitung übet bic ®e|iffa|rt

würben. $$;eHeidjt wäre quc| für bie ©uropdet felbft beffer gewefen, trenn fte bie ©rjeugnifje unb ©d)d|e beiber Juni $3erbetbnifj ber ©itten

nicht unter ftd> emgefü|rt fetten. Aber f;ebt ber SDttfjbrauch wohl ben redeten ©ebrauc| einer @ad>e cuf‘? “Oie ©djiffarth |at gewifj überwiegenbe 33or* t|ei(e/ unb baß iffc itjr größter QBertf) unb duften, ba|j fte ein Mittel werben fann, tobe unb |eibnifd)e Q3ol* f er menfc|lid;er unb gefttteter ju machen, unb fte in ihrer FÜnb^eit mit ben ©tragen beß unnerfdlfchten ©nangclii ju erleuchten. Alßbentt wirb auc| bie ,£anb* hing tetn djerrn ge|eiliget, wenn fte jugleicb baju bient, 0eelen ju gewinnen, unb bie wahre üieligion unb©ott|eligPcit immer weiter auf bem ©rbboben ein* juführen. 0 i|r d)riftlichen djpanbelßleufe, bie i|r ei* tten außgebreifeten Friefwechfel unb weitlduftige ©<* fd)dfte über einen groben ^beil ber Sfßelt f;abt, i|r tonnet burdj euren d;rift(ic|en (^barafter unb Femü* |ungen me|r jur Ausbreitung beß ^Keicfjö ©ofteß auf ber ©rbe tb«n, als ihr euc| einbilbef, wenn ihr babin ftrebtet, nicht nur baß ©olb, bie QSSaaren unb ©chdbe ber d)et)ben einjuführen, fonbern aud; djrift« lid)e(5rfenntuib unb ‘Sugenb unter ihnen ju beförbern. ©ottlob! Einige ^Kifjioußanftalfen unter unß ftnb itt biefer Abftdjt biö^ct* non großem Stufen gewefen. 3 u Anfänge biefeß 3öhrlunt'mö würbe ^riebrid? bee Girrte, Äontg non IDdnnemarf, ber ©tifter ber erften Snanglifd) * Sut|erifd;en ^ijfionßanftalten ju Fcfebrung ber Jpet)ben in Oftinbien, unb ift biefeß gemijj bie fdjonfie <perle in ber Äcoue ber Wenige bie* feö 3Rorbtfd;cn 5Keid;ß, bafj fte unter allen 9)roteftan<

tifd)ert

35etrcu$tumj über t>ie ©djiffafjrt. 1 5 1

tifdjen durften bie erften traten , meld)e auf btefe TfrC für baö 2Bof)l ber ?Oienfd)[)eit forgten. ©in 93erjug unb ein Siubm, mcld)er irrten aud) in jener 'HBrlt bfctbr , mo Äron unb ©cepter pon feinem ©Berthe meljr fepn roirb ! SBic Piel ©uteö f)at ber Pcremigfe ^rattbe, ©tifter beö Jpdllifdjen ©ßapfenbaufes, auef) über baS $3Jeer meit um fid) her gemürfr , unb mef« dien n>o^(tf;ätigen ©inf l;at bie fjieftge ©ng(ifd)e ©es fellfcbafc jur Sortpfian^unq d)rifllid)er ©rfenntnijj, tncldie Pon joId>en föeifpielen $tir 31ad)al)mung ge= rei^f mürbe unb in foldje $u(jtapfen trat/ aud) in Oft« inbien gehabt! 1H>ie ruftniltd) hat jid) aud) bie s^3t ü* bergemeinbe beeifert, ben Q3efel)l unferS $eilanbeö ju erfüllen : ©eljef f)m in alle üßelt unb lehret baö ©pan# gelium aller ©reatur! Unb tute fef)r ift eg baf)er jtt münfd)en, bafj alle biefe Tlnfialten nid)t nur einen ge« fegneten Fortgang haben, fonbern ba§ aud) burd) bie ©d)iffartf) in biefet ?lbftd)t immer mefjr ©uteö geflif» (et trerben möge !

©nblid) aber (jat bie ©ebiffarth aud) noch ben Stufen, ba(j mir fte aufß ©eiftlid)e anmenben , unb mandterlet) gufe^3etrad)tungen über uns felbjl unb bie 23efcbaflfen^eit nufer» JLebertö anftellen fonnen. ©ie ifl ung ndmlid) ein treffeubcö 53ilb pon ber 35er« ganglid)feit aller £)inge, pon unferer Hßallfartlp auf ber ©rbe unb Pon unferer SKeife nad) ber ©migfeif. SBenn mir einen Slujj betrachten, fo fdjeint er jroat immer berfelbe ju fetjti , gleidimol perdnbert er ftd) je=> ben 7lugenblicf. ©0 ifi mit bem metifcblidicn ©e# fd)led)t, mo bie ©terbenben ben ©ebornen <piah ma> d;en, mie eine S2Me im gluffe bie anbere treibt. £>u

& 4 ö

J52 SSetracjjtung über eie 6dbiffal)tt,

0 ©off, Idfjcft bie Sftcnfcben baf)tn fahren roic in ei* nem ©trome. ©o ifl aber aud) mit allen irbifd)en SDingen, Tilleß ijt ber ©erdnberlid)feit unterworfen# alleß ifi wie ein©trom unb in einem beflanbigen 5lu§. ©d)6nheif, Dveidjthum, (Jf;re, Vergnügen oUeö ift Pergdnglidj, alleß einer fielen 2ibwecbfelung unterwors fen, unbnitbtö/ n'd)tß ifi unoergdngficb , als unfere ©eele, unb ©oftt. 5Bie tf;orid)f fpanbelt alfo ber SOienfcb, weld;er auf ©cbeingüter fein Vertrauen fefjf, welche if;m in jebem Tfugenblirfe entriffen werben fon# nen, unb welcher baß gegenwärtige olö 3n?c<f anfleljf, ba bod) nur Mittel für baß fünftige fepn folf welcher niebfß alß baß©id)tbare boebfebabt, ba eßbodj if;n auf baß Unficbtbare führen foll. ^d) bin über# jeugt, wer ebleß ©efühl, wer gereinigten cbrijllicben ©efebmaef hat/ fann in Sfacbfß alß in einer unerfdjaf« nen ©cbönbeü unb in einem Ijocbften ©ute fein lel$te$ $iel ftnben,

Unfer ieben auf ber $ßelt ij? einem unruhigen «JJieere nicht unähnlich, ©alb werben wir non $urd;t halb non djofnung, halb bureb biefen balb bureb jenen Effect umbergetrieben, ©alb fd;eint unß bie ©onne beß ©(ücfßi unb balb erbebt jld) ein ©türm, 3;ejc fdjeinen wir unfere SCGunfcbe unb SBorfatje, unfer 3icf erreicht ju haben , unb auf einmal werben wir wieber in bic Unruhen jurüdgetricben, ©iebeft bu wohl, wie baß ©d)iff ohne ©teuermann unb SKuber, ober ohne Gompab umbergeworfen wirb? (Jben fo ijt mit einem ‘5ftenfd)cn/ bem an ©erftanb, an ©or# fleht, an Sßeiölmf unb ^ugenb fehlt/ ober bep bem nicht ruhigeß Sladjbcnfen , fonbern wilbe ©egierben

baß

M3

S5etra<htung übet bie

tag Dfuber fuhren. (£bcn fo ijl eg bei) einem (Steiften, welcher ben 'Hnfer feiner Jpofnung, unb 2(efum, bas ficht feiner ©eele, unb feinen leitfiern aug ben Tfu* gen unb auö betn ©euuithe rerliert. ©ieheft bu wohl aber aud), wie bag @d)iff bet) gutem Söoinbe unb fyo* £er $lutl) fllucflid) über bie SÖSellcn bahingleitef, unb cnblicf) in ben Jjpafen einlauft, wo eg por ©anbbdnfen imb.©turm |td)er iff, unb wo bie ©ebulb unb ,£>of* nung beg©d)ifferg gefront wirb? (£ben fo ift ber lauf eineg reblid)en $ugenbfreunbeg unb (Ebvifien, welcher unter allen 33eranberungcn auf bie ©ute feineg ©ofe teg Ipoft/ bet) allen (£rfd)ütterungen ber Sßelf feine ©emutfjgrufje behauptet, bet) allen SHSiberwdrtigfeiterc ben ?0?uth nicht ftnfen läßt, fonbern bet) treuer SrfuU lung feiner Q3flid)ten jtd) getroft ben Sulingen beg ^>bd)ften übcrld§f , unb feine gute ©elegenfjeit »er« fdumt, feinem 3i«l* näher iu fommen, Muffen wir bißweilen bie ©egel einjiehen, fo laffet ung bie Jpof* nung nicht aufgeben, bajj bejfere feiten fontmen wer* ben. 56ir alle haben, wiewol pon Perfd)iebenen@ei= ten unb unter perfchiebenen Umftänben biefelbe üfeife über bag gefahrPolle Dieer biefer 5Celt j\u thun, unb wir richten alle unfern fauf nach ber feligen <£wigfeit« ächtet wohl ber @d)iffer einige ©türme unb Unbe-= guemlichfeiten, wenn er h°ffcn fann/ halb ben Ort feiner SSeftimmung ju erreichen? düben fo wenig folf eg ung befrembenb fd)einen, wenn wir in unferm je» jigen <Prüfunggftanbe mit einigen ^»inbernijfen unb leiben $u fäntpfen haben , wenn wir fie nur jule^t alle glücflid) uberwinben unb bag fwhe 3>el erreichen, roel* (heg ungporgehalten wirb, 2ßie freut fld) bag@d)iffg*

£ 5 Volf,

1 54 ^Betrachtung über bte ©chiffaljrt.

Pol?, wenn eg enMief) lanb fle(jf. Sßelche ^reube burchftrbmfe alle Q3egleiter beg er(len ©nbeeferg einer neuen noch ganj unbefannten Sßelt, bet) bem 2(ug« ruf: ianb! ianb! ©o mirb es ung fepn, wenn wir nad) langer müf)PolIer Q5efd)dffigung biefeg iebenö an ben Ufern ber unfrehtbaren 2£elt lanben. D bafj wir inbcff'n jebe Klippe o.rmeiben mochten, wo unfer ©laube ©ebiffbrud) leiben fonntc; o baj? mir uns alle immer feiler an ©oft unD fein SCBort (falten , bicfeS iid)t jium Sßeqweifer auf bem bunfeln ^3fabe tmferö iebenS machen, unb in ber mähren ©ottfeiigfeit biö an« ©noe treu bleiben mögen! ©o merben mir gewifj auch nad) allen überfianbnen ©türmen, Unruhen, Öe* fahren, ©orgen, 'DUihfeligfeiten biefeö iebeng in et# ner beffern DDQclt augruljen unb emig felig fepn. £3ea unruhigt ung bag Tfnbenfen an fo ntandje fehler un& ©chmad)l)eiten ; empftnben mir barüber fjerjliche OJeue unb Ttbfcheu ; nehmen mir unfere 3uffud)t iu 3«fu/ unferm unb aller SOSelt ^eilanbe, unb treibt ung feilt ©eijt, fünftig alleg ungbttlidje üßefen ju perleugnen, unb ftud)tig geredet unb gottfelig in beriHSelt ju leben : fo fonnen mir gewi(j glauben, bafj ©ott unferer©üna hen nicht melpr gebenfen merbe, fonbern jte in bie'Sie* fe beg <9JJecreö gemorfen habe.

3ch hoffe nun, meine ©eliebten, bafj biefe Q3ca frachtung eud) allen erbaulich gemefen fet), 3hr/ n>ek d)e ©ott auf einer ©eereife auö ber ©efabr errettete unb glücflid) an lanb bradjte , opfert ilpm £)anf, unb bejahtet bem .#bd)flen eure ©elubbe. 3>hr/ bie ifpr ruhig auf bem ianbe eure ©efchdfte treibt, benfet oft an eure trüber, welche jtd) für eud; ben ©efahrert

bet

§8etta$tung über t>ie Sdjiffaljrt. 1 5 s

ber 0cc auöfefjen, unb betet nidjf 6Ioö au3 ©eroofjn* fjeit ober mit Äaffe, fonbern mit fjer^id;er $(jeifnefj> mung für jte in ber ©emeinbe be$ .fperrn, mo mir if)m bie 37ot(j ber ganjen (£()riftenfjeit öortragen. [Jfjr, beren 33etuf mit fl cf; bringt, auf ber grofjen ‘Sicfe unb auf bem £Baf[er ju reifen , fürchtet eucf; nicfjt fütr ber bamit »erbunbenen ©efafjr, unb richtet eucf> mtf ber gbtt(icben$3crfjeiffuiigauf: SofclJ fcuccfje'COaf* fec ge^efi, wiU id> bey bit feyrt, &tcb Öie Strome nicht erfaufen foUen *)♦ “Xuf retf;tmä§i# gen 35eruföroegen fjat man ftd; für nichts ju fütd;ten* 3>(jr enbfid;, ifjr feibtragenben, bie ifjr um ^inber, 83ermanbte, greunbe trauert, roefdje im 9Dieer ifjr ©rab fanben, bebenfef, bajj ber ^eb fie eud) audj auf bem fanbe f)ätte entreiffen fonnen, bafj fTe einen fefjr fdjneffen unb feierten ^ob Ratten, bajj aud) bas Sfteer einmal feine Lotten tviebergeben mirb, unb bö§ ©fjriften bie Jpofnung einer feligen Unftetbficfjfeit fyas ben, roo fte ofjne Trennung berjfammen fet;n, [unb fid; unaugfpretf)Iicb unb emig freuen merbern

*) 3«f- 43/ 2.

Neunte

*5$

nennte prebtgt*

23on tyr Q3orftd)t unfo fllugljcit*

©<

'off, ber bu bic einjige unb ewige D.uelle alles Sidjrs, aller .ftraft, aller §reube bifl , um nicf)C6 fle=> I;en wir bid) fo fcf>r , als um ein weifeS unb Derflänbi« ges, um ein gutes unb frommes Jperj. ©enbe aud) jejt beine 5C6ciö^eit uon beinern ^eiligen ‘J^ron, bah fte mit uns fet) unb arbeite, bamit wir in allen ©tu* efen ernennen unb tf>un , was recht unb bir wofilge* fällig ifl. ia§ uns 3>efum £hr'ftum immer beffer ers fennen, in welchem alle ©chdfce ber Weisheit unb bet* (Jrfenntnih verborgen liegen, unb lafj beinen ©eift auf uns ruf^en, bamit wir jum Jpimmelreidje weife unb gefchid't werben mögen. $GaS bod) all unfer SOBiffen, wenn es nicht ©efül)l leben unb ©eiji in uns wirb, wenn cs nicht unfern ganzen SBanbel be* feelt unb fwliflt! 0 bu $8ater bes lid)ts, barum er* leuchte bu felbfl unfere ©eele, unb hilf uns baju, ba£ wir nicht als bie Unweifen, fonbern als bie Sßeifen hanbeln mögen. Iah uns bod) in allen ttnfernehnum* gen unb ©efd)dften biefes iebenS alles oorljer reiflich überlegen, glöjje bu in unfere ©ecle einen regen Urieb ju allem ©Uten, unb gicb nicht ju, bah bas ©efchrep unferer ‘■-öegierben bie ©timine ber £$er= nunft in uns unterbruefe. leite bu uns felbfl in ber SÖ3ahl Mittel, woburd; wir Den hofften 3wcf

unferS

QSon tcc Q3otficf)t unö Ägfyeit. i s ?

unfers IcbenS, Deine unb unfere ewige 3öof)fe fahrt bcfbrbern fonnen. ©d)cnfe uns? einen treuen grcunb, bejfeti ©infidit unb Died)tfcf;offenf;eit uns $um dufter biene, unb h*lf bafj n>ir aucb felbft bcg SMinben Auge unb beö iafpmen $ufj werben, lafj unS in allem, was wir tbun, baS (Enbe bebcufen: werben wir niemals bofe hanbeln. ^>i(f, bafj wir nie unbefonnen ober leidjtftnnig ju SKSerfe gehen, fonbern mad)e uns befjutfam, fing unb orrficbtig , bamif wir allen' ©efafnen ausweicben, unb ade ©elegenheiten juin ©uten benu£en. Ad) ©ott, nod) jinb wir int ©tanbe ber Unpodfommenheit unb Prüfung; fturfe bu uns felbft in ber©tunbe ber Verfud)ung, bamif wir ben ©ieg baoon fragen, unb bas (Enbe unfers ©lau* bens, ber©eelen ©eligfeit erlangen mögen, Arne»*

£ej et: 93?aftl). io, 1 6.

0c^b flug, n?te Die ©eftfangen, uttD oltfie falf cf), tüte Die Säubert.

Sie ©cbfange war feit je her ein Q3ilb ber Vor* ficf>C unb Klugheit, fo wie bie Saube ein 53ilb ber liebe, Unfcbulb unb (Einfalt. 3efuö empfiehlt alfo in biefer fprücbwortlid)cn Lebensart feinen Apofteln, weU d)e er wie ©ebaafe mitten unter bie QBoIfe fanbte, bie aufcerfte 53el;utfamfeit unb Vorftd)t bet) Der Sprung ihres fo widrigen Amtes, wo jie eine ganje V3elt ja crleud)tcn unb um ju fdjaffen, unb gleicbwol mit fo toiel 3'infterni§ unb Aberglauben, mit fo Piel Vaiber* tfanb unb Verfolgung ju fdmpfen hatten. Siefe Älugheit lehrte er ihnen aber nicht nur mit 5£orten,

fon*

i j 8 Q$on fccr 93otftdjt unt) Ägl)cit.

fonbern aud) mit feinem 95et)fpiel. £Benn mir feine iebcnßgefd)id)te burd)lefen, fo finben mir überall @pu* ren feiner großen SDicnfcbenfenntniß , Älugfjeit unb ©eifleßgegenmart, nad) melcber er faljig mar, flcf> auf ber ©teile in alle tlmftdnbc ju fd)icf'en, jebc 2>eran* lafjung unb ©elegcnßeit für feinen ßoljen (Jnbjmed' 51t bcnu|en, jeben ‘Jftenfdjett fo ju befanbeln, mie er beßanbelf fetjn mußte, bet) jeber perfdnglid)cn $ra* ge, mie bet) ber: meffen mirb bie $rau in ber "Küfer* ftefjung fet)n, meld;e in ifrem ieben fteben SD&nncc gehabt ßatte? 3>ft$ rcd)t am ©abbatl) ju l)ei* len? 5fi3 ffd)t, bem Inifer Kbgaben ju enttid)* ten? ftd) mit SOGeißßeit auß ber ©djlinge ju jie* fjen, bie iljm baburd) gelegt mar, unb fTd) in fold)ett gefährlichen Sagen, mo er mit ben oerfd)mi|tefiett geinben, mie baß lamm von Rolfen umringt mar, ntd)t nur ju behaupten unb fte ju befd)dmen, fenbern aud) fic ju belebten unb ju bejfern.

IJefuß Gljriftuß f>at alfo unß, feinen Q3efennent unb 2ftad)folgern, ein fd)oneß SOlujtcr berdvlugßeit (fitis terlajfen. 2)ie erflen 53oten beß (Joangclii bllbefctt ftd) nad) 2$m. Sftit mcld)er SSBeißfeit f)at ein <Paus luß fein Seljranvt geführt ! 5öie gefd)id't mußte er ftd) alle ilmftanbe 5U SRufjc ju ntad)en, fic!) ben Eingang in bie ^e^en ber9ftenfd;en ju oerfd)affen. ©eljet ifn, ben großen Diebner ©otteß, auf bem Otid)tpla(je ju Ktßen, mo er mit einer 3Jlenge 93]enfd)en Pon Hßclfj meifen unb abergldubifd)ent $)obeI umringt ift, meid)« jmar etrnaß Sfteueß Pon ifjm hören mollen, aber aud) lauten, ob er bie alte üieligion angreifen mirb. (Je bat «inen Kltar gefunbenmitber Ueberfc^rift ; bem un»

begann»

159

<2ßon öer Sßotft<$t unb Stlugheit.

bekannten ©oft! Tiber was tfmt er, um t*en ©o|en* bienfl ju rerbrangen? ©diimpft er auf Tempel unb ©b^en, auf^riejler unb Opfer? ©rur^f er bie Tlb> tare mit ©ewalt niebcr? SRein. 3()r SDldnner poii Titten, fagt er, id) fefe, ba§ iljr eine befonbere SRei; gung ju Tlnbadjt unb ©otfeSPerekirung (jabt.

£abt fogar einem unbekannten oft einen Tlltar ernd)* tef, um eud) feiner ©nabe ju perftdjern, wenn er fld> einmal ndlper bekannt mad)en würbe. liefen eitijt* gen fiodißen ©ott, ben ©diopfer unb ©rljalter DeS ^immelß unb ber ©rben mad)e id; euch jejt bekannt, 9ftad?bem er tf>nen bie erflen lehren ber natürlichen Oieligion rorgetragen fiat, moburd) ber ©6f$enbicnffc pon felbft fallen mu§te, führte er fie einen ©d)rift weiter in bas Jjeiligtfjum bee ©pangelii, Idfjt fie aber cud) ^ier Porerft nur fo Pie! bßpon f)6ren, als fte faf* fen konnten unb mit feinem gweck befielen konnte! 30icfe Klugheit fiat benn nod) jejt jeher Lehret: ber ÜXeligion notlpig, rpenn er allen alles werben, trenn ec ©eelen gewinnen, wenn er waf;re 3BciSl)cit unb <$u* genb Perbreiten, wenn er ben ©unber, wie Sftatfjatt einjl ben 'Oapib jur ©rfenntnijj feiner ^ebeswür* bigkeit bringen, ben©ebeugten auffieitern unb troflen, feine ganje beerbe bem ©rjfiirten ^efu jufü^ren unb fein Timt mit9Tu|en unb ©egen Perwalten will, Die# fe Klugheit f)at jeher Cf)n|i notfiig, um bie pieleit Jgfinberniffc unb ©efafiren ju befiegen, welche ftd) bet) ber TluSubung beS ©Uten fxnben, ben gallflriden beS iafters unb ber Q3erfüf)tung auöjuweidjen, ftefS bas red)te5)Taa§ Pon@trenge unb ©elinbigfejt, Pon(£rnfi unb §r«unblid;feit ju jeigen, ber Tlrglift bes Hafter*

haften

i6o <2}on t>ec QSotftdjt unt) Agfyctf.

haften bic ©pike tiefen, unb fid) in feiner Unfdjulb unb Sugenb ju behaupten, ©iefe ^lugfjeit ^at bcr ^»örtbelemflfin nofljig, um ©eminn unb SSerlufi: ge? f;orig ju berechnen, unb 6et) feinen ©efd)dften mcbcr fid) nod) anbern ju fcbaben. £>iefe .Svlugbeif bat je= ber fcHenfcb notbig, benn fte ijl bas SÖorredjt ber vernünftigen ©eele, unb lef;rt uns, aus allen Um« fianben für uns Q3ortl;eile ju jiefpen, unb unferer £Burbe unb 53eftimmung gemäß ju bahbeln. ^dj tebe ba^er jejt

bott Der 35orftd)f utit> &[ttg$ett.

^ u c r fl ttoerDc id) einige Regeln ber £lugf)dt,

$ilebanrt einige £ulftf mittel jut Uebung biefet ^ugcnb anjeigen.

Klugheit i(i btc burd) fönjTdjt unb ©rfab* rung erlangte ©efdjicflidjfeic unb §ertigfeit, wc(d?e uns in ben ©tanb fcjt, alle unfere 'Hngelegenfpeitert auf bie befte Tlrt ju beforgen, unb alle öorfommenbe Umftänbe jur (£rreid)ung ber ©nbjmetfe ju benutzen, meld^e mir glauben befSrbern ju muffen. (Js giebf eine falfcfye unb eine wal)tt Älugbeif. (Sollen mir bas Älugbeif nennen, menn bie 5Henfd;en ihren @d)arf# ftnn unb $6ils auf baS SSofe rcenben, baß iafler aus* fdnnücfen, ober ihren argmohnlofen 9lebenmenfd;ett ju ^intcrgef)cr», ober ju beruefen fud;en? 2ßenn fte i [y ren bofen Jpanblungen einen guten Tlnflrid) geben, bett 5>läcbflert auf eine argliflige^frt fturjen, feine ©eheim* niffe ib>« entlocf'en, fein (Jigenfhum ihm entroenben, feinen guten 3Ramen untergraben, ober wie ©pinnen,

feinen

§Sört her 3ßorftdjt tinb ßlugljeit. i.6t

baS ©en?ebc if>ret* 35oSl)tit fo fein anjulegen Wiffen, baf? es fo leicht nicht entbecft ober jerrtffen werben fann? $>aS meine (geliebten, ift nicht @d)(angens flugbcif, fonbern ©chlangenlift; benti unfere ©d)lan* gettflügheif fotl mit'Saubeneinfalf Uctbunben fet)n. ©>$ weife fid) aud) felrf>e 9Jtenfd)en bünfen mögen, fo giebt es bod) feine grofjete ^f;oren in bet $ßelt, als fcld)e &3erb(enbete, weld)e für ein furjeS fünblid)eS Q3er* gnügen ober für einen fieinen ©ewinn ©oft unb 9Öten* fd)en beleibigen, unb ©faben an i^tet* ©eele {eiben 5 Unb fo fünftlid} fie auch bas ©ef)eimnifj ihrer 53osl)eif 51t Verbergen wiffen, fo fotnmf hoch eine 3e*f / wo eS berrathen, ober entbecft , bemetft ober beftraft wirb4 ©6 giebt aud) ©cfyeittb luge , welche jroat nichts b6; feS im ©inne führen, fonbern fid) gute ©ntjwecfe »or* felgen, aber habet) aus Mangel an Erfahrung, obet? weil fie anberer ieute üvaC^t nicht hören u;ib annehmett mellen , nicht bie fd)icf(id)en SOiittel treffen ober nicht bie 3Bege einfd)!agen, welche fie am fürjeftcn jutit ßiele führen tonnten, unb wöbet) fie fld) biclntehr fchaben als nu|en. T>aß ifi bie Klugheit berer, weis the $3erge erfliegen wellen, ohne ftc $it erfteigen unö weldK bas ©ewifje bem Ungewiffen aufopfern, baS ift bie Klugheit ber Äinber, welche einen 2(pfcl einem ©olbfiücf borjiehen J baS ift bie Klugheit bes ©es fchdftsmanns, weld)er gewinnen will, unb bod) habet) bielmehr berliert, welcher aus Jitofnurtg reiflicheren* tereffen baS Kapital in ©efaf)t fe^f ; baS ift bie Älug* heit bes jungen liebf)oberS, Welcher eine ©heöer^'ni bung fchliejjen will, ohne ju wiffen, woben er §raU unb Äinbec ernähren fann* bas ift bie Klugheit beS Streit« tl»eU. i ©taatS*

i 62 9}on bet Qßorft^t unt) Älughctt.

0taatßniannß unb ^riegerß, rüefcf>er (Sfät'fc erobert unb idnber verliert; baß ifl bie Älugheit bes blinbert Dieligionßeifererß, weld;er 0eelen mit S'cuer unb 0d)wcrbt groingen will; baß ifl bie Klugheit beß$5au? meiflerß, welcher ein ©ebaube crridjtet , offne einen ftdjern ©runb gelegt ju haben. 5Benn bie Q3egierben bei* iiebe ober beß paffes , ber Strebt ober ber .ftof* nung, ber Zuneigung ober beß Abfcbeueß ju bef(*S werben unb ficf> ine 0piel mifd)en, bann finbet feine ruhige Ueberlegung mehr ftatt. 0an$ anberß ifl e$ mit ber wahren Klugheit ber ©ercd)ten, weld;e eine %od)ter ber himmlifdjen 3Beißheit ifl, rooburd) unfere (Seele erleuchtet unb in ben ©tanb gefefet wirb, alle Söcranlaffungen ju unferer eignen Gilbung unb $3oll* fommenheif, unb jur 23eforberung gemeinnuhiget Abftd)ten ju Genügen, unb bei) allen J£>inbernifTenper* flanbig unb gcwiffenf)aft 511 (fanbeln. SÖSollet il;r im Jpanbel unbSCßanbel biefe d)rifllicbe^Sebutfamfeit unb S3orfid)t beweifen, meine Spuren, fo (affet eueb fob genbe ZMughticeregeln empfohlen fepn:

© r fl c 91 c g e l : Utitetfcheibe gelang ten , (Drte, perfenen unb Umffanbe. X>er wei« fe. 53eobad)ter menfcblicber Angelegenheiten hat febon langfl benierft, bah alleß feine Seit, unb alleß 23or* nehmen unter bem Fimmel feine ©runbe habe *)» SCßenn man erfl pflanzen foll, fo muh man nid>f 511# gleich febon ernbten wollen; unb wenn man jufam* men fam, fid) auf eine unfdiulbige Art ju freuen unb oufjuheitern, fo muh man feinen Anlaf jur traurig»

feit

*) ‘Preö. 3/ *;

Q3cn bet QJorftcJt unb Äfu<$eit. 163

feit unb fcbmermuthigen Klagen geben* SEßenn eitt SDlenfcb aufgebracht unb in ^>i|e unb 3orn getanen ifl : fo mußt bunidjt mef}rDel insgeuergiefjen : beine bernunftigen $3orftcdungen werben nichts f}effcn/ unt> bu mufjt eine bequemere 3eit abmarfen, wenn ftc^ bec (Sturm gelegt §at, ihm bepjufommen unb i(jn t>ott feinem ^e^ler ju ubevjeugen. SDlan lehret oft nach* brieflicher bureb SEßerfe als burdj SEßorfe, unb ein btt fjutfameö ©tillfchweigen richtet oft mehr au?, als bie* leS Dieben. 3bie ©emutf)öarfen unb QEharaftere bec «Sttenfcben, i^re ^rjiebung, ifjrSfanb, ^re .Strafte unb SÖefdjäftigungen jittb fo berfdjieben, bafj matt längjl gefagt f;at: wenn j wep SDlenfcben ein unb baf* fclbe tf;un, fo ifl es nicht einerlei unb es ifl ber-ßlug» beit gemä&, biefen Unterfcbieb ju bemerfen , unb ade SDlenfchcn nach i^rer 2lrt auf eine gute SEßeife ju be? banbeln. SDie Sprache, iebenSarf, Sitten unb llmjlänbe beränbern ftd; feljr oft. SEßaS 5U einer 3eiC löblich unb fchicfliih war, ifl bießeicbf ju einer anbert» unanflänbig; was einem anbern nuflid) war, fönnte bir fcbäblidj werben; unb was ber ©ne tfjun fann, bas barf ber 'Jfnbere if>m beSwegen nicht nacbtfjun* £)ie Schrift ermahnt uns, berjlänbig $u fepn , unö ln bie 3e*t bu fehlen, unb ju prüfen, welches be$ Jperrn SEßiUe fei). £ßenbet biefe SKegel, welche in allen 33orfäden bes gemeinen SEßefenS fo nu^lid) ifl/ einmal befonbers auf bie «5)<wMBfclug{?eit an. Der Kaufmann, welcher flug hanbelnrcid, wirb ©utec faufen, wenn fte wohlfeil finb, unb berfaufen, wenn fle treuer werben; er wirb einen Ort $u feiner SEBoh» nunfl wählen, wo er Reffen fann, ben bejlen Abgang

i %

1 64 Sßon ber 33ovfidjt unb .^lugbeit.

ju ßaben ; er roirb norßcbtig in ber ‘SSaßl berer fei)»/ mit weichen er Jpanbel treibt, unb ftdj blos mit leuten nerbinben, rodele ben guten bauten ber (Jinfldjt unb Ovedjtfcbaffenßcit nor ßd} ßaben; er roirb ßd) nid)t mit einem ISorrafße non teuren haaren belaßen, bie bureb langes liegen nerborben roerben; er roirb fei? nen £3erluß burd) billige ^t^o^ung eines rechtmäßigen ^reifes ju erfeßen fud)en, unb es giebt noch fo man* cbe anbere §dlle, in benen bie .^anbefsflugfjeit ßd) jeigf, o^ne baß man habet} ber ©ereebtigfeit ju naß« tritt.

©icjrooteSRegel: Unternimm rnematd ale in. deinem Äräftert jietyt. 2>erfprid) uiemals meßr , als bu galten fannß; enipßeßl 9tie* manben, eße bu ntd)t fcollig non allen feinen Umßdn» ben unterrid)tet bifl , unb roas bu felbß tßun fannß, bas laß nid}t bureb Tlnbere tßun. £>aS ißbiellrfa* cbe, roarum fo biele ju ©runbe geßen, weil ße ßoßer fliegen roollten, als tßnen bie Slügel gcroadjfen roaren. Sßenn bu meßr ©efd)dfte übernimm)! als bu beforgen fannß, fo biß bu einem ju fdjroer belabenen ©cßifie gleid}, roeldjes enfroeber erleid}terf roerben ober ßnfen muß. Q)rufe bie grafte beiner ©eele unb beines lei* bes, batnit uberfpannte ‘Hnflrengung unb ber uncr* fattlid)e ©eiß bir nid}t beine ©efunbßeit ober bie SKu» ße beiner ©eele raube. SÖSdgebeine Ausgaben genau nad) beinen ©nfunften ab; roo möglich laß immer bi« ©ebaale ber leßtern in einem llbergeroid}t bleiben, batnit bu für bas llngeroiffe unb bie ^ufdlligfeiten 3ufunft etroas übrig beßdltß; ßute hieß bafur, baß

beine

93ort ber QSorft^t unt) Jüugljeit. 1 6$

feeine (Einnahme vorgegeffeneS 33rob fep, unb tnad;e oft einen Ueberfcljlag, mie mit beinen Umftanben mirf(id) befdjaffen fep. 5tnbeft bu, ba§ bu ^crt* fd;ritte mad)ft, fo banfe ©otf, bafj er beinen J-leifj mit feinem ©eegen gefront (jaf. 23emettg bu einen ©tiüffanö, fo wirb bid) biefj ju neuem S-leifi unb jur ©parfamfeit ermuntern. SÜSerbet if)t einen 2^ücfgang geroaln’, fo unterfudjt bie Utfadje/ mas rum i^r nicht rociter fommt, ob nid)t vieüeid)t S5er= adjtung ©otteS unb feer üveligion, lieblofigfcit gegen feen Sftächften, ISiiilfiggang unb $Serfd)menbung biefen Verfall nad) (id; 50g. Unterfucfet alfo eure Angele* gen^eiten felbfl ; efje eS Tlnbere tf)un muffen; unb fet)b verwert, bafj tpeber ©oft nod) SDtenfchen einen 9ftann finfen taffen f ber ben 5(ei§ £reue unb Oleb= liebfeit gegen beibe ein gutes ©emifien ju bemalen fuebt.

SDte b ritte Siegel: (Bebraucbe bie guten <Belegen^etten, fo halb ftc von felbfi fict> btt: batbieteru T)ie gunftigfien 'dnläffe unb ermünfd)’ tefien 'dugenbiide, mo etmas am leidjtejien unb be« fien bemirft merben fann, erfdjeinen oft fd)nell unb impermutf)ef, unb pflegen oft eben fofdjnell mieber ju Verfdjminben. £Genn mir fte unbenutzt vorbei) gef)en taffen, fo ftnb fte für uns enttveber unmieber6ring(id) Verloren, unb es bleibt uns nichts übrig, als ber 53ormurf, bafj mir hier ober ba fo ober anbers Ratten fianbeln tonnen unb foüen, ober mir muffen bod)Ian* ge märten , e(;e jtdj mieber eine fo günfiige Werfet« Jung von Gingen für uns jeigt. ©aber aud) bie

i 3 ©prüebs

1 66 Sßon t>ct 9ßorfi<$t unt» Klugheit.

©prudjworter, baf; man bas (£ifen fdjmiebcn muffe, weil es gluf)enb ifl, ober Jpeu machen muffe , fo lan* ge bie ©onne fdjeint. £af)er bie weife 23orfd}rift, baf? man alles jur reifen 3c‘f un^ in ber reifen Drb< nung t^un muffe, ©ott fprid}t nidjt ju uns PomJpint* mel herab, was wir t&un ober laffen follen ; oberer flieht uns oft in unferm ©ewiffen, in bem 9latf)e ei* nes greunbes, in gewiffen Vorfällen bes Sehens foU d;e beutliche SSSinfc, baf? wir nid}t irren fonnen, wenn wir il)nen folgen. 2Ber baffer in ber 5Belt etwas Pot ftd) bringen, wer einen guten 3wed erreichen will, bet ntufj niemals oerbrofifen werben, fonbern fletS bereit fepn ju Rubeln, fo halb eS nofhig ifl. ^reilid} muffen wir nid;t unbefonnen unb lcid}tfinnig ju 2ßerfe gefjen, fonbern Porter alles wof)l unb reiflich überlegen, benn wir ftnben, baf? oft felbft fluge leute ftd} übereilen, weil fte ficb bet} bem erflen "Hnfcbein burdj if)r feuriges Temperament perleiten laffen, ohne Porljergegangci ne Prüfung aller 9?ebenumftdnbe unb ber baraus ent» fpringenben folgen etwas ju unternehmen. 2(bec eben fo fehlerhaft ifl es, wenn wir ju langfam in un* fern @ntfd}lieffungen unb ju unthdtig in ber TfuSful)* rung unferer (Entwürfe flnb. T)enn bürd) einen fof« d;en Tluffdfjub fann bie gelegene >$eif Perflrcidjen, unb ber T>orfl)eil auf immer für uns oerfd}munben fepn. (Jben biefeS foüte uns aud} lehren, fold;en ©efahrett unb liebeln bie uns brolm, auf eine oorfld}tige 2(rt juporjufommen, ber ©elegenheif jur ©unbe, junt Tferger unb 53erbruf?, jum 93erluft auSjuweid}en, unb uns in feiten jurucfjujief)en , ehe cs ju fpdt ifl. Unb hitrinne jeigt jid} befonbers bie geifllid;e $Ö3ad)»

fam*

Q3on ber ^Borfid^t unb ^fugljdt. 1 67

famfeit bes £^ri|len über alles, was in unb aujjet fim oorgefjt, bamit nichts i()m fein 3lpi Perrücfe. Spälte €oa iijr Ohr oor ber ©timme beg Verführers t>erflopft ; hatte Dapib fein 2(uge beprn 'Hnbücf ber 23atl)feba Perfchloffen ; (jdtfe betrug bcn Ort Pcrmies bcn , wo bie ©potter fafjen, fo waren fie nicht gefal« len. Denn wer ftcf> in ©efa()t behebt, fommt in ber ©efa^r um.

©tcbierte Siegel: tTctbetblugaus bem 23eyfp;dc unb ben ©dpicFjalen 2tnberep* $Bas bie 3eid;en in bem 3Baffer fmb/ wo ©d)iffe Perfunfen, ober gefährliche Untiefen jtnb, bamit anbere ©d)ijfet gewarnt werben follen, ftd) nicht ju nähern : bas ftnb für unö bie 33eifpiele foldjer SEftitmenfcben, welche fleh burd) i^r unfluges Verhalten inö Unglücf gefiürjt l )a* ben. (£s ift aber beffer, auS Tfnberer, als mit uns ferm eigenem ©d)aben Uug ju werben. Vermeibet bafjer bie Älippen, an welchen 2lnberegefd)eitert ftnb. SSermeibet ben ^»ang jur 3erfireuung unb iuftbarfeif, unb machet bie 'Hbwarfung eur>S “iÖerufs, bie eure Pflicht ift, jugleidj jutn Vergnügen. Denn bie ad= juhäufige 2ibwefenfjeit eines Jpaugpaters »on feiner gamilie unb Pon feiner VSerfftatt jieljet immer 03er* fuft unb nachtheilige folgen nach ftd). Vermetbet ben Umgang mit Perbächfigen feuten, unb laffet euch nid)t fo leicht in s23ürgfd)aften ein. (Jntweber ift ber, für welchen ihr SÖürge werben foüt, ein 'SOlann pon Vers ftanb unb 9feblid)feit, unb fo wirb fein ©laubiger ftd) auf feine eigne Verftdjerung perlaffen fonnen, ohne ‘tfnbre hineinjujiehen ; ober ex ifl es nid;t, unb

i 4 als«

j63 95pn bev Qßorfidjt unb Älugfjcit*

alsbcnn mürbe eure eigne @id)er(jeit unb Ü?ul)e habet) leiben. SEßer für einen anbern Gürge wirb, fagt ©afomo, ber wirb (Schoben hoben, »r>er ftd) aber Vor ©elobcn hütet/ ifi fidler*). mid hiermit nicht fogen, bofj c$ in mand)en fallen nid)t jidjer unb jnenfdienfrcunblid) gef)anbe(t märe, für einen Tfnbern föürge ju werben; aber ich »will hiermit vor bemfeid)t? finn mornen, nad) roeld)em man Gürgfdjaftenfdjliefjt, ebne ju miffen, ob mir im ©fanbe jtnb, fte ju leifien. SDenn mir muffen eben fo bereitmidig, als fähig fepn,

bas, mofur mir bürgen, im erforberlidjen §aü alß ynfere eigne ©dmlb abjutrogen. Jpütef eud) vor bet ©pielfudjt/ meld>e 5ftand)cn ju ©runbe gerichtet

bat. 1?enn jle ifi eine von ben Gerfucbungen unb ©triefen, in mcldje bie faden, rneldje auf eine febnede unb (eid)te Xrt reid) merben moüen. @oü ein er* laubfer 3eitvcrtreib fepn, fo menbet niemals mehr ba=> ran, als if;r auf jebeß anbere unfcbulbige Vergnügen menben murbet, baß eud) ju eurer ©rf)olung notfjig i(l. Keffer märe es, ihr fpicltet nid)f um ©elb unb am aÜerbeffen, ihr fpieltet gar nid)f. Gcrmeibet eine adjugrefe SReugierbe unb mifdjet euch nid)f ohne Geruf in frembe äpänbel, ober gar in ©taatßfacben« SDiefe Gehutfamfeit iff befonbevß ju unfern 3e,f^n no* thig, roorinne fo erflaunenßmürbige Gegebenheiten borfaden, unb mo mand)er fid) hcrnuö nimmt, ein übercilreß Urteil über ©nd)en faden, bie er nid;t Verficht. ^\d> ber.fe, mir hoben genug ju thun, menn mir bie @efd)äfte unferöGerufö abmarten, bie

len gegen ©ott erfüllen, unb £ßerfe ber iiebe an un?

ferm

*) ^prfebtv. XI/ 15,

35on ber 3$orji$t unt) Klugheit* 16$

ferm Sftadjften, an 8reunben unb Verwanbfen be= weifen feilen. ©aß üuiber beß ©taafß wollen wirbe* nen ju fuhren überladen, melden ju ifjrer Zentner* fermeren Verantwortung anoertraut ifl : unb unfer Sroft bei) allen ©rfebütterungen ber 3BeIf fei) biefer, ba$ @ott ber I)bd)fle Regent ifl, ber alleß jurn Veften lenft. 3n folgen Gingen, wo wir ju feiner ©ewifj* fjeit ber Ueber,eugung fotnmen fonnen, wollen wie ben weifen IRatlje beß fiugen ©amalieiß folgen :

5flß SBerf üon ©ott, fo wir&S 6efteljn.

3ftö nicf)t vor» if;m tviröß unterge^n.

Diefeß waren einige ^Regeln ber Klugheit, welche unß bie ©rfaljrung , biefe oortrcflid)e ief)* rerin, jur guten ©inrid)tung unferß Verhaltens t>orfcf>reibt. iaffef unß nun noch einige i^ülfermttel 3uc Ausübung bet: Verficht unb 2\(ugbeit betrachten. ©ie ftttb biefe: fKu^ige Vefonnenfjeif ynb Veobad)tungßgeift; 2öelt * unb ÜRenfd)enfennt= nt§ ; unb eine ungef)eud;elte ©otteßfurd)t unb Died)t3 (Raffen (feit.

‘Saß erffcc Niftel jur Klugheit ift ruhige 23e* fönnenheit unb ^eobacbtungogei^. 2£iU man flug ^anbeln, fomufj man oft über jtcbfelbfl nacfybenfen, feine ©d)mäd)e unb ©tärfe, feine Vorzüge unb fehler fennen (ernen ; aufmerffam auf aließ fet)n, waß ift unb qefd)ief>et; eine ©ad)e »on me()r a(ß einer ©eite be* trachten; ©egenwart unb 3ufunft, ßwec? unb Mittel, itrfad) unb SÖSirfung, ©runblage unb gef) orig

tttit einanber vergleichen, unb bann aud; ftd; immer in

* S fei*

i7o Sßoti fccr ^orftd^t unt> Älugfjeif*

feiner ©ewalt ^aben, feiner immer mächtig bleiben, unb feine 23egierben im 3^1 galten , häufte fid) Die Vernunft nid)t unterwerfen, ober ba$ wieber nieber» reiften, maß bie rulpige Ueberlegung bauen will. s25e- ^errfchet benn jeben heftigen Effect, weld)er baß ©leid)« gewicht eurer 0eele fteren will. Sföerbet nid)t unjufrie« ben,wcnn es euch nicht immer nad) 'äßunfebe, nid)t nei- bifch/ wenn e$ aubern beffer gehet, iaffet cud) weber burd) faifche $urd)t niebcrfchlagen, noch burd) falfd)e Hoffnungen aufblu^cn* S&enn if;r eure <Pflid)t nach beflem Vermögen getl^cm ^abf, fo beunruhigt eud) nicht wegen ber ungemiffen 3ufunft fonbern überlaffet alles ber weifen Oiegierung ©otfes, bie alles wohl gemacht hat, unb alles mol)! mad)en wirb. $Bie Piele werben burd) falfd^ Hoffnungen betrogen! @ie erwarten et« wa reiche ©rbfdjaften ober anbere ©lücfSjufälle, »er« nad)ldffigcn barübet ifpre ©efdjdfte, laffen fleh burd) glänjenbe träume unb ©inbilbungen blenben, unblaf« fen, wie ber Htmb jn ber gabcl, batf was fie b«bcn fahren, um nad) einen ©d)atten $u fd)nappen. faf» fet eud) aud) nid)t pom heftigen Unwillen unb 3om hinreiffen. Unterfuchet Porber alle fftebenumflänbe einer HQnblung, weld)c euch reihte, unb perfchiebt euer Urteil bis ihr faltblutiger werbet, bamif ihreudfj nicht perfünbiget, wenn ihr nürnef. SDie Effecten finb jwar unferer ©eele natürlich unb mefentlid); aber es ift bas @efd)äft ber döeisbeit unb ©elbflPerleug» nung, fte in Drbnung jh galten. man nid)tmit Vernunft hanbelt, ba geltet es nid;t wobl ju *).

$)aS

*) Cprüd;ip. 19', 2.

371

Sßon <25otjtc$t unb $fugh«f.

$)ad jroeite Mittel $ur .Klugheit ijt: XOctt ^ unt) tTIenfckcii£eftmmj$. D^reunbe, man mufjerft Pie* le 3a§re in ber SOßelf gelebt haben, unb in mancher« tet) lagen unb ilmfldnben gewefen fepn, ehe man bie Klugheit erlangt, welche und mit Q3ef)uffamfeif burch alle ^rrgänge bed lebend fu(jrt. .Kinber unb unetfahr* ne junge ieute jtnb fefjr geneigt, fic^> felbft flug unb weife ju biinfen, rafch unb unüberlegt ju urteilen, ben Diatfj ihrer Äffern unb PerjUnbiger greunbe ju Per* werfen, bid ftc, wie ber berfofjrne ©ohn, bie traurt* ge Erfahrung machen, ba§ fte fich nod) felbft nicht re? gieren fonnten. ©ammelf eud) baher einen @d)afc Pon Erfahrungen über Sftenfcben unb £>inge; lernet bie SQSelt unb bie SDtenfchen unb il;re berfchiebenen Eharaftere fennen ; machet eud) auch bie Erfahrung anberer weifen leute ju 9ftube , unb ich empfehle euch bedwegen befonberd, bie ©pruchworter unb ben^tre* biger ©alomod, fo wie auch bad $23ud) $iefud Sprach $u lefen, worinnen golbne ©ittenfpruche unb lehren enthalten jtnb, welche bie Erfahrung in jebemSeifs alter ald wahr betätigt f;af.

Tiber bad bejte Glittet jur Äfugheif, ober Piele mehr bie befte .Klugheit felbft iftungeheuchelte (Sottest futefot unb 2Ud)tfd?afFerrt)m. 3urtht bed Jperrn ift ber Sßeidheit Tlnfang. ©o ^nianben bie» fe SÜSeidheit mangelt, ber bitte fie Pon©otf. Er fern tief ben ineinanber gefchlungenen 3ufammenhang aller £>inge; er fann euch Pon allen ^rrthumern in eurem bürgerlichen unb geglichen leben bewahren, unb non euch fo manche ©efahren unb Jjinbernifje entfernen;

ober

vjz Sßon ber 95orfidjt unb Ägfyett;

ober er fann eure ©ebanfen fenfen unb bie $Ö3eißf)eif geben, roeldje euch unter timen burd)fnlft. Unter feiner Tluffidjt flehen alle (Jreigniffe ber ungeroiffen gufunft, bie er mit meifer .£>anb für unß mit einem @d)let)er berljullt f >at. ©rinnert euch bafjer oft an baß, maß ^acobuß inßbcfonbere ben ©efd)dftßleuten fagt ; 3PCc»t)lan Me ilyt nun fäget: &>eutc ©ber tHor* gen mellen wir gelten tn bie ober bie ©tabt, unb wellcit ein jal;t ba liegen unb banbtljie* ren unb gewinnen, bte i^c nid^t wifjet, was tnergenfe^n wirb* iDennwae iff euer Heben? (Jttin jDampf ijf ee, ber eine kleine $eit wdl?» rct, barnad; c ber üerfcb wittbet er; bafur it^rja« gen feiltet: ©e ber i/>crt will, unb wir leben, wellen wir bico eher bae tl;un (^ac. 4, 1 3 1 5.)* SSermitfelt eud) nie ju fcljr in bie ^Ingelcgenfjeiten bie* feß iebcnß, ba(j ifjr barüber baß funftige auß benTlu# gen öetloref. S)ettn mcld)e ‘Sljorljeif mdre eß, gleid)* fam einen 'Sanferot in ber Dieligion ju machen, um ei? nige ©djeingufer ber ©rbe ju geminnen) Seifig fet) eud) baf;er jeber $ag beß Jperrn, um eud) auß ber >$erftreuung ju famnieln, unb Sßeißljcit unb Sroft auß bem gottlid)en SHSorfc jufd)opfen. 33evbinbetba* mit aber aud) ein aufrid)tigeß 33eftrebcn, in allen ©tuefen, eljrlid), offen, gemiffen^aft ju^anbelu, £)enn roer unb maß fann unß fd)aben, menn mir bem ©uten tiad)fomtnen? £) bie feine berfd)miljrc 5Beltflugf>eit treibt bod) nur auf eine furje 3cif, f»c fallt enblid) bod) in il^re eigne SRe^e, unb bie laroe ber Jpeud)cs lct> unb 553erftcllunq mirb ifjr entriffen. 7lber bie ^(ugljcit ber ©cvccl;tcn barf fiel; auß ficf)t magen ; jte

giebt

§ßon Der Sßotftcf)t unt> ^lugfjett. 173

^ieSf nnß getrogen DJiutf) unb Jpeiterfeit in aüen Um* fidnben beß iebenß; unb jte t|l eß, bie unß im $obe burcj)f)i(ff,

CCßcr biefe meine Diebe tjort unb t^uf fte, bet! toergieidje irf) einem fingen 9Jianne, ber fein ^>ouß auf einen ^elß bauet. Unb roer biefe meine Diebe fjoref, unb tf)ut jte nicf>t , ber ijt einem tijoridjfen DJiann* gleich, ber fein Jpauß auf ben @anb bauet. Tfmen.

Sehnte

»74

e-u-atü^.- ■_! -i . . . .. ...

5e^ntc ptcttgr»

23on fcer ilmgänßlid)! eit fce$ @f)rijteii.

bu ©oft bet* liebe, bu millfl, bafj mir beine Ätnber uns unfers Dafetjns freuen, gemeinfchaftlid) beine ©aben auf bem ©rbboben genießen , uns burd) gute Dveben unb 23eifpiele jur ^ugenb ermuntern, unb uns unter einanbcr burd) gegenfeitige Jpulfleiftung unb SSSofilroollcn baS leben oerfujjen foüen. 23emal)re uns bafper bod) oor allem Sgenfinn unb URcnfchenhajj, unb flofje bie ©e|Innungen einer magren SDicnfdjen:* unb Söruberliebe in unfere Seele, laß uns gern mit tDienfdjcn umgefjen; gcrnTlnt^cil an ihren leiben unb greuben nehmen, gern auch burd) Umgang anbere ju beffern ober unfd)ulbig ju oergnugen jtreben. 23er* fn'ite aber aud), bafj mir im Umgänge mit ber 2ßelt nid)t ihre funblidjc ©emohnljeiten, ©runbfä^e unb Sitten annehmen, unb uns nicht ju fc^r ins ^rbifche jcrflreuen. 2(d) mie feiten mirbs fo helle in unfernt ©eijle, fo marm in unferm J^erjen, fo ruhig in un< ferm ©emuflj unb fo flille um uns f)cr, mo mir in uns felb(Ued)tfrof)ftnb, unbmounsin bir, bul)od)ftes©uf, recht mohl, recht feligifH ©djenfe uns Piele folche felige ©tunben unb 2lugenblicfe, mo mir unfer $er* flreufes ©emuth aus bem Geräufd) ber SOßelt mieber fammeln, ju bir richten, unb unfer rechtes leben fufj»

len

Q3on ber Umgdnglidjfeit bcs (Efjrijlent 175

Ich formen, unb lajj uns überall unb jeberjeif, in bet' ©efelifdjaft, rote in ber 0nfamfeit, in unfern fyvxi fern, roie hier in ber Äircbe, in Arbeit n)ie in Diu^e, an bid) benfen unb in beiner ^eiligen TUlgegenroarC roanbeln.

^cfuß (Sljrifiuö, bu liebenßrourbigfter Üftenfd)ens freunb, ber bu nidjt ben Umgang mit SOfenfdjen ffe« f)eß, fonbern bid) unter fie mifd)teft, 3rr£nöe ou un= terridjten, lajterjlafte ju beffern, traurige ju trbflen, 0 fcilbe bu in uns beinen Reitern men|d)enfreunblid)eti ©hin. leiere unß umgänglid) unb gefetlig ferm, roie bu roavft! 3(ber roie guttfpätig, bcmutf)ig, liebreid), freunblid), roarft bu, roo bu roarfl! 2Bie nu|lid> roup be beine ©egenroart allen Tlntaefenben, unb roie triefe fjeilfame ^inbrüefe für ®ott uub ^roigfeit (jinterliefs fefl bu in benen , bie bid) falpen ober leerten. ©et) bu benn in allen Dingen baß bere^rungßrourbige 9ftu< fler, Dem roir nad)af)men; mad)e unß bir afmlid), unb lajj unfer ganzes leben nid)t nur Urtö , fonbern and) 2lrtbctn nügltd?, nidit nur für bie3cit< fonbern aud; bie i&wiglfett roid)ttg roerben.

D t : Stu. 14, 1 11.

©3 begab ftdj, ba§ er fant in ein JjpatiS eiitee Oberffen ber %pfjari[det auf einem @ab-- batl), bae 23rob $u effen, unb fte gelten auf i(jm - -

9J?an macht ftd) falfd)e begriffe bon einem 0jr it flen, meine Srnwbe, roenn man ftd; i(m alß einen

©on*

176 <Von bet Umgänglich^ böö Shriften.

©onberling t>orflefft , ber mit 9?icmanben umgehe imb fleh nid)t für bie ©efeßfdjaft fd)icfe. £5oß tljun aber nicht nur $3eltmenfd)en, weld)c wahren CS^riftcn of)ne ©runb biefen Vorwurf machen, unb entwebet if)re ©efeßfehaft gan$ tneiben, weil ifjr Srnft nid)t nad) itjrent ©efd)mad; ifl, ober, trenn fte mit ihnen ben# tted) jufammen fielen, auf aße if)re 3Bcrte unbJ^anbs hingen (auren, um etwag augjufinben, wag fic fabeln fonnen, tüte jene ^^arifder, n>e(d)e unter bet- larue ber 3*reunbfchaft gegen gefüllt, ben fte ju Sifche ba= ten, ein tu<fifd)eg Derbargen, unb fDon benett cg he'£f: Hc duf 1(711; fonbern eg haben

wohl felbfi aud) fromme, aber fd;wache Sjjriflen Tin« lafj 511 biefem Vorurteile gegeben, wenn fie in i(jreirt wol;lgemei)nfen Sifer ftd) eine ju grofe Strenge Derlei# ten liefen , fafi ollen Umgang mit bet 5öe(t, unb ben ©enu§ aud) erlaubter Vergnügungen wegen beg ba# bet) unterlaufenben 9ttifjbraud)g, alg funblid) ju Der# werfen. fftiemanb fann ung aud) bet) biefer Ver« irrung beffetr jured)twcifen, alg ber, welcher in allen ©tfitfen unfer 9Jlufter unb Vorbifb fet)n foü , 3efug (Slpriflug. ©r liebte allerbingg bie Sinfamfeit unb 0tt(le, aber er enfjog ftd) Ctud) nicht bem Umgänge ber 9Jienfd)en. ©r brang fid) nicht auf, aber er er# fd)icn ba, wo er lun gebeten Würbe, ober wo feine £öeigf)cit unb liebe ifpn hittjog. £ßir ftnben i(jn auf ber Jpocbjeit ju Sana eben fo tudd)fig alg liebreich be# fdtaftigt, jur Tlufheifetung berÖefcßfdmft, bem'tXftan# gel an IXßein ab^uftelfen ; wir finben if)n bfterg bet) ©aflmaf)len unb in @efeüfd)aft ganj Derfcbiebenet SDienfdjen, holtet unb nichtiger, frommer unb gott#

lofer

$gen ber Umgancjuc^fctt beschriften* 17?

iofer, armer unb reicher; unb immer fe£cti mir, baf Cr ftd> nach ben ©itten feines Beitalters richtete, baf er bie hergebrachten Beiden unb ©rweifungen bet Jjjtojlicbfeit unb bes SBof)Iflanbeö beobachtete/ baf ec fich aber auch in allem fletS gleich blieb, immer ©anft= mutf) unb X)emuth jeigte, bie ©peifen burch erbau* liehe $ifchgefpräd)e wurjte, unb allen Tlnwefenbett burch Unterricht unb SSeifpiel nützlich mürbe* $)ie erften C£^rtflen , aus welchen fein Q3ilb noch unpet# fieüt herPorjlrahlfe, waren feine murrifdje ©nfieblec unb OJibnche. tiefer 'Hberglaube, als wenn matt ©ott in einer SEßuftenet), ober in einem ^lofler beffec bienen fonnte, als in ber Sßßelf, ift Piel neuer fon® bern ftc famen oft jufammen, bet) i(jren iiebesmaf)3 lern ftdE) ju freuen, waren ein Jperj unb eine ©eele,. unb nabmen ^§eil an unfd;ulbigen unb aufgemeeftett ©efellfdjaften.

€s ifl alfo fo weit entfernt, baf bet Cfjr*ft eitt Perbtufjlicher SDienfdjenfeinb fepn follte, welcher fchen fieft unb ihre unfd)ulbigen $reuben ftorf, baf er Pielmehr, als ©chuler unb Nachfolger Biefu (Slm* fli, als üftenfcbenfreunb’, auch ber angenehmfle ©e* fellfchafter ift. 2Bir haben bisher ben (S^ttflcrt in per* fchiebenen S3ethältniffen unb Pflichten bes gefellfd)aft* liehen iebens fentten gelernt, als Bürger, Unfetthart, JpauSPater, ehegatfe, greunb, als ©lieb ber gtofjett Familie ©otfes auf (Erben unb bes gemeinen SEßefenS* iaffetunS jejt einmal biefen 0efTd)fSfreiS in etwas be* fdjtänfen , unb ben Gfn'iflen in bent JÖerhdltnif be* trachten, baS man im eigentlichen Sßerftanbe ©efell* fchaft unb Umgang nennt, wo SDtenfdjen wegen ihrer

3n»citec *IkU. Berufs*

178 <25on bor Umgdnglic^fdt bc3 €|jrijiim.

Berufsgefchdfte ober eir. gefediges Vergnügen ju g es niesen, an einem Orte jufammen fomnien, auf eine gewiffe übereinfiimtttige TCrt einen 3;()cil if)rcr 3dt mit* einanber jitjubvingen. £)as ©(nifientfjum erlaubt es uns niefjt nur, fcnbert\ macht es uns fogar $ur 'Pflicht, umganglid), gefedig, herablajfenb , (wfüch, tfyeünefy menb , Reiter unb froh &u fenn , unb uns unb anbem ben furjen iebensgenufj auf ber ©rbe ju verfügen, galtet biefen ilmflanb nid;t für gering; er wirbunfe* re Betrachtung auf widrige ernflhafte lehren (eiten, unb am ©nbc für uns ade nützlich unb erbaulid; wer* ben. Sd)

von ber itmgangüdjfcit beS ©fjrijfen

unb warne habet) vor jroeen Abwegen :

©rfilid) vor ©nficblerei),

3 ro e i t e n ö vor 3er^reuungSfuc^t,

öjinftebletey ober adjugrojKr £ang jur ©infamfeit, wo ein ISftenfcb ben ‘Srieb jur ©efedigfeit in fid) unferbrüeft ober fdjwddit, fann aus mancher» lei) Urfacben entfielen, ©s giebt qegrünbete, lob» (ich?, fromme Urfachen, warum ein ©Ijrifl fld> in fld> felbft unb in bie ©iufamNr jur ücb'^iefjt. ©in ju ()üu* figer Umgang nur ber im ürqen liegenbcn s2ße(t f>nt nid)ts Üiei($enbeö für tfjn, er fann wol)( gar feiner Un» febulb unb Xugenb gefdhrlid) werden. Wenige ©es fe((fd)aften , weld>e bie 2Belt anfMler, wenige Unters reOungen, weld)e ba geführt werben , ftnb fo befchafs fen, baß ber ©h^f* mit 5ßohlgefaÜen uno Sufneben*

Wt

C3on ber Uingänglidhfett beö €^ri(l«r. 179

Ijeif, mit gutem ©emiffen ihnen beime^nen fonnte» wenigen werben red)f nu&lidje unb gottfeligc ©e* fprddje geführt, fonbern man 6emerft einen unfeltgett ©cfel, etwas oon fXeligiort auf btc Tdafm $u Bringen, ober ju (wren; bas ^Bctter, Tlnjug unb lebenSmittel unb bte Sleuigfeiten beS Tages jtnb bie mtchfigflett ©egenfldnbe ber Uuferrebung; man berldumbef bert abwefenben 9idd;ften; man überldjjt ficb einem mit* ben ©elddjfer, ber fufitgmacherep, ber Unmajjigfeit unb ben Tlusfchweifungen ; es ^errfd)C ba feine wahre Jj?erjensergie(?ung unb greunbfehaft, unb man fornmC gemeinigfid) fcbledjter aus folgen 3ufawtwnfunftett wieber juruef, als man bal)tn gefommen mar. SBentt ber (Sfjrifi fid> folgen ©efellfcbaftcn enfjiefjf, fo »er * meibet er gefährliche Klippen, unb erfüllt ben 23efe(jt ber Schrift : <Se^e t aue von t^nert, fonbert euch ab. <oabt fließt lieb bie XTelt, noch xvae in betitelt iff, Stellet euch nid) t biejetXXVlc gleich, iietyt nicht am fremben mit beit Ungläubigen, entdiehet euch von je# bem Stüber , bet ba unctbentlich wanbeit. Sftidjt immer aber liegen foldje eble 'Hbfidjten junt ©runbe, warum bie SDienfdjen eine Vorliebe jur <£in* famfeir haben. Einige juchen fie aus Temperament, unb ijt bep ihnen gar feine Tugenb. S)ie Siatuc fdjeint ihnen bie gefelligen Triebe Derfagt $u haben, welche fie jebem anbern5ftenfd)en eingeftejjt hat. Um« fonft enthüllt *>or ihrcn Tfugen bie Sd>epfung fo oiele SXeije; umfonß tont Por ihrem Ohr bie entjucfenbjie Harmonie; fie finb taub gegen bie Stimme ber $reu* be, unb fie finben in nichts (Erleidjtevung als in ©in«

5)1 3 farn*

1 80 ^on ber UtttgängM)feit be$ €f)rijten.

famfeif unb fdjroermütlugen Klagen, Anbere fudjen bie Sinfamfeit aus SQiüfjiggange unb iiebe $ur 33e= guemlid)feit; ftc entfliegen ficf? , m o nic^t ben iuflbar^» feiten, bodj ben ©efd)dften ber €K5efc, roeil fic in gu» ten Umjlanben ftnb, unb ein 9ted)t jur Srdgljeit flu f;aben glauben, unb »nenn fic nur nid)C in i^rcr Oiulje, in ifjrem ffoljen ©elbftgenufj ge|lort »werben, fo be* fümmern fic fiel; wenig um baS SÖSo()l ober Sßefje ifj* rer iD3Atmenfd)en. (Enblicf) giebt es aud) folcbe 93ien* (eben, »oeldje aus (Eigenftnn, beleibigfem ©tolfl, »nur* rifeber ^abelfucbf, getdufd;ten #ofnungen, aus Üften« fd)enf)afj bie Sinfamfeit fudjen. Senn bas glaube id) niebt, bajj man jejt nod) ben alten Aberglauben unterhalt, als »nenn man ©ott in ber Singejogenf)eie beffer bienen fonne, als in ber SCßelt. £Ba6 fjeijjet ©ott bienen? (Es frei) bie ©uter genießen, bie er uns fdjenft, bie Kräfte üben unb bilben, bie er in uns gelegt, ben ISeruf treulidj abmarten, ben er uns angemiefen hat, unb aus Siebe flu iljmftreben, uns unb anbern fo nüfdid) ju »werben, als mir fonnen. 5Bir follen unfer Sl;ri(ientf)um in ber (Erfüllung ber Pflichten bemetfen , meld)e jeber nad) feinem 33erl)dlf* niffe ©ott, ber 3ßelt unb ftd) felbjt fcbulbig ijt, unb id) fürd)te, bafj wiele (Einftcbler bie Sßelt mit in ifj* rem Jperflen in ihre (Einehe nehmen, unb ba§ il)re £3e« gierben bafelbfi nur befio heftiger »werben, je entfern* ter bie ©egenflanbe iljrer Q5efriebigung jinb. Eftein, meine trüber, mir braudjen nid)t in 2Bdlber, Jpolett unb cinfant Sellen ju fliehen, um unfer Safetjn bef* fer ju geniefen: mir braueben nid)t auffluhoren, Elftem; fd;en ju fe»;n, um Stiften flu »werben, Senn moju

unb

I

Sßon ber Umgänglic^feit beö Triften. 18 i

unb für roen fc^uf ©oft bie$?t'(t unb ißren ©cbmucf ? gür roen Icudjtef bic ©onne? (trennen bie glüffe? blühen bie ©eßlbe? ertönt ber ©efang ber £>ogel? fdjafc bie Sttatur unb Äunft? SOßoju unb für roen anberS, als jum STtußen, ©enuß unb ©ergnügenf unb für ben ?0^enfd;en , roeld)er aus bent ©efd)6p, ben großen gütigen ©djepfer erfennen unb glücffeltg fepn feil ?

£)er 5ftenfd) ift für bie ©efellfdjaft, für ben Umgang gefefjaffen. £)aS leßrt uns bie Religion, unfer eigner Srieb, unfere 53eft:'mmung unb unfer^3e# bürfniß. £Bir ftnb Tlnbern liebe fcbulbig; biefe fob len roir ifjnen im Umgänge beroeifen, unb roer ftc^ biefem oßne Btotf) entfließet, jeiget an, baß er enfroe= ber ein eigenfinniges ober lieblofeS Jl?er$ ßabe. freuet eud? mit beit S^\id)cn, unb weinet mit beit XEeirtenberu «£>abt einerlei ©mit unter einanber. an, ab bie 2fueerwai*

ten (Bette», ^etjlicbee ^Erbarmen, liebteit, iDemutlj, Sanftmut^, (Bebulb, Vertrage einet ben anbetn, unb vergebet eueb untet einanbet, fo 3em<*nb Klage ^at wibet ben 3nbccn» Vcvmabnet bte Unge= 3ogenen, träjiec bie Kleinmütigen, traget bie ©cbwacben, feyb gebulbig gegen tnann. 8Go ßnben roir einen bejfern ©djau# pla£ für bieUebung biefer Sugenben, in ber Einge= jogen^eit, ober in ber ©efellfcßaft? ©oft ßaf aud) in uns alle einen Srieb jur ©efelligfeit gepflanjf* Sbenn roie elenb roürbe ber SUtenfd) fepn, roeldjer alle feine Sage in einer einfamen unflätigen Entfernung

ÜJt 3 t>oit

1 82 3ßen fcet Umgdtiglidbfcit be$ GEIjnflctt.

von IJttenfcben jubringen foUce , ober aus bcr menfdjs lidjen ©efellfcbaft verbannt wäre? Sßie Viel verliert ber Üftenfcf), rveldjer ofme greunb, unb ftd) fel6ft itberlaffen in ber weiten QüGcit herum irren mu§te, ober fic(> freiwillig in eine ©inobe begraben wollte? $ttit wem fann er feine leiben unb $reuben teilen? ^d) fann meinen Kummer nid)t ben iXöanben, ben 3£>äl» bem unb eS*cIfen , ober bem füllen 9)}onbc Hagen, ivofjl aber einer t^eilnef^menbcn gefühlvollen @ee!e; unb jebeö leiben wirb leidster, jebe $reube febmaef* Hafter, wenn mehrere gleidjgefümmte 0eelen baran 5heil nehmen, ^d} bebourc alfo ben Ifftann, ber auts SD?cnfd;cnha(j ober murrifebem ©igenftnn bic SD?en= fdjen, feine trüber, fliehet, unb nur allein für fid), nicht aber aud) für 3lnbere leben will. Sjenn wir finb offenbar baju benimmt, in bruberlicber ©intrad)t ju leben. SÖSir finb , einer von bem anbern abl)än* gig gcmad)f. Um alle ^ftenfdjen, vom gürflcn bi« juni Bettler tfi ein 53ruberbanb gefcblungen. ©inet foll bem Tlnbern nu^lid> ju werben fud;cn; unb bieje* nigen Ärdfte, wefd;e er im £>ienfte für bie &ßohl* farth beö ©anjen erfebopft hat, foll er im @enu£ er» laubter ©rgohlid; feiten wicber hcrflellen. llnfer eig« ne« 5Öeburfni{} foll un« alfo in ben Umgang mit SJicnfdjen jief>en , unb Tlrbcit unb 9luf)C foll bet) un« abwed;feln. £)ie Grafte unferer 0eele unb unfer« leibe« werben bureb al4uf)cffige 7lnfpannung ge# fd;wdd)t, bah wir Erholung notljig habw. ©ine muntere unb aufgeweefte ©efellfd)aft aber iji ein fehr gefd;icfteö Mittel, bas ©cmütlj aufjufjeitern, unb ihm bic erforberlicbe ©rquiefung ju verfdjaffen*

2)urcb

«

QSon Der Umgängltchfett t>e$ Triften, 18?

35urd) ©efelligfeit unb Umgang trieb ber SDienfcf} erfl ein ISlenfcf;.

Tiber* me ntufj unfet* X)evl) Alten im Umgänge befhaffen fepn ? kfjt uns in bet: ©d;ule 3>efu bie qe« (eiligen ‘Sugenben lernen, treidle er nid)t nur lehrte, fonbern and; felbft übte, ^mmer mar bie Qri;re ©ottcS unb bas 2Bol)l ber üftenfeben fein lejreS £tel; immer rnid) er mit göttlicher Klugheit ber 3lrgli)t fei« ner Jeinbe au»; rnie er einen finbifdjen Diangflreit unter Den ©dfien bemerfüe, lehrte er ihnen, bafj man fleh eljcr fclbft erniedrigen als erhoben mü§te; er mar herablaffenb, liebretd), febonenb, theilnehmenb, fanft« inut^tg unb ron ,£erjen bemüthig- 3ßie er, fw^n aud) mir, im Umgänge mit “Üftenfchen häufig ©eie« genf;eit, alle biefe '-fcugenben ju üben, ©s giebt geifb» lidje ^ufanimenfünfte, melcbe baju befiimmf fr.b, ©ott anjubeten. ©olchc %$erfammlungen trollen mit nie o^ne Sftotl) rerlajfen, fonbern aud) fjür burcf) um (er T5cifpiel anbere ju erbauen unb baS ©ute in ber ©Bell ju beförbern fud)en. ©s giebt aber aud) foge« nannte roeltlid;e ©efeüfd)aften. Äann ber (S^rifl (ich aud) ba einfinben? 2£arum nicf)t? cS kenn *hm nicht auch erlaubt, unfd)ulbige ©rgohlid)feiten ju ge« niefjen? Äann er nid)t auch h>er manches ©ute burd) feine ©egenroart giften, manches 55ofe Per hüten, bie ©f)re ber Dfeligion Pertheibigen, roenn fte pon einem Permegencn ©potfer angegriffen mirb, bie Unfcf)u!b bes perläumbeten unb abmefenben?ftebenmenfd)en ret= ten, ©d)ücf)terne unb 3urücfqefejte aufmuntern, Un» miffenbe unb ^renbe mit 2>efd)cibenheit jurechtroei« fen, ohne eben bas Tfnfe^cn eines kh«rs (jaben s11

29i 4 mol«

*84 93on tw Umgänglich^ griffen.

wollen, fiel) ^erablaflen ju Sffiebern, ©emufl) jeigen, wenn er jurucfgefejt ober feine vÜSurbe unb Q>erbienft berfannt rnirb , ©anftmuffj/ wenn il)m etwas Tin# juglidjes gefagt, ober if)m wiberfprochen wirb, jut regten 3eit einen 3ßinf, ein $ßort fallen taffen , ba$ wie ein guter @aame in ben ©eelen ber Tlnwefenbe« juruef bleibt? (Er wirb freilich nu|licbe ©efeüfcbaften benunnüfjen, er wirb bas Q5effere ben Schlechtem Vorgehen; er wirb nie fein Vergnügen fudjen, wenn er baruber ausbrucfliche Pflichten, ober fein .ftauswe* fen oerfqumen mufjte. Tiber ba, wo if;n einmal fein 53eruf, ober eine fehieffidje ©elegenfjeit hinjiel;f, wirb er ftd) nid;t als ©onberling außjeidjnen, fonbern baS ©einige jur Tluffjeiterung ber ©cfeüfchaft beitragen unb mißlich werben, (Er wirb freilich nicht leicht oor# eilig mit ^emanb Umgang anfangen, nicht 511 fchnell greunbfehaften fchliefjen, er wirb nur mit folchen fPer» fonen nähere Söelanntfchaft fuchen, beren (Einjtdjt unb 9ied)tfcha|fenheit er fd)d$t: aber er wirb benn auch gegen fold;e, bie er für feine greunbe jU erf(£, ten wurbiget, freunblid), gefprachig/ offen, gefdb lig, höflich fepn, er wirb an feinen greunben fleine 0chwachheifen unb gehler uberfehen, er wirb aus feinem Umgänge alles Tlnftbfjige, ©elbftfuchtige, ©i» gennühige, ©fclhafte oerbannen, (Enblid) giebt aber aud; bie häusliche ©efellfdjaft eine oielfadje ©elegen# heit, biefe gefellige ^ugenben ju üben. 2>dfer unb SOiütter, .Stinber, ©efebwifter, £3erwanbte, greun# be, $auSgcnof[en , we(d;c beifammen leben, fönnen fleh ihr ieben entweber »erbittern ober oerfujjen, ton# ucn es jur £olIe, aber auch jum Fimmel machen,

lebe

<Von ber Umgänglid>feit beö griffen. IBS

lebe baher, mein ‘»Jflitcbrijt, lebe mit ben peinigen in einem J?aufe nid;C nur gefellig, fonbern auch freunbs fdjaftlich. la§ es jeben beiner JjauSgenojfen bep je* ber ©elegenf)eit empfinben, bafj bu eS fjerjlid? gut mit ifjm mepneft. Tiber baju gehört warlich mehr, als glatte £6ort unb erfünfielte greunblichfeit. lieber* jeuge anbere, bafj bu nicht nur wünfebeft, bafj (Tc für bid) leben foüen, fonbern bafj bu auch für ft'C" lebfl. T£ucf> bep fleinen Notfällen erjeige iljnen ©e* fdlligfeiten, welche oft bie Serien auf baS innigfte »er« binben. ©rjeige 'dnbern 2fd)tung unb liebe, fo wirft bu bid> in Achtung unb liebe bep ihnen fefjen, (£inet trage bes artbern Haft, fo werbet if>r bae Oe« feg Cbrifti erfülle». £)as ift bas Vilb bes ©fünften in ber ©efeüfchaft ! ©o beglücfenb ift bie üleligion (Er)rifti für unfer gefammteS leben! ©o Piel Tinne^mlichfeit breitet fte über alles aus, wenn wir uns nach ihren Vorfdjriften bilben!

^d) h^be euch aber noch por ber ^ctrffreitutige^ fticbr ju warnen, tiefer ^e^ler befiehl barinne, wenn wir mit Vernacbldfjlgung unferer ©efchafte unb Pflichten einen alljugrofjen d)ang jum ©enu§ beS ge* feüfd;aftlich«n Vergnügens haken. ieben fann

unmöglich angenehm fepn, wenn ber ‘SRenfcb fletsin ein unb eben bemfelben SBirbel Pon ©efebäften unb Vergnügungen herum getrieben wirb, ©s giebt 2lr» beiten unb Vefdjdftigung, welche ben ©eijt bes SDtemr fd)«n nieberbrüefen, wenn fte ju anhaltenb finb; cS giebt Vergnügungen unb Jreuben, welche bie ©eele beraufd;en unb enblich felbfi jum ©cfel werben, wenn

9K S wie

186 Sßon fcct Umgdnglidbfett bes C&riflen

wir fie nid)t ntdfjig unb o§nc $aufe genießen. &\a ftnb alfo Qtrbolungßftunben n6ii)ig, wenn unfere@ee# k $u tief) felbfi fommen, über ben vßßertf) bei- Singe nad;benfen, baß 2ßabre »om gali'cycn unterfd)eiben, unb neue Strafte jum ©Uten fammeln folf. 9^td;tß Ijat ba^er mef;r 2fnnc§mlid)feit unb Sftuijen für unfern <33eiftr a!ß wenn man ftd) bißmcilen auß bem ©erau# fcf;e ber 5Be(t in bie ©tttte unb ©nfamfeit jurücfjie* Tjeit fann. ^cber vernünftige 9)Zenfd) f>at ba^cr aud) feit jefjer a(ß bie trof;ltf;atigfie ?Cnflart , alß baß feligffc©ebot beß $6d;flen angefeben, einen $ag in ber SOßodje, ber 9iuf;e unterer ©ede unb bem öffentlichen ©otteßbienfte tu roibmen. 3Bie beffagenßrourbig märe baß ©d)icffal berer, roefdje im ©d)meifj i^reß ?fnge« fidjtß i^r 23rob ejfen muffen, menn fic gar feine 3e,c jur Oiu^e unb Qürboiung batten , an if^re unflerb(id)en (Seelen ju benfen. ’2fber mc(d)c unaußfpredjlidje QBo^It^at ijt ein fo(d)er Olubetag fur^eben, inmel* tbem bei) ber Serflreuung irbifdjer ©orgen unb Tfngc« Iegcn()eiten baß ©efufjl für ^otperc 3mecfe gan$ vcr= (ofd;cn mürbe1-

Tfud) bierinnen fann unß unfcr(£rlofer jum SOht« fler bienen. <£r mar feineßmegeß ein Üftcnfcffenfeinb; er genoß bie §reubrn biefeß iebenß, fo meit mit bem 3njecfe feiner ©enbung beheben fennte. 2(ber bod) jog er ftd) and) oft mieber in bie ©nfamfeit ju- ruef, unb entfernte ftdj fo gar ron feinen geliebten Jüngern. £ßic mand)c 9}dd)te b«t er in cinfamen ©cbeten unb 35eträd)tuugen burd)mad)t! ©o febr oud) fein ©runbfafj mar: 3$) muß wivUtl f

fr

<Von bet Umgdnglichfeit &c6 Reiften 187

fo felien mir ifm bod) ricrjig Sage fang rer beut 7Ctt= (ritt feines leljramfS in ber Entfernung Pon CbGeltunö üftenfdjen jubringen , um jtef) auf feine @enbungpot= jubereiten. lajfct uns pon i(jm bie grojje £unfi (er» nen, ju feiner Seit bie ©efeüfchaft, unb; aud) bis Einfamfeit ju geniefen. Vergnügen mu§ nicht un« fer ganjeS leben, alle unfere Äräfte unb alle unfere Seit an fid) reifen, fonbern foll nur Erholung nort, unb Vorbereitung 311 ©efd?äften fepn, unb fo fann es «in fef)r gutes Mittel unfers S3ad;öt§uniS im ©Uten werben. Sfßie beflagenSwürbig jmb affo bie Sften? fd?en, mefcf;e fein anberes ©!ucf fennen, als baS, we(d>eö ihnen bie Ergb|ungen ber (Sinne unb bie lär* menben greuben ber ©efeüfchaft gewähren? weiche nicht effen unb trinfen, bamit fie leben, fonbern raei« che leben, bah ftc effen unb trinfen fbnnen? welche jwar im Umgänge mit ber SEBelf, wo fo Piel Verfiel« lung ficrrfcht, unb im ©enuf? ftnnlidjer greuben, ein fo peinliches leere empfinben, unb Dennoch bie Ein* famfeit blos baju anwenben, auf neue Streuungen ju benfen? SBelche aus einer lufi ber0ittne in bie an* bere taumeln, unb feinem ernfil;aften ©ebanfen in i^rer 0eele <pfa% (affen? Jjeihf bas fein T)afepn ge« »liefen? bas, ftch auf bie Ewigfeit rorbereifen? £> es ifl ein fläglidjer Tlnblicf , unfierbliche 93ienfd;en im fieten Sßirbel bes ^rrbifchen herumgetrieben ju fefien, ohne bah he an ben eigentlichen Sroecf' ihreä 5DafepnS benfen! iaffet uns biefe Streuung Permei* ben, unb bie Einfamfeit als Eljrifien baju benufcen, bah mir unfere ©ebanfen auf ©ott richten, unb über unfer Verhältnifs mit. ihm nachbenfen: bah nur

eine

1 88 Sßon &cc Umganglichfoit

eine Unterfuchung über unfer Jjperj unb perfloffe* neS leben anflellen, unb baf? mir an unfern “Job, unb bie fünften großen Tluftritte ber Swigfeit benfen,

23enut \t, o beine einfamen ©tun«

fcen 3Ut* füllen Erhebung t>C8 -^^erte (Bett, um mit btejem allerhöchsten unb feligften VOa fen immer bekannter unb vertrautet 31t werben, £>ie flille rul)ige ©eele ifl feiner Offenbarungen am empfdnqlichften. ^»abt iljr jemals bie Sflalje beö Tills gegenwärtigen befonberS empfunben, unb wenn war bas? ©ewifj nicht in ber gerdufchPotfen 26cft; gewifj nicht ju ber 3c>f/ als euer ©eifl Pon irbifdjen ©or* gen , Q3egierben unb QBunfchen betäubt würbe, web (he feinen ©ebanfen an ©oft, fein ©efu&lfurö (£wi< ge lebenbig werben liefen, Tiber erinnert euch nur, wie euch, befonberS in ber ^ugenb, ba eure €tnpftn< bungen nod) mehr geuer unb Icbhaftigfeit h atfen, wie euch ba ju OJlutbe war, wenn if) r mit nachbenfenber unb crflaunter ©eele, etwa in einer feierlichen Ritters nad)tsflutibe ben gefilmten Fimmel betrachtetet, ober an einem Sröhlinggs ober ©ommer > borgen in einer fd)bnen ©egenb ber offnen SRatur, ben großen herrlis chen ©chbpfer ber 5ßelt unb SSafcr aller £Befen in feinen groben vSSerfen ftd)tbar erblicftet? 2Beld)eS fanfte (£ntjucfen burdjflromte eud), wenn if>r ba an euer 93erf)d(tnifj mit ihm, unb an alles ©ute buchtet, baS ihr Pon ihm genoffen fwbt, unb wenn if>r ba ju euch fügen fonntet: , , tiefer allmächtige gute ©ott ifl auch mein Söater unb $rcunb; aud; für mid; forgt er

mit

^Gon ber Utngdngltdjfeit be3 Triften. 189

mit t>ätrtftd>cc ^>ulb ; aud) mid? mill ec burcf) ^efunt felig machen. 5ft?ine ganje ieben£gefd)id;fe ifi ei« ‘Oenfmafjl feinet £>orfc()ung, feiner langmutf) unb 23artn&erjfgfeit. tleö y alleß ruft mir $u, ba§ ein @ott unb bafj Er bie iiebe ifl. bet ficb emig aller feiner $ßerfe erbarmt. D bafj alle Empftnbungenbee Sjanfbarfeit unb liebe in mir rege, 0 bafj mein .frerj, »nein ieben fein Opfer mürben“ ! EGenn mir bißmei* len auf tiefe 2ltt unfer .frerj ju bem Unerfdjafnen er* fjeben , über ben tlrfprung unb bie Tlbjldjt aller 3Dirts ge , unb über unfere eigne Q$efümmung in biefer unb jener EBclt nadjjubenfen : fo feiern mir eine fülle Er* bauungefümbe für uns felbfü .frier jiefret ftcfr unfee ©etft in ftd) felbft jurücf unb blieft in feine Siefen; £ier entberfen mit unfer gefreimfles Anliegen of)ne gmang unb .frinbernifj im ©ebet; frier fliefjtbie Sf)td* ne ber JKeue, beß ^öiitieibß unb ber greube ofjne^eu* gen am gefufrlt>oüften , unb frier gel)en mir mit bem glorreidjen unb anbetungßmürbigfün ©eifle am Der* trauteflen um, ber aller EGefen Utfprung iß, unb irt bem mir leben, meben unb flnb.

Unter juebe ferner 0 Cfrt i(i, in bet (Bin* fambett unb ©ttUe befn vetflofjened JUben«. ©teile eine unpartfreijifebe «Prüfung übet bein .frerj an, unb merbe bein eigner Tlnfldger unb fKidjter. iafj aber niefrt bie Eigenliebe, fonbern bie QBafrrfreit ben Tfußfprud) tfjun; unb fo Diel bemütljigenbeß aud) biefe ©trenge für bid) fjaben fann , fo gefegnet mirb fie bod? für bid) fetjn , menn bein frerj baburd) ge* bejfert mirb. §rage biefr : „gür meld;e Entjmecf'e

f)abe

i9o Q}on free Umgcingtichfett be£ £htifftn.

,, ^abc id; biß^er eigentfid) gelebt? Q£e(cf;eS trafen feit „jeher meine angenehmften ©ebanfen unb 3Bür»fd;e, „meine (iebßen S8efd;dfrigungen? .Sann alleß, waß „id; gebaut, gerebef, get(jan (jabe, bor ber SSelt „fo offenbar werben, rate bem Tlüfef^enben unb „meinem ©emijfen begannt ifi? Unb n>ie ftefjefeß „eigentlich jejt um mein dperj? £ßaß für ein „habe id; mir abgefkcft, baß ich mid; ju erreichen „beftreben mill? konnte id; jeben “Kugcnblicf Died;en* „fchaft bor bem ©wigen ablegen, unb worauf grün# „bet ftd; meine J^ofnung in ber lebten entfd;eibenben „SSerdnberung beß Sobeß, welche id; früher ober „fpdter erfahren mu(j? D ©ott, bu ^eiliger unb „©ererbter, bem SOBahrfieit unb 2>mhum, Üiecbf „uub Unrcdjf, Sugenb unb iafter nicht gleid;güftig „ifl, $err, bor beffen Ü)^ajcflaC ber 5öeltfreiß jitterf, „gef^c nid;t inß ©erid;f mit mir! .$anble nid;t mit „nur nach weinen SÖBerben. Bo biele SSBo^lt^afett 5> fjafl bu mir bißf)cr erwiefen; auß fo bielen ©efaljren „hafl bu mid) gerettet; burcf; fo mancheß iabt;rinfh „mich hwburd; geführt; fo biele Sage meines iebenß „mich mit ©ebulb unb fangmutfj getragen; fo biele „55orjüge unb §dT)igfeiten mir erteilt, unb fo glucfs „felig willfl bu mid; noch in ber ganzen ©wigfeit mas „d)em Unb waßwar feit jeher mein £)anf bafür? „ieichffmn unb ©ebanfenlofigfeit, womit ich biefeß „alles bem blinben Ungcfehr ober mir felbft jufdjrieb; ein falteß unempftnblid;cß Jperj gegen bie ©ro|je bei* „nev iiebc; ^ang jur ©itelfeit, wo nid;t gar jut iajlerliebe unb iafterleben J?err, id; fd;ame mich „bor bir unb mir fclbfi, Bünbe ift Unrecht; Bünb«

^on feer UmgdttglidjFett fcc$ Triften, 191

ift Sdjanbe unbtlnglücf meinet: moralifdjcn unflei’6« (idjen Statur, unb baju l)abe id) mid) erniebriget. 5, ?lber es ift genug, bafj id; bie vergangene in „Unverjtanbunb nad) eignem £Biüen jugebrad)t fmb?# „3$ will ferner Die Äfippcn meiben, an benen meine llnfdjulb unb £ugenb gefcf?eitert ift. 0 ©ott, bu Varrcfjer&iger, fieffe meine Oteue unb meinen <£nts „fd)lup, unb ftefie mir bet), meinen Vorfafs ju er« „füllen.“ 5ßie nü|Iicf) für Die ©vigfeit ift jebe ein* fame ©tunbe, bie in foldjen ©el6(lgefprdd;en $uge* braa;t mirt> ! tlnb wie fefjr follten mit bie ©infamfeit bisweilen fudjen, um uns mit und felbft ju befdjdfti* gen, unb foldje ©mpfmbungen in uns ju erneuten, •roeldje nur gar 511 oft butd; bie ©eroofmfjeit unb Umgang mit bet £8e(t aus unfern Seelen verbrangf werben !

23en uge entlieft, c C^tifc, beine ernftftgf* ten einfainen 0tunbert ju X>otfcelUwgcn Seines (Eobce unb ber $uhinft. Die tveifeften unb befien 5ftenfd)en (faben es feit jefjer für noffyig gehalten, jidj mit Dem ‘tobe als einem iefirer ber Söeisfjeit befannt jumadfen; unb vernünftige ©reife, tveld)e eS füfjU ten , bafj fic fd)en mit einem ^ufse im ©rabc ftanben, F;aben ftd) von allen attbern @efd)aften losgeriffen, um über baS Vergangene unb ^ufünftige nad)juben= fen, unb ftd) juni Eintritt in bie ©ivigfeir vorjuberei* ten. Das Veifpiel Des ^aifers Karle V. ift mir in tiefer Tlbficfyt immer fefjr tnerftvürbig gemefen. Von allen Veft^ungen, bie er als ber ^Oionard) vieler üiei* d)e be&errfdjt fjatte, befielt er freiwillig julefef nichts

weiter

Q$on ber Uittganöltc^feit bcö Cbviffeti.

tvcitcr übrig, als ein fleines ^[)ai in ©panien, ba$ Pon einem S5ad;e bemuffert unb oonJpugeln unbSQSäl* bern eir»gefd;Ioffcn mürbe, um jtd? unb alle feine ©refje f;ier g(eid)fant ju begraben. Äaum lanbete et an bet £ufie, biefen 26ol)nft| ju bejie^en, fo ftel er auf fein 'Jfngefidjt, fu§te bie <£rbe, unb rief aus: 97acf enb fam id) aus Sfftutterleibe, nadrenb feiere id) in beinen ©d;ofj juruef, o ^rbe, bie bu bie allgemein ne 3»J7uttcr ber 9Jienfd)en bifH“ ^>ier oerlebte er nod) ben Üvefl feiner £age; er 50g mit eigner #anb bie <Pflan$en feines ©arfens ; er bereute bie genfer feinet Dvegierung, unb ba er als ein Liebhaber oon Umreit bie Löemerfung machte, ba£ niemals eine gerabe mie bie anbere gieng, fo erfiaunte er über feine ^^ot^eit, ba§ er fo Piei Seit unb oergeblicbe $Ö?uhe permenbet hatte, bie ’SRenfcfyen jur Oolligen Uebereinfiimmung in ben gefjeimnifjooüen feeren ber LKeligion ju bren* gen. %n tiefer furjen Seit genofj er mehr tpaljre ©lüdfeligfcit, als alle feine porige ©rb|jc ihm hatte geben fonnen; f;ier befrachtet er bie oermirrten 2(uf< trifte beS menfd;(td)en Lebens mit aller ber Ädlfe unb ©leicbgultigfeit, rneldje ihre €itelfeit Perbient. (£r ftcllte furj por feinem <£nbe ein Leichenbegängnis mit fid) felbfl an, um (ich tefbo lebhafter an feine nahe 2luflbfung ju erinnern. SJiefes bleibt benn für je* ben 9ftenfd)en bie fmdjjle 5ö3eisheit, ruhig unb felig fierben ju fonnen. SDenfe bid) alfo oft an bein ©fer= bebette hin. $ier mirb bir Pieles in einem ganj anbern ©efivd)tSpuncte erfcheinen. Jpicr lerne ben malmeit Sßerth ber J)inge beurtheilen, unb@chein oon^üSahw heit, VÖSefen Pon ©chatten unter fcheiben. Jpier mirb

bie

Q3on ber Umg«ngltd;fett beg 0)ri|1en. 193

bir bic (üüifelfeit unb bas Stifts aller nergdnglicbett £>inge lebhaft genug in bic 2lugen leuchen. <£rin* nere birf) batan, »nie biete nicf;t nur non ber $5or»nelf, fonbcrn fet6ft non beinen lÖcfannten biefeS bunfle'Sljal bes $obes gegangen finb, unb fd;icfc bidj an, ifwen ju folgen, unb iDen rectjt fennen ju lernen, ber bent Sobe bie DSftacbt genommen, unb leben unb unfterb* liebes SEßefen ans liebt gebracht l)at. IJefuö £f)rijtu$ im Fimmel! befeflige bie grofjc Hoffnung einer etni* gen ©eligfeit in unfern Jperjen, unb mache uns ber* felben theilfjaftig um beiner unenbltd)en liebe willen. *2{nien.

m eifc«

194 CfjrijUidjeä Sßevfyaltcn im Umgänge

Älf ce predigt»

^f)nflltc6eö Q3eri)nlten im Umgänge mit fremden $digionsm*roant>ten.

■'»-illmdcbtigcr ©djopfer unb ^23e^et*rfc^er bet Sßeff/ ber bu unter Perfcfjiebenen Spanien unb auf ganj Per* (d)iebene 2irf Pon ben Sftenfdjen , beinen Pernunftigen ©efd)opfen, ernannt unb Perefjrt mirg,- wie fonnert wir bit genug für bas ©(ud banfen, bag wir, af$ (Sfjrigen, bid), fo rote bu es perfangeg, im ©eig unb in bet 2Ba^rf;eit anbeten fonnen? X)anP fei) bir, batmfjerjiger ©otf, bag bu uns pon ber ginfternig jum liebte gebrad)t (jag, bag mir in Seifen [eben, wo bie ©fragen bes ©Pangefii ben ©rbboben er(eud)fet §aben, unb bag mir in ben ©tanb gefejt gnb, bie Sßßaljrfjeit pon bem ^trtfjume ju unterfd)eiben. Jptff nur, bafj mir es nicht bepm bfo§en £Bijfen bemenben lajfen, fonbern aud) ber reinem ©rfenntnig unb Ueber* jeugung gemdg leben, unb unfern ©(auben bureb un» fere gute SEBerfe begütigen.

S3ater ber SDlenfdjen! menn fommf bie Seif, baß otle Golfer bid), ben einigen mafjren ©oft erfennen; wenn fommt bie gofbenegewunfd)te Seit, bag ein Jpirf, unb eine beerbe fepn mirb, unb bag bie 9ftenfd)en Poll ©infrad)t unb liebe mie 23ruber bei) einanbec wohnen J %d) noch §errfd;t ©b^enbieng unb 'flber<

glau»

' ) , - -

mit frembm 97dision3&em>cmbten.

glauben, Unmenfcblid/feit unb laßer, ,£necbtfd)afc unb 0enb auf einem großen Tf)eile beineß ©rbbobend unter gan&en Sjolfern unb bei) einjelnen OJienfcben; nod) ßerrfeben felbß unter Stiften ärgerliche i©cret* tigfeiten unb Trennungen über bte Üieinigfeit ber Ufys re, unb maß ber eine Tßeil als unmiberfpredßicbe SBaßrßeit behauptet, permirft ber anbere als äugen« fd^einlic^en 3jrrt^um. 2(cb, mer fdjenft uns f)ier bie SKjeießeit, baß mir ben richtigen 2Beg treffen, unb fomohl einen blinben ©fer, als aud) eine ßrafbare ©leicbgüftigfeit in ber Religion permeiben? ©eiß bec 5Beisf;eit unb liebe! pon bem alles ©utejfommt, fd)en* te uns auch btefe ©abe, baß mir uns im Umgänge mit anbern, bie in©laubenßfacben Petfcbiebener ^ep» nung ßnb, auf eine bir molßgefdllige Tlrt Perßalterr^ £)u hafl uns einmal in eine fo innige OSerbinbung mit einanber gefejt. SSermaljre uns nun aud) Por allen 3rr« tßumern unb fünblirfjen ßerrfebenben ©emohnßeitett ber 'äGelf. Söerroaßre uns Por aller ^parthepfuebf, unb Pot übereiltem lieblofen SKid>ten unferer Diebenmen« (eben. Erleuchte bu felbfl bie Unmißenben. SBeteßre bie laßerbaften. 35efeßige bie frommen, ©ieb, baß mir bie O^renben mit liebe tragen unb mit fanftmü* tßigem ©eiße jureebtmeifen ; unb ermuntere uns, bie SKidjtigi’cit unfers ©laubens butd? bie 9?ecbtfcbaffen« f>eit unfers $Banbels ju bemeifen, bis mir bie £ßa[)r« beit im liebte ber Smigfeit erfennen. kirnen»

Tejct: Tif. 3, 10.

£inett fe&mfd;en ^enfe^ett meibe

07 2 <£*

1 5)6 ©fyn|tfi<$e$ 93cr!jalten im Umgänge

©ß ifl nicht genug ju befragen, bah auf betreff fo wenig ©inigfeif in ber SKeligion fjerrfcht, unb ba§ baßjenige, wag SSflenfdjcn unter einanber Per6inben unb begluden follfe, burd) ifpre eigne @d)ulb ein Ü07it* tel wirb, fie ju entjwetjen unb ju jerrutten. £Ber auf ben guflanb ber SÖolf'er beß ©tbbobenß mit Ovucffic^t auf ÜMigion einen aufmerffamen Blicf t^uf, ber wirb tnit pielem Seibwefen bemerfen , bajj ber einige ©oft unb Bater unfer Aller nod) ein unbefanntcr ©oft fei); bah fpicr ein Bolf nod) ©b^en opfere, unb borf ein anbereß Pom Aberglauben oerblenbet wirb, geroiffen 5Tienfd)enfa^ungen mef>r ju folgen, alß ben beutlicb* ften Belehrungen ©otteß in ber 9?afur unb Offenbar vung. ©r wirb alßbenn ofme 3weifel wiffen, wag er ju benfen unb ju empfinben haben muh, wenn er be* tet: Dein Üieid) fomme ! ©wiger Öott! möge baß SKeid) ber SEGahrljeit, Freiheit unb ©lucffeligfeit, bag bu in 3ffu ©hr*ft° errichtet hafi, unfer 3u&fn, fyv ben unb Surfen immer weiter perbreitet werben!

Aber wir wollen hierbei) aud) an ung felbjl ben* fen, meine Bruber! Die d)ri(frid)e SNeligton ift aller» bingg bie wahre* Die Beweifc für ihren gottlidjen llrfprung unb Inhalt finb eben fo jaf)lreid) alg unwi* berleglid). Aber in wie piele^artljepen finb nicht felbjt ©(wißen unfer einanber getheilt! £ßie halt ba bie eine nicht baß für Sicht, wag ber anbern ginßernih iß, unb wie perwirft nidjt ba immer eine bag alg faffd), wag bie anbere alg wahr behauptet! Bon ©(wißen liehe ßdj erwarten, bah man 5uerß unb am meinen unfer ihnen bie reine Sehre unb wahre ©ottfeligfeit ßnbett foüte. Aber wer weih nid;f, wie Piele ^rrthümet

unb

mit fremben SWigtomfternxm&ten. 197

unb Soßfjciten unter tfjnen im ©djmange gefjen ? unb mie man alfo aud) feibft unter i^nen in ©efa£r gera* tf;en fonne, t>er lugen ef)er ©ef)or ju geben, als ber SPBa^rfjeit ?

Set) biefer Serfdflebenljett ber «9ict)nungen in ÜteIigionßfad)en, bet) btefen Dielen 2(bmeid)ungen Don bent, maß ma^r unb gut ift; bet) biefen ©treitigfei* ten unb Trennungen, meiere feibft ber d;riftlid)en SRe» ligion , miemol)! of)ne if>re ©d)ulb jutrt Sormurf ge* ntad)t morben ftnb; entfielet Don feibft bet) jebern maf)rf)eitslicbenben unb recbtfdjaffenen SOtenfchen bie grage: maß feü man glauben? roie foll man (eben? mem foll man folgen? melcher Weg jum Jpimmel ift ber richtigste, ber über Wittenberg, ©enf ober Dtom? £>a mir in einer großen Jpanbelßflabt leben, mo alle üveligiortcn unb ©eften gebtilbef merben , ba mir bei) ber Setreibung unferer ©efcbdfte mit 3ftenfd)en um* gelten muffen , bie entroeber gar feine Religion ober eine falfcfje I;aben, menigflenß fleh burd) ein anbereß Sefenntnifl unb eigne 9)?et)nungen Don unß unter* fdjeiben, fo mirb bie grage noch bringenber, mie mir in liebe mit i^nen umgeben fonnen, ofme jebodj ber Wahrheit, bie unß fo heilig fetjn mufl, etmaß $u Der* geben? £>aß (Shriflentfjum macht unß jur erflett «Pflicht, alle «JJtenfchen mie Sritber ju lieben, unb feibft geinben ©uteß ju erjeigen. ©leichmol aber marnt aud) Dot TCbfall unb Serfufjrung. Wir (ollen unß nicht ber Welt gleich flellen; mir follenunß nicht Don bem ©trome fjerrfchenber bofer ©runbfäfje unb ©emchnheiten mit fortreiflen laffen. «Pauluß er* mahnet ben Tituß, unb jeben anbern leerer unb Se*

9? 3 fen*

198 ©)tifili$e$ Verhalten im Umgänge

fenner her d)rifilid)en icf^re: (£inen feZerifd)en 3ttctt* fd)entneibe; baß ift, einen DJienfcben, ber falfdje »er« berbliche Slftepnungen in ber Oleligion f )egt, ber ftc^ einer eitlen ©ifputirfucht über glekhgültige ©inge itt berfelben ergiebt, ober ber unter bem 53orwanbe ber Oieligion, auß ehrgeizigen unb eigennüZigen Tlbftd^teri »erberblidje Spaltungen, g)arthet)en unb Scften ju mad)en fud)t, wöbet) bie .ftauptfache, bie wahre £Re# ligion beß Jperjenß unb beß iebenß »ergeben, unb 0n* (rad)t , iiebe unb ^ritbe geflort wirb. Tiuf eine ahn» Iid)e 7(rt warnet unfer J^eilanb felbfl »or falfdjen Q)rp« Pfoten ober SOienfchen, bie über äußerlichen $TCenfchen> faZungen baß '1Q3efent(id)e ber Oveligion »ergeben. ^d) jeige €uch ba^er jejt:

S)a$ ^erhalten be§ (Thnjten trn Umgänge mit fremben Üveltgtouäoerroanbten*

<£ß jeigt jlth in Söermeibung jweper Tfbroege:

©er eine ifl : blinber 0fcr.

©er jweete : firafbare ©leichgültigfeit.

SQMef ihr eutf) auf eine djrifdidje Kt t im Um* gange mit fretnben üteligionß»erroanbten »erhalten, fo »ermcibct, baß ijt bie erfte 33itte unb Ermahnung, bie id) an eud) habe, rernieibet bluiben f£ifct iit ber Religio», ©ie gered)te Sache, bie reine ielj# re, bie wahre ©ottfeligfeit, bie 0;re beß $errn, bie SKeligion erfotbert freilich, baß wir mit gemäßigtem (£ifcr, »on Sanftmut!) unb iiebe geleitet, unß berfel* ben annehmen; aber giebt auch einen £ifer mit

Un»er*

mit frcm&cn 9Wtgton$bM»cmt)t«T. 199

Unberftanb , einen (Eifer, in welchen ftd) bie menfdj* ficken Effecten mifeßen, unb mobet) (ich nur bie SKe(i= gion junt ©ecbmantel mißbrauchen (afTert muß, eS giebt einen (Eifer, bet* aus tlnmijfenßeif , Tiberglau* ben, (Eigennuß unb @folj entfielt unb Don ißnen ge« näßrf wirb , mit einem vSBorf, es giebt einen blint ben üteltgionseifer. (Er befielet barinne, wenn matt einen SDicnfcßen besmegen, weil er einen anbertt ©lauben bat, ober t>on oerfeßiebener 9J7et)nung in bec Oveligion, t>on uns ift, nicht nur nicht hebt, nicht ad)J tet unb f)od)fcf)ä(?et , fonbern aud) ßaßf, fränft, Der» folgt, ja moßl gar i^n Derbammt unb ißrn bie ewige ©eligfeit abfprichf. tiefes i(t ein fo gefaßrlid)er 9>rr* thum unb Tfbroeg^ auf welchen bieEJftenfdjen gerätsen fonnen, Daß leiber baraus alle Verfolgungen unb Kriege um ber Dieligion willen entftanben ftnb, bereit Tlnbenfcn uns mit ©cßauber erfüllen muß. will baßer jeßt einige ©rünbe DorjMen, burch beren reif« ließe (Erwägung mir in ben @fanb gefeßt merben tont nen, t>or biefem abfcheulichen iafier uns ju »ermaß* ren, unb uns bagegen jur griebfertigfeit in Oielis gionSfacßen unb jur fiebe unb (Eintracht ber ©emu* tßer ju ermuntern.

(Einmal fcheinet es in biefer Sßelf etwas unmog* licßes ju fepn, baß alle SDTenfdjen einerlei Vegriffe unb Vorflellungen Don ber SKeligion, einerlei 9Jtei)* nungen ßaben, einerlei) TluSbrucfe gebrauchen, unb einerlei) ©ebraueße einfußren follten. ©ben fo wenig als jener SGBeftmeife auf bent Vaume jmei) fleh ganj gleiche Vlatterentbecfcn fonnte, eben fo wenig lajfen fleh auch jwet) gati j gleiche Sftenfcßen auSftnben. 3eber ßat

97 4 ein

200 0>tifttiche6 Verhalten im Umgang

ein anbereö SOiaaft t>on £>erfianbeßfähigfeit ; ber eine gehet ctn>aö uon tiefer , ber anbere bon jener @eite an; unb barauß entfielen bennfo manche berfebiebene Urteile unb SDietjnungen. 9Re^met baju noch fo manche anbere Umflänbe, bie nidjt in unferer ©emalt finb , unb bie gleichmol in bie $3ilbnng unfereß ©ei* fleö unb 53efiimmung unferer ©efinnungen fo mädjti* gen ©influh traben, a(ß bie 3eit unb ber Ort, tt>o tr>ir geboren finb, bie ©rjieljung, bie mir genoffen, ben Umgang ben mir gehabt, ber Jjpimmelßfirid) unb bie Oiegierungßberfaffung, unter melcher mir leben: unb bann fagt, ob möglich fei), bafj alle SSJJenfchen eine fid) rollig gleiche ’XDenfungßart in üieligionßfadjen ^at ben fonnen? ©emifj, eben fomenig, alß in anbern Gingen ; unb mir merben immer $3erfd)iebenheiten in unfern SKetjnungen, mie in unfern ©eftchfßjugen übrig behalten. $Gir finb in einer rechtgläubigen Äird)ege* boren, unb mir muffen ©ott für biefeß ©lucf banfen. Tiber mer iji unß 523ürge bafür, bafj mir nicht eine anbere falfd)e üieligion für bie mahre mürben gehalten haben, rnenn mir fo unglücflidj geroefen mären, bon 3>ugenb an bajju angeführt &u merben? Saffet unß bas her auch nicht über Tlnberßbenfenbe ein fo flrengeßUr* theil fällen, bie bet) aller Siebe $u ©ott unb SEGafn'heif bennod) ihre eingefogenen 9ftei)nungen, an bie fte ein» mal geroöljnt ftnb, für bie einjig richtigen halten unb über melche ©oft, ber Jperjcnßf'ünbiger allein 9?id)ter fetjn fann. Unb ©ott h°t (ich mirflid) baß ©erid)t über bie ©emiffen ber üftenfdjen alß ein Vorrecht fei* ner SDiajefiät borbehalten, IDDcc bij? bu, fagt ber heilige 9>auluß, ba£ bu timn fremben Rtiecbt

tidptefc

mit fremben DWtgiorräberma träten. 201

tid)tejt? f£t {teilet ober fallt (einem &>ttt m (gtttiag aber wofcl wiebet aufgeticbtet werben, benn (Bott fcann ifyn wol;l aufcicbtcn* £)u aber, wae ticfctefc bu beinen öruber ? obetbu Anbeter, wae reta cb teft b 11 beinen 23rubet? XSOit werben aüe vor ben fticbtetfltil)f C^riftt gefieUt werben um nämlid) auch von unfern SKepnungen unb betragen in ber Religion Diechen* fcf;aft abjulegen *). ©er SOtenfd) alfo, welcher u&er bie ©eroiffen ^errfd?cn will, unb feine Meinungen Hn* bern alß ©otterfprud)e aufbringt, welcher (Seligfeit unb SSerbammnifj nad) eignem ©utbünfel außtljeilef, unb fo entfd)cibenb Darüber fprid)t, verrät!) einen un* vernünftigen unb unerträglichen @to!j; er fdireibtfidj felbft eine Tlrt von Untrüglid)feit ju, bie fein SDtenfd) befi^en fann, unb er t^>ut einen verwegenen ©ingriff in bie SÖvajeftätßrecbte beß dperrn Jfjimmelö unb ber ©rbe. Um Darüber ju urteilen unb ju entfeheiben, waß 3n't(?um un!5 ^CBo^r^eit, ob bei biefem ober jenen «JjJtenfchen ein 3rr^^um »crfcfjulbet unbfeelenverberblid) fet), baß fef$t eine ^enntnijj aller Bewegungen feiner 0eele unb feiner ganjen iebenßgefd)ichte vorauß, bie niemanb alß ber ?Ulwrfjenbe haben fann. QBeldje Verwegenheit ifl benn alfo von einem 3}fenfd)en, in fo entfeheibenbem^one ju fpred)cn, ba er fid> felbfb nid;t fennt, unb aüeß felbft, maß er ift, burd) ©otteß ©nabe ift?

liebe, e^riebfertigfeit unb ©intracht Ijaf unß©oft befohlen ; unb biefe fann bei) aller fenft unvermeibli* chen Vcrfd)iebenf)eit in gewifjen ie^t*puficten unb ©e^

bräudjeit

*) 916m. 14, 4. i».

I

tot (£ljriftltc§e$ im Umgänge

Brauchen mofd flaft finben. SHSenn wir nur übet ge« miffe ©runbmahrheiten übereinflimmen, melcf)e ba$ SEßefen aller Religion unb bic Pfeiler unb©tü|en ber ©ittlicfyfeit ausmaeben , fo mögen mir immer in 2fte# Benbingen oerfd)ieben benfen. Unb m»ld)eS finb biepe SEßalmheiten? ©6 ift ein ©otr, ©dmpfer unb ©rl)al« ter aller £:inge. TüleS fielet unter feiner meifen unb gütigen Vorforge unb Diegierung. Der SOlenfd) feil bem Villen feines ©dmpferS unb feinem ©emiffen ju folge bas ©ute lieben unb t^un, baS Vo# fe aber Raffen unb mciben, meü ein mefentlidjer Unter* fd)ieb jmifdjen Digenb unb iafler ift. ©$ ifl noef) ein ©fanb bet Vergeltung jufünftig, unb unfere

(Seele ift unfterblid). - 2(uf biefen 2Ba^rf;eite«'

ifl felbft baS ©oangelium ^efu S^rijli als auf einer fldjern ©runblage aufgefu^rf , ba§ mir nemlid) mit Willem, maS ju unferer ©lucffeligfeit gehört, ganj un# (er ber Regierung ©ottes, unfers ©djopfers, Ober? Ijerrn uub Vaters flehen , bafj mir bemfelben nie an# berS als burdj ein neues geifllid;es leben unb mit unb Bet) einer magren unb tätigen gronimigfeit unb ‘Su« genb mo^Igefdllig merben fennen, unb bafj mir eia leben in ber ßufunft 5U ermatten haben, mo mir bie grüßte unfers guten ober böfen Verhaltens einernb» (en foüen. ©S fe(jt aber allerbings ben ihm ganj ei« genthum(id;cn ©ebanfen hinju, bah auch ben t>erfd;ul* beten unb in ©unbe geratljencn ?Oienfdjen ned) ber Zugang ju ber Vegnabigung bep ©oft burdj bic Vermittelung 3cfu unb burd; eine ernfllidje 'Xenbe# rung ihres ©innes unb lebenS mieber offen flehet; unb feine brep ^auptmahrfjeiten jtnb : £ßir SOlcnfchett

finb

mit frtmöen <SeIigionöt>ertt)<m&ten. 203

flnb ©unber. ©oft bat 5efum (£l)ri(tum gefanbt, uns ju erlofen. SSßir muffen burd) wahre (Erneue? rung unfers .^er^ens unb lebenS ©oft wohlgefällig unb felig ju werben fucben. 2luS biefen wenige* unb wefentlidjen ©runbfa^en ber üieltgicn f[tc^cC bentt oucf) bie Jpauptpflkht, bafj ber ÜJlenfd) mit ganjent fjerjlichen ©rnfle alles bas fud>e, was wahr unb gut ifl, ©oft unb bas ©ute über alles liebe, ben lieber« jeugungen feines ©ewiffens bep feinem ^fjun unb laf« fen treulich folge, unb benn in 3uPerjid)t unb Jpoff* nung ju ©ott feine ©eele beruhige. £öer fo glaubt unb fo f>anbelt, ber ifl gewifj auf einem guten 2ß3ege, ber wirb geroifj fein Unrecht tfjun, er mag fonfi Pon einem $3efenntnif[e feqn, Pon welchem er wolle. £>a« rauf (affet uns Por allen gingen im Umgänge mit ei* nem fremben Oieligiensperwanbfen fe^en, ob er ein ehrlicher, ein gewiffenfiafter, ein redjtfchaffener $Jlamt fep; rne^r fbnnen wir gewi§ nicht pon ihm in ber bur? gediehen ©efellfchaft Perlangen, unb ihm fbnnen wir gewijj auch feinen beffern beweis pon ber Diicbfigfeif unfers ©laubenS geben, als eben biefen, ba§ wir ihm bas thun, was wir wunfdjan, bas er uns fhun möge. SÖSeifer fbnnen unb burfen wir nid)t urtheilen, als aus ben fruchten beS Raumes; unb f^gt unfer 9le« benmenfd) alsbenn nod) ^fdhumer in ber Religion, fo muffen wir es allein ©ott uberlaffen, wie weif jte Perfdjuls bet jinb, ober ihm an feiner ©eeligfeit febaben mochten, llnb ©otflob ! es giebt noch foldje gute unb fromme -Slenfchen, folche greunbe ©otteS unb ber *£ugenb unter allen Ü?eligionSpartf)et)en ; es giebt felbfl noch Reiben, dürfen unb ^uhen, welche pielleid;t

be*

2©4 CWfHMfrc* QSedjaUm im Umgänge

befd)<5men. TJenn maß hilft uns bic Oieinigfeif bes ©laubenS, menn es uns an ber üveinigfeit beS $enS unb lebens fehlet? 3)}bd)ten mir uns bod) bie SBorteunferS £>eilanbeS gefagt fet)n (affen: (ßs wett tenniebt alle, bie 3U mir fagen: ett &>ttt, in bas ^immdreieb kommen, fonbern bie beit XOillen meines X>atcts in\ Fimmel t^>un.

3erne fep es bon uns batjer, baff mir aus Dleli» gionöfjajj ober bermegenent (^igenbünf'el irgenb einen $Jienfdjen megen feines ©laubenS berad)ten, befein« ben ober gar berbammen feilten. Raffet uns immer be* benfen,bafj es uns unfere fjeiligfte Dvefigion $ur<PflidjC mad)f , alle 9)ienfcben auf ©ottes (Jrbboben mie un* fere Q3rüber ju lieben, meil fte ©ott als Sßarer liebt, unb ^efuß fie ade erlbfet ^af. 5er n fcb c$ bon uns, unter bem Sftamen eines dürfen, ^fuben, ^etjben, fo ctmas beräd)flid)cS $u benfen, als märe er nid;t bon ©oft, fonbern etma bon einem Teufel erfd}affen; als hatte er feinen (Jrlofer, als mare er fein '»Ülenfd), mie mir. 9?ad) unferm 23efenntnijj finb mir berbunben, alle biefe 9Jtenfd)en, )a felbft irrgläubige, felbjl Die» ligionßfpotter, felbft ben argften $3oferoid)t noch ju lieben, meil er burd) gleichen 9)reis mit uns erlofet ift, unb nodj jur (Jtfenntnifj gebradjt, unb ein (£rbe bes Rimmels merben fann. Um befto fernerer haben ftd> bie (S()ri|lcn berfünbiget, bie bod? in ber Jpaupfs fad)e miteinanber ubereinftimmen, menn fie ftd) um einiger Sdebenbinge unb ©ebrducfyc miden unfereinan« ber berfolgt hoben. Unb o bah tiefer $>erfolgungs# geift nid)t nod) unter ben einzelnen f leirrern ^>arf^ei>en ber Gfpriflen ^crrfd;te ! 3mar ha^cn wir ^rofeftanten

mit fmnten Stcligionäbevwanfcten. aoj

unß mit Dtec^C oon bem ^ocf)c beß SKomifcben <pab(ieß unb ber fogenannten catbolifcben 9ieligion loßgerifjen, weil fie nad) unsrer tleberjeugung in t>ielen ©tücfen bem göttlichen COSorte wiberfpricbt, baß mir für feie einzige fictjerfle Siegel unb SKicbtfcbnur unferß iebenß galten. Unglücflidjer weife aber ftnb bernad) auch unter unß, fo roic ju geiten bcr Tlpojlel, ba fid> einer 9>aulifch/ ber anbere Äepf;ifd), ber britte 2lpollifdj nannte, gewi{fe 97atnen eingefüfjrf worben, über bie man baß eigentliche 3*U, öen Broecf unb ©eift ber ehrlichen Religion Pergeften ju haben febeint. <£$ ijt barauß ein und)rifUid)er ©ectengeijl enfßanben, meld)er in ber Kirche ^efu unglaublichen ©djaben ge» t^an hot/ unb teit>er nod) tf;ut» Tfufftr ben Sutljera* nern unb Dieformirten, bie {leb wegen einiger ©d|e getrennt fmben, über wehte unß erfl bie (£wigfeit Pol* ligen TCuffcblufj geben wirb, bie ftcb aber, wie ich jum ©ott beß §riebenß ^offe , noch Por bem Abläufe ber 2ßeltjeit pereinigen werben, wenn man ecfl wegen ber äußerlichen ©eredjtfame ju ©fanbe if}, welche 3eit jwar nicht wir, aber unfere SRacbfotnmen erleben werben, giebf nod) Cluäfer, 9ft.ennoniten, 9J \aty rifebe trüber, ^Oiet^obifben, SCßiebertäufer , unb wie fonft bie Unterfcbeibungßnamen beiden mögen. ©ir»b wir nun nidjt einmal berechtigt, einen ©oßenbiener, einen Ungläubigen ju perbammen; wie Piel mebrroür» ben wir unß Perfünbigen, wenn wir biefe unfere ©laubenßpermanbten mit Perbafken Beinamen bele* gen, ober jte Perddjtlicb bebanbeln wollten? 3$ weiß eß, baßeß unter biefen dpeerben auch rdubige ©ebaafe giebf, wie in jeher dorther; unb ©efellfcbaft; aber

id;

I

206 £f)t’ifHi$e£ Verhalten im Umgänge

idj weiß cs auch, baß e$ ungleich mehrere wahrhaftig gute 9D}enfd)en unb <Sf>riflcn unter biefen unfern ‘lÖru* bern giebt, bie uns $ur Q$efd)ätnung gereichen, unb gunt dufter bienen funnen. 2lber laufet eud) ja auch vor bem ©ectengeifte, tooju biefe Trennung, bic nun einmal ba ift, bis ©oft alles lieber vereinigen wirb, 3n(aß geben fann, ©in Sftenfd), bor ftd) von biefem ©elfte bcf^errfd}en läßt, ftelict ftdi felbft im Ucf>t unb fd)at)€t Tinbern. ©s (jaben ftrf) einmal in feiner ©eele geroiffe üD}et)nungen , vielleicht ^5eruvtf;ci[e feft# gefegt; wer bie angreift, ber ift i(;m ein .Seher, ber tjat ben ©laubsn verleugnet, ber ift nid)t auf bem ©Bcge jur ©eligfeit. ioffet ben leerer einer anberrt fParthct) nod; fo göttlich fpredjen, ihm noch fo viel wahres unb gutes fagen; es macht feinen ©inbruc? auf i^n, es ift nid)t in feiner ©pradje, nid)t in feinen ihm geläufigen ^usbriicfen abgefnßt. 3mmer wirb er gegen feinen Sftifchriften etwas jurucf'haltenbes, arg? wol)nifcbeS behalten, weil er il;m fein ©diiboleti) nid>C uadjfprechcn fann, ober nid)t über gleidje 5'orm ge< goffen ift. 2{lleS befrad)tet er in ber 23ibel felbft nach feinen vorgefaßten iieblingSmcpnungen, unb brefjet ihre SBorte fo lange, bis ber ©inn herausfommt, ben er ihnen beilegt. SOBie fe(jr tvirb ber 3Baljr^eiC unb £3ruberliebe baburd) gefdiabet'- 9)ieine ‘•öruber ! haben mir nicht alle einen 95ater? hatunß mcht alle c'n ©°l* gcfd)ajfen ? Darum (affet uns nid)ts lieben, als was tvahr unb gut ift; wenn »vir in 9tfebenmeinungen nicht ubereinftimnien fennen, fo laffet uns bod) in ber Jjauptfache, in ber liebe, in bem einen 3?ot()tvenbü gen uberein fommen, baß mir beö £od;ften Manien

furch«

mit fremden 3fc!igion£vcrföant>tm 207

furzten. Sobe «>tr& aller biefer itnterfdjieb auf# hören, unb alles wirb alsbenn baratif anfommen, ob n>ir gute 5)ienfd)en unb wal)re C£f)ri(len gewefen ftnb.

2>tf) muh aber nun auch nod) einem $ftihbraud)e ber £ßaf)rl)eit Vorbeugen , bie ich fo eben vorgetragen habe, (£ßfbnntenemlid) ^emenb aufben unglucflid)en ©ebanfen fallen, als wenn alfo gleichviel fei), ob ein 9Eftenfd) ^Religion ^abc ober nicht, ob er biefe ober jene Oieligion befenne, ob er bie ffiGaljrfjeif ober ben 3rrtf)um annel)me unb beforbere. Oiein, m. 53. bas ifi nicht einerlei). QSermeibeü ba(jer, baß ift mein jweiter fRaflj , remtei&et eine fhafbare (Bleicb* gültigEeit in fccr Religion* SBaß für ein@d)lu(j wäre baß; weil ich meinen irrenbenSftebenbrubernidjt Raffen unb verbammen foll, fo barf id) gleichgültig ge« gen feine 3rrfl)umer fepn? £öer in ber SÖSelt fd)lie(j£ roo^l fo im gemeinen ieben: weil in ber 2Gelt viel ^ranfheiten giebt, fo brauche id) nid)t nad) ber ©e« funb^eif ju flreben? weil rohe unb wilbe 9Renfd)en giebt, bie bod) and) in il;rer 2{rl vergnügt unb glücf* ltd) jtnb, fo muh id) ben beffern guflanb gering ad)« ten, in welchen mid) bie £>orfef)ung gefc|t hat? 3fl unß benn einerlei), ob wir gefunb ober Üranf, reid) ober arm, glucflid) ober ungludlid) finb? DanfeC alfo ©ott, bah ihr in einer rechtgläubigen Kirche ge* boren unb erjogen, bah i^r von ber 3'inflernijj erref*- tet unb in baß SKe ich beö iid)fß verfefeet fet)b. 'ilbec leget ben unglücklichen unb verberblid)en 2ßal)n ab, als wenn mit bem 5!hun un& *eben md)t fo viel auf fid) habe, wenn man nur in ber vermeinten reinen fe(jre fejt unb eifrig bleibe. 3euSet euren ©lauben

ao8 Verhalten im Umgänge

mit euren 3ßerfen, unb beweifet es burd) Oiechtfchafi fen^eit im .ftanbel unb 933anbel unb im gefammten Umgänge mit euren Sftcbenmenfdjen, ba§ ihr eine Oie# ligion befennet, bie eud) gu wahrhaftig weifen, guten frommen unb feiigen ?J}enfchen mad)e. Diefe Äraftr biefes gute 35eifpiel wirb weit mehr über bas J?erj bec ^rrenben rermogen, als nod) fo weitläufige unb mich# tige <£rweifungen ber Üieinigfeit eurer lehre. Spu* tet euch ror ben gefährlichen h^f^enben 3rrt§umem unferS Seitalters. 2U>er bas fab bie gefährlichen ^rtthumer in ber Oieligion, meldje bie ©itten rer» herben, bie 23erbinblid)feit bes ©emiffens fchmdchen, bie ^räftigflen iÖeroegiingßgrun&e ber ©ottfeligfeitunb ^ugenb jernichten unb fo bie 33anbe ^errei^en , tro# burch bie OJienfd)en jur liebe rerbunben unb in örb= nung gehalten werben. ^>utef euch ror ben Üjjrrthu* mern ber ©ottes» unb 23orfef)ungSleugner; bet Sftaturaliften , bie bie lÖibel gering achten unb aus eignen ßrdften unb 23erbienften felig werben wollen ; ber grepgeifter unb Oieligionsfpotter, welche bie Uns fierblid)feit ber ©eele leugnen, unb ein mujtes leben fuhren; auch folcber ÜÖienfd^en, meld)e bie unenblidje SSBurbe unb Roheit ber ‘Perfon ^efu leugnen, unb ron feinem (ürlbfungSwerfe geringe 33orjMungen fidj machen. Denn bas glaube id) faum, bafj man einen Ghriften noch warnen muffe , bah er fein $ube unb Sftuhamebaner werbe, wie man leiber wohl ef)mals 23eifpiele folcher leute gehabt §at, bie aus irbi# fchen 7lbfid)ten auch ju ben lelstern ubergetreten fmb* laffet eud) bie Wahrheit über alles theuet unb werth fepm ©trebet nach einer richtigen (£rfenntnifj ber#

felben

mit fremten 9Wteton&>ertt)dnbtett. 209

/

fefben ju gefangen , unb jeigef bie ^ruefjt biefer ©r* fenntniß in waßrer grommigfeit iinb ^ugenb. 53 e* lehret, wenn ifjr baju fdjicf ließe ©efegenßeit ßabt, mit fanftmutßigent ©elfte , euren Irrenben SSruber, aber ßafiet unb nerbammet ißn nidjf. ©agt ifjtn, auf roefeßem QBege ißr Äraft jur ©ottfefigfeit unb Dtuße für eure ©eefe ftnbef. ©etjb untereinanber fefbft fleißig ju Raffen bie©inig!eit im ©eift burcf) bas ©ran* geliuni bes $riebens. öiel mir 3ctf unb ©efegen* ßeif ßaben, laffet uns ©Utes tßun an JJebermann, allermeijt a6er an ben ©faubenSgenoffen. ^ifsbenn werbet ißt ßoffen fonnen, cinfl, trenn alles ©tu ebs wert ber ©rfenntniß auf^ort/ in jenes ewige Dfeid) beS iicßts unb ber $ßaßrßeif, an jenen fefigen OrC ju fommen, wo ßd) affe weife unb gute ‘üDtenfdjen aus affen gelten unb 536ffern unb ©egenben berSQSeft fcerfammefn, unb oßne weitere Trennung im fefigen grieben mit einanber (eben werben. Unb ba werben wir benn es gewiß erfahren, baß aus afferiet) 33off, wer ©ott furdjtet unb 9?ecf;t tßu t, ißm angeneßm fetj. *£)a werben wir ße gewiß finden bie Söaßrßeif bie wir ßier flidjen ba wirb ße ißr ßimmftfdjeS iid)t unb ißre gott(id;e Straft in unfern befrenten ©eift (trafen unb wir werben ©ott feßen, ben ©Ott t>cr XPabt^eit twb liebe ! Tfmen,

&

Broriter ibdl.

Swälfte

2io 9ßon bem 9?u&en

3wcffce prebigt*

Q3on fcem Stufen bcs ofFenütd)en ®ottc&

DienjteS.

VTnfer ct*flcö (55cfur>! unb ©efd)dft fei) 'Hn6etung. S)anf fet) bir , bu 'Hüerfjoc&ficr, burd) Den mir finb unb leben, für biefen rnieber erlebten ^eiligen ‘Sag, mo roir ung äug Dem @erdufd)e unb ben3et'fb'euungen beg gemeinen iebeng fa minien , unfern ©etfl big ju Dir er* Ijcben, über utifere nnd)tigfte Tfngelegenljeit auf Der ©rbe nad)benfen, ung $um ©uten ermuntern, unb in ©cmcinfdjaft mit unfern 53rübern bid> anbeten fon* nen. deiner 53arml;erjigfeit f;aben mir Die n>id)tigcn 2fnflalten 5U banfen, welche Du junt £ftu£en unfterb= lid)cr ©eelen gemad)t l;aft, fie aug beinern ^eiligen ÖBorte, biefer fid)ern Svid;tfd)nur unfers ©laubeng unb iebeng unferrid)fen ju {affen, um baraug Deinen Sßillen unb if>re <Pflid)tcn ju ernennen, fromme ©e< füfjle unb £>or|afje in fiel) ju ermccfen , fid) bei) Den Söcfummerniffen unb SSibarcartigfeiten bcg icbeng üu troften, unb fid) jur ‘Steue in Der Sugenb unb ©ott= feligfeit ju ermuntern.

.Sperr, Der Du qefagt ^>afl : XX)o tcl) meines Via mens (Scbadptnif) (elften werbe, ba will icb btr tommen unb bicb fegnen. X£o 3wcy ober brey tn meinem Hamen rerfämm* let f mb , ba bm icb mitten unter i^nen*

öiebc

bes üffcntlicpen ©ottcöbientfcö» 21t

id.) bin be^ eud? alle Hage bis an öett ÜQQclt tEitbe, fegr.e aud) uns in biefer heiligen 0tunbe. iafj uns beinSOBort mit aufmerf’fainenD'iad)* benfen andren, t>a:nit ein jeber bie Äraft be(fe(6m an feinem ^erjen erfahre, tafj es einen ©Urnen roer* ben, ber auf gutes ianb fällt, unb ot>ne «Otnöerniffc oufgefjen, unter ftd) rcurjeln, über fd) grhebte trugen fann. D bu, ber bu beme SSoten ef)mals burd; be= fonbere ©ciftesgaben ausger uftet fyafl: , bas Erange* lium in ber ganjen BBelt ju prebigen : tfjetle auch mit bas 5Kaa§ Pon Erfenntni§, ©efu§I unb straft mit, welches erforbert tpirb, bie l2Baf)r!)eif mit Sftacbötucf unb Stufen ju (ehren, unb lafj mich Ttnbern nichts fa= gen, als was id) porter felbfl als göttliche Söafpr^eit erfannt unb empfunben habe. Es fep unfetc größte greube, ben cffentlid;en SSerfammlungen, bie beinet QSerc^rung gewibmet ftnb, bepjuipohnen , bis tpit nach pcllenbeter QJrüfungSjeiC jur auSerwd^lten ©e* metnbe im J&inimel fentmen. 2(men»

£e;rt: Sbtaec io, 24. 25,

Saffet un$ unter einander uuferer felhjl ibahrnefjmen, mit Sieben jur Siebe nnb guten SBerfen, unb nid)t üerlaffen unfereSSerfamms lung, wie etliche pflegen; fonbern unter ein- anberer mahnen, unb t>aS |o biel mehr, fo bief ihr fehet, baß ftd) ber £ag nahet»

Unter bie fdionen unb nii|(ichett Einrichtungen, tt>eld;e ^efus unb feine 2tpojtel jum heften ber 3Belt

0 a gemad;f

* y *

^on bent Sftufccn

gemacht haben, gehört auch ber öffentliche <55offeö= bienß. ©ie haben jroar feine beßimmten ^efefple gegeben, ju raelchen 5eiten, an noeichen (Drten unb mit melden (Bebtäudpert unb ^-cierlidjfeiten bie (Ehdßen ihre öffentliche ©otresperehrung anßeüen folfe ten; beim ba bie 33eburfmfle, bie ©itten unb ber ©efd)macf eines jeben ^dtalterS unb Welfes perfeßie» ben ßnb, unb fid> oft dnbern, fo überließen fie biefeS ber (Einßdjt unb Älug^eit ber Dbrigfeiten unb lehret in bem funftigen 3e‘fo^ter* bicl feßen mir aber aus ber ©efdßdjte ber Tlpoßcl unb ber erfien ^ird)e, baß fie ftatt beß ^ubifd;en ©abbatßö, ben 2(uferßc» ßungstag ^efu (Eiprißi, ben ©onntag feierten. Da bie erfien (Eßdften pon ^uben unb Jjeiben heftig ber» folgt mürben, fo famen ße in ^rioatßdufern, an ben ©räbern ifprer ^Serßorbenen, in J^blen unb 'IBdlbern jufanunen, ©ott unb Gßriftum anjubeten. £Bic aber bie Äaifer unb Diegenten anßengen, ßd) jum (Ifprißen? tßum $u befennen, fo erlangten ßc nießr gfdßeit unb erbauten eigne öffentliche Söerfammfungsßdufer. Tiber man mußte in biefen erßen 3dten ber Kirche noch nichts pon bem außerlid;en©eprdnge, melcheS in bem lePitifdpen ©otfeSbienfle, ober in ben ßeibnifdjen ©o# Ipentempeln gcbrauchlid) mar; man mußte nichts Pon ben abergldubifdpen QÜerimonien unb Pon ben ?0?iß= brauchen, meldpe ßd) ßernad) in bie Äird;e eingefdpli» chen ßaben. (Es hat baber ^emanb mit £Ked)t bie$3e* merfunq gemacht: 0o lange Öte Tlbenbmalpls* belebe boljern waren, war t>as Cbniient^iim tiodb gulben; wie aber Die Kelche gulöen wur* her», würbe bae tynftemtyum ^>di3ern. Der

©ot>

213

fc<$ öffentlichen ©otteSbienfteg.

©offeSbienft war nod) rein, einfach unb ^weefmiftig. I^efuö wollte ung and) fein fdjweres 3°d' t>on QTeri= monien auflegen. (£r f)af nur jwep heilige ©ebrau* ehe »erorbnet, bie ^aufe unb baß '2(benbmaf)[; jene, (Sbnften in bie ©emeinfehaft bei .ftirdjc aufjunet;men, biefeg , bas @etdd)tnift feineg ‘Sobeg ju fenern. ©aß übrige beftanb in bem beriefen beg göttlichen $83ortS unb in bem gemeinftftaftlidjen ©ebete; unb alle*? $iel= tc halftn ab, ©ott im ©eift unb in ber $ÖSdf)rbeif an= jubeten, fid; unter einanber ju ermahnen, unb fid) Jur liebe unb guten SOßerfen ju reifen.

©g fanben ftdj a6er fdjon in biefen frühen %eU ten leidjtftnnige, welche fclche 3ufammenf'unfte für unnotf)i& ober unnüfce hielten. Diefe *u befd)dmen, unb anbere oor gleichen ^elfter ju warnen, war bie ©rmafmung not^ig : iaffeC ung nicht Derlaften unfere Sßerfammlung ! Denn wie n üblich ift eine folc^c 2lns flalt beß öffentlidjen (Bottc&fctenftee ! freilich ent* fpringt barauß fein 9ftu£en für ©ott. $ä>ie fonnte biefeg hoffte $ßefen burdj unfere Verehrung einen 3ufa| feiner ©eligfeit erhalten? 2fud) mu§ man ftdj bep bem Sßorte iDtenjc nichts fnechtifcheS benfen. £Bir ftnb nicht ©daoen fonbertt ^inber ©otteS, unb bie Opfer, bie wir ihm barbringen, foüen aus freps willigem ©eifle fommen. 7(m meiften hüte man ftdj Por bem üjjrrtfjum, als wenn bie dbwartung beg auf* ferlidjen ©otteßbienftg bie Jj>auptfad)e in ber Üicligion fep. (£r foll nur baß fc^r gefdftcfte Mittel fepn, un* fern ©inn unb 5ßanbe( ju beftern, bamit wir nid)t nur in ber Äirdje, fonbern auch in unfern Raufern

0 3 uith

214

95on bem ^tifjen

nnb Sßßetfflätten , nidjt nur an Sonntagen, fonbertt ju jeber geit tugenbfjaft unb fromm uns vcrl^aUett, unb unfer ganjcs leben bem $errn jum £)ienfi unb Opfer fjeiügen fonnen. ©er IKufsen ifl alfo ganj auf unferer ©eite, eben fo wie ber ©djabe, men« wir biefe ^)fiicf;t bernacbiajngen. rebc jcf^t

bon bem 9?uf^en bc$ öffentlichen ©otte^ biettjleö*

(Srjllicf; werbe td> biefen 9'ufcn felbff,

SU ö b e ti n aber audj anjetgcn, wie wir beffelben tljeilfmfrig werben.

©rofj finb bie 2>ortf)eile, weiche wir für unfern ©eift unb für unfer Jjjerj, für unfer gegenwärtiges unb funftigeg leben auö ber 2(bwartungbeS öffentlichen ©ottegbienffeS jieljen fonnen; benn er ifi ein bittet, bic 20»enfd)en auf eine eble unb würbige 7(rt näljer ju bereinigen ; unfere ©rfenntnifj in ben 2Cal>r()eiren bet Öieligion ju erweitern unb ju grünben; unfer Jperj jti bejfem unb ju berulji'geu, unb in ber wahren g-rom* migfeic ju flärfen.

©er öffentliche ©otfeöbienft ifl ctfHicty ein fei, bic tTIcnfdxit auf eine cblc tmb wurbtge 2lrt 311 vereinigen. $Q3enn bie üftenfdjen in lieb« vereinigt fetjn feilen, fo gef;ct nid;f an, bafj 3cI?et für fid) allein (eben ober feine eigne üieligion f)aben f'onne. SBie traurig ftcljef eg in unbebauten ©egen* ben aus, wo bic 5Kenfd;en in S83ilbmffenweif abgefon*

berf

2IJ

offcrttltd^cri ©ottetffcicnfad.

bert bon einanber leben, unb feine folcße Verfanim# Jungen Ralfen fönnen! Unter uns roerben freilich fo manche ©efellfdjaften gefchloffen , fo manche gufanu menfunfte angefMf, aber bed) meifl nur um tvbt? feßer ©efcßdfte unb Vergnügungen roillen. QBeun aber fd;on jebe freunbfdjaftliche Sfaammenfunft fdf;ig ift , bas 35anb ber liebe unb Steigung unter 'Sfte fchen fcfler ju fnupfen: rote siel roirf'famer muß ba;u ber öffentliche ©ottesbienft fetjn, rco roir auf bie efcel* fte unb ivurbigjle Ttrf mit einanber bereinigt roerben* £)enn hier erfcheinen roir alle oßne tlnferfchieb bes 0tanbcS, Dvanges unb Tüferö oßne bielen Tluf* roanb, eßne äußerliche Fracht; ßier haben roir feine Vorzüge einer bor bem anbern , fo groß unb löblich auch immer fonft ber Unterfdjieb unter ben 3ftenfd)en im gemeinen leben fepn mag, äußern alle gleiche Ve* burfniffe, gleiche Hoffnungen, gleiche SCßunfcße, rool; len ade ben $$cg fennen lernen, ber uns junt Him# mel unb ju einer ©lucffeligfcit füßrt, rocld;e bie SBelt uns nid;C geben fann; ßier muffen roir es alfo lebhaft füßlen, roie roir alle, Könige ober Vettler, Dieid^e ober 'Xrme, SBeife ober ©infdltige, bor ©ott arme 0unber unb ganj gleich fab; h'cr ntuffen roir cs fufj* len, baß roir gleichen Urfprung roie gleidjen ‘Xusgang aus ber 5ßelt ßaben, baß roir alle ^inber eines Va< terS, ©lieber einer Familie, ©efchopfe eines ©ottes, unb alle ©rloße ^efu unb jum einigen leben gefeßaf« fen ftnb. 2Bie fefjr aber muß bas bie ©efußfe ber 9ftenfd;cn t unb Vruberliebe in uns erroeefen! £6enti roir ben ©ottesbienft aud) nur bon biefer 0eite be< trad;ten; roie eßrrourbig muß er unö ba fepn! SBclch

0 4 eine

216

<-8on t>cm 9hifcm

eine weife unb woljlfhätige Einrichtung für bas gefeHj fchaftliche $eben! ©emi§ wenn ein alter heibnifcher Süßeitweife wieber auffieigen , unb biefe Anftaifen $ut SUerbruberung ber 9J}enfd)en burd) Unterricht unb33e# (ef;rung mit anfefien folife , er mürbe mit Entjucfen biefe perdnberte ©eftalt ber £6e(t bemerfen. tnufj hier noch inßbefonbere ben 9tul$en ermähnen, melden bie ^he^nehmung an bem beutfdjen ©ofteßs bienftc für uns ha^€n konnte. 5Bir jinb Außlänbet unb 5'rembiinge auf biefer ^Jnfel. fommt auch hier nod) fo mancher fanbßtuann an, weicher in feinem Berufe reiht. Er ift mit ber ©pradje, ben ©itten unb Einrid)tungen beö ianbcß unbePannf. An wen foii er fid) juerft halten, alß an bie, mit weichen er burd} gleidje ©pradje unb Dieiigion Perbunben ift *? 5Ö3enn ftd; bähet jebcp Dcutfche jum ©efc(3 mach* te, fic() an eine beutfdje Kirche ju halten: fo würben fo mandje Anfragen bep ^obeßfäilen, tn Erbfchaftßfachen, unb anbern Angelegenheiten Piei beffer beantwortet werben formen; würbe eine Anjeige fepn, bafj nod) nicht baß eble Oefufjl ber $3aferlanbßliebe inunß perlofchen, unb bafj bie JKeligion uns nod; eine wicf)< tige ©ad;e war ! -

Aber baß ift noch nicht aüeß. Der öffentliche ©ofteßbienft ift aud; baß $)tiittcl, nufere <£.tHennt4 ni£ in ben XX)afytl;eiten ber ^eltgiort 311 etxvei* tern unb 31t befefftgen. Die Erfahrung (ehret eß, ba§ fehr oiele in ber ^ugenb einen feljr mangelhaften Unterrid;t in ber fKeligion genoffen haben. £Ö3ie foU biefem Mangel abgehoifen, biefe Hufe außgefullt wer#

ben,

öffentlichen ©ottesbienflcS. 317

ben, als tmrdj bas Sehramt, welches einen göttlichen itrfprimg §at, unb eben baju eingefefct ift, ttnwiffen* be ju erleuchten? 21ber es feg, bafj bu in beiner <£ve jieljung nicht Pernad)läffigt worben bt'ft, unb eine gute ^inficht fjafl: fo foll biefe hoch erweitert, befeftiget werben, ©eflef^e es nur aufrichtig; wenn bu mit 2inbadjf unb lernbegierige hierher fameft, fo würbe bir boch mancher S^eifel gehoben, manche SDBa^r^eit er= fchien bir in einem hellem Sichte, mancher SSeweitf Ieuci;fete bir beutlicherein, manches SKatfjfel, mancher knoten würbe bir gelbfet, furj, bu hörtefl boch fo manches, baf? bir t>or^er nicht befannt war, unb wel* ches bu boch ju wiffen not^ig £> wie unenf»

beglich finb folche ©elegenheiten, uns ju erbauen, in unfern ‘Sagen, wo ber Unglaube immer freoeln* ber fein £aupt empor hebt , unb falfdjer $ß?i| unb Sfteligionsfpott felbft gute ©eelen ju Perfuhren jlrebt» Unfere eigne (Schwachheit unb Trägheit macht es audj nothwenbig, ba§ wir oft an bie SOBahrljeifen ber SKeli; gion erinnert werben, welche wir fo leicht Pergeffen, ba uns fo wenig Seit Pon ben ©efd)dften unb 93er* gnugungen ber 2Q3elf übrig bleibt, an bie großen Tin* gelegenheiten ju benfen. (Sage baher auch nicht, ba§ bu bid) für bicf> felbft ju «Spcufe aus einem guten 23uche erbauen fonneft. £)as jfi freilich gut, wenn bu baS thuft. Allein, nicht einmal baran ju benfen, ba§ pielleicht bir bie beften ©rbauungsbucher.nidjt bc* fannt finb, welche |Td) für bid) fehiefen: fo foüte.ich benfen, bah baS, was bu in ^rebigfen hbrft, bir erfl eine rechte Anleitung geben fonnte, nun für bid) felbft über bie SKeligion nacf)jubenfen,unb bid) mit bcn£>ei=

0 5 ntgen

218

Q3on feem Stufen

nigen batu6et ju befpredjen. (Es ift ausgemacht, bah bas, maS mit lebenbiger Stimme auSgefagt roirb, cf t nen tiefem (Einbruch bet) uns jurudrldjjt, als ber tobte Vuchftabe beffen, mas mit- fefen; unb uberbiefj ift e$ ja unfere Pflicht, bah mir uns ()ier auch öffentlich a(S (Sf>rijien befennen, unb anbetn ein gutes Vcifpiel ge? fcen* 2Ber a(fo ein (££rift fepn mill, bet* barf ohne bie größte Sftotlj ben öffentlichen ©ottesbienft nicht Perfdumen.

'Sie Hauptfachs habet) enbfich ift biefe, baf? bie öffentliche ©otteSperef)runq unfer £)Ct$ befjcrt unfe beruhigt unb une in ber wahren ^römmigfett ftarbt«. TlüeS, mas mit- hicr fehen unb h^en unb thun bie 2lnbacht£Pollc Stille bei- feierliche ©efang bie Q)rebigt bes goftlid)en $6ortS baS gemeinfd)aftlid)e ©cbet bie §et)er beS SobeS 2je* fu alles ift recht gefdjidt baju ; mächtig auf Ver? ftanb unb He^ äu roirfen; mir fammlen uns einen nufclidjen Schah Pon SXßahrheiten für bie ganje fol* genbe 2ßod)e, unb unfere Qrinfichten über bieDieligion rnerben beutlidjer, unfere ©mpftnbungen lebenbiger, unfere Vorfälle ernftljafter, unb unfere Veftrebungen angeflrcngter unb nadjbrutfsooüer. “Die öffentlichen ©ottesbienfte ber (Ehriften ha6en fo Piel ©rbauliches unb Diührcnbes, bah man Pon einem fold;en Mittel gemifj bie Veforbetung eines mid)tigen (Enbjmecfs er= märten fann, unb bah &ie Verbreitung d;rifllid)ec ©rfenntnif? unb ©ottfeligfeit fef>r Piel habet) geminnen muh. Vielleicht erfchcint hier ein (Einfältiger. 5)urd) eine beutlid;e Velefjrung gehet Ihm ein Sid;t in ber

Scc#

219

fce$ öffentlichen ©ot«6bienfle&

©eele cuif , weldjeg i(jn auf bic ©pur jener malten unb fummlifdjen SOGeiöheit leitet, bie if;n §um dpim» melreid) gefdyicf't madjf. Es erfdjeint ein gweijler. Er wirb in einem ©alje ber Oieligion, ber ihm bisher noch nicht einlem*hren ipoüte, jur tleberjeugung unb ©emi§heit gebracht, mit welcher jugleicf) auch 9?u^ unb Fejligteif in feine ©eele kommt. Es erfcheint hier ein dauerhafter , ber bisher burd) nid;tö gerührt werben konnte, bie SßSege ber ©ünbe unb beS 33er# berbenS ju »erfajfen. Er wirb aus feiner Berblen* bung unb feinem geifllid>en 'Sobesfdjlumtner burd) bic ©timme geweckt: 2)u btjt t»cc fcHantt besEobee! ©eine erfdjütterte ©eele füf)lt wenigfiens ©ef)nfucht unb ernfllicheS Verlangen nad; ^Befferung unb ©nabe. Er kam mit einer ©eele poll befer ©ebanfen, Poll fünblicher Bewegungen unb Entwürfe, welche tnel* leicht fcf)on über bie Ausführung eincö fcbfen BorfaheS nad)bachte, biefe ober jene Ungerechtigkeit ju begehen, einen Betrug ju fpielen, einen geinb ju flürjen, eine Unfchulb ober feineg fftdchften tugenbljafteS 3ßeib ju »erführen, ober fonft eine ©ünbe ju begehen, woju bas ungebefferte ^»erj nur ju flarfe Triebe fühlt. Aber er fwrte eine Ermunterung aus bem Eöangelio $ur ©erechtigkeit, SDkufcbenliebe, ^eufchheif, Bigenb unb Frömmigkeit. Er empfanb bas ©örtliche barin, unb er lieft wenigfiens ben Entfd;lu§ $um Büfen fah? ren, welches ihm anfieng Perbadjtig unb oerabfd)euungSs würbig ju werben. 33ielleichf kommt enblitf; ein^rau# riger unb SÖtufljlofer, ein SBankelmüthiger unb Ber# jagter, ein Bekümmerter unb ©djwermüthiger, wel# eher unter irgenb einer leiblichen ober getjllidjen An»

feef)«

220

9$on Dem 9?ufen

fecfjtung feufjet, unb bisher in ben ©ufern bet <£rbe, in ben QSergnugungen bet 2ßelf, unb im OiirPcl feinet $reunbe unb ’jöenranbfe umfonft magren $roft gefuebt §af. £>er roelcf)er itpn brüeffe, fallt Pon fei»

rem .fterjen, roenn er Ijert, ba§ ©oft nid)f ben'Sob bes 0unber6 will, baß et ein f)u!breid)et QSater aller 3ftenfd;en fet), ber uns nid)t jur 0elbftpeintgung unb £S.uaal, fonbern jur ©lucffeligfeit fd)uf, unb ber felbfl ben größten 0unbern pergebe, meld)e ju if)m unb ju ifjter Pflicht juruef fefjren, bet für bas deine fo tpie fürs ©rofje forge, unb in beffen ilugen alfo 3ften# fchenfcel^n einen eben fo großen 5Bertf) al6$elDbiumen unb ^[nfeften f)aben muffen. (£r füf)lt ben $rofl. 3)ie Jufunfr, bie i(jnt fo bunFel mar unb mie ein 5Tle* bei Por i(jm lag, ja, bie fid) feine fd)ipermutl)iqe ©in» bilbungöfraft unter falfcben 0d)tecfbtlbern maffite, fl&rt fi d) Pot feinen $3liden auf, unb bet, meldet Piellcid)t fdjon amSKanbe ber Q3er$tpeiflung bie Waffen roiber fid) felbfl ergreifen roofite, roirb mit ©oft, bet QBelf unb fid) felbfl ipiber auögcfofmt unb fegnet fein j£)afet)n. 3a/ mädjttg mirfet bie SHSaljrbeif, trenn ifjr Peine dpinberniffe in ben $Ceg gelegt trerben. X)aS SCBort ©otteö ift fd)drfer, als ein jtpeifd)neibige$ 0d)»nerb. ©eioifi, Ipier ifl bie SBerffldtte beö fjeilfs gen ©eifleö. (Bewif^ltcb ifi Der <$etv an Dicfem (Dtt. VQit bciltg i|f Öiefe Stätte'. ^>tertff mebtß anDcte «Iß (Bottee £aue, unbbifc ififctepfot* Xt öeß ^tmmclö !

0ef)et, folcbe 33ortf)eife bat bet öffentliche ©ot« teöbtenfl; unb biefet mad;en jtdf) biekidptfmnigen Per#

luftig,

111

bet* öffentlichen ©ottesbienffeö,

luftig , welche benfelben gdnjlicf) berfdumen, ober bloß aus ©cwohnf)cit ofme redffe ^heilnefjmung abs warfen, ©ollen wir aKen ben 9]u|en barauS jieljen, welcher fief) baraus jie^en ld|5t, fo muffen wir if)n mit ber rechten ©emuthsart abwarfen. £?ie beffe Tlrjnet) hilft bem ^ranfen nichts, wenn er fie gar nid)f, ober nid)t redjf gebraucht, unb eben fo wenig tonnen wie jenes rUmeno tl^cilbafrtg werben, wenn wir bie ©liubenmiffel bernadffäjjigen, ober auf eine leid)tffrt* nige 2irt gebrauchen.

I36ie iff es benn wolff ju erflären, baff bie 7(n* herung ber ^)rebigten bet) fo manchen 5ftenfd)en feine Einbrüche macht ? Jpaf benn bas göttliche $ßort feine Ävaft bctleren? ^ft es eine balfamifche ©albe, beren ©eiff berraud)f iff? 97ein, meine SBruber, ba$ Sbangelium iff nod) biefelbe gottlid)e SCetsheit unb ^raft, felig ju machen alle, bie baran glauben, unb ftd) jutn ©efporfam gegen bie lehren unb 2>orfd)riftett ^efu bringen (affen. (£s liegt noch berfelbe ©eiff ba* rinnen, burd) welchen einmal bet) ber Tlnfjorung ei« ner einzigen ^rebigt beS heiligen Q)etruS bretffaufenb 9)ienfd)en bewogen würbe, ffd) taufen ju laffen. £)ie ©onne felbff ift nicht fd)ulb baran, wenn ihre ©trah3 len, bie fo n fl überall hinbringen, nur ben ^hc‘l ©rbe nicht aufbellen unb erwärmen, wo 5£olfen unb SRebel fich bor ffe tjinjie^en. >Der üiegen iff befrud)* tenb , wenn er auf ©rbreid) fällt , weld)es ihn ein» faugt, aber wenn er auf Marmor fällt, gleiten feine tropfen baf)in. Die tlrfad)e liegt alfo im SÖienfd)en felbff, wenn ba$ äloort bes J£>öcbffen in feiner ©eelc

wir*

222 Q3on bem Büfett

fpirfungßloß bleibt. ©r f;brt unb gebrautfjf es ntd;t mit ber ©emutl)ßart unb in ber ?ibv*djf , rocldje baju crforbert wirb, ©inbrude bcficlben $u empfangen, ©ß i{l in fld) felbfi ein guter ©aame, ber überall unb ftetß gute'§rücf)te tragen mürbe, aber baß ©rbreid) fft perfebieben, in meld)eß er außgcftmiet mirb. Sttan* tfyeß J?e rj nad) bem fronen ©leicbniffe unfet-ß ©r= loferß ein harter Pertretcner £Beg, mandjeß ein rco gar nid)t wurjeln fann, unb mand;cß ein Tiefer, mo 28ai$cn unb Spornen, mo bie liebe ju ©otf, unb jur ©itelfeit unb©ünbe jugleid? mad;fen, mo bie ©or* ge für bie Siaf/aing, SOBollufte unb Dteidjffjumer bie* feß lebenß bie lmhei'n ©runbfäfje beß ©eifieß unb bie ©mpjmbungen für bie Dfeligion unb baß ©rnige crfli- den. Tiber and) ein trauriger Sußanb, rnenn man mie §cli.r bie ernfl^afteftcn Q^rebigten über ©e* red)tigfeit, «fteufdjljeit unb funfrigcß ©erid)t anfporen unb bod) bie ©pracfyc fuhren f'ann ; ©ei; hin ai,f biß*

mal, menn iri) gelegene 3^ hukc* will idj bid) mie*

ber rufen laffen.

©d}on ©alomo fagte : 23ciral)te bdfien xvenn fc>u 3i:m -^aitfe (Bottes tjebefe, unö tom* mc, Du l^orcfü SDiefeß geiget unfere «Pflicht an, bem gemeinfd)aftltd)en ©otteebienße mit einem 4pcr,en beijumohnen, me!d)eß auß aller ßerßreuumj gemohnlid^er ©cfdjöfre unb Vergnügungen gefammlet iß. Sßenn unfer Äonig pom ^hron fpridift mie ba alleßöhr! mie benft man ba über jebcß $Gort unb bie roid)tigen ©ebanfen naci), meld)e feine Diebe ent= |dltl 2Bic foU man ßd; alfo bie ©ebanfenloftgfeit er*

flaren,

bfftntlicben ©otteSbicnfreS. 223

fldren, mit rcefcber bas 2Bor t bes TUIer^öc^flert ange* horttvirb? *2Benn mir f>ier^et* kommen , unfere @e* bete mafd)inenmä£ig, mie ber 9)harifäer, ju rerrid)s fcn; trenn TDh'ifHggang ober <Bitmlid)U\t uns ^tef)c r brodle, ein paar ©tunben auf eine angenehme 'Jtt't ju Pertreiben, weil bet) uns am ©onntage öffentliche Suftbarfeiten but'd) baS©efe£ Perboten finb; trenn ber Jjpeucpler f)ier evfd;eint, fiel) als einen eifrigen ©ottes» Verehrer geltenb ju madjen, unb ben tarnen eines guten <S()riflen in ber Äird)e triebet jttftnben, trel< d)en er burd) feine J^anblungen in ber 2K>elt perloren bat: wenn bie uneble ffteugierbe uns ffiefjer treibt, um ju fel;en, unb ftd) fe^en ju (affen, ober um etwas ju horeti , baS man fiernacb (oben ober fabeln fann; wenn man bieder alle feine 3Raf;rung6forgen unb ben ganjen ©djtüarm feiner Q5egierben mitbringt: ijls ba mbglid), bafj SRuljen gegiftet trerben fann? JJfte SBunber, »penn Piefe guberer bet) allen ©rmahnun* gen jur Dved)tfd)affenf)eit immer biefelben ungebeffer? ten 9flienfd)en bleiben?

9?ein , meine ^fpeureflen , mit Porbereifefer, flil* (er, nad)benfenbcr ©eele muffen mir fuer erfd)einen, bie alle if;re Ära ft e aufbietet, bas ju fallen, traö ©ott i^r ©d)bpfer, tuaS ^efuS gfpriflus fagt, n>el* d)er bie trahre SSeiSheit Pom Jjpimmel für uns auf bie Cfrbe gebrad)t bat. 2(ntrenben foflten mir alles, nid)t auf tfnbere fonbern auf unfern eignen 3u* flanb. fragen follten tvir uns : Sßarum fam tcb hierher? ^öefe id) trirllid) ©oft mit Vernunft unb ©mpfmbung an? SSerftehe ich/ was id; finge? Srägt

meine

2i4 ^u|cn

meine 2{benbmaf)lsfet)er $rud)te in meinem nadiheri» gen 'Sßanbel ? 2Ö3ie bin id) befd;affcn ? £Bie foü id) fepn, unb mie mid tuidj mein ©otf unb €rlofer |ja« ben? 5Boran feljft mtrs nod)? 53in id) nad) 'Jlnljo« rung fo mancher DieligionSPorträge jejt meifer unb bef* fer, als id) fonft mar? 3öeld)e lel)rc ift mir jejt beut« lieber? 3Be(d)en 'Sroft empftnbe ich jejt lebhafter? mcldje leibeitfdjaft fann id) jejt bejfer belegen? ober melcbeS ijt jejt ned) bie fdjmad)e Seife meines ^»er« jenS, mo id) ju fämpfen, ju madjen, ju beten f;a« be?“ ^auptfacblid) fommt es barauf an, bajj mir uns cntfd)Iiefjen, bas mit reblidEjer Seele ju t^un, mas mir ()ier im fjedflen lidjtc unb mit PoÜcr lieber* jeugung als itnferc <Pflid)t erfcntien. 3>nn fo ^e» manb , fprid)t ^jefuS, ben SOßiden besjenigen tljun mid, bet- mid) gefanbt f)af , ber mirb inne merben, bajj mei» ne leiere Pon ©oft fei).

Sieben 23 rüber, Iaffet uns alfo uttfere Vm fammlungen rud)t rctlajjen, wie etliche pfle* gen* <£tlid)e, Spiele aud) unter uns bie |id) nid)t nur ihres beutfeben SBaterlanbeS, fonbern aud) ©ot* tesbienfleS fd)amcn, aber eben besmegen ilnbanfbare finb bie Piedcid)t nod) einen Junfen pon Dieligiott aus ber d)rifliid)en ©rjiefjung if^rcr ©Item fjieber mit« brachten, ber aber halb PerIofd)t mürbe; bie Piedeid)t Anfangs fleißige .$?ird)engef)er maren, aber jejt Per» irrte, Perlorne Sdjaafe finb , in fd)Ied)fer ©efellfd)aft immer mehr oermilbern, über alles ©ute fpotten, fleh ber ‘Srunfenljeit, ben ndd)tlicben 2Gcrfen unb bem wnorbentlidjen leben ergeben, unb besmegen felbfl im

dufjer«

tcö öffentlichen (Botfefifoicn(t<& 22?

außer(id>en 2ßof)fftanbe juruef fontmen, unb fid) unb bie ^(jrigen ‘nS ^Icnb feurjen. £ßeld;e traurige goi* gen jiebef bet’ ieid)tjmn eines Sftenfcben nad) fid>, wei* djer ftd> her göttlichen Drbnung rotberfc^t ! QBaß mag roo()l bie llrfad)e fei)«/ baß fo mand;e unter unfern beutfd)en ©laubenßgenoffen unfere SSerfammiung per« taffen? Einige werben pon ^ranfbeit, TUter unb Ttrs muff) jutuef gehalten , unb bie wollen wir in ur.fere gurbitte einfd)Iießen. Tfnbcre jinb in ißr Söaterlanb, ober anbere ©egenben ber^Gelt juruef gereifet : biefett wunfeben wir, baß jie baß fjier gefjorte unb empfun* bene ©ute nie Pergeffen. [Roch Ttnbere finb burd; ben 5ob ber ©emeinbe entriflen worben ; unb 0 ! mögen fte mm baß gefunben haben , waß fte fud'ten , möge ißc ©taube in@d;auen perwanbelt fepn! jinb abec noch manche iebenbe, bie man unter unß permißf* !£)iefe fönnen entweber wegen ber weiten Entfernung beß 26egeß nicht erfdjeinen, ober jinb wegen if;rer ga* milienj 33erbinbungen jur Engltfcßen Kirche uberge* gangen. Sßenn fte benn nur nod) baß göttliche 2BovC f>ören, fep wo unb Port wem wolle! Tiber id) furchte, bie meifeen geßen in gar feine Äirdje mehr. £) taffst unß nidjt Periaffen unfere OSerfammlungeir* 3u biefev Ermahnung bewegt mich inßbefonbere bet heutige ©ebachtnißtag unferer Äirc^weiße *). itnfe* re 'T3orfa(>ren unb wir fjaben bie unfehlbare Üieli* gionßfreifieic, fo manche herrliche 9ied;te, fo manchen

göttii*

v) 3^hr 1694 cm ip.^outttage nach *ivinitati3 wirrt be bie erfte .ftirche ber (£»angelifdj .'üutbevifeben ©eimirft bc in ber @av'ot; in ?enben cingcroeibct. ilKitcr 11*11. Q)

226 Q3on tm 9}u|en öffentlichen jc.

göttlichen ©egen als gremblinge ^ier genojfen. Q3iS* hierher f)<rt uns ©ott gebradjf! 0 ©ott mit ge* rufjrtem Jperjen banfen mir bir für ade beine unjä&lü gc 2Col)[tf)afen. ©cp noch ferner mit uns unb un* fern Sftachfommen , roie bu bisher mit uns unb unfern Tätern geroefen bifl. Breite bu ferner beine ©na* benflugel über biefe ganje ©enieinbe aus, unb nimm bid) aller ihrer ©lieber fjerjfich an. O ©ott, bu $3a» (er beS iichtS! bu Ctueüe aller QBeiö^eit, alles Sro* fies, aller ^raft, aller ^reube unb ©lucffeligfeit, la§ beinen ©eift unb bein £Bort an unö allen mädjfig mirfen, unb mache uns baburd) ju recht vernünftigen unb roeifen, tugenb^aften unb frommen, jufriebenen unb feligen 9Jienfd;en in biefer unb ber jufunftigen SBelt! Timen.

2Ä?

* s

2Dtci$cf?nte prebigt»

23on fcem VDeifen ©cbraudje tmferet Futtert Seben^eit

vyott, bu Ewiger , bu 0,uede alfeg ©etjng unb in benß, ber bu bteibfl wie bu bifi, unb beffen ^ahre fcttt (Enbe nehmen , wir banfen bir, baß bu ung aug bem SRicbtö inö £)afet?n gerufen/ baß bu uns nad) beinern SSilbe gefdjaffen, baß bu ung eines bernünf* (igen unb ewigen Gebens fällig gemadjt unb ung fo biele 0.uellen geofnet ßaft, aus welchen wir ^rfehnt* niß, greube unb ©lücffeligfeit feßopfen fonnen. Uw ter beiner Tlufßdjt unb Leitung haben wir fdjon einen ^fjeil beS 5Bege6 jut G'wigfeit jurud'gelegt, welcher wir mit jebent $age mit immer fdjnellern ©dritten entgegen eilen, unb bu weiffeft eg, TUIwiffenber, wie furj ober lang nod) bie übrige ßeit unferg iebenß auf bet <£rbe fetjn werbe.

#aben wir aber wbf)l ben3wecf unferg DafeqnS erfüllt? Jpaben wir unfere große SSeftimmung ftetS bor Tlugen gehabt? #aben wir an ber Gilbung un* fers Sßerftanbeg unb ^er^ens gearbeitet? £aben wir unfet ©emutf) bon ber ©unbe unb bem ^rbifdien ab* gezogen , unb nach bem Jj>immlifd)en unb Ewigen ge* richtet? 2ld) ©ott, bergieb ung ben Unbanf unö ieichtfinn, womit wir bisher bie ung anöertraute

<p 2 Kräfte

S28 £ßon bem weifen ©ebrau^c

Äräf (e unb 5CBo^f(^atcn gemifjbraucfot (jaben, unb maefje uttö meifer unb treuer in ber 2lnmenbung un? fern* furjen icbengjetf. J)err, lefire unö bebenfen, bafj roir fterben muffen, auf bafj mir fing merben, SDie 0tunbc mirb fdjlagen, bie unfere legte ifl; bie 3Rad>t beö ^obeö wirb fommen, ba niemanb meijr mivfen fann. D barum lafj unö immer fo (eben, mie mir einmal, menn mir (ierben, munfdjen merben, ge# lebt ui fjaben. ^uljre unö burdj alle bunfle ©dtige beö iebcnö unb burd) baö ftnflere ^fjal beö Sobeö jum <icf)t unb jur greube ber Gfmigfeit, um ^cfu CS^rifti millen, meiner betn ^ebe bic üJiadjt genommen, unö icben unb uimerganglitf/eö SPefen auö iidjt gebracht l;at. Timen.

Scj-t: ipfalm 90, 10.

Unfer£djen n>ä(jret ftc&enjtcj ^a^re, unb wenn$ f)oef> fommt, fo finbö aefj^fq ^aljre, unb wenn# fofHtcl) qcmefcn ij t, fo tfte !Üitifje unb Arbeit qemefen; benn e$ fahret fd;ncü fcafjin , a 16 fibfjeu n>tr baootu

55er dltefle unb glaubmurbigfie ©cfcln'djtfdjrei# 6er ber CCBelt , tHofeß, bat unö bie merfmurbige Sftadjridjt Ijinteriaflen, baf? bie 9ftcnfcf;>cn ror ber ©ünbfiutf) ein fef>r (joijeö TClter erreicht l)aben, unb bafj nid)t nur unfer ©tammrater Tlbam, fonbern auch bie übrigen Gfrjbdter, ein 3areb, Üftetfjufalafj unb anbere beinahe ein taufenb 3a^r geworben jtnb. SBBenn mir unfere wenigenSage gegen biefc lange SKei#

229

unfcrci4 Furien SeBcnöjeit.

he von fahren, unb überhaupt unfern je(jigcn 3uftanb gegen ben irrigen Raffen : fo erfebeinen wir wie 3ivet‘= ge gegen Dtfefen. Offne 3n> eifei brauten fie if)r leben beswegen fo fjoefy, n)eil bamals noch nicht bie Urfa# fachen fiatt fanben, welche unfer leben abfürjen. £)et ©rbboben fyattt noch feine gewaltfame ©rfebütterung bureb bie ^CBafferflut^ erlitten ; fte lebten unfer einem ir.ilbcn unb gefunben ipiinmelsflricb ; fie afhmeten eine reinere luft; fte genoffen einfachere IRahvungSmittel; t^re fiarfc feibesbefebaffenfjeit würbe weber bureb ©r» jiebung, noch mobifebe lafter, weber bureb eine ju weit getriebene Verfeinerung noch bureb 9ftif6raud> i^t*er geizigen unb forperlicben Grafte gefebwdebt, unb iljre ganje lebenSart mar mehr bei* ©infaebheif ber 97afur gemafj, welche bie ©efunbfjeit fla^If unb bas leben verlängert. ^eboeb hatte ifyv ^of>eö 7Ü£cr feinen ©runb aueb in einer befonbern ^CBeiö^cit unb ©üte i^reö (Schöpfers. ©oft ^attc bep ber Verlängerung beS lebensjieles ber Patriarchen weife 2lbftcbfen. ©s mar fein 2Bille, bafj bie ©rbe fe§r balb mit 9)?enfcben be» Volfert uub angefüllt werben follte: unb biefer 3<v«f fonnte nicht beffer erreicht werben, als wenn bie Häupter unb (Stammvater ber Familien t>icle hunbert ^alpre lebten, ferner feilten bie geoffenbarten 2Baf)t* beiten bureb munblicbe Uebetlieferungen von einem auf ben anbern fortgepflanjt werben, unb baju trug ihr langes leben vieles bep. ©S war auch baju bien» lieb/ bafj biefe e^rwürbigert Vater unb ©reife i^re langen ©rfabrungen unb SßBiffenfcb affen in ben 2öer* fen ber 9latur unb $unft ihren Äinbern unb fftacb# fommen befto beffer lebten , unb hinlängliche Tlnmei*

P 3 fung

530 Q3on fcem reifen ©ebrauche

fung juv Einrichtung ber ©efeüfchaft unb LSeforbe« pung if;rer gefammten ©lucffdigfeit ert^eiten fonnten, Unb ba fte, wie hochftwahrfcheinlich ijt, auch ton ben Äranff;citcn unb 53efd)werben freij waren, welche uns jejf brüefen , fo war biefe Lebenslange nicht nur für bie 3Bclt überhaupt, fonbern auch für fie felbfi eine Wahre CU>o^Irtpa(,

3e$f ift biefeS menfd)lid)e Lebensziel abgefürjf worben. ©ci)on ^ofes, wc(d)er baö Lebensalter ber $)atriardKn beinahe auf ein 3‘ahrtaufenb rechnete, fonnre es zu feiner 3‘'if nicht einmal mehr auf ein ^aht bu» berr fchen. Un fer Hebe» wahret ficben* 31g, unb wenne ^cd; fommt, aci^ig 3ab*

VC. SQSir Ipaben freilich aud) in neuern feiten aus allen Lanbern L$et)fpiele ton LBienfchen, welche biefeS . 3*el übert'djritten unb ein ?(lter ton fjunbert bis hlirl3 bert unb fünfzig ^aljre erreicht habm; allein biefeS ftnb fold;e aufjcrfi felfene $al!e, baß man fie als Tlus* nahmen unb etwas Ungewöhnliches in ber ©efd;icbte her LXRenfchbcit anmerft. feiner ton uns fann auf fo etwas 7(u§erorbeutlicheS Ovecfmung mad)en, unb wie wenige erreid)en felbfi baß im ^M'alm beftimmte Biel? EineDieihe nid)t nur ton fieberig, fonbern felbfi ton tierjig, zwanzig unb weniger fahren, bünft uns ein langer Zeitraum ju fepn, wenn er tot uns liegt; aber wenn er terffofjen ift, gleicht er einem 3lugenblicf. EBaS ift unfer Leben in $3ergleid)ung mit ber Ewigkeit anberS, als ein tropfen gegen baS$6elt- meer? unb gleid)wol hangt ton ber 3(nwenbung um ferer Seit unfer ©djitffal in ber Ewigst ah, Raffet

uns

unferer furjen üebenßjeit. 231

unß biefeß einmal recht endlich beherjigen, unb be* trachtet mit mir

£)en meifett ©ebraucfj unferer fu r* &en gebenSjett.

3uerft t>ic $urje unferer Sebenßjcit,

211 ß Denn ihren weifen ©ebraudj»

3>aß unfere iebenö^eit t>on fef)r farjer T)am fet), bebarf feineß weitläufigen 25eweifeß. ©ne traurige Erfahrung lehret unß, baß bie meinen 5Jtenfd>en fd)o« wieber in ihrer fruhften Äinbljeit flerben , unb baß iid)f ber ©onne, baß jte faum erblicft hoben, gar halb mit ber Sinfterniß beß ©rabeßDertaufchenmuffen^ ©er'Sob reifet fefjr Diele in ber 23lutlje ihrer 3af)re ba* (jinwieDiofen Don$ßurm geftoeben werben unb Derwel» fen, ehefie fleh noch entfalten fonnen» ©elbftbaß fiär* fere männliche Tllter ifi Dor biefem Äonig beß ©djte= efenß nicht ftd;er. £ßie Diele werben auß bem&anbe ber lebenbigen auf berQürbe bahingerueft, weld)e ftch nun «rft red)t vorbereitet Ratten, biefeß ieben ju genießen, unb mit ihnen werben alle Entwürfe unb Hoffnungen, welche fie für baffelbe gemacht hotten, unDermuthet begraben» Unb gefeljt, baß mir auch bie lwd)fte ©tufe beß menfchlichen Tllterß erreichen : waß ift gegen bie lange gränjenlofc ©oigfeit ? 3'ehet noch ba* Don bie 3eit ab, welche auf ©d)laf unb Erholung ge< roenbet wirb, bie 3c't, weld)e wir in Äranfheif Der* feufjen muffen , bie 3eit welche auf bie ©piele ber Ätnbheit ober bie ^raftloflgfeit beß 2llterß geht, unb wäf)renb welcher wir alß Dernünftige ©efdjopfe, beren leben cigentlid; im 2)enfcn unb 2Cirfen befielt, nicht

4 fügen

23a CÖon bem weifen ©ebraud^e

fagen fönnen , ba{j wie eigentlid) gelebt ^ia6en: wie Diel bleibt uns benn ba noch übrig? $a gewih es ift clS flögen wir baöon ; wir jittern wie eilenbe ©Rat¬ ten über bie Dberfladje ber ©rbe bof)in ; wir finb wie ©ras, wie Blumen, we(d)e heute blühen unb mor# gen Derweilen. SÖSte fo gar nid)ts finb alle <5)ienfd)en/ bie bod) fo ficher (eben! iaffet uns aber bet) biefer ^urje unfcrSiebenS jwet) Umfiänbe näher inö iid)t fe$« gen, wc!d)e für uns lef)rreid) unb ermunternb werben fonnen; Iaffet uns fefjen, t^eils, welches bieUrfacfcert finb, warum wir nid)f mehr ein fo fwheö *Klter , wie bie Urüäter erreidjen, tljeils, weldteS bie weifen 2JU (testen ©ottes bet) ber Tlbfurjung unfers iebens finb.

€s fönnen fo mand)e inncr(id)e uub äufferlid)e llrfachen angeführt werben, warum bieSOienfdjen jefjt überhaupt nid)t mehr fo lange leben, als bie TUtbäter. ©ott thut uns fein Unred)t, wenn er unfer icben »erfür;t. <£r hätte )a uns in einem ewigen 9tid)tS liegen laffen fönnen: ba er unS aber bas X)afenn gab, fo beruhte es and) auf feinem frepen SKathfd>Iup, wie lange wir baS ieben auf ber €rbe genießen folltcr». llrfprunglid) war ber SDlcnfd) jur Unfierblidjfeit nid)f nur ber (Seele , fonbern aud) bes ieibes gefdjaffen. Tiber bie Schrift (ehrt beutlid), bah ber “Job burd) bie ©unbe in bie <CÖ3elt gefommen fet). £)oburd) ift baS gerechte iOiiffallen bes heiligjien ©djöpfers über baS gefallene ©efd)öpf erweeft worben, bah ©lofeS mif ESetrubnih auSruft: £)u läffeft fie ba^in fahren, wie einen ©trorn, unb finb wie ein ©d)Iaf bas ntad)t bein Jotn, bah wir vergehen, unb bein ©rimm, bah wir fo plöfclich bahin muffen. Vielleicht, bah

bet

233

unfcrcr futjen Sebcnöjrie.

feer ^8efdjoffctif)eiC feer ©rbe unfe iuff nad) feer 0unb* ftutb einige 'Serdnberungen t>orgefaüen finb, we(d;e einen nac^jtfjeüigen Hinflug auf feie ©efunbijeit unb baö Seben feer 5)}enfcben gehabt f>aben. £)enn wenn bie ^Bitterung entweber ju geiinbe ober ju jlrenge, bie iuft ju feud)t ober ju troefen, ju warm ober ju fa(t, feer 3Bo()nort $u eingefcbloffen ober $u offen, bie 97af)rung ju armfelig ober ju uberfluffig, bie Jpanbtf)ierung ju anftrengenb ober ju rufiig ifl : fo fann baburd) baö gehörige ©leicbgewicbt jwifdjen ben feften unb fluffigen ^heilen unferö Körpers gefrort, unb ber 0aame &u mand;er(ei) £ranff)eiten in bemfclben auö# geftreuet werben. #ber bie meifte0cbufb (iegtwchl att bem Verhalten ber S^enfebenfelbfh lebten bieTUfPater beswegenfo lange, wcüfte fid; einer einfachen unb un< gefunjtdten Sebenöart befleißigten : fo folgt auch, bafl biejejige roolluflige, weichliche unb üppige £e6engarf ber 9)}enfd)en pieleg jur 0d)wdcbung i£rerÄräffe unb $ut Sßerfüqung i^reS iebeng beitragen, ©g finb in ben neuern feiten ^ranfljeifen unter ben Sftenfdjen ent= fianben, pon benen man Por Tfiterö niebtg gewuft haf. *£)ie Statur ifl nur mit 2Benigem jufrieben ; aber jejt finb unfere ‘Seburfniffe inß Unenbfid)e PerPielfdltigt worben. £)ie heftigen Effecten ber 0eefe, unb bie 'Ku5fd)meifungen beö gieifcfjeö , nagen an unfercr £e* bensfraft , wie ein oerborgener SOßurm in ber Stofen# fnofpe ober in ber febonflen gruebt, unb wie Picfe Jünglinge werben burd? ihre SBoliuflc abgejebrten ©reifen dfjnlicf), wie Piclc Banner flurjen fid) babureb frühzeitig inö ©rab, ba§ fle bepm ©cfufpi beg Pollen SOvaaßeg ihrer Jfraft auf ihre ©efunb^eit (ogflürmen,

9) 5 unb

234

Sßon fcom keifen ©e6tau$e

unb burdj Unmdfjiqfeit fief) felbft tobten! ftreifid) fte* £et auef) unfer leben^iel unter einer fwffern $>orfef)ung ; freilid) flnb ade tmfere 'Jage auf baß £>ud) beß 3d* wijfenben gefdirieben: aber baran fonnen wir nad) aller Vernunft unb ©rfafjrung nid)t jweifeln, bafj ber 5ftenfd) in feiner ©ewalt Ijabe, fein ieben ent* weber 51t verlängern ober ju verfugen, je nad)bem er orbentlid) unb mäßig , ober außfd?weifenb unb lafter» ()aft lebt

2>ebocf>, ba nidjtß unter ber ©onne gefdjieljef, alß maß ©ott entweber felbft verorbnef, ober auß wei* fen 3U'ftd)ten jugelaffen fjat: fo fraget fld) nun, wie felbft bie $cf)ler ber 3D?enfd)en unter feiner weifen Oiegierunqju ifjrern heften gelenfet worben ftnb. Üftan fielet leid)t ein, bafj bie ©rbe ju fefjr mit 0nwol)nern würbe bevelfert worben fetjtt, wenn bie 9ftenfd;cn aud) nod) ferner ein foldjeß f;of)eß TUtcr erreid)f unb ifjre jaljlrcidjen gamilien fortgeffanjt f)dtfen. ©ß fod* te alfo burd) bie $53erfurjung if>rcß febenß vermutet werben, bafj bie $ftenfd)en fid; nidjt fo fiarf vermehr* ten, morauß fo mandje tlebel unb ©efafjren unter ifj* nen würben entflanben fet?n. 97un würben jugleid) ber $5oßf)cit unb ben ©ünben ber 9ftenfd)en engere ©rdnjen gefegt. £)ie iafterfjaften tonnen bocf> nur eine furje 3«it toben unb wutljen. 9tun fod jeber bie furje ©nabenjeit beffo elper wabrneljinen , weil fie fo* balb verftreid)t; unb ben frommen unb 'Jugenbljaf* ten gereicht junt großen Srofte, bafj ifjre Prüfung nur von furjer datier ift, bafj if)re leiben halb über* ftanben ftnb, unb bafj ftc bie loflen unb $3efd)werben beß febenß nicfyt ewig ju tragen traben, 9ftandjer von

unß

unfcrer fuejen gebettfjeiu

23s

uns nur rnenige 3öhre ,n ^er jugebrachf, unb gleichmol fd;on oiele ©rfchütterungen , oiele 33er* änberungen in gamilien, oiel ^rieg unb ©lenb erlebf. 3Bie mancher ©reis fühlt es, bajj bas 2f(fer felbfi eine Äranffpeit fet). Unter fold;cn Umfränben mürbe ein längeres ieben uns jur fafl merben ; unb ein furjeS ieben ifl für uns rnahre 2Bol)lthaf, menn mir nnberS baju oorbereitet fmb, in eine beffereQjßelt uberjugef)en. Unb baS muh uns benn auch beruhigen , menn mir fe^en, ba§ fo toiele ü)?enfd)en in ber ^inbljeit unb in ber 35lutbc ilmer 3abre fierben. Sfßenn mir bcnfauf bet QBelt betrachten, fo fd)eint es, als menn bie me* nigfien SDlenfchen il;re SSeftimmung ^ter erreichten. IDenn es tfl nach ridjtigen Veredlungen ausgemacht, bah über bie dpalfte ber SDlenfdjen in ber ^inbl^eit gerben. ©S jeiget ftd> aber barinnen eine befonbere SDBeiSbeit unb ©üte ©ottes. £)iefe Säuglinge unb Äinber roerben fe(;r balb als jarte ^flanjen auf bas ©ebiet beS himmlifdjen sParabicfes oerfeljt, mo fic beffer mad)fen, blühen unb grucht tragen fonnen, als auf biefer fünblichen unb gefafn'Oollen ©rbe. Sie mer* ben balb reif für bie ©migfeit! Sie merben fo man* d)em Uebel entrijfen, fo manchem Sturm entrücff, meld;er über bie Hinterbliebenen ^creinbric^c* ©s mu0 bie ©Item beruhigen, meld)e foldje iieblinge ilj* res HerjenS oerlieren, bah ©ott ben ^fmigcn fo balb jur einigen ^>errlicbfeit oerhilft, unb oerleitete fie il;re ju grofje liebe für fte, aus ilpnen fleine ©o($cn ju ma* d)en/ fo benahm ihnen i(;r S5erlufl bie (Gelegenheit ju fernerer Tlbgotteret), bah fie •hr^>crli mm inimer mehr t>om ^rbifchen entmof)nen, auf ©ott, bas hoch fie

Q?on bem toeifen ©cbraucbe

un»eränbftlicbe ©ut richten, unb ben wahren $rojl cllcin ba fucf)en fallen, wo er ju finben ifi. ©inb e$ CErwacbfene, welche »on ber 2ße(t genommen werben, wo jle boeb noch langer garten (eben fönnen? ©ott meinet es aud) ^ier gut. ©ntweber es waren bofe 9Eftenfcben unb fo war es gut für bie ©efell* febaft, bajj fie non ihnen befreit würbe, ©ott febnei* t)ct fie ab, reifjt fTe in ber Jpälfte i^rec ^Ja^re baljin, bamit fie nicht baS Sfttaafj ihrer ©ünbe noch mehr an* füllen, if;rc Söerbammnijj nid)t vergrößern, unb »ie* IcS Unqlüd* nid)t anriebten, weldjeS fie, (jaden fie länger gelebt, unter iljren 9Jlitmenfd)en batten an# richten tonnen, Ober esfinb fromme, gute?Oienfcben? ©ott eilet mit ihnen aus biefem feben. ©ie fommen nod) »or bem ©türm in ben ruhigen ^>afen. @ic finb reif für bie (Jwigfeit, unb werben halb »ollenbef. 0ic tonnten auch wieber fallen : aber biefer ©cfa^t: finb fte auf einmal entronnen. SÖMen wir fie um i(jre ©lücffeligfeit beneiben? ©ollen wir fie wieber in ben ©tanb ber UnOoHfommenljeit jurütfwünfdjen? Sftein, fie werben nidjt ju uns wir aber muffen $u ihnen fommen, (5s offenbart ficb enblid) aueb barinnen eine befonbete 26eisheif unb ©üfe ©oftes, bafj er uns bie Umftänbe, bie Tlrt unb bie 3eit unfers Sobes nid)C befannt gemacht h<d- ‘Senn baburd) würbe bas fpe r$ ber SÖlenfcben nod) meljr frofcig unb »erjagt gemacht werben; troljig unb fidjer, wenn fie wußten, bafj fie Kod) lange nid>t, »erjagt unb traurig, wenn fie wüfj* ten, bafj fie fefjr balb flerben mußten. 3Burbc wo^f ber ^ünling im regen 3*fei§e feine Kräfte bilben unb üben, würbe er wahre <$teut>c genießen, unb nicht

»iets

ünfcrcr furjen SebcnSjeit. 237

fcielmebt in fiete Sraurigfeif toerftnlen, wenn er müfjte, bafj er baS männliche Tllter uid)t erreichen, ober ba$ tue 0onne feines Gebens im ÜJiittage untergeben mür» be? 2öer mürbe ftci> in Sßerbinbungen unb ©efdjdfte einlaffcn, menn er feinen naben Sob öorauS fdlpe? >Der ©ottlofe mürbe (Sünbe mit @ünbe bdufen, unb feine 55efebrung oon einer jur anbern oerfcbieben, menn er mit ©emifibut rin b0^s^Jfer ermatten fonn# te. ^eht a^cr/ &a ber jeben 'Hugenblitf fei=

nen Sob »ermufben mufj, feil er aud; jeben Tlugen* bücf bereit fepn , ju geben, menn ber 3lümdd;ttge ib« rufen la§t, bor ibm ju erfd)einen. SBir miffen es aU fo nid)t, menn, mie unb mo mir gerben merben; aber miffen mir ganj gemijj, baf mir fierben merben.

9iid)ts ift alfo ungemiffer, unb nichts gemiffet als unfer Sob. Unb meld;e ^eÜfairte Söemegung follte in einem 9ftenfdjen entheben, meicber recht lebhaft £>crt ©ebanfen fid; botfMf: „beute leb id; unb nior* gen fann id; fd;on tobt über oc^t Sage fann id) fd)on geflorben unb mein ftetblidjer tte&erreft begraben fetjn!“ Sftid;ts bleibt uns übrig, als bafj mir bet) biefer unferer dufetjl furjen febenSjeit bic grofeÄlugs beit lernen, fte rnobl anjumenben, unb batoon einen weifen ©ebraud; $u machen , moju id; eud; folgen« be Diatbfd;ldge mitt^eile :

3>t etfte ÜJatb: ©ud;et fcen SwecJ eures Gebens 3U erfüllen. £Beld;eS aber mol;! biefer Bmecf? 5ßaS unfere £3eßimniung auf ber (Zrbe? SKarum ber SSttenßh ba? (£tma blos barum, baß

er

538- 3>on t>em iDeifen' ©ebrmidfe

er nur ein ^Pffanjenleben fuhren, ober »nie unebler* Sbiere bloö effen, trinfen, fd>Iafen, fid> fortpflan^en, nur für feinen kib forgen, unb in träger ©crnad)* liebfeit feine ©ige Perleben unbenbigen folle, fRein !— ©er ebelfle ^eil Pon unß ift offenbar unfere 0eele, unfer ©eifl. ©iefer iff eö, meldjer ben ÜJienfdjett jum 93ienfd)en mad)f, welcher iftn über bie £l)iere beö gelbeg ergebt. 2iber ber ©eitf befielet in ber ^raft $u benfen. elper aifo ber SStenfd) benfen unb fei* ncn SQcrffanb gebraudjen lernt, beffo elfer »pirb er Pollfommen. 3C tätiger, je bcjfer er über VSelf, ©oft, 90?enfd)en, $ugenb unb iafter, ßufunft unb ©migfeit, benfen unb urteilen lernt, befto tnefjr erreid)f er feine fSejtitnmung , befio glücflicber wirb er fd)on f;ier. £Bir f;aben aber aud; eine anbere ©eelenfraft, bie n)ir Villen nennen* 2Bir foüett geroofmt merben, ju wollen, wag ©oft tpiü immer meljr unfere Steigungen unb ^3egierben ju reinigen unb ju Perebeln, baö ©ute ju lieben unb baö Vofe ilt Perabfcbeuen, unfer ^erj ju Perbeffern, unb unö ju unferer einigen großen Veftimmung oorju* bereiten. 3Bir finb ba, um in einem Perberbten ©e* ftbled)t, unb unter mandjen Prüfungen unb Jpinber* niffen, unfere grafte ju bilben, untere ©igenb ju be* fefligen, gewiffe ^Pflidjten als f9?enfd>en unb als (E(jri* ffen ju üben , unb unö für bag gemeine Vefte auf^u« opfern. Tlllerbingö fann unb foll ber 9ftenfcfj auch erlaubte greuben unb unfd)ulblge Vergnügungen ber 0inne gentejjen, unb ber gütige ©dwpfer tpat ijjrn baju fo mannid)faltige SStiftel unb ©elegenfje'ten ge* fd;enft: aber 2(uebilbung feinem Vetflanbeö unb 3?er*

jentf

utiferec furjcn ^cbcn^ctt. 239

jenß beftmoglidjfte (Erfüllung feiner Pflichten —* unb bie barauß entftelpenbe 3ufl'iebcnheit ber ©eele, bie bamit berbunbenc ©eraeinfdjaft mit ©ott unb Vorbereitung auf einen beffern 3uftanb in ber ©mig« feie baß ifl unb bleibt ber Jpauptjmecf unferß iz* benß. 2>e früher nun ein ©ftenfd) gemeint ifl, rid)=> tigjubenfen, gut unb ebel &u Raubein , befto alter ift er. ©ß gtebt ©reife, affe Sporen, melüje nodj Äinber am Verfianbe ftnb, tr>elcf;e eine lange Oleilje pon ^af>ren in ‘Xdnbeiajen unb nicbtßmürbigen din= gen, bloß in ber ©orge für if)ren ieib unb ihre Ja* itiilifn, bloß in ber^lufbaufung irbifdjer ©dja^e, bloß im ©enu£finn(icber iufibarfeiten unb Vergnügungen, bloß im dtenjle beß iaftetß unb ber ©itelfeie juge* brad)t hflben no$ nfäf gelebt» @ie

haben baß natürliche , aber ned) nicht baß geijtf id)e ieben. ©ß muh n°4> wnj anberß mit iljuen merben, fte getrofl jlerben fonnen. dagegen giebf aber aud) feldje, welche jroar jung an Sauren, aber aff am Verfianbe ftnb, unb bon benen gilt: SRiemanb perad)te beine 2>ugenb. diejenigen aber, meld?e bett gmecb beß iebenß erfüllt, if;re Veflimmung erreiche haben, bie ftnb reif für bie ©migfeit, bie fmben lange genug gelebt, menn fie aud) frühzeitig bon ber ©Seif roeggenommen mürben, ©ie merben nun in ihr red)* teß Vaterlanb berfefct, mo fie emig bleiben feilen. $d) will atleß, maß nod) barüber ju fagen mdre, in bem 7(ußfprud)e beß Vetfafierß beß Vud)ß ber ©Beiß* heit*) jufammenfajfen : iDer (Sendete , ober gleich 3U$eitlich feitbt, ijc er fccch in &er 2\»he.

SDenit

*) €ap. 4/ 7 *4.

240 §5on freut weifen ©e&caudje

jDe»tn fräs 2llter ift ehnvütbig, nicht bas lan? ge lebet , ober viele ^a\)xc bat. Älugheit tm= tcc ben fcHenfchen ift bas rechte graue ^>aar, unb ein imbeflecFteß Leben ifc bas rechte 2llter* jDcnner gefallt (Bott tvobl unb ift ihm lieb, unb xvirb tveggenommen aue bem Leben unter bett Sünberti, unb tvitb hingenidt, baff bie23oe? beit feinen XVtftanb nicht verkehre, unb faU fefee Lehre feine Seele betrüge. jDenn bic bo* fen (Cjtempel verfuhren unb vetberben einem bae <Butc, unb bie ret3enbc Luft verkehret um fcbulbige fersen» 'ür ift halb vollkommen xvorben, unb viele 3a^tc erfüllte iDcnn feine Seele gefallt (Bott tvohl ; barum eilet er mit ihni aus bcni b<5fen Leben.

zweiter 0\atf> : Sorget für eure CBejunb» heit unb fuchet auf eine gute Zltt alt ju wer» ben. 9J;an br<nid)t nicht erfl ju fugen, bafj bie ©ejunbficit bas erfte <55ut beö iebenö fep, c()ne n>e(d;c$ alle anbere irbifdje ©üter feinen $8crtf) für unö [\at ben. (£ben fo einleud)tenb ift baijer auch , bafj bie Sorge für bie ^r(;ciltunq ber ©cfunbbeit eine bei* erften <Pfltd)ten bcö bernünftigen SÜlcnfdjen unb beö £f)riftcn fei). $ßie if)t bicfclbe erholten, befeftigen unb wenn fte berleren ifl, n>ieberl)erftelien muffet; baö gebotet me{jr für ben 2lrjt, als für ben Sittenlc()rer euch barüber 2(mt>eifung ju geben. 3ek0Cb fdtretöc cuid; £ier baö (Sf>riftentf)um bie bortrefflid)ften Regeln t>or, (£ö empfehlt unö Drbnung unb Stulpe ber See? le, Bekämpfung unferer Tlffecten, unfr SOläfjigfeit irt

bev

24*

unfern: tilgen gehenkelt.

bet €irtritf;tung unb bem ©enu§ beß lebens* >Diefe$ ift benn aud; ber jic&erfle £Beg , ju einem fronen uni) glüdfeligen 2llter ju gelangen , unb off ^aben^en* fdjen non einer fd}rc>ad;en ieibeßbefd;affenheit bei; einer guten iebenserbmmg if»r Ultet rneiC §o^er gebraut als foldje, meiere blu^enb unb flarf traten, aber ebett beßmegen i^ret @tarfe ju Diel jufrauten. ©emohneC eud; an einfad;e unb gefunbe Äoft; fei;b mägig int (Jjfen unb ^rinfen , in ber SSemegung unb im ©enufj jebeß ftnnlid;en Verghügetiß ; teilet eure 3dt mohi ein; dürfet eure Grafte butch Arbeit; {hebt ftetß, in ber SQJelt fo nu^lid; ju fetjn, alß iljr fonnt; erfülle eure ‘Pflichten mit Reiterin unb fronen ©emürf); tra* gef bie leiben unb Prüfungen bie eud; treffen, mit chrijtlicher ©ebulb/ unb überlast aßeß übrige bem, melcher uon^uger.b auf euch recht Unterlid; geleitet (jat* Puffer bem natürlichen giebt auch ein geiflliches T[\* tcr, unb baß befielet barinnen, wenn man red;t Diele gute ©ebanfen gehabt / menn man recht Diele gute «$anblungen Derrid}tet (jat* SBenn mir aud) bie hodj* fle @tufe beß menfdjltcben Klferß, menn mir aud; bie ^a^re eines 9ftethufalah erreid)t haften; mag half unö, menn mir nicht jum ^obe bereit mären? $BaS ijt bas leben bes letbeS offne bas leben beß ©eißes, ohne bas leben auß unb mit ©oft? ITlut biefeß leiste ift nü|(iah für anberc unb felig für uns» Sftur als« kenn, menn mir unfer Sagemerf getreu Dollenbet ha* ben, fonnen mir getroft auf baß Vergangene jurücf, unb in bie 3ufunft unb ©migfeit hineinblid'en. Sftuc ber fann getroft unb felig fterben, melcher ben befteti unb meifeften Gebrauch Don feiner furjen lebenßjeic

3»tn« «beit, &, qw

24* QSon feem twifcn ©ebrauche tc.

gemacht hat. 9Rur ber, welcher, wie ^efuS, ftete feen SBillen feeß himmlifchen Söaterö tfyat, fann $ule|t feen ©eift in feine £>änbe empfehlen unb fagen : es tfi vollbracht! D ©otf, fchenfe mir unb uns allen bie grojje 5ÜBeiö^€it, ju leben, bamit wir fletben tonnen.

Söeflimmft Pu mir ein langte« 3**1 UnP mad)(l Pu meiner 'Jage »iel,

©o lajj, ©ott, meine guverfTc^r^

33#trlaß mid) aud) im 2Utcr nid)t.

UnP roirP jid> einft mein <£nPe nafjn,

©o nimm Pid) meiner gndPig an,

UnP jey Purd) £l)riftum, Peinen ©ofm,

Wein ©d>inn, mein ©d>i(P unP großer Cohn!

Vier#

*4*

Viet$etynte prebigt*

S2B i l> e r ben ©elbjlmorb*

©•

utigflcr ©cbopfer unb (Raiter unfetS le&ens, wir banfen bir, baß bu uns bas £>afepn gegeben, unb ouß freier ©nabe ju Vernünftigen unterblieben 9ften* fdjen gefebaffen fjat. ®3*r »<ikw «tcf?C bu rootl« fet, baß wir fepn füllten unb wir würben. $>ebet Von uns war einer beiner ewigen ©ebanfen, unb wut« be jur Sßirflicbfeit, nach beinern 23ilbe unb für bie llnterblicbfeit. D ©ott , bu 0.uelle alles @epns, bu ^Sater aller ©eite«*/ buiiebfjaber beslebens, fd;en* fe uns bod) bie 5Q5eiö^cit , unfer £>afepn ju beinee @ljt* unb ju unferm wahren 23eten ju genießen unb ju gebrauchen, ©ieb uns außer bem natürlichen auch bas geltlicbe leben, unb laß beinen ©eit *n uns ben* fen unb wirfen, bamit bein verlofcbnes ©benbilb in uns wieber ßergeteüt, unb wir jum ewigen leben in unb mit bir vorbereitet unb gefebieft gemalt werben* laß uns tetß ben großen 3wed' bebenfen, weju uns tiefes furje leben gegeben würbe, .fpilf uns tets nach SÖernunft, nach ©ewiffen, nad) beinern 3Borte ßans bcln, baß wir biefes lebenS in wahrer Sßcisßeit unb ^ugenb red)t frof) werben, unb uns nod) in ber^wigs feit mit bimtnlifcbem (£ntjücfen an baffelbe erinnern mbgen. "Mmen.

0. 3

$ ejet:

244 9H3ibet Den ®dbflmort>.

£e;ct: i tfor. 6, 20.

3(H* fcPb tfjeuer erfauft; Darum fo prei- fet ©ott an eurem £ei&e unb in eurem ©etjle, mlfyt fint> ©ottcS.

£>ie ©orge für bie©ecle ijt allerbingß baß ©ne 97otf)menbige , meine trüber. €0 ift unfere elfte unb fjciligfte $)ftid)t, ben unfterblidjen ©eift, ber in unß benft unb lebt, nad) allen feinen Kräften außju* fcilben, unb alle feine ©ebanfen unb Triebe in eine fclige Uebeteinfiimmung mit ©ott ju bringen, meldjeß ber ©runb unferer geifMidjen unb emigen 2Bol)(faf)rt ifl. 'Allein, menn mir bebenfen, in meldm* innigen $3erbinbuug unfere ©eele mit unferm leibe flehet, mie fefjr bie SEBirffamfeit ber einen non bem Suftanbe beß anbern abfjängt: fo mu§ jeber vernünftige DJtenfd) aud) bie SSerbinblidjfeit fufjlen, Ttcbtung uub ©org* falt für feinen leib ju l;aben. $)iefe ©orgfalt aber jeigt fld) tljeilß in ber iöermeibung bejfen, maß unfe« rer ©efunblpeit ober unferm leben fc^aben, tl^eilß in ber IScobadjtung beifen, maß beibeß verlängern unb befefiigen tann. £)urd) llnmäjjigfeit, ‘Srunfenfjeif, SÜSollufi, alljugrofje Tlnftrengung, inßbefonbere burd) heftige $5cgierben ber ©eele, burd) 3otn, 9»«&f 9vad)fucbt/ ober allju gro§e löetrübnijj unb ©efemer* mutf) merben aller ©rfafjrung naef) bie lebenegeifier beß 5Jienfd;en angegriffen, unb feine Ärdfte allmdljs liefe jerfiort. 2(ber burd) 21rbeit|amfeit, burefe DJidfjis gung unferer lÖegierben im jtnnlidjen ©enufj jeber litt, burefe üvufee unb £>rbnung berfelben, burefe

notfe=

24*

ben ©elBflmotto.

wot^tvcnbt^e pflege, Sprung, Dteinlicbfeif , Tfn= füinb, £3erjierung unb Uebung bes leibes mirb ec ein jmecfmdßigeter l2Bof)nft| ber 0eele. £)aS flentfjum fdjarft biefe ‘Pflicht, für ©efunbfjeit, leib unb leben ju forgen, mit ben mdd)tigflcn s.öemegungS# grünben ein. 0d)on unfer @efül)l le^rt uns, baf} mir fclbfl bem leibe nad) meit über bie 'Sbiere bes ^cl* bes etl)aben jlnb, unb baß unfere menfrf)lid)e Slatur «inen gemiffen Tlbel unb große ^orjfiae Por ber fffie« rifeben PorauS fiabe; mir erfahren es,, büß 0ünben miber unfere Statur ftd) früher ober fpdter bureb t^re empßnbfid)en folgen an uns fclbfl rächen , baß mir uns bas leben perfürjen, aber aud) Perlangernfonnen, unb baß mir bet) SDiunterfeif unb ©efunbßeit Piel bef« fer im 0tanbe ftnb unfere Pflichten reblid) ju erful* len. Tiber ber fjeilige Tlpcßel bringt noch tiefer. 3^c

treuer erfcauft, fagt er. 3(h* fepb ^riefle bes J^errn, ißr fet)b eud) ißm als ein Opfer fcbulbig. preijet (Sott an eurem Heibe unb in eurem (Seifie, macbet eure ©lieber unb euer Jperj ju &Bccfj jeugen ber $3er()errlid)ung ©ottes burcf) rebiidjen d)rifUid)en 0inn unb SBanbel, burd) eblen ©ebraud) eurer geifügen unb forperlidjen Ärafte, benn betbe ftnb (Sottes. 3br fci)b ©efdjopfe bes ^>od)flen/ «uer £)afet)n unb leben ift fein (£tgentl)um.

Unfer leben ijl alfo nicht ein ©uf, mit welchem mit fclbfl tßun fonnen, was uns beliebt, fonbern ein £)arlef)n, pon beffen ©ebrauebe mir unferm 0d)6pfer 9ved)enfd)aft abjulegen haben, unb bas uns für große unb kernige Sroccfe anpertraut mar. tiefer ©runbfa|

Ct 3 unb

*4* SSJifoct bcn ©clbflmorb.

unb baS lebenbige ©efuf)l unferer gänzlichen 3(bh<5n* gigfeit pon ©oft ifl roirffam genug, unö 7(cf>tung für bie 3ßurbe unferer fftatur einzuflöfjcn, unt) uns juc ©orgfalt für ©efunbheit unb ieben $u ermuntern: ober mo biefer @runbfa|, biefes ©efüf)l einmal in ber ©eele erlöfdjt, mo ber ?Dlcnfd; feinen ©djöpfer unb feine SSeflimmung Pergifjt, ba mufj er nothmenbig in ^jrrthumer, Unfittlidjfeit unb QSermimmg gerätsen, ba mirb er ber größten Verbrechen , ber fchänblidj* flen Xl^aten , unb auch bes ©elbfhnorbö fähig fepn, 0elb(imcct) eine ^Ipat, roiber bie fid> bie 9la# tur empört, meld;er ber Srieb jum leben tief einge* prägt ifl eine ^baf, mie fle felbft unter milben S&ieren nicht angetroffen mirb eine ^haf/ &*e SSanbe ber ?0lenfd)f)eit unb Dveligion jerreifjf unb bie gleid;>rool eben nicht fo ungemöhnlicb unter uns ifl, befonberö in biefer ©fabt unb unter biefem .Rimmels« flrid)c, 'Ser traurige Vorfall eines fd^noermutlpigen Wütdjriflen, melcher fürjltd) einen mißlungenen Eingriff auf fein eigencö leben mad)te, foll mir jejt eine Veran# laffung geben, Pom 0elb(lmorbe flu reben. 9lid)t als menn ich glaubte, bafj jemals ©iner unter ©ud) eines foldjen VetbredjenS fähig fepn tonnte , unb ba< her eine folche Vctradjtung nothmenbig märe ; nicht ols menn id) glaubte, bafj ^iemanb unter ^ucb eine $haf nid)t Por ©unbe hielte, ober pon ihrer 3(bfd)eu« liebfeit überzeugt märe: fonbern meil bet) einem befon* bern ©egenflanbe Piele begriffe aufgeflärt, piele SCBahrheiten eingefchärft merben muffen, meld)e baS ©anje ber Oieligion umfafTen, habe ich biefe Materie gemäht, laffet uns alfo fc^en :

€tfl*

247

$Biöet Öen ©elbflmorb.

Sr fl lieh: unt) wie abfc^eultc^ t>er©elbffc

morD fcp ?

£n>eiten$: 2lu$ tuclcben Urfad;en et entfiele?

©tittenä: £5urd) melche Mittel ihm borge* beugt werbe?

Suerfl fragen wir alfo: VO<x& ift ©elbft* ittorb? unb warum ifi er eine abfebeuliebe €s »fl uns freilich allen befannf, ba§ e$ ©elbftmorb genennet werbe, wenn fkh Semanbfein leben nimmt, unb bas ijt unb bleibt in jebem Salle etwas ©cbauberhafteS unb ©trafbares. Tiber e$ fonnen fld) Umflanbe ftnben, welche baS ©chredliche einer $hat milbern unb fle weniger flrafbar machen. SSBenn ein Sftenfch eine foldje J^anblung begeht, inbem er feines Söerjlanbes beraubt, ober in tiefe ^ÖWancho» lte unb 33er$weiflung oerfunfen ifh fo ijt es bie ^)anba lung eines SKafenben, welche ih»n nicht fo ^gerechnet werben fann , als einem Sftenfdjen , ber etwas mit Ueberlegung, falten» S3lufe unb 93orfalj t^uf. £)er 9Jlenfcb ift ein moralifches, bas ifl, ein mit Vernunft unb Freiheit begabtes ©efdjopf. Sr foll nicht wie baS nach blinben Trieben, fonbern nach bem lichte ber ©eele hanbeln : ifl biefeS licht aber berfin» flert ober ganj ausgelofcht ; wirb er ju einer ^hat un< wiberjlehlid) fortgeriffen , fo muffen wir ihn bem Urs theil unb ©ericht beS TWwiffenbcn überlaffen, web eher allein alle geheime Umflanbe unb ^riebfebern un# ferer Jpanblungen unb bie ganje 93erbinbung unferS ©chicffals fennt. ©epb baher aufjerfl oorflchfig in ber 25eurtheilung folcher 5älle, meine trüber. ‘Sfmf

0, 4 feinen

£48 933tC>et ben 0elb|!morö.

feinen voreiligen unb unberufenen Tfuöfprudj über bte ©cligfeit ober ^Serbammnifj eurer 9Jlitmenfcben , il>r «webtet eud) fonfl an eurem unglucflidjen Slacbften verfunbigen unb einen verwegenen Eingriff in baö Üvicbteri^mf ©otteö tf;un. ©S giebt aber auch S’dlle; wo ©iinbe fepn würbe/ wenn wir unfer leben febonen wollten. Unfer leben ift freilid) unter allen »rbifdjen ©utern baö grbfjtc; aber fo wie fte alle, von furjer £>auer unb verganglidj«. SÖSir follen ballet auf bie befle 3(rt für bie ^wede führen unb aufopfern, woju unö gegeben war. SßSenn ©otf, wenn unfe# re <Pflid)t unb 23eruf, wenn baö 33efte unfcrerfSrüber cöforbern, fo muffen wir bereit fepn, wieber jju# rud'jugeben. Jpier gilt baö, waö unfer ©rlofer fagte: SHSer fein leben erhalten will, ber wirbö verlieren, «nb wer verliert, ber wirb erhalten. £ßenn ba^cr bie erflcn (S^riflcu mit getroflem SDluflje bie ‘Jo* beobüijnen befliegen; wenn bie folgenbcn SQiarfprer ber $06al)rf)eir fid) mit 0reuben jum gewaltfamen $obe fnnjubrangten: wer fann baö für ©djwdrmeret; er# flären? $ßenn £)avib ftd) mit ©oliatf) in 3»vcifampf finliefj, wenn ©ofrateö gelaffen ben Öiftbcdjer tranf; wenn ©eneca fid; ru^ig bie Tfbcrn bfnete: wer fann i>iefeö für ©elbfimorb l;alten ? Sßiirbe ber 9)rebiger, ber 2lrjf, ber Dienflbote nidjf unebel ^anbeln, wel# d)er jur ßeif ber ober anfledenber Ä'ranffjeifen bie Unglüdlicben verlpffen, unb vor ber Beobachtung feiner Q)flid)f flicken wollte', um nid)f fein leben in ©efaf;r j,u fefccn? Sftein, meine ©eliebfen, berSljrift, ber bie 2£al)rf)eif feiner leljre mit feinem Blute bcfie# gelt; ber ©ele&rte, welcher bei? nu£lid;cn aber gefdljr»

licken

SfBi&cr öcrf ©elbftmorö.' 249

tigert 93erfucben fein leben rerliert; bei* 0olbaf, ber ben $ob fürö SSaterlanb fHrbf ; ber ©eefafjter, bet? ein Dvaub bet SÜMen wirb; bet ^ßrebiger, wcldjcc auf bet -ftanjef, bie^rau, rodele im Äinbbette, bee ©efcbäftömann, rodelet auf feiner SQJcrf jtatte ober itt feinem Berufe fHrbt : alle biefe opfern il>t leben für baö 53e|te ber menfeblicben ©efeüfcbaft auf, alle biefe flerben auf bem 53ette ber ©fjten, unb oerbienen bett £)anf unb bie ^Ijräncn i(jrer Sftebenmenfcben eben fo feljr, als berjenige, welcher in baö Gaffer fpringf/ einen Unglüd'licben ju retten, aber felbfl barinne um» fommt. Unb toie fc^on iftö, wenn unfer leben ein liebt ift, baö, inbem anbern leuchtet, ftcb felbft berühret !

0elbfhnorb aber tfi bie furcbterlidje Jipanblung eineö 9ttenfd)en , wo er bet) oollem 33ewuflfepn , mit S3orfa|, ohne 9fot(j unb ßwang, auf irgenb eine ge# waltfame 2lrt, feinem leben ein (Enbe macht, ober ftcf> mutwillig Umflanben auöfefst, wooon er porljer ftefjf, bafj jie feinen £ob notl)wenbig nach ftcb &ief)en muffen , ofme bafj ber 23efef)l feineö @cbopferö ober baö SXßo^l ber QBelt ober feine Pflicht i$m baju eine IBerbinblicbfeit auflegt, bloö auö ttid)töwürbigen Ur# fachen, weil il)m auö eigner 0cbulb baö leben jur laft geworben ifl. Sjaö ift grober 0elbflmorb, wo* für bie 3?afur jiffert. Werfet aber wol)l, bafj nur wenige foldje Unfinnige ur.b $>erjweifelnbe giebf, welche baö Uftorbgewefw gegen ftd) felbft ergreifen unb in Äugel, Dold) , 0tricf, ©ift ober Sßaffer ihren lebten fudjen. SDtan begeht aud) auf eine filbti* k 2lrt einen 0elbftmorb, wenn man etwas f^jiic ober

£L $ unter»

2 jo <5Btoer ben ©elbftmorb»

unterfdff, moöon mir roiffen, ba§ unferer ©efunb» £eif fchaben ober unfer ieben oerfürjen fönnc, Set SBoüüftige, ber fid) unmafjigen 'iÖefriebigungen bec ©innlidtfeif uberlafjt; ber $runfenbolb, ber ftd) ba» ran geroofjnt bat, ©etranfe ohne 'Surft $u t>erfd>lin* gen; ber ©eifjbalß, ben feine unerfattlidje Q3eqierbe nach SKeicbtbum Sag unb Stacht quält ; ber ©tolje, ber nach b°&en Singen trad)tet; ber gornige, ber poc SCButb ftbdumt unb in allen ©liebem rachfuchtig jif* tert; ber Qrigenfinnige, üJturrifcbe, ber fid) innerli» djen ©rer.n unb iöerbrufj Perjebren Idfjt: alle biefe iafterbaften bereiten ftd) ein ©ift, meld)eß jmar nicht immer auf ber ©teile tobtet, aber langfam unb fchlei« cbenb an ifpren lebenßgeiftern naget, biß baß jerftör# te Sriebmer? ber Statur ftiüe (lebt. tld)/ meine ftreun« be, mir mollen unß prüfen, ob mir nicht bißber eine folrfje berrfchenbe fünbliche ^Öegierbe roie eine töbtliche (Schlange in unferm “iÖufen gendb« ha&en: unb fin* ben mir unß nicht unfchulbig, fo mollen mir unfere Eußfchmeifungen bemeinen, unb ein beffereß leben an« fangen

Senn ©elbftmorb ift eineß ber aüerabfd)eu(icfj« ften unb ftrafbarften ^erbrechen. Siefeß bebarf faft gar feineß S3eroeifeß. Siejenigen, melche eine fold)e fdjrecfliche Sbat für etmaß erlaubteß, mofpl gar für bo« $en UJtutb galten ^ mögen nur in fich felbft bie ©tim» me ber Statur fprechen laffen, um fich Pon ibrem 3«* tbum überjeugen. benn etmaß rubmlicheß, bei) permirrten Umftanben , in bie man ftd) felbft ge« fturjjt bat, fo unnatürlich gegen ftd) felbft ju müfben? 3eigt biefeß nid;t Pielmebt 0d;mdd)e beß ©eijteß unb

3«3s

351

Sßiöec öen ©clbftmert).

Saghaftigfeit an? ©oö aber würbe ©eifteöftärfe unb wahrer chriftlicher üDiutfj feqn, wenn man fld) mit Vernunft unb Klugheit aus felbft Perfdjulbeter 9Tof(j wieber heraus $u wicfeln fuchte. (£s ift aber nicht nur 5c*s£dt/ fonbern auch ©ünbe, J£>anb an fldj felbft ju legen. (£ö fleh wiber ©oft feinen

©chbpfer unb Jperrn empören, ber uns bas leben als ein Darlehn gab; es bas größte ©efchenf,

bas er uns machen fann, mutwillig Pon fleh ftofjen, unb frePelljaft feinen majejtdfifchen Vefehl übertreten ; 3Du foüft nicht tobten I ©elbflmorb ift Dlaub unb Sreuloflgfeit gegen bie menfchltche ©efellfchaft, wel* eher wir unfer leben fchulbigflnb; unb bafjer fe|t auch bie weltliche Dbrigfeit nicht umfonft bie fchimpfUchflett ©trafen auf biefes Verbrechen, unb wie fchredlich ift ein folcher ^all für eine ©attin, für Eltern, Äinber, Verwanbfe unb greunbe, welche baburch in Vetrübnifj unb (£lenb geflürjt werben! (£s ift metfwürblg, bafjj uns bie heilige ©chrift fein einjiges Veifpiel eines ,gu=> ten UiJtenfdjen aufftellf, welcher fleh felbft bas leben ge« nommen hätte. 7(Ue ©elbftmorber, pon welchen wir lefen, waren faflerhafte, welche ihr bofeS ©ewiffenirt Verzweiflung flürjte. Unb bie meiften ©elbftmorber unferer Sage flnb leufe, weldje einen TluSweg aus bem ©ewirre ihrer lafter fuchen, welche Pon ben §ol< gen ihres leidjtflnnS wiepon einer ftlutf; überfchwemmt werben, welche ein bofeS ©ewiffen haben, welche pon bem Tinbenfen an bas Vergangne unb Pon Tiusjldjt in bas ^ufünfrige gefoltert werben. , Tiber welche ^horlpeit, weldjer Unjlnn ift es, fld) einem fleinern €lenbe entgehen wollen unb fleh barüber in ein grofje#

252

SBtöet ben ©dbfhuorb.

tes flunen? ein fd)dnb!id)cs leben mit einem biel fdidnblidiern'itobe $u enbigen? feine geformte ©iücf* feltgfeit bei) ber SBurjel abfdjnetben? unb fid) milb unb berjmeiflungSboll mit eiriemmal in bie Tlbgrünbe einer (Jroigfeit ju fiürjen, aus melden feine Üiudfefjr unb Rettung ijl?

iaffet uns nun ben Ucfacbe» nadjbenfen, aus welchen eine fe(d)e gemaltfanie (Erfebütterung ber 9fta* für, eine fo gefeljloie entgeht. Sfticfjts ift ge* wohnlicher , als bas Vorurteil, bah her Teufel einen SDlenfchen , ber fo ein Verbrechen begeht, berblenbet habe. SDian t^nt freilid) biefem bofen ©eifte fein itn» red)t, wenn man i(;m ben ilrfprung alles Vbfen ju* fdjreibt. (Jr iji ein fügner uub DJlörber bon 7fn= fang. TUlein mir muffen iljm nicht fo(d;e SEßivfun* gen $ufd)reibcn, meldje fid? aus natürlichen Urfad)eti unb aus unferm 3uf*flnbe erflaren laffen. 5ßürbe ein ^enfd) auch v>om Teufel bet) einer bofen Jpanblung Derblenbet: fo mürbe ilpn bas nid)t rechtfertigen, man würbe immer fagen: bah er fid) nid)t fjdffe uerblenben lajfen foüen. 3Die ©efaljr ber Verführung leget uns bie <Pf[id)t ber 5Bad)famfeit auf, unb es : 5ßi* fcerffefjet bem Teufel , fo flieht er bon eud). (Ss ifi aber gar fehr ju bef lagen , bah in her 3ßcft unb in tmfernt eignen ^er^en fReijungen genug jum laffer finb , unb bah biejenigen, meld)e ben ©efchmacf an allem ©d)önen unb (Jblen, am 2ßaf>ren unb ©Uten beförbern follfen, ihren £ßih unb bie Äunft gemih* braucht höhen, in ©d)riften ober Srauerfpielen ben ©elbftmorb ju empfehlen. 3et,od) biefe äuherlichen Urfachen mürben nicht fo biel über uns bermcgen,menn

nicht

253

<2Ö3iDct’ Sen ©el&jlmorfc.

tiicfjt unfer eignes ^»erj jutn $5ofen geneigt mdre. £>icfeö, biefeS if bie Clueüe, morauS fo PieleS (£lenb fiept; bie Sßurjel, aus welcher fo piele bittere grud)* te erwadjfen. X)ie unbanbigen unb uncrfdttlicheniei# benfdjaften unb Q3egierben beS ©toljeö, beS ©ei|eö, ber SOBolluf tonnen einen Sftenfcben ju Jpanbfungen (unreifen, n>eld>e feine jeitlidje unb ewige 2£ol)lfart5 jerrulten. 33iele ft n b fd;on als ungludlicbe Opfer ihres JpochnuitfjeS gefallen. @ie unternahmen 2fier# fe, benen fe nicht gemadfen mären, fe hegten 2Gün# fd;e, bie nid;t erfüllt merben tonnten, fe f rebten et# ne fibfye hinanjuflimmen, bie ihnen unerreichbar mar. ©ie fürjten a!fo Pom Taumel unb ©djminbel ihrer ©itelfeit benebelt fterab , unb nahmen ein Snbe mit ©djred'en, QiBie mancher miß lieber f erben, als fd) ju einem ©efd)dfte ober einer bebensart entfchlie# fen, bie nad; feiner ©inbilbung nicht mit feiner ©e* burt ober feinem ©tanbe übereinf immt ? 2Der ©ei£ if eine 36urjcl, fo mie alles UebelS, fo aud> beS ©elbfmorbs. SSiele, bie ba reich merben mellten, feien in ^>erfud)ung, unb mie ber QSerratljer, ganj bud,-fäblicb in ©triefe. SDie h£trfd;enbe ©inn# lichfeit unb gröbere SÖSolluf, erjeugt ein unorbentlidjeS laferhaftes beben, erfieft bie hohem Triebe bes©eif es, furjt in ein frühzeitiges ©rab, unb hat Streuung, gaulheif/ Söcrfchwenbung, ieichtjmn, betrug unb Sftorb in ihrem ©efoige.

TluS allen biefen ilebelthafen entfehet ein bofeS ©emiffen, weldjeS entmeber burch bas 2lnbenfen be# gangener melfaltiger ©ünben, ober burd) bie $urd)C ber ©d?anbe unb fünftiger ©träfe gefoltert mirb.

SCcnn

2j4 9®ifeet fccn ©elbftmorb*

5£enn ber ?0ienfd) einmal ein Svaub feiner «egierben geroorben ift , roenn if)m feine funblid)en 5Bunfd)e jur «efriebigung biefer «egierben auf allen ©eiten fefjl= fcblagen, bie gleichrool fo un6e$roinglicb in ihm toben; wenn er bon einer lasterhaften ^hat 5ur anbern fort# fd)reitef, unb bann fein ©eroifien i(jm ein ganjeß un* gefjeureß Siegifter bon ©d)anbtf)aten in ©tunben beß ©rnfteß aufroeifet: fo ift fein SOßunber, roenn er ton allen ©eiten geanftiget roirb, unb roenn in biefent Ungeroitter, baß if)n mit ginfternifj unb ©djred'en umf)uflt, auch enblid) ein tobtenber «li£ unb ©on* nerfd)log loßbriebt. (Er roill fief? jroar bon ben Uebeltt befreien, allein baß Mittel, baß er baju braud)f, ift biel berjroeifelter unb ungludlid)er alß bie .ftranfhett unb ber ©djabe felbft, unb um einem $eitlid)en Un* gemad) ju entgehen, fturjt er ftd) in eine eroige 55er* bammnifj. $5ie «erjroeiftung ift alfo bie Jpauptur* fad)c eines jeben ©elbftmorbß. Der ©ebanfe, roel# djer bem Unglücflidjen baß EDiorbroerfyeug inbieJpdn* be giebt, ift eigentlich ber ^rrthum Men <ft für mich eine«urbe unb einUnglurf; ich binju nichts mehr in ber QBelt nul^e; mir ift nicht mehr ju rathert unb ju helfen.“ 3'reilid) in einem foldjen Tfugenblicfe, roo fo ein ^rrthum, berbunben mit Unglaube, mach» tig auf bie gedngftete ©eelc roirft, unb felbft ben ©e* banfen an baß Dafetjn cineß ©otteß unb einer 53or* fefjung auß ihr berbrdngt, ift gar fein Sßunber, roenn bie Vernunft, bie ÜJ}enfd)heit unb bie ^Religion bet) ihm tauben Öhren prebigt, unb roenn ber OJtenfd), ber fo geroöhnlich nurboiti (Einbrucfe beß ©egenrodrti* gen beftimmt roirb, bie (Eroigfeit unbftdf) felbfl bergig.

«ÜS*

®t>er btn ©elbfhtiorö. 255

TMsmeifen fann aber auch bie Urfacbebe$©e(bjl# morbß im Körper, in einer natürlichen Trubfinnigfeif, fn einem melancbolifcben Temperament liegen, unb ba fehlet es ihm, rote mir fdjon bemerft haben, an beirt 50toraIifdP>en ober SSerantroortlicben. münfebfe, &ajj icb aüe ©elbjhnorbe unter biefeß $acb bringen f&nnte, benn ^icr febeinen jte am unftrafltcbften ju fepn. 5ßer fann ben $ßahnroi|igen oerbammen, ber im Tollhaufe nach bem £>ofcb greift? ©ein ©ehint ift perrüeft , unb er roeijj nicht, roa$ er t^ut. Tlbec wer roill aueb jenen ©elbfthafter Perbammen, ber aus natürlicher üftelancbolie in bangen ©funben ber 2tn* feebtung, roo ginfiernijj fchroer auf feine ©ee(e brücff> im befcbleunigten Tobe Troft fuebt? ©r fann bet recbtfdjöffenjU SDTann fepn , unb boeb in biefe febroere 33erfud)ung geraden. 3a, hat man nicht SCa^ntpis ^ige gehabt, roelcbe Pon religiofer ©ebrodrmerep bin« gerifien , unftbulbige Äinber ober ftcb felbjt ermorbe« ten, bloö in ber Tlbflcbr, um befio gefebroinber in bett 25e0b her einigen ©lücffeligfeit unb beö Rimmels ju fommen? Tiber mir tonnen es als fidjer unb auege« mad)t annehmen, ba(j jeber 9ftorb biefer TCrt nicht in ber Dieligton unb bem Sbrijientbume, fonbern einer öerrücfung bes ©ebirnö, in ©ebrodrmerep, itt ©tbipaebbeit t>eö ©erjknbes, ober in ungleichen 3ufdlien feinen ©runb gel;abt habe, unb folcbe Ärans fe müjfen mir erfi bem leiblichen Tlrjt überladen, ef)e ber ©itfenfehrer etroas über fte Petroag.

5ßir baben nun noch jum ©cblufj bie tTiittel anjugeben, woöutd? fcem ©elbfimor&e vergeh beugt w>etbe» fann* Dochts erfeöert bie cbri|iiicb*

£>orn

2*6 SBibef ben ©dbjfmötb.

$25crfic^f unb ^(ug^eic fo felim, als ba§ »ir einem Un« glüd'e auSmeidjen unb juoor fcimnen, Unb bafj mir bie Quellen oerflopfen, aus melden ©unbe unb©lcnb flicht. Vermeide alfo alle bie baffer , meld)e ju fo dien Slbgrunben unb ©d)rcd'en fuhren. ©ine ©unbe wirb gcmohnlid) bie ^Hutter oieler anbetn, unb es ijl md)t in unfercr Gemalt, bie Sollen berfelben ju len« fen ober ju bemmen. d?afl bu einen J^ang jur©d)mer* imitf) unb 9)ieland)olie , fo fliefjc bie für bid) gefd^r« lid)e ©infatnfe.it. ^erjlreue bid; im Umgänge mit l;ci« lern greunben, in angenehmer Gefcllfdiaft, ober auf offenem gelbe burd) Vefrad)fung ber fcfjenen unb großen SQScrfe Gottes in ber Dkfur. @ie()eft bu ba, mie Gott für Blumen unb ^nfecfen forgt: fo mad;c ben ©d)lufj, bafj er für bid), einen itnflerblid)en nod) oielmef)r fcrgen mcrbe. Der '2lümäd)tige fd)uf bid) nid)t ju beiner Quaal, fonbern beincs bebens in ber red)ten Drbnung froh Su »erben, llnb biefeS be« ben o eS ift ein Gefdjcnf, mcld)c$ nur eine bcglu* cfenbe 2([Imad)t bir geben, unb eine imenb!id)e hiebe erhalten fann ; ein Gefdjcnf, bas burd) feine <Shl'<*’ nen juruef gemeint, burd) feine SÜiillionen erfauft mer# ben fann, rcenn es einmal als ein tropfen ins grofje SKeer ber alles jepftorenben £eit Perfloffen ift. ©teile bir es oft red)t lebhaft Por, w.oju bir biefes beben ge« geben mürbe, nätulid) ju beiner Vilbung, jum Dienjt ber S^elt unb jur Vorbereitung auf bie ©migfeif. Vertänbele es nid)t mit Äleinigfeifen, perfdjmenbe es nid)t im hcid)tftnn, perbittere cs nid)t burcf) gehler unb 21u$fd)meifungen. Denfe immer baran, bafj bas funfeige mit bem Gegenwärtigen in ber inneren ©er«

binbung

257

SStDer ben ©elbftniorb.

binbung fiepe, unb ba£ bein emigeö ©d)icffj( in jener SBelt bon beinern Verhalten auf ber ©rbe abbange. £)iefes wirb bir ben grofjen StBertlj bes jetzigen iebens lehren, unb wie wäre es alsbenn möglich, bap fcid? ein ©ebanfe beS ©elbjlmorbs anwanbeln konnte? @ep jlets mit bem jufriebeit, was bu (jajt> trachte nidjf nach f)ol;en gingen, mip bicf) nicht mit foldjen, wel= d)e §6per ober gluck lieber flnb, ais bu, fonbern mit folgen, welchen bein 3ujlanb bielleidpt noch fef)t bor* juglicb unb wünfehenswerth borfommt. ©eher bir e$ auch wirklich übel: fo (joffe £>ocb immer noch, bajj es bejfet mit bir werben fonne. 5Bie oft machen wir bie Erfahrung, ba§ es mit traurigen ©dficffalen, fo wie mit ben Krankheiten ber Slftenfchen unbermutljef eine günflige SÖSenbung nimmt, iah alfo niemals ben fin* {lern ©ebanfen in beiner ©eele SXaum, als wenn bu ganj non ©oft unb ‘DJlenfchen betlajfen warefc. 53er* jweijle nicht an ©oft, nicht an Sftenfdjen, nicht an bir felbjl. 33ebenfe, wie biel ©ufeS bir ber allmad)* tige 53ater unb 53erforger fd)on im feben hat jujliefjert lajfen, wie er noch für bidj forgt, unb welch ©lück er bir in ber langen Ewigkeit jugebad)f Ipaf. 2l()mc bem ©duffer nad), weldjer jtd) barum nicht in bie SBSellen fiur$t, weil er auf Klippen unb ©anbbdnfe gerdth, fonbern welcher alle Kräfte atifltengt, fid> bon feiner gefährlichen iage ju befrepen, unb mit ©oft glücklich in ben Jjpafen einjulaufen. ©o wollen wir jwar in biefer SGelt, bie einem unruhigen Sfteere jiem* lid) ähnlich ifl, nid)t erwarten, ba§ wir bep beftdubi= gern ©onnen|'d)eine unferefKeife mad)en können, '216er wenn nur Vernunft unb Dieligion nie bas Oiuber ber*

0 1 lieft.

258

®fccr vjcn ©clbflmorD.

licrf, fo wollen mir allen 0turmen trofcen. (£s rotib gewiß eine ^eit fommen, wo mir auSrufjen fonnen. Tiber mir fommen um, trenn mir uns gleidjfatn fefbft nor ber 3c'f auswerfen, unb an bie Ufer bec (Ewigfeit fcbmimmen wollen, cfje 2Binb unb gluflj uns bal)in treibt, trenn mir wie bie treuiofe 0d)ilbs tnad)c ben Soften Dorlaffen, el;e mir baron abgclefeC werben, unb trenn mir ben gaben bes lebenß gewalt» fam jcrrcifien, ef;e bie Sftatut ifjn abfdjneibef. Tidj ber $ob ifl fo fdton fcbred'lid) genug, mir braueben ibn ntd)t noch’ fürd)terlid)er $u tnaeben; er f'ommf fo febon febnell auf benglugeln ber baljet geeilt, mir brauchen ib>n nid)t ju befd)leunigen.

lieber ades aber empfefde icb euch baß ©eher, bie Q3ibel unb bie Uebung beö magren (S^riflenf^untö* CDßerfet eud) oft unb gern im 0tiüenror bem Tingeftcf)£ bes ^gegenwärtigen auf eure Änie fjin, unb unter» rebet eud) mit ifjm, wie Äinber mit if)rem $3ater, über euern ©eelenjuftanb. bittet i^n, Dafj er burdj feinen ©eijl ein neues Jjperj in euch fcf?öffen, eud) eure 0unben rergeben, unb ju allem ©uten euch willig unb gefdneft macben roolle. 53licfet unter bem Dru» de fo manches ieibens, bas eud) triff, jum ^reuf|e helfen empor, weld)er als ein großes Opfer für bie ©unbe ber iHJelt, unb aud) aus liebe für euch ftarb. (Er Ijat gemi§ feinen ©cfallen am ^obe beS ©unbevS, fonbern tajj er fid) befefwe unb lebe. 0epb tnaebfam über eud) felbfl unb entfernet aus eurer 0eele alle ©rillen unb Tinfed)fungen burd) Tibwartung eures Berufes unb im gieifje guter 3Berfe. Ti d) greunbe, fpottet ja nid)t ber 0(bn)ermutl)igen, ©ebeugten unb

<£rnjt*

SBtöer öen 0elbfimotb. 259

©rnfthaften , euer Sadjen mochte in ^Beinen werfest werben, fonbern fucf)t jte aufju^eitern/ ihnen if^re Steifet $u lofen, unb if>re twanfenben fd>twad)en 8ee=* len im ©lauben ju befejligen. 23erfd)liej$t nicht euer «#e r$, eure £anb gegen bie Srojliofen unb «^ulfebes bürftigen, ii)r mochtet fonfl Ueberbrujj beS iebenß itt i^nen ertwerf'en, unb jte in S3erz»weijiung jtürzen. ©« wo if)r »weiter nicf>tö fbnnt, ba betet für jte unb euch, bajj ©ott jte unb ettd> won dient Uebei erlofen unb ju feinem {)itnmlifd?en DJeid?e audjeifen »wolle.

3a/ öu barmherziger Söater affer $ienfchen, mir bitten bid?, bajj bu uns behüten unb erhalten twoi# lejl, bajj ber Teufel, bie 3ßeit unb unfer gleifd) un$ nicht betrüge nod) »erführe in Üföifjgiauben, Q3er= jtweijlung unb anbere grojje 8chanbe unb Hafter, uni> fo »wir bamit angefoebten »würben, bajj »wir bod) enb= lid> gewinnen unb Den 8ieg besaiten» Timen.

SK 2 $Wlft>

260 $cofrgrünbe bet; §e&eöfällen

¥

5»nf5el;ritc prebigt*

Xrojlörünbe bei; ^obcefdtlcn nabetr 33ewanfcten.

V^/ütigfter ©ott unb ^Safer, btr ift baö mannigfal* tige CSlenb befannt, welchem wir im je^igen ©ranbß bet Unbollfommenheit unö ^Prüfung auögefeljt find, unb bu fenneft aud) bie Ohnmacht unb ©djwadjheif, weld)e unö umgiebt, unb nad) welcher es uns in fo mandjen traurigen ^Sotfällcn fd)wer wirb, unö ju faf= fen unb ju beruhigen. D bu ©off alles Dwfleß, über; jeuge unö bod) baüon , baft wir nirgenbö als in bir, bem f)od)flen ©uf, Oiul)C für unfere ©eelen ftnben fönnen, unb erleichtere unö bie Seiben, wcld)e beine 2Beisf;eit aufjulegen für gut finbet, burd) ben berjer« bebenben ©ebanfen, ba(j bu unfer gütiger später bijl, ba§ wir beine finbet* {mb, unb bah benen, bie bid) lieben, julejt bod) alle Dinge jum $5eftcn bienen müf= fen. $afj hoch insbefonbere bie allgemein (jerrfd)enbe ©terblicf)feit uns ermuntern, nicht nur uns fefbftburd) eine fromme €'inrid;fung unferö Gebens auf ben Sob ju bereiten, fonbern unß aud) auf bie Trennung t>ort ben Unfrigen gefaxt ju madjen. ©o mancher unferec SSefannten ift fd)on in bie (Ewigfeit borangegangen; fo mancher Liebling unbgreunb unferö Jperjenö i{f uns fd;on burd) ben ^ob entrijjen worben, unb wer weiß.

26t

naher Sßermanbten.

roie bafb aud) Xnbere über unfern ?Xbfc^rcb traurett un& weinen merben. 0 bu Unjterblidjer , bu ©roi# ger! mir bitten bid), ba§ bu bid) oder ©ferbenbett erbarmen, baf? bu aud) uns in unferm ^obe beifief)en, unb burd) bas bunfte ©d)attcnrha( jum emigen 9vei= d)e beS lid)ts unb bcr fmnmfifcben §rcube fuhren mo(» lefi. Ueberjeuge uns, o ©oft, bet) bem Tfbflerben ber Unfrigen, ba§ es fo bein SCBide fet) , ba§ mir nicht ganj auf emig getrennt jtnb, bajj mir uns in einer bcffevn £öe(t mieber ftnben , unb alsbenn ungetrennf in ©eligfeit bepfammen (eben merben. ©ep bu unfer iid)t, unfere ©rärfe, unfer ‘Xroft, unfer ©in unb Hl» (es im leben unb $obe, in 3?it unb ©migfeit. 'Mmen.

Sejt: 2a c. 7, 1 1 17.

211$ ©r nahe an baS 0tabtt(jor fant, fielje, ba trug man einen lobten beraub, ber ein einiger 0ofjn mar feiner Butter, unb fte mar eine SÖittme, unb nieleö SSolf au£ ber 0tabt gieng mit ihr. Unb ba fte ber Jjperr fahe, jammerte ihn öerfelbtgen, unb fpract) ju thv; ?Ö3eiue nidht ! -

©S mirb gemifi Sftiemanb biefe ©efdjidjte ohne Dltifjrung lefen ober (joren fonnen. ©ßir merben hier auf ein gan3 eignes unb bod) fe^r gemohnliches leibett im häuslichen leben geführt. $Bir fehen eine XVitt* wc, meld)e alfo fd)on ihren 9flann, ihren beftm ^reunb, burch ben $cb verloren fyat, ihren ©ofjn, einen heffnungsroüen jüngling 311 ©rabe tragen,

Di 3 unb

a$2 $tojigtimbe bei) ^obeefdllen

unb wer wei§ nicht, bafj ber ©chmerj alöbenn weit großer ift, wenn Eltern iljre Ätnber »edieren, nach» t)em fie fdjon »iele ©orge unb 3Ruf)e an ilpre (£r= jiefning geroenbef haben? SEBer foUtc nichts empfin? ben, menn ber Jüngling in ber »ollen Söiimterfeit fei# ner Grafte, ober bic aufbluf>enbe Jungfrau ju einer ^eic aus bem lanbe ber iebenbtgen geriffen merben, mo fie ftd) felbfi nod) erfl red>t »ieleS »om ©enuf? bies feS iebenß »erfpradjen, unb aud) i^ren Eltern unb greunben fo »iele fd)bne Hoffnung madifen, me!d)e ober nun auf einmal mit if)nen , mie unentfnlteüe Dio* fenfnofpen, »ermelfen? Unb es mar if>r einziger ©of^n, unb mit i(;m fielet fte alfo if;rc einzige ©cülje in bas Örab jinfen. Urfachen genug für bas (Hiitlcib, welches il;r bie »ielcn Begleiter bezeugen, unb ju ben (fcfmdncn, meld)emir fie »ergießen fef)en! Tiber fie roat fo tief betrübt tuorben, bafj fie befio reid)lid)er getro* flet unb erfreuet mürbe. £)er ^olbfelige iJftenfdjen» freunb, roeld)er gefommen mar, traurige ju rrofien, unb l3Diubfe(ige ju erguitfen , ber allmddjtige lobten« Beleber, 3ef*,ß C^rtfius, flößt eben auf feiner Drei* fe auf biefeß leid)engefo(ge bie »erlaffene meinenbe SEBittme jammert il)n tPeine md?t! fpridjt er ju if;r er heißt bie Präger fidle fielen, alles ift »ol* ler Erwartung, maß (Er tl.um merbe, er ruft bem lobten ju: junglmg, id) fagcbir, (tel)e auf» £>er (£ebte rid)tet fid) auf, fangt an ju reben, unb Ct giebt il>n feiner OJhitter mieber.

<£s ift mol;l feine gamilie unter uns, meldje nicht burd) (tobesfaüe naher (Bermanbfen betrübt mor* ben mdre. 3ff biefeß noch gcfd;e^cn : fo mirb

hoch

nahw Sßertoan&ten# 263

bocf) nod) gefchehen , unb n>ir alle werben fofcfjc frau= rige Auftritte erleben. SÖSir fonnen nicht ewig bei)# fcimnien fet)n; einmal wirb bie ©tunbe ber Trennung geroif? fommen. Unb wie fchmerjhaft ijf biefe Sten# nung für iiebenbe, welche burch bie Q3anbe berSftatuc ober ber §reunbfchßft fo innig berfnüpft ftnb I 2Ü3aö Pann wohl hier ben iauf ber ‘Sbrdnen hemmen, welche wir über geliebte Sobte oergiefjen ? 3Beld)e £rofi« gründe flnb flarf genug, baö befümmerte ©emütf) fotdjer ieibtragenben auf$urid)fen unb ju erheitern? ^efuö Shriftuö i|1 nicht mehrftd)tbat unter ung gegen# wartig ; er t(jut nid)t mehr unter ung fold;e SBunber, wie er bamalg tf)at: aber hoch ift feine £ef)re, fein Srlolunggroerf eine D„ueüe beg Srofleg für chriflliche gamilien bet) foldjen Auftritten beg hduglidjen ieibeng. Such alfo, ihr traurigen Slfern, bie ihr ein, ober mehrere Äinber , euch ihr berwaifien Äinber, bie if)t einen SSater, eine SOiutter; euch il)* SEBittwen, bie ihr eure Banner, eud) ihr Üttänner, bie ihr eure ge# liebte ©attinnen, eud) allen, bie ihr burch ben ^ob einen wahren greunb eerloren habt, ober tterlieren werbet eud) rufe ich heute mit ber ©timnte ber [Religion ^tfu ju: X^Oeirtet nickt! >Denn id) habe für Such

Sroffgrunbe 6et> Xobe6fdUen naher SSer* wandten

Sr ff lieh für Sltern bep Dem frühzeitigen Sfbjfer# ben ihrer findet

3n> « i t e n $ für Binder, Shegatten und freunde.

Ot 4 £>ie

26 4 §roftjjrütt&« bei) ^obeefdUctt

©ie Erfahrung lehret, baff nicht nur abgelebte ©reife, nicht nur biele erwad)fene 3Renfd)en in ihren bcfien Rohren fterben, fonbern bajj fogar über bie dpalftc beö menfchlidjen ©efd)led)tö febon roieber inber Äinb^eit fiirbf. ©iefeö ifl ein ganj eigner bemerfenö* werter Utnfianb. ©enn wie grefj wirb baburd) biß 'Kniafii ber Eltern auf bem (£vbboben, weld;e bas ftüb3cittge 2lbßerben i^ret 2\int>et beweinen; iaffet unß einige befonbere ©oftgrunbe für biefen $hcd ber leibenben SDienfcbljeit auffuchen.

©ererbe (Ltoffgrunb ijl biefer: Was ©ott tljuf , baö ift wol)lgethan, Wir flehen nid)t unter ber ^Regierung eines bitnben Ungefchrs , ober einer cifernen unerbittlichen 9Ro:l)wcnbigfeif , fonbern einer weifen 33orfebung. Tlucb hier offenbart ©oft feine SJjftadit, Weisheit unb ©utc, ©urd) ben fruhjeitb gen ‘Job fo vieler Äinber beweifet ©oft, bafj er bet allgemeine Q3ef)errfd)er ber (Jrbe fei) , unb bafj er mit SRenfchen nad) feinem Wohlgefallen f>ant*cln fonne. <£r Iaht bie 9J}enfchcn geboren werben: unb fprid)t: Äommt wieber 3ftenfd.)enfinber ! Wenn er alfo bie ^inber in ben erften fahren, oft in ben erfien 9Jiona* ten wieber wegnimmt, fo beweifet er hierdurch fein (Jigenthumsredjt über fle: unb Sftiemanb barf fragen: was mad)fl bu? ^sebod) wirb feine 9ftad)t burd)@üte unb Weisheit geleitet, (-fr ift ein ©off ber Drbnung; er tf)ut feine Wunberwerfe ohne JRoth unb Idfjt bet STiatur ihren lauf, bis es feine befonbern Tlbfichten er* forbern , benfelben ftu hemmen. ©a es nun gan$ naiürlid) ift, baß Äinber fdiwad) unb franflid) auf biß Welt fommen, weld;e ju einer ßcit unter ben #er*

Jen

naher QScrroanbtcn. 265

jen getragen mürben, mo ihre UJluffer biel @orge unb Jammer erfahren hatten: fo flcr6en folche ^inber nach betn orbentlid)en laufe ber 97atur aud) bafb wie* ber, meil jle nicht Ärdfte genug jur $orffe|ung beß lebenß haben, baß rote eine {arte «PjTanje burd) ben geringen Umftanb befebdbigt merben fann, unt> ©oft ftnbet feiner 5ß5eiöf>etf gemäßer, jte jlerben ju lagen, alö i(jr leben munbertfjdtig ju berlangern. tiefer 2ä>ine möge f)inreicbenb fetjn, nicht nur für Litern, baß leben unb 2Bolj[fei)n ihrer 9tacbfommen* fd>aft fo mof)l vot afß nach ber ©eburt auf baß 15e« fe ju beforgen, fonbern aud) für liebte, bie riegti* gen Urfadjen unb Heilmittel ber fo {erflörenben ßin* berfranffjeiten bon ©runb auß ju erforfdjen, um mo moglid), bieie 3ttenfd)en ju erhalten, melche burch 2TCad)ldf)igfeit ober fd)led)te Q3efjanblung gleidjfam im £eime erlieft merben. ©ott fonnte freifid) nad) fei* ner ?9iad)t ben Sob fo bieler kleinen’ binbern ; aber er hat meife 7(bjld)fen, marum er ihn {ufdjjf. ©$ ift unß biefer tlmjlanb freilich bem erjlen 2(nfe(jen nad) befrembenb ; er fcheinf nid;f mit ber CÖJeißheit unb ©iite ©otteß ubereinjuftimmen, bielmehr berfelben ju miberfprechen. ?Dian fann fragen : «PfTan^t aud) ein ©drfner junge 33dume, melche er nach einigen Sagen mieber außrottet? ~ “Mein biefeß ©leichnig fann auf unfern $all nid)t angeroenbet merben. SDßie ber ©drfner jene S3dumd)en pflanze, fo hatte er bie ^bjtcht, bag jie murjeln, grünen, blühen, fruchte fra* gen fo Ilten. tiefer ?(bfTcht mürbe er felbji juroibet hanbeln, menn er fte fogleidj mieber außrotten moflte. Tfber ber 20lmdd)tige hat bie ^enfehen nid;t bloß für

5 biefeß

266 Stojlgtünbc bet) $o&e$f«ffcn

tiefes seitliche, fonbern auch für ein emiges leben ge= fdtaffen, fotglid) dbfidrten bei) her ©d)opfung beS SJienfchen gehabt, metche ftd) in bie liefen ber ©mig* fei t erflrecfcn. Sßir roiffen es freilich nicht, wie bie unjdhlichen Stüber, bie tyicv fo frühzeitig ohne alle ©ntmiefetung ihrer Grafte fierben, bott i(>re wollige SBeflinmumg erreidjen ; ober ba fie ©oft gerben lafjf, fo ifl gemifj, &afj er bubet) meife unb gütige Tfbficf)* ten für fie felbfr unb für bie (Ettern habe. Unb biefeS führet mid) uuf einen

5weeten Ctofigtunb: £>oö frühe 'dbfierben ber ÄinDer ifl eine SÜ3ot)t(Krt für fie felbfl unb für ihre (Eltern. (Es ifl gut für biefe hinter fetbjl. ©ott flehet bet) manchen »oraus , baf fie in elenbe jarnmer* t>oüc Umjlanbe fommen mürben, menn fie Junge (eben foütcn, ©ie biefent ©tenbe mit einemmale ju entrei* fjen, nimmt er fie frühseitig weg. $3et) manchen fle= tjet ber dUmiffenbe , ba§ fie ju fielen ^Bosheiten unb ©ünben mürben oerführt morben fepn, unb baS SDlaafj i^rer “iBerbammnifj oergrofjert hoben, ©r ent* reift fte biefen ©efahren; unb ba fie in ihrer Un* fchutb unb of)ne mutf)miÜigen ©ünben flerber», fofann man megen il)rer emigen ©eligfeit eine gegrünbefe Hoffnung’ haben. $3et) ihrem ©intrittc in bie ©efetb fd)aft ber ooller.bcten ©erechtcn mirb ber Ijoibfelige Sölenfdten : unb Äinberfreunb and) fugen : iLaflet bie 2\inNem mir fcomitien unb webtet tl)ncrt wdit, Öen« folget tfi bas &etd) (Bottee. 3Dcr <Beted)te, ob et gleich 3*itltd) ftirbt, ifl er bod) in bet Äut)e* iDenn et gefallt (Hott wol)l, imb ifl lieb, unb wirb weggenonu

men

mifjer 9ßermant>icn. 167

irtcn aus fccm Leben unter ben 0ünbern. tfc halb vollkommen worben benn feine ©eclc gefallt <6ott, barum eilet er mit tj^m auß bem bojen Leben *)♦ SGßarum wollren wir i^nen if>t e öiuj)e unb ©eligfeit mißgönnen? 'Sagfoll; ten ©Item bebenfen, n>eld>ß beijm *$obe ifjrer Äinbet if)ter Srautigfcit feine ©ranjen fefjen. ©6 ifr wafjr, ifl fdjni erraff, eg ifl ein trauriger Tlnbhcf, biefe lieben kleinen oft je fürd)tcr!id) leiben unb flerben ju feljen. Tiber eg ifl and) wofw, fcajj d)rifllid)e ©Itern bet>m Tlbflcrben tljrer ^inbern weif mefjr llrfacfe $u T)anf unb freute, als jur Traurigkeit f;aben. ©g begeg* net ja biefen liebi^ Ambern nid)tg 33ofeg. T3effet fann eg ifjnen nid)f geben, alö wenn fie in ben Jjjims nie! oerfefjt werben. £>aS ifl bag allerbefie ©rbtfjeil* SBenn fie aud) in biefem leben bie glucflid)ften 2ftenfdjett würben; fo jtnb fie bod) weit glüdlid)cr ba, wo fei« ne 0ünbe, wo greube bie güüe unb UebÜdjcg Sßefen jur üied)ten ©otteg ewiglid) ifl.

Tiber eg ifl aud) gut für bie Elfern felbfl. ©mb bie ©Item irbifcbgejlr.nte SDlenfdjcn, l;atten fie eine 3lffenlie6e gegen i[)re ßinber, machten fie aug benfel- ben kleine ©oljen : fo foüen fie burd) i^r Tlbflerbm baran erinnert werben, wie eitel unb berganglid) alleg 3rbifrf)e ifl, wie (rügerifd) unb tdufebenb alle ebne ©ott gemadjfe ©ntwürfe unb Jpofnimgen finb, wie notbwenbig es ifl, bie ©nabe beg ©wigen ju fudjen, inb il;r .£erj jum Jpimniel ju ergeben , wo if>re £m* ber finb. ^jebod) biefcs ©djicffal triff auch fromme SSdter unb ÜJiütter. Tiber aud) biefen foll biefe <prü«

fung

°) 33ud) 9Bei$l)cit Cap. 4,7 14,

*68 £rofigrünbc bep-^obegfdUen

fung ba$u bienen, i(jr Jj>erj immer ineffr üon ben ihnen anflebenben $ef)lern unö @d)mad)()eifen |u reinigen, ilmen allen falfcf>en Srcft unb ^»ang jum ©efdmpf §u benehmen, unb fie auf ben ©djopfer, baß l)6d)fle ©ut ju riebfen. ©ott fielet auch, bafj feld)e Äinber m’eUeicbf bet) juneljmenben fahren auö ber 'Krt fd)(agen unb ihren Eltern manches Jperjeleib perurfarben mürben, ©eßroegen nimmt er fie in 3ei* ten meg unb eben beßroegen ifi aud) eine 505o^(t^aC für bie Eltern felbft, Eltern, bie iljt ^inber Perloren tjabt, ober pcrlieren merbet, meinet nid>t!

iaffet midt über nun biefe ‘trofigrüube erweitern unb aud) auf ade anbere ‘Sobeßfdbc nal)er93ermanbfen überhaupt außbefjnen. ^d) habe aud) ‘Srofl für&m* ber, benen tl?te Cltcrn , für fJihekute , bencit ifyte (Batten , unb für alle , benen ihre erprobten unb treuen ^reunbe, Q3efannten unb 9tacl)barn fter« ben. 9iid)tß ifl gem6f)nlid)er in biefer SCBeltalß $ren= nung unb 2lbfd)ieb. ©ine allgemeine ©terblicbfeit ifl einmal baß iooß ber ganzen 3Jienfd)f)eit. iDer (Lobt t(i ber ©unben ©olb. ©ereebf, billig unb rühmlid) finb alßbenn bie traurigen ©mpftnbun« gen unb ^hr^nen/ wenn bie ®Mcn unb üied)tfd)affe* nen unß burd) ben 5ob entriffen merben, in beren Umgang mir fo Picl ©uteß genoffen unb lernten. SOßie, follte baö ^inb, ber ©ofm, bie Sodjfer, nicht trau* ren unb meinen, menn ihnen ber treue Später, bie Hartlidje Butter entriffen mirb, meld)e manche fd)laf< lofe Machte, mand;c ©orgfalt unb SDlüfje in ihrer ©rjiel)ung haften, befonberß alßbenn, menn biefe Äinbcr noch jung, unerfahren unb l)ulfloö finb ? ©in

naher QJernxmöten. 269

Dct-woiflcr ^ußanb wirb in ber ©d)rift immer feßr traurig gefdßlbert; unb fo iji er eg and) nad) bec ©rfaßrung. SßSie foiife ber ©affe füßlog bleiben, wenn feine gebebte ©attin ftirbf, ßc, wcld)e bie greus be feines febeng mar, mit meiner er alle greuben unb leiben feilte, bie ißm bie 33efd)merlid)feiten ber 5)il» gerbaf>n unb beg tauglichen iebeng berfußte, unb feine beße greunbin , ütatfjgeberin, ©efdfwtin auf ber £Rei# fe nad) ber (Ewigfeit mar? Tiber wer fann eg auch mißbilligen , wenn ße bie ©attin ftcb nid)t trogen lafs fen will unb in grauen jerßießt, wenn if)r ber flieure ©atte entriffen wirb , welcher ber $3ater unb QSerfor* ger ißrer gamilie, mclcber ißr beßer greunb unb i(w ©d)u| mar? 3$r $ußanb of)nc Zweifel bemitleid bengrourbig. @0 muß ber €p^>eu einfam unb oerlaf* fen am niebriqen Qirbreicb ßerumirren, wenn ber ©ich* bäum, um ben er ßd) fd)lang, jur ©rbe gefallt iß! SBer feilte nid)t ben greunb beflogen, mekßer bert SSerluß feineg getreuen ^onatßang beweint? ©in fuf)* lenbeg .fperj fann unmöglich 6et> foldjen rüßrenben Auftritten unbewegt bleiben. Tld> in fold;en galten fann 97iemanb eg beßer wißen, wie ben leibenben ju SDiutße iß, alg wer fel6ß folcße traurige ©rfaßrungen gemad)t ßat! 9Bir tonnen, wir burfen algbenn flogen unb weinen; fo will eg ©oft, welcher ung biefee ©es fußt felbß einßanjfe, fo will eg unfere STatur unb 9)ßid)t. laßet alfo immer euren Sßranen frepen lauf, i^r burd) fd)mer$lid)e Sobegfalie gebeugte SÜiitmen* fd>en, aber froernet ße aud) algbenn mieber, biefe ^ßränen, burd) bie Sroßgrunbe ber Oieligion, maß»# get eure ^raurigfeit. Senn wir ßnb nicht wie Jpep

27® $roftgrünbe bet> <£ot>e$fdlIen

ben, bie feine #ofnung haben, fonbern mir ftnb (Ehriflen unb miffen, an men mir glauben.

(£g ift nun einmal bag unverdnbcrltche ©efe|, baff alle, alle $lenfd)en gerben muffen. SOBir fonnen nid)t hoffen , eine Tfugnalfme von biefer Oiegel ju ma* d)en. 'Senfelben S83eg, melden bie 33er(lorbenen giengen, muffen auch mir gef>en, unb fee haben nun ein Hebel mef>r uberflanben, bag mir noch ju uberfle* ffen haben. ©g ifl jmar vernünftig , baff mir alle Sftittel gebrauchen, meldfe in unferer ©eroalt ftnb, bie ©efunbfiett mieber ^erjuflellen unb bag leben ju verlängern. Tiber menn @o tt nach feinem Olathfchlufj bennod) bie Q3erfenen megnimmf, mit melchen mir gern langer gelebt hatten, algbenn laffet ung mit chriffc lidjer ©elaffenfjeit ung in feinen £ßiüen fugen. <H5ic geroinnen nichts burch ubermdfjige ^raurigfeit; mir roerben bie geliebten lobten mit allen unfern ^fanen nicht jurücf meinen ; fte fommen nicht ju ung; mit* aber roof)! $u if>nen. heftige ©emutf)ßbemegungen finb allemal fd)äblich, unb menn mir ung einer iiber=> fpannten @d)mermutf) überlaffen, fo machen mir ung jum eignen lebenggenufj unb jur Erfüllung unferer «Pflichten untüd)tig. 3ßujjten mir eg bod) Vorher, bafj «g fierbliche SDlenfchen maren, mit melchen mir ju thun hatten, Savan follten mir bep allen Singen unb SÖerbinbungen benfen, bah alleg auf btefer 9GBelC unbeflänbig unb vergänglich ifl, unb baf? nur bie §reunb< fdjaft emig bauert, roelche ftd) auf ©eifl, €Q3ci6^eiC unb “Sugenb grünbet. QSerflanbe haben

tvir bie Unfrigen gar nicht verloren. ©g ifl nur bie grobe J£müe, ber fierbliche Ucberrejl, melcher ln bie

©rbe

271

tutljec 9Serrognbtett.

€rbc gefenft wirb. 3$r @et{* fonnfe nicht fterben; unb roaS an ihnen geiftig, gut, ebel, efjr= unb lie* benSrourbig mar, bas bleibt, bas fann emig nicfjC bew gefien. SSBir bleiben baf>er bet? aller Trennung ben» noch im (Deifle mit i^ien berbunben. 2ßir bannen art bas Vergangene jurucfbenfen, unb uns ifjr gutes Veifpiei bor Tlugen fe£en. Vebenfet nicht nur, roaS if;r berloren §abt, fonbern auch, roas f?e geroonnen haben; bebenfet ba(j fie jejt ruljen bon iljrer Arbeit, fcafj fte in einer tcffern 5ßelf jinb unb o meiere «ntjiicfenbe TiuSji^t! bafj ifir nicht emig bon ilmen ge« trennt fepn, fonbern bafj if>r fte roieber felgen folif. 35ort im ©eifterreiche, mo alle meife unb gute $}en* feben fich roieber ftnben unb emig bepfammen ftnb, bott fotfen roir bie fykv angefangene, obgleich unbollfom* mene, boeb tugenbf;afte greunbfehaft forcieren, eroig, emig fortfeljen jur Engels* greunbfehaft crfjc^t, bort roerben roir ben ganzen ^ufammenhang ber O^egie; rung ©offes befier einfeCjen, bort mirb nichts mehr nnferni £erjen Kummer, nichts mehr unfern 'Kugen ^hr<*nen erpreßen.

XTeitic nickt! 3uttglmg i$> fage kir, flc^e <Ulf! ^in febbnes Vcrj>iel bon jener feiigen 2luf= erftefjung, roo bie ^hr^nenf£lat aufgef)ört hat unb bie greubenernbte engeht. SBenn es möglich rodre, ba£ berfldrte klugen, benen alle^hwnen abgetroefnet roer» i)tn fallen, noch meinen fönnten, fa routben es feine embere als £>anf« unb greubeni $hl'dnen fepn. 2>e« jus (Shrijlus fagte ju feinen jungem bepm Sibfchieb: 3°k wiU euct? wieder je^en, unk euer ^et$ foli fick freuen, unk eure^reuke foUniemank

272 §tojigt’ßnt)e bei; ^oöesfdllttt

von eud; nehmen, £)ie ©tunbe bes Sßieberfehens fam; Denn nad)bem er, ber ileberminber beS ÜfcobeS fid) fieqrcid> aus bem ©rabe empor gefd)mungen l;at* fe, jeigte er fief) feinen frauernben ^ungern unb$reun* binnen lebenbig. @o merken aud) mir uns einanber mieber fef;en. (Sollte ©oft, meldjer uns fo Ptel ©u= teS febenft, meld)er mehr tfjun fanti, als mir bitten unb per liefen, fofltc ber mof;I frommen, bie es fo febnlid) munfdjen, fid) einanber mieber ju fef;en im Fimmel, foütc er if;nen biefeit SöSunfci) Perfagen? SDiefeS lafjt fid) Pon feiner alles 6eglucf'enben Siebe nid)t benfen. Es laßt fid) Pielmel;r f;offen, bafi aud) jene felige £Belf alle biejenigen mieber jufammenbringt, me!d)e fld? l;ier gebannt, in fo inniger 33erbinbung gcflanben, unb fid? im ©uten geübt haben. 2K>ie fü^ ifi biefe Hoffnung insbefonbere für bie, me(d)e megen if;rer Zlbmefcn^cit ober Entfernung, il;re Eltern, «^in* ber, ©atten, 5reunbe nid)t fierben fel;en fonnten! ©erne fjdtten fie fid) nod) baS lejfe Scbemof)l gefagt, gern fid) ben lejten @egen gegeben, gern fid) nod) «f>er$ in ^>erj ergoffen aber Pielleid)t trennten sjftcere unb Sdnber fie unb frembe gute 9D?enfd)en pertraten bie Stelle ber naf;en SSernmnbten , bic lej* ten \£ßünfd)e ber ©terbenben ju erfüllen unb ihnen ben 'Sob ju erleiditern. 3Bie entjuefenb ifl fuer bie Hoffnung, bafj biefe ©etrennten mieber einmal jufam* men kommen feilen, ^a, es fommt bie 3eit, mo baS SJteer, unb bie Erbe i(;re lobten mieber geben mirb. !^cjt baS ©efd)led)t ber <3ftenfd)en bem ©e* fd)led)te ber Blatter gleid); fie grünen, melfen, fal* (en ab. 'über es fommt ber borgen, ber gruf)lmg

ber

ttafjer $lnbettt><ut&t«n 273

ber Tluferflefjung , mo fclbfl bie Leiber jur bimrolifcbett <Scf)onf)eit unb SSerffdtung f>etöotbluf)ett feilen. ^ic, fcr Sroflgrunb unferer Ijeiligflen DJeligion ubertnft olleg, mag je bie menfd)lirf)e öerttunft juf $3<?ruf)i« gung folget leibenben Ijaf fagen fonneit. ©0 fronet eud) nun unter einanber mit biefen örunben. guf>fet bie gottlid)e 3\raft, meld)e barinnen liegt, unb fagt mit £iob: iDetr^ert l^ate gegeben, betrete bätß genommen, fe^et f)in*u,* iDer t>en ttnröß fcneöee geben bet Harne bes %ettn (e^ gelobet!

Tiber noch eine (-rrmafmung mu§ id) binjufugett, meldje fid) nid)t auf eure »erworbenen, fonbern nod) Iebenben 53crroanbfe unb greunbe bejfefjt. ?0?att mad;t feljr oft bie Erfahrung, bajj leute bet) iljrertren* ttung butd) ben !£ob einanber bemeinen, meldje ftd) bod) im leben nicf)t »erfragen fonnten, ober mofjf gar einanber franften unb bcleibigtem Äinberl jejt |>abc ibr noch eure Eltern, biefe eure bejten unb jdrtffdiWert CDßof)ltb>dfer , meld)e für euer ISejleg forgen. 0 »er* funbigt euch nid)f gegen jte, fonbern ermeifet ifjnen alle tätige liebe, Tld)fung unb llntermurftqfeit* SSBer t»ei|j, mie halb iljr ben $3ater ober bie Butter »erlie» ren fonnt, unb roe(d)e $$ormürfe murbet il;r eud) alg« benn jit niadien f>aben , menn il;r if)r Jjjetj gefrdnff gattet, ba(j fic tnft ^taurigfeif über eud) aug ber$ße(C giengen! 2Bie fü£ aber wirb bas Tlnbenfeh an fte fepn, menn i£r eud) i()res lebten ©egens murbig ge= mad)t fiobt, unb menn iljt auf bem $ßege ber grom* miqfeit i^nen natbmanbelr! $Benn iljr aud) alßbenn bolliq »ermaifet mdret: getroft/ i£r ()abt nod) einett 3nmt«t stttN. © ailmad)#

274 §roffgrunt)e bei; ^böesfdllen

<iUindd>fi\qen QSafcr im Fimmel, unb bei @egen eu=> rer frommen Eltern wirb auf eucf> rtifjen! (Jltcrn, jejf habt il;r nod) eureÄinber, wer weifj, wie fange ilw fte behaftet, rote halb biefe jarten spflanjen an eurer 0eite vcrwelfcn fonnen. Vergnügt eud) benn an ifj* remlädjeln, an tbrer jugenblid)en «Oeiterfeit, an ifc ven unfd)ulbigen @pielen , fct)b nicf>t ftu ftreng, aber auch nid)t ju gelinbe gegen fte , unb forget bafiir, bafj fie nidjt vermalprlofet werben biefj niedre bet; ifj* rem Tobe fonfl euern@d)iucrj auf eine peinigenbe^tf vermehren. (J^ega(fen jejt fet)b ibr nod) bet)fam* men, jejt verfugt eud) euer leben. £ßie oft I;ercn mir bet) Trennungen biefe Klagen: „D lebte er bod) nod)! o wie wollte id) mid) bemühen, ifjtn bas leben ju erleichtern ! wie gern ilnu fleine gefjler überfein, wie gern aufmerffam fet)n auf alles, was iljm ange* nef;m fet)n fonnte! 2öie wollte id) mid) nun ganj an* bers vergalten!“ T)cnfet baffer bei) eurer je4igenT$er* binbung fd)on oft an bic Trennung, raeld)e bod) ein=> mal gewiß erfolgen muß, bic§ wirb eud) ermuntern, ba§ if;r eud) nid)t burd) (Eigenfinn, <Streitfud)t ober Untreue baS leben verbittert, fonbern fo glucflid) mad)t, als if;r es bet) eurer erften TJerbinbung fjoftet unb wunfd)tet. Unb ba (affet uns benn alle jejt baf)in flrcben, baß wir bie <Pßid)ten ber liebe unb greunb* fd)aft erfüllen, baß wir Dliemanben (dflig werben, Sftiemanben anberS als burd) unfern Tob betrüben. Verhalten wir uns fo gegen unfere greunbe unb T>er* tvanbte, wenn eine Trennung von ißnen uns nod) bes Verfielt , fo werben wir aud) nidir clme Trofl fet)n, wenn fte nun burd) benTob uns wivflid; entriffen wer=

ben.

na!)cr Sfmwmanbtcn. 275

ben. SBeinet atebenn nicf>t ijjr werbet fie bort wieber ftnben! 3ßeinet nicht, wenn euef) überhaupt fo mandje innere ober äußere öfotfj brucft, ber Glaube «n'Goft, SSorfefmng unb Unflerblicf;feif muffen eud) burumer aufricftfen! 2ßeinet nicht, wenn i§r einmaf felbjl fc^eiben, unb bie ©urigen unb bie gau$e ©rbe »erraffen muffet. £>ie ©urigen finb unb bleiben fo wie i[;r, in ber £anb Gottcö; unb fepb i§r wafjre ©giften, fo bat ber fonfl fo fürc&fcrficbe $ob für eudj aud) eine angenehme @eite; benn er ifr ber Ausgang aller <Pein unb ber ©ingang $ur ewigen Oiufje; er entreißt cud? allem ©lenb ber ©rbe unb berfejt eud) in ben 0fanb ber ewigen Jperrlid^eif.

JDutdj dien £ob ©dr6t bic 37ot^,

Unb wenn ber erfdjeint, bu au$gcw>eint!

0 2

@ed?e*

376

9Bon ben Pflichten

< ■> ==»»*■$£<£«*«=•■ , . ■'■lä-gi-Bg3BBi!giM»

0ec^83e^rtte ptebtgt»

Q3on fcen Pflichten gegen bie Q3crflort?cnem

Sine geilen prebigt.

«Jverr be$ lebens unb bes Sobeö, ber 3eit unb ber (Eroiqfeit, bu blcibeft roie bu bifl , aber mir ftnb einer fielen SBeränberung unfermorfen. Unfer leben ifl öon furjer $?auer, unb von feiner beflen (Seite befradj# tet, Don großer Unoollfommenljeit. 3uif(J( ober fommt ber Sob, ber allen unfern leiben unb $reuben auf ber (Erbe ein (Enbe macht, unfern ©eijl in bie Smigfeit toerfejt, unfern leib aber in ben ©taub ber (Erbe wirft, bie unfer aller EOititter unb ©rab iji. .fterr, bu Unflerblidjer , lelpre uns biefes leben bod) fo ant wenben , baf? es uns einmal nicht gereuen barf, ge# lebt $u hoben. fef;re uns in allen ©tücfen fo Ijanbeln, bah wir getrofl unb freubig fterben fonnen. 3men.

$ejrt: ^3reb. ©afom. 7, 3.

SS ifi 6effer, in ba$ gehen,

benn in bae Xrtnf ; in jenem ifi ba$ Sn* be aller Singe, unb bet £ebenbige nimmt* ju ^eejen.

©0 lange mir leben, meine 3U$&W/ {jaben mir als Eföenfchen unb S^rifien nicht nur gegen uns

m,

gegen tue 95erf!or6enen. 277

felbfl, fonbern aud) gegen unfere lebenben 3eiügeno|V fen gewifle pflichten ju beobachten.

Uns jelbft flnb wir es fdjulbig, baß wir boc allen Gingen für baß Sine fftotfjroenbige, für baß S83of)l unferer ©eele forgen. Denn waß h<*if bem SOlenfchen, wenn er auch bie ganje SOßelt gewönne unb litte ©chaben an feiner ©eele? ifl aber nothwen* big, baß wir unß berjlicb ju ©ott wenben, bie ©nas benmitfel, baß Sßort ©ofteß, ©ebet unb 2lbenbma()l fleißig gebrauchen, unb alß Stiften (eben. Denn wer einen guten frommen lebenöwanbel geführt fyat, ber braucht fleh bor bem D>be nicht ju fürchten, fonbern fann ru(jig unb getrofl flerbcn. SOßir finb aber unß auch ferner fcbulbig, baß mir für unfere ©efunblpeit, für unfern irbifchen 2X>o^lflanb , für unfere Sh« unb jeitlicheß ©lücf forgen, unb beßwegen alle rechtmäßige Sftittel anwenben, alß ehrliche ieute unfere ©efchäfte treiben, unfere Bücher unb jeitlichen Umflänbe in Drbnung galten, bamif mir einmal im ^obe nach chrifllicher 33eflellung unferß ^außroefenß ©oft unfere ©eele empfehlen tonnen, unb einen guten üHachrufjnt hinterlafien.

Unfern gletcfoemgen tnitmenfeben, be# fonberß benen, mit welchen wir in genauerer SSerbins bung flehen, flnb wir bie große Pflicht fchulbig, fle ju lieben, wie unß felbfl, ihnen alles ju thun, waß wirwünfehen, baß fle unö thun feilen, folglich für ihre ©eele unb leib, für ihre geiflliche unb irbifdje SCGohlfahrt ju forgen, fle nicht jum Q5ofen ju oerfüfjs ren, ihnen fein fdjlecbfeß 33eifpiel ju geben, fle nicht an ihrer Unflhulb, Sh« / ©efunbljeit unb Sigenthum

© 3 ju

278

33on ben ^pi^tcn

ju frdnfen, fcnt»errt »ielmehr fte auf gute 2Gege ju bringen, fle nid)t jur Jjmlle, fonbern jum Fimmel ju leiten, unb fo »iel an uns ifi, mie uns felbft glüd'lid) ju machen. 5ßir follen an ihren greuben unb ieibett Slntljeil nehmen; mir fotfen mit ben ^roftcOen uns freuen, unb mit ben 933einenben weinen.

Siefe <Pflid;ten legen uns ‘Sftenfdjentiebe unb Ghrifienthum gegen fLebertbe auf. (5s giebt aber <iud) 9)flid)ten gegen X^erftotrbene. 'Senn ba mir glauben, bafj mit bem ^obe nid;t alles aus fet), fons bern bafj mir alle unflerblid) finb,unbmit »erftorbenen $ftitmenfd)en unb^reunben nod; in einer 21rt Serbin* bung bleiben: fo fann es meber ihnen nod; uns gleich# gültig fet;n, mie mir uns gegen fie nad; ihrem Jpin« fdjeiben »erhalten, ©ie finb freilid; nun nid;t mehr unter uns ; ftc beftnben fid; in einer anbern 93erfaf= fung »on Singen ; fte finb über unfere 5Bof)fc()afen unb 35eleibigungen ergaben ; mir fonnen ihnen nid;fS mcf)r Iciflen , mas innert nufslid) ifi. 71ber mir fte* ben bod; nod) in einem; gemiffen Q3erf)dltm'b gegen fte, bem mir gemdfj f^anbeln müjfcn, unb meld;es uns ge* wilTe $}jlid;£en gegen ifmen »erblichenen Leichnam unb gegen ifjr Tlnbenfen auflegf. SaS erfte ifl, bafj mir uns i^ren $ob ju Jjperjen gehen (affen, unb bet) näherer QSeranlaffung baju uns im Srauerhaufe ein# fnben, um bem $3erftorbenen burd; $3eerbigung fei# ner fterblidfen Ueberrcfte bie lejte €(n'e ju ermeifen, unb bic Jpinterfaffenen j;u troften. Unb bas fann für uns felbft fe^r nüfjlid; fet;n, menn mir hier auf ‘SobeS* brtradjfungen unb unfere eigne @terblid)feit geführt merben. 2(ber bas ift nod; nicht alles, maS mir bet)

cioent

gegen bk Verdorbenen. 279

einem 'Sobeßfaß ju beobachten haben. ^cß werbe ba= her bet? biefef ©elcgenljeit reben

non ben ^fltdjten gegen bte SSerjl orbenen*

© c ftl i cf> : ©egen alle Verdorbene überhaupt.

3tücitcnO: ©egen folcßc intfbefonbere, mit welchen miv in naiver VerbinDung gedan* ben haben.

®ie <Pflid)fen gegen aUe »rfiorbene 11b m J?aupt betreffen entweber ißren JLetb ober ihre @5ec* le. £)ie erftc <pfßd;t befcßdftigt ftd? alfo mit i^rem

erblaßten ILeibe.

$Benn ber $ftenfcß flirbf, fo trennt fleb fcin©eift bon ben Q5anben beß Körpers, unb ber leiste bleibet alß eine berweßlidje Jpuße übrig , welche abgeftreiff, als ein ©aamenüorn, roelcßeß in bie (£cbe gejlreuet wirb. Jpier nun unfete ©cßulbigfeit, unb bie ©cfunbljeif ber Sebenbigen erforbert , baß wir betx ieirfmanien ber Verdorbenen ein efjriidjeß unb anftdn* bigeß Segrdbnig geben. £)enn feit ben ältefien feiten ift ein 3^»cl;en ber ©cßanbe gewefen, wenn bie ieießname unbegraben liegen blieben. £)ie alten ©gppter hielten ein grengeß $obtengerid)t über bie Verdorbenen, ehe fte einbalfamirt würben, unb je nad)bem if?r (Sfjarafter unb iebenßwanbel gewefen war, würbe i^r Seid;nam unb ihr Tfnbenfen mehr ober we* niger geehrt, ©ott t>erfjeißet bem Tlbraham, baßer mit feinen Tätern in griebe fahren unb im guten W* ter begraben werben foßte, unb Dantb banfte ben 25iirgem ju %abt$, baß fte an ©aul bie Varmfkr*

© 4 5*3*

3$0

9ßon fccn Pflichten

jigfeif gethan, unb i(jn begraben Ratten *). (£$ flret* tet mit biefer Pflicht gar nicht; wenn ba$ weltliche ©eie& beftimmt, ba§ bie Leichname gewiffer Serbre* eher entweber gar nicht begraben , ober ben Jpänben ber 3trgl<cberer ubergeben, ober wie h*«r mit ©elbjb jnoröern gefd)icl)ef, auf eine fcfcimpfliche TCrt an bet ianbftrafe begraben unb mit einem <pfaf)le burchdod)en werben fallen. *Denn ba in ber menfd)lid)en 9ftatur ein ©efüfjl für £bre unb ©chanbe ifl : fo will man baburd) ben 3wed erreidjen, ba§ Tlnbere oon folcheti $8epbred}en baburch abgefebreeft werben follen. 5Ba$ bep einem Segräbniffe für anflänbig gehalten wirb, beruhet auf ben Wirten ber oerfdjiebenen Golfer. Set) einigen werben bie icid)nante oerbrannt ; bet) anbern, wie auf Otabeite, ber fuft aut?gefe£t, bep ben meiflen aber, befonberö unter (^^rificn , in bie (Jrbe bergra* ben tiefes fd)eint auch ber göttlid)en Serorbnung am qemäfeften *u fepn ; ÜDu btft t£rt>e, mtb foUjt Weber $ur 'ürbc werben unb überbiefes bringt biefe 71 rt beö Segräbniffes unferer ©eele ben ©eban* fen ber SICieberauflebung unb Un|lerblid)feit naf>e, weil ^auluö ben ieichnam ale ein ©»aamenforn por* flellt, welcher einmal wieber fjeiworf einten unb blu« (jen foü, @6 ifi bafcer nicht d)riftlicb/ wenn bamit fold)e ©ebräud)e oerfnüpft jmb, weld;e ben ©eban# fen ber 7buferflef>ung mcljr unterbrutfen, alö lebhaft mad)en , bep benen man glauben follte, ber £cb wate ein ewiger ©d)(af - ober wir wären wie «Reiben, bie feine Hoffnung haben, ba wir unö oielmchr freuen follten ; baf unfere beworbenen SDiitbrüber »on allem

<£lenb

•) * ©am, » , 6,

gegen bie Verdorbenen 28t

C^Ienb biefeS iebens erlofet unb in ein beffercö Dcrfefjt f nb. ©er *$aupfjme<f bei) 53egräbnijfen aber ifi bie» fer, bajj bie ieichname fobalb als. ntoglid), wieber ju ©taube werben, unb ihre ^eiie jur großen SQSerf* flott ©ofteS in ber Statur übergeben foüen. ^ch mufl aber bierbet) über bie $tit, wenn, unb ben (Drr, wo bie lobten begraben werben feilen, eine Amner* fung machen,

©S follfen feine lobten c|>et: 6egraben werben, als bis fld) wirflid)e Sfterfmafe besSobes unb berget» wefung an ihnen flnben, ©enn es flub feiber! trau* rige 5dl(e genug befannt, wo Sttenflhen blos in einer florfen Dhnmad)t lagen, unb wieber erwadjfen / ba man fic fdjon begraben wollte, ©olifen bafjer aus einer folgen (Jilfertigfeit bisweilen 2ftenfd)en (ebenbig begraben worben fepn , fo fann man fid) es leid)f oor« (teilen , welchen fürchterlichen $0 b hernad) biefe Un» glucflidjen muffen gehabt hoben.

©ie 23egräbmflpläge füllten fo oiel als mog* lieh in frepem $elbe unb offner luft fet)n. $)enn cs id längfl beroiefen worben , welchen fchdblichen ©in« fluf es auf bie ©efunben unb lebenben hat, wenn bie lobten in ©fdbten unb Äirdjen begraben werben, ©iefe ©ewohnheit id oon bem Aberglauben erzeugt, unb oon bem ©igenntih genährt worben. £)em $ob« ten felbd id *6 ganj gleichgültig, wo feine ©ebeine liegen, benn bie ©rbe id überall bes Jperrn, aber cs follte hoch habet) ber iebenben gefchont, unb ihr ©ebabe oerljutet werben, ^ener Arjf oererbnete, auf bem $elbe mit ber ^{nfc^rift begraben ju werben :

© 5 „©er

28 2

^ßon ben

„’iOer, welcher im feben 9iicmanb gefdjabef Ijaf, liegt „t)*cr/ bamit er 9Rietnanb im tobe fdjaben möge. ‘* 3'nbcffen, fo lange t^oö tiid;t abjuänbern ifl, fo foüfc man wcnigflens an Orten, mp es, mie hier gebrauch3 lieh ifl, baf$ bie @drqc wäfwenb ber ©ebetc unb iei* chenprebigt in ber £irtf)e flehen, barauffefjen, bafj ftc ber $}frfammlung nid)t ju nahe, fonbern an ab» gefonberfe Orte gefegt mürben. 2lucf) fbnnte bie iet» chenprebigt nad? ber tkerbigung etfl gehalten rner# fcett. (Js feilte benn auch mo!)l habet) alle unnötig3 ge ^raeft Pcrmieben werben, me(d)e mit nid)to ju entfchulbigen ifl, als miefern habet) einige Q^rcfeffioncn in Sttoljrung gefegt merben.

3>m(5ci|ie nach beftnben ficb bie Verdorbenen in her (Jmigfeit, unb barauö entfielet für uns bie 9>fltd)f/ ba9 mir if>nen bie emige 9?ul;c rounfd)en unb bie d)riflltd)e Jpofnung unterhalten, bafj ©oft ihnen aud) hört gnäbig fet)n merbe. Dilles, maß man für fic ju bitten pflegt, beziehet ftcf> nid)t fowol)l auf ihren Äbrper, als ihre unterbliebe @eele. ’Ocntt ihr Perblid)ener ieib ifl eigent(id) feiner fanften 9iuf)e fähig/ machet eigentlid) nicht ftc fclbftauß, ifl nur ber flerblidje unb Permeßbare lleberrefl, meldjer bem 0d)oo§e ber©rbe atiPertrauf mirb. Uiber bertXCunfd) ifl eben fo pernunfttg als djrifllicb, ba§ ©oft fte mit emiger^reube troflcn unb an jenem tage fjerrlid) erwe; efen moüe. >Die cigcntlid)e Jurbitte für tobte ifl me# gen beö bannt getriebenen 3J}iöbraud;ß in unferer Äir« ehe pöflig abgcfd)aft morben. £)cnn es ifl ungeräumf ju glauben, bafj jte i*d) *n einem SJlitteljupanhe

jmi#

=83

gegen bie Qßerfrorbmen.

jwifdjen Jjpimmel unb Jpoüe ober in einem ^cgfeuetr beftnben, unb bafj mir baljer @eelenmej|en für fte lefen muffen , um ihnen balbigft baraus ju perhelfen. £)ie heilige 0d)rift wci|j non einem foldjen 3u(tanbc nidjtS. @ie befebreibf oielmehr unfern jef>igen 9)™.' fungSftanb als ein S'egfeuer, als Bucht unb Korbes reitung auf bie (Ewigkeit, unb lehrt non unferer 2>e< flimntung nad) bem *£obe , bafj.wir ba baS ernbfen, was wir! hier gefdet f>nben , bafj wir entweber belohnt ober bestraft werben, bafj ba enfweber bie SSerbamm; nifj ober bie0elig?eit auf uns warte. £u jener fu^rC ber breite 3Beg beS iaflerö , weichen bie meiften watts beln, unb ber, fo angenehm er aud) Anfangs febeinf, tfd) bennoeb in ^irtflernif} unb 0cbrecfen neriiert; $u biefer aber, jur ©eligfeif, fuhrt ber enge 93 fab ber 5ugenb unb ©ottfeligfeit, ber anfangs fleil, mühfam, berniebt fd)eint, aber enbiieb jum 93arabiefe fuhrt. 0o wie es bähet auf ber (Erbe jwet) ©aftungen non 9J}enfd)cn giebf,' fromme ober ©ottlofc fo werben auch bort 0e(ige ober Q3erbamnite fepn. $ßir bürfen aber über £>erfforbene unb i(>r ewiges @d;icffal feinen unbefugten TfuSfprud) tljun. (Es muf$ bei) uns eine auSgetnacbfe Siegel fepn, bafj wir non s23erftorbenen nichts anbcrS als ©utes fpredjen, (Es giebt freilich ^eljler unb 0ünben, welche wir an tfmen eben fo wes nig, als an ben iebentigen fdjonen bürfen, unb weis che wir anslid)f jiefien muffen, fobafb es unfere 93jfid)t ift, fobalb babureb etwas ©uteS gefiiftet wirb, unb anbere toor ähnlichen 0ünben gewarnt werben; aber es giebt aud) ^efjler unb 0d)wad)f)fiten, welche ber menfcb!id)en 9Ralur überhaupt unb uns allen gemein

jmb :

284

93on ben ^3fUd^ten

: unb biefe befannt ju machen, trenn barau« nichts ©Utes unb feine 53efferung entfielen fann, ba$ i|l entmeber bo6^afte ©erleumbungsfucbt ober oerroe# gener ieichtfinn, 5Baren bie Verdorbenen fchlechte SD?enfd)en; fo (affet uns bie Klippen meiben, an roel* eben ihr ©laube unb ihre Sugenb gefdjeitert flnb. « SEBaren fte gute Sftenfcben, fo (affet uns fie naebah* men; übrigens aber bas Urteil bem überlaffen, ber ba recht richtet, ber jebem geben roirb, maS recht ijt , unb ber gemifj auch bort feine flrenge ©ered)tig# feit mit göttlicher ©nabe milbern mirb.

Unfere Pflichten gegen folcbe T>er|?otbetie, mit welchen trit in ntytttt Uerbtnfcung gejianben ^aben, finb folgenbe: eine gemäßigte Sraurigfeit über itjren Jpinfd)ieb unb Verlud eine möglicbd* pünctlicbe Erfüllung ihres lejten 9BiÜenS ein banfbares Tlnbenfen für bie ron ihnen genoffenen SBohlthoten unb wenn fie uns ein gutes Veifpiel hinterliehen, eine gemiffenhafte Nachahmung ihrer «bien unb frommen Jpanblungen, bamit mir hoffen fönnen, einmal in ber ^migfeit miebet mit ihnen per# einigt $u merben.

<£s ifl ganj natürlich, bah ©affen, eifern unb Äinber, ©efchmifler, greunbe, melche fich jartlidj geliebt höhen, in Vetrübnifj Perfejt merben müffen, menn i(;nen fold;e geliebte©egenflänbe ihres ^>erjenS, menn ihnen ©tüfjen, SKatljgeber, ^röfier, entriffen merben. SEBir hatten mit ben lieben Unfrigen boch gern noch langer gelebt, ber Sob ifl bod; fo etmas

25it«

gegen t>ie SBerjbrbenen. s8$

SBiffereö für fte unb unö. £>ie Sfttttur unb baö <£ßrk flentfjum billigt bie ^ßränen, welche mir an intern ©rabe bergießen. 2ß3ir fonnen unb fallen ftc befla* gen unb beweinen, ^efuö felbjt überließ fid) berSm# pftnbung biefeö ©djmerjeö bet) ber ©rabßätfe feinet $reunbeß, beß lajaruö. Tiber mit übermäßiger $rau# rigfeit richten wir nidfaß auö. 5Bir fonnen fte nicht jurücf weinen. ‘SBir werben wol)l ju ifjnen aber fte nid;C wieber ju unß fommen. Sin folcheö .ftläg* lid)tfjun ßilft ißncn nicbtö, unb wir fd)aben unö bc« burd) felbfa Unb warum feilten wir ben felig 23er* florbenen iljre JXuße unb ©iücffeligfeit mißgünnen ? QDenn felig ftnb bie lobten, bie in bem Jjperrn fler* 6en. $03ir wollen unö baßer in Seifen mit ben tröffe grünben befannt machen, woburd) unfer befümmer* teö ©emütß bet) faldjen Schlägen aufgerichtet werben fann. <3X5ir wollen bebenfeu, baß ber *£ob eineScßulb ifl, bie wir alle abtragen muffen , baß einem jeben SDlenfcßen ein Siel gefejt ifl, baß bie felig ©eftorbe# nen allem Slenbe beö lebenö, allen ©efaßren unb ©türmen auf einmal entriffen ftnb, unb aufgelporf haben fterblid) ftu fet)n. £Benn unö geliebte 23erwanbte fterben, ober wir ße in ber 2Bclt jjurücf faffen müffen; fo wollen wir bebenfen, baß unfere 23erbinbung auf ber Srbe nicht ewig bauern fonnte, baß fte nicht ganj »erwaißf ftnb, baß ber ©ott unb 23afer im Fimmel, ber für unö forgte, aud) für fte forgen werbe. Snb* lid> laßt unö bebenfen, baß nad) ber Trennung auch eine Seit beö SBieberfeßenö jn ber Smigfeit erfolgen werbe, tiefer mächtige Sroft wirb unfern Kummer linbern, unfere Sßränen troefnen, unb wir werben

286

Q5cn Den Pflichten

unö gefiarft fuljlen ju fagen : 28aß ©off tf)uf, baß ift *>o£>l Sef(jan! SDer *$err fjatß gegeben, ber Jjperr (jatß genommen Der Jjberr mirbß mieber geben ber DIame beß Jperrn fet; gelobet !

Sßir (Inb aber aud) jur moglidjjlpunctfichen ©r* fudung iljreß lejten SSßillcnö oerbunbcn, mcnn er fonft nichts abgefchmacfteß unb unanftanbigeß enthält. 33er» ccf)tet man Dorf) eineßSÖIcnfdjen'Seftament nid)t, menn betätigt ijt. ©ie ^aben ein 9ved)f, mit ihrem 33er* mögen gemiffe ©inriebt ungen ju madjen, unb mir fof# len t^re guten Tfnjtalten beforbern. '•Die fejtcn Dies ben , baß Ie$te 33erlangen fierbenber ^erfonen fiat et# maß ©firnnirbigeö an (1 d), meil (Ie fd?on an ben ^)for# ten ber©migfeit flehen unb Poll 'M^nbungen ifprer 9Rä» bc flnb; unb ba ntufj man in ber Barbarei} fd)on meit gefommen fepn, menn man taub gegen bie ©timme ber ©terbenben ift, menn man (Ie nicht me(jr rebett laffen miü, ober ifjinen ijjr festes ©efud; abfchldgt. QBir fonnen ilmcn unfere g-reunbfd;aft nicht beffer bc# rneifen, a(ö menn mir baß t()un, maß (Ie haben mof* len, ober auch t>icUetci;C nur noch mit gebrochenen SBorfen äußern; ja menn fte oerfjinbert mürben, ifj» rer. 3öillen beutlich unb gefe|mäfjig ju erklären, fo muffen mir fogar baß tljun, maß (Ie uod; mürben ber* orbnet haben moruber fte fonft im feben 2ßinfe gaben, ober maß fte Ratten t§un follen, baß erforberC bie 33iüigfeit; baß fann unß aber aud) lef;ren, roie rtotfimenbig fcp, unfer ^eflament noch in gefunbett £agen ju machen, unb ich crmafjne euch in bem J^errn/ hefonberß folc^c, meld;e ©oft mit seitlichen ©utern

gefeg«

gegen bie Sßerfror&encn. 237

gefegnet bofj i§r einmal ein paar ernfie ©funben ba$u befümmt, baß i(jr oon eurem Ueberfluffe bie kirnen, bie Äird)en unb @d)u(en unb ihre £)ie# ner, eure getreuen 'Sicnjf boten, unb rebiicfie bürftige greunbe beforget. ©oüte eg nur eine ^(einigfeif fepn: fo fliftct U;r nad) eurem ‘Sobe noefrgreube unb©ufeg; unb roenn bas Vermögen beträchtlich ift, fo »ediert ja bie Familie burch feldje &ermdd)tni|[e eben fo n>.e* nig , a(g rcenn ein tropfen aug einem 5^ufTe genom» men roirb. 2(m be|lcn aber ifl eg, roenn man noch bet) lebjeiten »on bem ©einigen ben heften ©ebraud) mad)f, unb eg nietjf blog auf ^eflamentgttolijieher ober (ad;enbe ©rben anfommen (aßt. Sftehmet euch ingbefonbere ber 2Bitttnen unb SBaifen an. SOßeije über ben, welcher foldje ©ebeugte nod) mehr beugt unb franft, unb burd) ©d)abenfreube, Verwürfe ober53ebrudung, ihnen nod) mehr ©eufoec unb^bra# tien erpreffet, anftatt if)nen ben erlittenen ^Serfujt ertrdglid) $u madjen. ©0 fpriebt ber 2lllmdd)fige: “j\)t foUt feine TCittroen unb XX>atfrn beleibt gen» bu (Te beleidigen, tretrben fie

31t »nie fd)reyen, unb teb wetbe ü)t (Befcbrey erboten *). £fjut ah*o an fccn Jpinterlajfenen ber lobten, mag if)r rcünfcht, bah man einmal an bert ©urigen t(jun möge, wenn if>r nicht me(jr für fle fora gen fönnt, nehmet eud) ber 23ater« unb 5ftutterfofett an, unb ber ©egen berer, welche feinen Reifer hatten, benen aber ihr Üietter, ©tüfce unb Srofi würbet, wirb über eud) fommen*

ferner

2 t9Jef. 22 , 2^,

288

$Öon ben $flic&tett

ferner fotlen mir audj ein lebhafte^ banfbareg “ÜnbenPen ber bon il;nen genoffenen SEBofjltfjaten un* terfjalten. ^Barett eg feerer, welche ung ben 5Beg $um Fimmel jeigten, unb mir i^rem V23et}fptele boran* giengen? ©ebenfet an curelefjrer, bie cud) baö <3JBort ©otteg berPunbigef ffaben, roelcher Enbe fc^auet an unb folget ifjren ©lauben nad). 2Baren eg gute fromme Eltern, meld)e bielleid)t nod) fierbenb uns jui riefen: „'©ein lebelang l)abe ©off bor Tlugen unb im J£>er$en.“ 0 1 fo muffe biefe ©timme nie ber» fallen , muffe ung unfer ganjeg leben begleiten. <5Ba» ren eg berbienfibolle HJidnner, SB^o^lt^afer, 5'reunbe, bie ftd) um ung berbient machten : o fo muffe ifjr 7(n* benfen nie inunferer©eeleberlofd)en nod) oft muffe ifjte 2lfd)e ung an bie fPfTid)t ber ©anPbarfeif erin* nern, bie mir ifmen fdjulbig finb unb if)r 33eifpiel muffe ung Ermunterung ju gleidjerUSftenfchenliebe unb ^ugenb fer,n! ©enn fc>ae2lnt)enten fc>e& (Beredeten bleibet im ©egett ; aber bet Harne bee (Betts lefen wirb vetwefert *)♦ 3lber aud) bie Q)flid)C mbd)te id) eud) ted)t fühlbar machen, bafj mir biefe SSerefjrunggmürbigen, biefe lieben recht fdjd^cn, fo lange mir fie nod) fjaben. 5CBie oft finb mir gleichgul» tig unb Palt gegen fie, menn fie nod) unter ung finb, unb roie oft lernen mir ifjren 5Bertf) etft recht aug i()» rem iSerlufle fcbdljen! SEBie oft fe^en mir, bafj ftdj ©atten, ©efd)mifter unb Q3ermanbte nicht mol)l ber* tragen, fo lange fie beifammen finb/ melche bod) mit ‘Jbranen fid) munfd)ten mieber bereinigt ju fetjn, menn IKeifen, ©efefjafte ober aud; ber $ob eine Trennung

unter

Spruch. iO/7«

Ö^en fct'e $3erftorbetiett. 289

tmfcr ifjncn mad;f. dvinber ef)r et, liebet eure ©fern, ge&ort&cf ifjnen, erjeigt igncn ©uteß -- fo fange fi<* ba finb bamit ifjv eud) 6et) igrcm 2fbfd)tebe feine SJorrourfe mad)en ober mcbf gar, mennß eud) ü6ef gefjet, bie £fage fuhren muffet; baß gaben mir an unferm SSater, an unferer Butter öevbient. ©e< fdjmif^er liebt eud), fo fange ifjr beifammen febt, bentt mcd)fe eine ©funbe tcß 'dbfd)icbß unb ber $ren* ming fommen, roo ifjr eudj bas fegtemaf, unb oief= leidet in eurem ieben nid)t roieber feget. (ffjegafc fen, erfeid;tert unb »erfaßt eud) afß bie befien §reun< be euer furjeß leben, fo »tef igr fonnt tgr merbef biefeö geroig roünfcgen, wenn einer »on eud) im ©ars ge fiegt aber alßbenn ifl es ju fpdt unb feiner wirb ben Zubern aus bem ©rabe geraußmet'a nen. 0 bag bed) baß Q3anb, momit uns bis 37atur unb greunbfefjaft »erfnupft , burd) nidjtß, alß burd) ben $ob griffen rnerben mod)fc ! $d) n>un* fd;e nid)fß megr, als ba§ igr affe in folcgen gdußfi* eben ^erbinbungen bie jdrtfidje lie6e unb Buneigung bemeifen megef, roefd)e bie Oiufjj gegen bie «fiaemi in biefen Porten dujjert: JUbe mit nid?t barem, tet) bi d? vetlaffen feilte* Wo bu^inge^efj, will auch l;tnc{ci;en ; wo btt bleibefi, b<* bleibe idy and), £>em r>ol£ ijt mein r>olfc, unb bein (Bott if? mein (Bott* Wo bu fitrbfi, (tetbe icb aud; , ba will id; aud; begrabet!

werben* *Der (tob mu)* nueb unb bicb febet* ben *)♦

'■•) ftutf) i, 1 6, if,

SivtiiK iMü, _

290

93on Den ^flidjten

©nbfid) feilen wir unß Daß leben unb (£nbc felig Derflorbener (Sfjrijlen jum üOlujler tjorfefeen. Güß wäre ju rounfdjen, bah alle ÜSerftorbenc ein guteß leben ge# fu^rt unb einen guten Dladjrufjm l^intcrlajfen Ratten. Tiber gab unter ihnen bod) aud) fo manchen ©ott# lofen, weld)er offenbar ein fd)lcd)teß leben führte, fo mand)en SGßollufligen, ©einigen, ©toljen, Oiach# füd)tigen, fo manchen eitlen SCßeltmenfchen , ber me# nig an ©ott, £ob unb ©roigfeit badjte. Diefe flehen nun bor ihrem ü?id)fer unb ifi unfer ISeruf nid)f, über fte ein Urtheil ju fallen. 3>nn mer bifl bu , bah bu einen fremben ^nedjt richtejl? (fr flehet ober fallt feinem Jperrn. Cüßir haben hierbei) bloß ba> hin &u feiert , bah noir foldje lafler Dermeiben, welche nid;tß anbeiß alß ein trauriges ©d)id'fal nach fid) $ie* hen fonnen. ©enn mie ber T3aum fallt, fo bleibt er liegen. Tiber frommer 0)riflen 523ilb unb QBanbel muffe unß fletß Dorfchweben ! 91od) oft mellen mir unß an bie gottfeligen ©efprdche erinnern, bie fte fuhr# fen, an bie Tugenben bie fle übten, an ben Troff, ben fle unß gaben, an baß Diele Oute, welches mir in ihrer $>erbinbung genoffen X>enn fo leben fte ge# mifferntafjen noch für unß auch in ihrem Tobe fort. €ß ifl nur ihr flerblidjer ‘Sh6*1/ welcher unß entriffen wirb ; ihr ©eifl bleibt nod) in TJerbinbung mit bem unfrigen, unb manbeln mir ihnen nad), fo werben mir aud) ihrer ijerrlichfeit thei(f)aftig werben. XüOas fxe waren, finb wir; tvao fte ftnb, muffln wir werben!

3f)t werbet nun erwarten, meine ©eliebten, baff id; etmaß Don bem 33erjlorbencn fage, meld;er bie

3} er#

gegen Me fBevflpvbemn. 29 t

Veranlagung ju biefer fPrebigf gegeben [jat. Tiber id; fann tiefe Erwartung nid)t befriedigen 7 weil id; glaube, bafj man rr>eber Den einer Iebenbigen nod) tobten <Perfön ein Uttfjeii fallen muffe, we(d;e matt nidjt genau gefannt hat. £)ie lcid;enprebigten flnb überhaupt in ben Vcrbacbt gefommen, bah fTe lob# teben ober wohl gar iugenreben wären, weil eg nicht felren gcfd;e^en fjl, bafj auch wohl folcbe <Perfonett, meld;e eg burd; il;r leben nid;t Perbienfen, nach ihrem Sobe febr erbeben unb gelobt , unb feltg, tvstyfet lig, l;od)fclig, ^ocfcftfelig gcpriejen worben find. Tiber eine |o(d;e heilige ©tdtte, wie tiefe ifl, bon wel# cber herab man bfo6 bie ©timme ber Wahrheit er# fd)aüen hören foll, mufj weber burcb übertriebenes lob , nod; burcb unbefugten Sabel entweihet werben. S)enn eg ifl nicht nur unanflanbig, fonbernaueb funb# lieb, menn wir Äurjflcbfige ung bag Diecbt heraugneh# men, welcbeg boeb nur bein JHwiffenben gehört, nach eignem ©utbunfen ober ^artheplicbfeit bag Urr^etf ber ©eligfeit ober Verbanimnifj über unfere Dieben# menfeben unb 3Jiitfunber augjufprecben. orgje öber wäre eg $u wimfeben, bah alle biejenigen, wef» eben leicbenprebigten geholten werben, folcbe wurbige, folcbe Porjuglid; gute 9Jlenfd;en waren, beren (£rem# pel Perbiente, Tlnbern alö üOlufler ber 91ad;a()mung Porgejlellt ju werben! $>enn nid)t bie Sobfen, fon# bern bie iebenbigen foüen baoon Dlul^en hoben. $ßenn ich baher ben Verdorbenen auch näher gefannt hättet fo würbe irf? bod; wenig auffer bem (jinjufef^en , was ou5 bem Inhalte tiefes Vortragg felbfl erhellt. Dlur fo Picl weih Id; oon ihm ju fagen, bafj er, wie wir

S a alle.

2£*

93eti t)cn ^3flic^tcn

alle, alß ^remblin^ in biefe große ©fabt fam, bag er, roie bie £Belt ju reben pflegt , fein ©lücf machte, baß er feine Familie ncd) (jeranroadjfen faß unb uer» forgte, baß er in feinem Sejtamenfe bie armen Äinber unferer ©djule bebaute, unb jugleid) Derorbnefe, bafj ißm eine Seidjenprebigt gehalten werben mochte, ^d) wünfd;e ißrn baßjenige, maß Q3auluß beni DnefTpßoro ^ unb feinem Tarife wünfd)te : iDet -&ett gebe ibrti, fcaf et 3atml)et3tgbeic fiiibe bcy öcm ^cmt an jenem (läge *). £>er ©ott allcß profus be* ruhige baß Jperj ber nacßgelaffenen £>erwanbten über biefen lobten , unb füßre fie inßgcfammt auf guten unb feligen 26egen burd) biefe QBelf / bcmit ße nad) woßfoollbracßfer iebenßjcit an ben Drt fommen, mo feine Trennung, fein $ob, feine ©ünbe unb feine SSerbammniß iß.

3ßr aber alle, geliebten 3ufjorer, frellet eud) ben ©ebanfen eureß eignen £obeß recht lebhaft tor. £)enn maß feßc jtf)? ©rep kießen unb Sraueroer* fammlungen auf einmal? 3Daß follfe unß bod> raoßl crfd>üttern* ^Diefe fo allgemein ßerrfdjenbe ©terb* Iicßfeit feilte unß boeß woßl erinnern, wie halb audj unfere ©tunbe fommen fonne. Jpeute mir, morgen bir. $Baßrlicß, nidjtß gemeiner alß ßerben, unb gleicßwol benfen bie meßreßen fo ungern, fo fels ten baran. ßabt gewiß alle ben SH'unfcß/ baß ißr einmal felig flerben unb in ben Jjjimmel fommen mbgef. SIBoßlan, leget feßon jejt einen guten ©runb baju, 23efeßret eueß ton J£>er$en ju ©ott; bittet

ißn

•) 2 $im. i , 1 8.

ö^en ine Oßcrffarbmett. 293

ifrn um ©nabe unb Vergebung, aber auch um ben ©ei^ ber Heiligung unb ber Sreue biß anß ©nbe. %'anbe(t nad) ^efu grifft @inn unb ^eifpiefe auf bem VSege ber magren ©ottfeiigfeit unb £ugenb; er# füllt rebiidj eure Siebten, macbefeuer furjeß iebert einer gefegnefen Vorbereitung auf bie ©rcigfeif. 'Hlßbenn fomme euer ©nbe, wie/ too unb roenn roof» (e, ifjr roerbet nicht t>or bem Sobe jittern, fonbern t£n alß euren bejlen greunb anfe^en, roelcber euch auß einer SßSeff »oll ©unbe unb ©ienb ^um befjern Ut ben, jum Fimmel, *u ©ott fu§rf.

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Sieb*

294 fcen ©ünben fccr $?enf$en

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©tcb3c^ntc ptcbtgt*

23on fcen ©ünben ber OTenfcftcn nad& tl)rctn Xobc.

V_yotf, bu atterljeiligfleg ‘JBefen, bu liebeft unb 6e* lo^neft bas @ufe, bu l)afiefl unb beflrafefl bnö $3bfe. £>u bift nicbf ein ©oft, bem gottloö IXBefen gefallt, wer bbfe ifi, bleibt nicht bor bir. dürfen wir aud) unfere Spev^n, .ftänbe unb Tlugen ju bir auffjeben, of)ne fdjamrotb ju werben , oljne ju Jittern? 3ßir ftnb baju bon bir gefdiaffen, ba§ wir bid) etfennen unb lieben, bafj wir alle unfere Prüfte ju beiner (Jljre, ju unfrer eiqnen wahren Wohlfahrt, unb jutn 53eflenunfei rer ^innenfdKn auebilben unb anwenben fetten, ilnfer Hßanbel fottwie unfrr^>erj bor bir unb 5J?enfd)en rein unb unflrdfiid) fetjn. $ßir fotten im leben fo biel @u* feö ftiften, alö wir bannen, bamit wir aud) im ‘Jobe «inen guten D7nd)ruf)m funterlaffen, unb bamit unfer Tlnbenfen nod) bei) ber fftad)bommenfd)aft gefegnet unb wof)ltf)äfig bleibe. Tiber wie fkfjer unb feicf)ffTn* nig finb bie 5J?eiflen unter uns! 5ßie biele ärgern, fränben unb beleidigen ifjre gfeid)jeitigen ?0tif menfd)eir in SCGorfen ober $anblunqen , auf eine feinere ober gröbere Tlrt! S£6ie biefe geben burd) if)r leben Tinflojj unbTlergernip, unb wie biele funbigen felbfl nod) nad)

ihrem

295

nadxtyrom $ofce.

ihrem £obe fort! konnte mol)l alles ba£, roaS aud) mir feit jeffer gebadet, gerebet, gefdjrieben, gefhan haben, ans £id)t Pommen ? Ä'ann es an jenem großen Sage beS SßeltgerichtS bePannt merben, oljne bajj mir im iid>tc bes Rimmels befdjamt tfnb bermirrt bafie^en?

Jje rr, mer Pann merPen, wie oft er fcpfe, ber= jei^e uns aud) bie berborgenen S'efjler! Vergieb uns aud) unfere unerPannfen ©unben. SCBenn alles, maS gefd)ief)et, feinen 3ufanimen()ang / unb feine unber* meiblid)en folgen haf: wirb jtd) gernif) aud) jebe ©ünbe, beren mir uns fd)ulbig gemad)t ^aben, fru* her ober fpäter an uns räd)cn. D bu 33armher$iger, ber bu alles regier jP, mir bemufhigen uns bor bir, unb flehen bid) ^erjlicb an, bajj bie traurigen folgen unferer Vergeltungen , meldje mir bereuen, jtdj nicht bis in bie Riefen ber (JmigPeit erfprecfen mögen. V3ir leben, aber mir mijfen nicht, mie lange. VSir muf» fen flerben , aber mir miffen nicht, menn. Saturn lelpre bu uns bie große ^unfi: , fo ju leben, baß mir einmal getrofi in bie Vergangenheit jurucf unb in bie guPunft hineinblicfen Ponnen. VSeldjen'Srofi mirb bas uns auf bem ÄranPen^ unb ©terbebette geben, menn mir es uns beroufjt jtnb, bajj mir maljmenb unferer Purjen iebenstage biel ©uteS genojfen unb gelernt, aber auch biel©uteS gegiftet haben! Sfjue benn noch mehr an uns, als mir bitten unb berfPeljen pon* nen, bajj mir auch nod) in ber grdnjenlofen ©mig= feit recht biel ©Utes lernen, genießen unb fliften mo* gen. 3lmen.

$ 4

tejet:

596 QSon bcn (Bünden fcct4 Sflenfdjen

Jejt: i Jim. 5, 22.

?Dtoc§ß bid) aud) nicfjt tfjei^flfttö fremfcet <0unt>en.

©td? frcmbet ©üttbcn t^eilfrafttcj tttct*

c^ert tiefer TluSbtucf $eigt an, meine 3u()orer, bafc t>ic 0d)ulb folcher 0unben, roelcbe anbece ?Jien= fchen begehen, aud) ouf uns rufje, roenn mir ifjnctt $23eran(af[ung baju gaben unb bie Urfadje ba^u rcur* ben, unb ba£ mir olfo habet) eben fo ftraföar ftnb, als roenn mir biefe 0unben in eigner ^erfon gerann gärten, ^reilid; gereichet es biefen ‘X^ccful^ttett fei# «er Qrntfcbulbigung, menn fte rorroenben, bah ftc ba* ju »on anbern »erfeitet morben finb, unb if;r miffet aus ber uralten (Jr^afjlung nont ^a(l ber ctften SD^en* fd)en, mie menig f>alf, bah ber ^bam bie 0d)ulb auf bie Qua, unb biefe auf bie 0d)lange fdjob benn (Te (jatten nicht burd) bie fd)mcid)clnbe $3egierbe bie Vernunft ubertduben, unb ftd> »erfuhren fajfert füllen : aber ber XDerfül^rer barf ficf> boeb nicht 6e= fd)roeren, roenn er einen ‘Jfjetl ber rool)ftterbicntcn ©träfe fo(d)er burd) if)n beranlafjtcn ©fmben gemein« fd)aft!id) tragen muh. 2Bir machen un$ aber auf mancherlei) 2Beife frember ©unben t^cif^aftig / menn mir nem(id) anbern efroaS 23bfctf befehlen, menn mir fle babei) mit unferm Diatl), 2(nfel)n unb (Sinflufj unferfUiljcn, menn mir baö 23ofe gut het§en, (oben, billigen, unb es nid)f (u'nbetn, ober menn mir ba* ju fdjroeigon, inSbefenbcre aber, menn mir anbere burd; unfer betragen unb Sdeifptcl jur©unbe reifen.

Saftet

297

nadfj ihrem

laffet unö biefeö burd) einige Säüc int gemeinen leben erläutern. Dbrigfctten finb baju ba , 3tcri;f unb ©es ved;tigfeit ju hanbfjaben, unb bic Unfcrtl)anen ju befchü|en unb 511 beglucfen. @e|et aber ben galf, bah ein ober mehrere INegenten ein lanb burd; uner* fraglich« Auflagen, burd; wiberred;tliche SSefefjfe, burd; eigenmächtige ©raufamfeiten gebrüeft , augge» fogen unb geplagt haben, unb bie Unterthauen mer= ben baburd; peranlajjt, gefährliche Unruhen unblDieu* terepen anjufangen, unb Mittel ju ergreifen, bem Uebel abjuhelfen, weld)e baS lieber nur noch mehr Pergrofjcrn, wie es leiber in unfern Seifen in einem benachbarten lanbe gefchchcn ifl: wer fleht hier nicht, bah ßud) biejenigen fdjulb an fold;en Unorbnungett ftnb, melthe burd; eine beffere Verwaltung ber offents liehen Angelegenheiten unb ber Ovegierung folgen Ver< brechen fchon längfl hatten juPorfommen follen unb lonnen? 9>rebiger ftnb baju ba, -über ihre ©emein* ben 511 machen, unb burch Unterricht fcwol;l als burch ein gutes Veifpiel baS geiftliche 2ßof)l berfelben ju be* forbern, fte ftnb befonbers gehalten, burch ih>ren Wans bei ju jeigen, ba{j man baS, mag fte lehren, mirfl:d> tf)un fönne. @e|et aber ben gall, bah eine ©emeins be mit einem lef)rer gefiraft fep, weld;er felbfi nod> an ber (Erbe flebt, ba er boch ©eelen jum Jptmmel fuhren foü, weld;er fid; felbfi Pom Sßcltgeifi belferr» fd;en läfjt, pon weld;em er anbere abmahnt, meiner ©intrad)t in feinen 3Borten, aber 3wictrad;t in fei* nen ipanblungen empfiehlt, unb bafj alßbenn einige fd;wad)e ©eelcn irre werben, äf;nlid;e @unben bege* hen unb fid; bann bamit rcd;tfertigcn wollen, bah

'S 5 bod;

298 ^on ben @ünben bot4 Sftcnfdjen

bod) bamif nid)f fo oiel ju bebeuten §aben muffe, weil bod) Banner oon ©elef)rfamfeit unb 2lnfel)en eben baffelbe getlfan garten unb nod) träten; fagt felbft, fjanbelt {jier nid)t ber <prebiger ganj ber fei#

neß 2lmfeö entgegen? (Eltern finb baju ba, bafj fie iljre Äinber $u allem ©utcn erjief)en follen; geben fie ifjnen aber ein fd)lecl)teß 93eifpiel, laffen fie ihnen fd)led)te £)inge feljen ober ^oren, befehlen fie i^nen fogar baß $56fe : fo mad)en fie fidj ja offenbar bec 0unben if;rcr ^inber tljeilf)aftig. ,f?errfd)aften follen t>on if^ren >Dienftbofcn nid)tß oerlangen, alß maß ge« rcd)t unb billig ift; mutten fie if;nen aber T)inge ju, roeldje mit biefer ©credjttgfeit unb 35illigfcit, mit $reue, 9)tenfd)enliebe unb SCBafjrljafngfeit nid)t be« fielen fönnen, unb rfjun biefe eß: fo fielet ^ebermann leiebt, ba§ berjenige eben fo mol;l funbige, meld)er ben ungerechten i23efef)l. giebt, alß ber, melcber iljn oolljie^t. 2ö>ir ftnb alß <Sf)t*ifien oerbunben, unfern S5eleibigern ju oergeben. ?(ber fe^et , bafj ein folget Söelcibigter, meint er attberß toirflid) unb mit $3orfc$ beleibigt ift, nun fein 9icd)t auf baß fdjdrffte fucf>t, unb feinem Sftddjften felbft mit fcinbfeligen Torfen, ©eberben unb .Vjmnblungen begegnet, bafj er nun erft red)f aufjer aller Raffung fommt, in heftigen ge# ratl) unb toirflid) grober ^Befähigungen fd)ulbig toirb, beren er fiel) oorljer nid)t bemufjt toar: fagt, ift jener nid)t eben fo tabelnßmurbig, eben fo firafbar, alß bie« fer? $ßir ftnb oerbunben, baß Q3bfe bruberlid) ju be« ftrafen , meldjeß mir fefjen unb Ijoren , unb baß mit einer S3orfid)t, 23efd)eiben(jeit unb Älugfteit ju tfmn, mooon mir unß ben abgejmedten 9iu(^en bet- $3effe*

ruttg

299

tia# i^rcm $ot>e.

rang berfpredjen fonnen; ober wenn wir nun au« $Kenfchenfurd;t , bie ©unjl anberer nicht ju Derlieren, baju fdjroeigen, obgleich in unferer ©egenwarf bis gute Sache ber Oieligion, $ugenb unb Sittlichfeiü angegriffen wirb ; unb wenn bann bie Sunber in ify rer Q3oS(jeit gefidrft unb fiifwer werben foüfen : fagf, haben wir nicht an Sünben unb ^^orfKitcn berSOBelt $he,f genommen, weld^e wir haften Derminbern ober gdnj(id) Derf)üten fonnen? ?ß3ir fmb Derbunben, bett Eftothleibenben nach Vermögen beijufeehen. Ttber je* lief ben ^all, ein Tirmer fommf in feiner STofl) ju ei* nem Diesen , ber ihm wohl hälfe h^fen fonnen, ber ihn aber mit Unempftnblichfeit unb Verad)fung Don fuhflopt, unb ber bann in feiner Verzweiflung ent* weber fein leben burch fünblid;e Riffel Derlangert, ober geroaltthätigermeife Derfurjt. @r funbiget frei* lieh unb mufj bie Strafe feiner Sunbe fragen. 3>nn er hätte ber Vorfefjung Derfrauen, unb alle feine Ärdf< U aufbieten foüen, auf eine red;tmdfjige SCGeife in ei# nen beffern Sujlanb ju fommen. Tiber follte ber rei* cf)e ©eihhalö ganj ohne Schulb, ganj fret> Don ia* fiern fepn, bie er mit fo leid)ter 9ftul)e hätte Derl)in= bern fonnen? £Bir alle jtnb Derbunben, einanber ein gutes Veifpiel ju geben, unb uns jum ©Uten ju er» muntern, ©ewofmlitf) lajfen ftd) auch bie Üftenfdjen, fowohl junge als alte, mehr burch gute (Jjrempel, als burd) noch fo bortrefliche Siftenfpruche bilben unb leiten. Vielleicht wäre aud; biefer ober jener Sftenfd) wirflich nicht fo laflerf)aft geworben ; aber er fafje an» bere eben fo Ijanbeln, er ahmte ihnen nad); er iff al» lerbings ftrafbar: aber ifi es nidjt auch weld;er

ihn

300 ^on bcn ©unben bet4 SDtoifdjm

ihn baju burdj fein Q3eifpie[ Verleitet hat? $hr feljef, ©eliebte, roie roctt fleh bas ©ebiet unfetet Richten erflrecft; mie »icle ttrfadje mir §aben, megen unferer £>erbinbung mit anbcrn ’93ienfd)en alles 53ofe ju »er< meiben, roe(d)eö einen fd;dblichen ©nflujj auf fie nicht nur, fonbern aud? auf bie fpatefie 3ttachfommenfd;aft haben fcnnte.

7(uf eine ganj bcfonbere TCrf machen mir uns frember ©unben t^eil^aftig , menn mir ©unben in unferm leben begehen, melche noch in unb nad) un* ferm 'Sobe anbere SDlenfchen ins £>erberben fh'irjen fonnen. Unb barauf motten mir jcjt einmal ganj be« fonberS unfere Tfufmerffamfeit richten, ^ch funbfge eud) eine fe§r ernjle SSefrachrung über unerkannte, aber fchmere ©unben an , nem(id)

iiber t>ie ©unben bei* 3flcnfcf)en nacfj ihrem

Sobe,

tmb ich rechne baljm : funbliche Suffe unb Siuöfchroeia fungen; fünDlic^e ©rtuerbung unb dermal tung Seitlicher ©itter; fimbliche Slnflalten unb Q3cr= etbnungen; unb funbliche ©(Triften , ^cfinbun* gen unb Äunftroerfe*

^Cßcnn ich »on ©unben ber 9)lenfchen nach ify* rem ‘Sobe rebe: fo »erflehe ich barunter nid)f biejeni= gen, bcren fid} bie Q3erbammtcn felbfi nod) in eignet fPerfon fchuibig madjen. £)cnn bie Fertigkeiten, bie ber ÜDlenfd) fich h>ßr ermarb, bie ©emutljsarf, bie ihm hier eigen mürbe, nimmt er mit in bie ©migkeit hinüber. J£>at ber ©unber ftd? alfo. »or feinem Sobe

nicht

nadj ihrem £obe, 301

«idjf grünblich gebelfert; unb ftirbf er in tiefem un« befehlen Sühnte, fo begleitet if;n bnö ganje Jpeec feiner unorbentüdjen Regierten in jene SBeff ; er mir& jenen »ermorfenen ©eifern ähnlich, meldje Durch bie lange Hebung im ©ijnbigen fo fefjr im SBofeu »erbdr* Ut morben finb, bah fte fld) nicht me§r beffern fon* nen, unb aud} »on folgen ©lenben fann man fagen: mie fonnet iljr guteg (gun, ba i^r beö ©unbigeng ge« mofjnt feijb? £ann auch ein SOio^r feine »fpaut, ritt ieoparb feine glecfen dnbern? !£>enn menn fie nichts mehr ^ofes traten, fo horten fie auf Q3er« kämmte ju fepn. ©ie fahren aber in ihrem Unglau« fcen, in ihrer 2Biberfpenftig£eit unb Rebellion gegen ben ^mächtigen fort, unb biefeg ift bie Urfache ihrer S5erbammni§. Söenn eS auf bie ©nabe unb liebe beS ^ochfien anfommf, fo glaube ich, bah ken aller* größten ©ünbern, bah felbfc bem Teufel noch »erge* ben merben fonnte, menn fie ber Üveue unb 23efferung fähig mdren; ba mir aber nirgenbS lefen, bah irgenb ein SSerbammter begnabiget merben fep; fo folgt ba« raus, ba§ es algbenn, menn bie ^rufunggjeit »erfiof« fen ift, fmchftfcbmer, ja unnrnglid) fepn muffe, fleh ju beffern, unb $ur mähren (Jrfenntnih unb Heiligung ju gelangen. SfBag hilft auch eine fruchtlofe Oieue, menn habet? bie Bosheit bes Jperjeng fortbauerf? 2ßic fonnen es, fo mie in ber Sugcnb, alfo auch imlafier, fehr roeit bringen; fo meit, unb 0 baS ift ein fd?au* berhafter ©ebanfe, bah mir aud? nad? unfernt $obe fortfahren jufünbigen, unb alle Jjpofnung ber ©e« ligfeit »edieren, ©ne burd) eigne ©chulb »ermilber* te ©ede behält ihre fimblid;en Steigungen, mdd;e im*

mer

3^3 ^ßon Den ©ünben Der Sttenfdjen

wer heftiger werben, unb wirb ßd) baburd) felbß jut J&ofle.

©onbern id) rebe ßier Pen fofd)en©unben, wef# d)c bie ©ottfofen jwar noef) wdßrenb i^rer Sebensjeit cuf ber (£rbe trafen, welche aber nod) nad) ifjrem Stöbe feljr fcßdbficße folgen ßaben, unb woburd) Piefe onbere SÖienfcßen §u intern QBerberben geärgert unb »erfuhrt werben. ©enn wenn aües wie in ber Äor# per = fo aud) in ber ©eißer * S83eft in einem innigen ^ufammenßange fielet, wie immer ba etwas Porßer* geßenbes bie Urfacße $u etwas nadjfofgenben wirb : fo muß notßwenDig bas bofe iefcen eines s3ftenfd)en, wefd)eS im©ienße ber©unbe unb (Jiteffeit jugebradjt unb Perfd)wenbet worben iß, jumaf wenn es fange gebauert ßat, einen fe^r fcßablicßen Qüinßuß auf bas gemeine 5ßof)l duffem, unb ein ©ift fepn, bas im* mer weiter um ßd) greift, ein ßtnfraut, bas ßd) im< liier ßdrfer befaamet, ein ©cßaben, ber immer un» heilbarer wirb. 2lber es nießts ungered)tes ba» rinnen, baß einem fofdjen Saßerßaften aud) affe bie ©unben jugered;net werben, wefdje biejenigen tßun, wcfd)e burd) ißn baju Perleitet worben ßnb. Unb ju foldjen ©imben ber 9Jtenfd)en nad) ißrem Stöbe reeßne id) juerß fünDlicfye JLufle unD Sfuefctyttwifungm, weld)en ßd) fo oiele ergeben, unb woburd) ße nid)t nur ißre ieibeS*unb ©eefenfrdfte jerßoren, fonbertt aud) Onbern fdjaben* ©er Sß?enfd) feßabet bureß fof# d)e©unben freilid) jundeßß unb ammeißen ßcß felbß; er oerbunfelt bas iid)t feines QSerßanbes; er Per* feßfimmert fein Jjerj; er raubt ßd) bie greißeit feines ©eißes; er befeßwert fein ©ewiffen; er feßwdeßt feine

- f&r#

nadj ihrem $ot sc. goj

fbrpcrlid)en Kräfte, unb ftnPt bieüeidjf frußjeitig in« ©rab, wie eine S3lutf)e bom ©türm abgefdjuttefc wirb, efje fte jur^tucbC fid) entwicfeln unb reifen Pann. 2lllein ber ©d)abe, weld)er baraus für baS gemeine SSSefen entfielet, eben fo beträchtlich. 3}enn ^e* ber bon uns ba, beredt einmal in einem nufyt lieben Berufe mit unfern Äräften ju bienen* £)eC ^ungüng füll fid) barauf borbereiten, baß er bereinß als $5?ann auf ber ©teile, bie tl;m bie 2>orfe(jung anweifen wirb, feine Pflichten reblid) erfüllen unb bie häusliche ©lucffeligPeit genießen foü. SBirb er bie= fes Pannen, wenn er feine beften Grafte in ben Firmen ber 2Goüuß berfd)wenbet §at? $8irb er auch ben (gi= fer, ben Üftufb, bie ©tärPe haben , welche baju ge* f)6rt, febroere «Pßicbten ju erfüllen, aud) harte @d;icf# fale ju ertragen? Sßßirb nid)t baS ©efußl feiner ge* fd)wädjten Grafte ifyn mit geheimen Söorwurfen qua» len? ÜGirb nid)t baS biele berfäumte ©ute, bas er hafte berrid)ten Pannen, auf feine Dvedmunggefcbrieben werben muffen? D gewiß, wer als Jüngling ein auS< febweifenber SEBoüußling war, wirb als 5D?ann Peitt redjf brauchbares wurbiges TOglieb ber ®efellfd)afe werben Pannen. 2ßer ben gruhling feiner ^afjre ber j fdfwenbet, bem gefd)ief)ct ganj reebt, wenn er itn Sßinter barben muß ; unb wer habet) auch Untere bes leibiget, gcfrdnPt, berfußrt, unglücflid)‘gemad)f ßaf, bem werben bie SDicnfdjcn ned) in feinem Filter, nod) nad) feinem $obe ßud)en. fajfet mid> biefeS auf einen ganj befonbern 0aü anwenben, wefdjer nichts unge< w6ßnlid)es iß, (£s giebt foldie, weld)e nid)f fid) in bie bon Öott gemad^te Orbmmg bequemen, fonbern

außer

304 Qßon ticn ©ütiben Der SRtnföm

äuffer ber ihre lüfte beliebigen wollen, unb beßwegen einer Diefjifdjcn ^ügelloftgfeit baf)tn (eben, ober ein grauenjimmer unter ben heiltgften 23erfpre* d)ungen bei’ ©he »erfuhren, bie fe bed) ^ernad) ge* tDiffenloß breebett, ober aud) eine fogenannte ©ewif* fenS»^§c fdjliefjen unb im concubinat leben. "Jlbee wie t>ie(cr fremben ©ünben machen ftd) folcfe tl;ei(* (>affig! 5Gic roirb bie tlnglücflidje über ben feufjen, we{d)cr ihr mit ihrer itnfd)u[b unb ‘Stigenb jugleidj ihre Oiube unb ©lüdfeligfeit raubte! Serben nid)f bie unef^lid)cn Kinber, wcld)c gemeiniglich fehlest er* gegen unb Dieter 3ied)te unb &>orjüge oet tuflig werben, bem nod) im ©rabe fluchen, ber ii;nen ein elcnbeß lüa* fcpn gab, unb bod) alß ihren SSater fld> erfldren fid) fd)dntcn mufjte? ber unbarmherzig fte einfam unb »edaffert in ber £Belt herumirren lief ? ja ber felbft feine nädjften SMutßfreunbe unb armen 9jerwanbfe, rocldje etwaß Den i^m ju er6cn ^ofeen , tn ben tDof* luftigen Ernten einer feiten unb lüberlid)en £>eli(a Der* ga§, wekfye ihn gu befinden unb baß ©einige mifiift ganz an ftd) ju retten wufjte? ©enug fpierDon. 3he fehet, wie notfjwenbig fet), bafj wir bet) (*hcn un$ and) ben ©efeljen beß lanbeß unb ber äußerlichen Orb« nung mit priefterlid)er Kopulation unterwerfen, unb überhaupt unfer ganjeß Verhalten nad) ben 33orfchrif* ten ber $3ernimft unb ^Religion einrichten, bamit wir nid)t nod) nad) unferm *£obe fünbigen. 21ber wofj/ bem, ber fiel) ber SOtäfrgfcit unb Keufchheit befleiß/* get, weld)er in einer woblDollbradKen 3ultenb ben ©runb ju einem frohen "Kiter legt, we(d)er alß^Jtann fein ?fmt mit SÜluntedeit unb Dmfcen erfüllt, fein«

Kinber

nach ifjcem §obe. 305

Äinber ju affem ©1 ifen erziehet, unb fo nicht nur fe(b(l glucffid) ift, fonbern auch glücffich macht. (Jr wirb Tlnfefren, 6egen unb <2!fjre in bet* Sßeit fjaben; ec tvirb ber Vegiücfer feiner gflmiiie, ber $ßof)(tfjdfec feiner »bürget werben; er, biefer ehrwürbige»nn, ©atte, Vater unb greunb, witb in feinen ©o(jnett fortieben, bie er $um Stuben ber .Kirche ober beß ge* weinen: ©Sefenß erjog; man wirb, wenn er fiirbf, fei. ne 'Hfche mit banfbaren fronen benefjen; unb ferne ©efdjfecbter werben noch fein 2inbenfen fegnen. 5ßofe Jet i£r biefer (Jfire unb ©lütffeiigfeit tfyeitfraftig wer* ben, meine trüber, fo fepb mafjig im ©enujj bei fTnnlicfjcn Vergnügens; fo entsaftet euch ber fleifdjli* d}en lüfte, weiche wiber bie @eele firciten, fo bege* bet euch felbjt ©otf ju einem Opfer, bas ifjm wo^f* gefällig unb (jeilig fep, unb macht euch in eurem le* ben um eure »menfehen oerbient, bamit man bet) eurem Sobe (ich nicht freue, fonbern ^eber fagert müjfe: „0 lebte ©r noch! ber Diechtfchaffene! bet Verbienjtoolle!“

3U ben ©ünben ber »nfdjen nach ihrem $o* be rechne ich fluch eine juttölid;e (ßrwerbuug imt> Verwaltung 3eitlicfeer (Bütet. ©elb unb ©ut, unb überhaupt bas, was man irDifdjes ©lücf nennt, $Af einen großen SÜSertf), wenn man es red)tmd{jig erwirbt, unb d>rifHicf> gebraucht. »n fann baburcf) nicht nur währenb feines iebenS, fonbern auch mich feinem ^obe fe^i- Diel ©uteS tljun. dber wie oft gerei* (hetes aud; benSftcnfchen jum §a(ifiricf unb Verber* ben , wenn fic bet) ber Erwerbung $eitlid)er ©üter (ich ©eih unb #abfucht rerbienben unb (eiten liefen, wenn Sncittr n

30 6 <Von ten ©unten ber Sföenfdjen

fie bie ©efuf)le beö Üftitleibß unb ber SÜftenfchfjeit un» terbrucften, wenn fte «u ungerechten Mitteln i^rc 3u# flucht nahmen, iljr ©uf ju vergrößern, unb um einet Jpanb voll ©ofbeß willen , nicht nur i^re beflc lebend jeit in rafllofer Unruhe jubrad)ten unb ©efunbhcit unb ieben aufopferten, fonbern auch barüber ©eroijfen, «Religion unb <£wigfcit vergaßen! 3Bie arm, wie elenb unb unglucflid) ifl ber ‘SRenfcf), ber fein hbf)ereö ©uf, alß feine irbifd)en ©chähe fcr.nt, unb an beffen jufam= mengehauften Vermögen ber faure @d)Weiß beß un= belohnten Tlrbeiterß, bie ber unterbrüeften

£ßittwe unb VSaife, unb baß Voef) beß beraubten 9?e< benmenfehen hängt! Tiber wenn auch jeitlidje ©ütet auf baß rcchtmäßigjle erworben finb , fo bleiben fTc hoch nid)tß weiter alß ein tobfer ©ofce, wenn fie nid)C vernünftig unb d)rifllid) verwaltet unb gebraucht wer# ben. ifl eine walpre Vcrblenbung beß Verftanbeß unb Vereitelung beß ^)erjcnß, wenn ein «Bicnfch feine eblere ‘Sriebfeber feiner <S()dtigfeit, feinen großem Ovubm fennt, alß biefen, baß man nad) feinem *£0* be fagen foll, baß er felfr reich geworben fei? , unb großeß Vermögen hinterlaffen hab^ <£>tmerlaf* jert benn waß bleibt bem Reichen im $obe felbfl übrig, alß ein @terbefleib unb ein ©arg? 0 wenn bod) lieber hieße, baß er ali ein fluger Jjjaußfjafc ter fchon bet) ieb$eiten auf eine eble menfdjenfreunb* liehe Tlrt gebraud)t, unb nach feinem $obe recht viel bamit ju nu£en gefud)t f;abe ! Tiber wie pflegt al# ler Erfahrung nad) bamit in ber 2Belt ju ergeben? $ftan häuft ©d)älje auf, bamit lad)enbe (Jrben et wo* haben, ihre <£itelfeit unb SQoollüfle ju nähren; bie

Väter

nach ifjrcm 307

fammeln, bamif fd)ledjf erjogene ©ohne unb Süd)fer es mietet* jerflreuen fonnen; jene ergeben j!d) bem ©ei^, unb tiefe beni Müßiggänge unb ber 33er* fd)wenbung. Man f>aC ein ©prüchwort, welkes burch bie Erfahrung betätigt wirb, baß nämlich unreifes ©ut nicht an ben britten ©rben fomme. tiefes ifl ober aud) oft ber galt mit bem rechtmäßigen ©ute, welches ein Vater burd) feinen gleiß jufammenbratf)* te, welches aber feine leicßf finnigen ©eben im ^urjett wieber burcb&rmgen. QBo^f bem Manne, ber mit feinem Ueberßufle feine bürftigen MitbruDer beglücff ; ber fich mit bem eitlen Mammon recht Diele greunbe macht; ber feine jeitlidjen Angelegenheiten mit Ver* tiunft unb Menfd)en(iebe in Orbnung bringt , bamiC nicht nach feinem SobeBanf unb ©freit übet bie ©rb* fthaft entfielet; welker aud) in feinen Vermächtnif* fen bie Armen, bie Kirchen unb ©d)ulen bebenfef, unb einen ©aamen ausßreuet, welcher ncd) nad) fei« nem Söbe $um 9?u|en ber Sßelt unb ber ßeranwach« fenben !>genb bie reicf)lid)ten grüchte trägt, ©ei« ©ebächtniß wirb nicht wie fein ©taub im ©rabe, fe£e halb »ermobern, fonbern wie fein unterbliebet ©eijt, fortbauern.

3U ben ©ünben ber Menfcßen nad) ihrem $obe rechne ich ferner fünfcltd)e Anwälten unt X>erort# Hungert, welche nicht abgefiellt werben, fonbern burd) bie Verjährung ein gewiffes Anfetjen erhalten, unb bat butch nur beßo mehr fdjaben. tiefes foütert insbe* fonbere Ovegenten unb obrigfeitlidje «Perfonen beben* fen, bamit fte bie ©ewalt, welche fie über anbete ha* ben, nicht baju mißbraud)en, Mißbräuche }u bulben.

308 Sßen t>en ©ünben ber fünften

ober felbft folefoe ©efelse unb öcrorbnungen i^ren Un* tertlmncn Porfd)retben, roeld)e miber SSernutift unb Dieligion, roibcr greiljeit, Drbnung unb iSilligfcit greifen. Erinnert cud) nur, was nach bem £cbe bcö 0alomo gefebafj. üieljabeam, fein Sftadjfolger, rcur< be t>on bem 53olfe gebeten, ifpni baß 3°d) leidster ju mnd)en^ n>eld)e6 fein SQater aufgelegt f^atte. (Er frug crfl bie alten ^inifler um Diatl)/ ma$ er tun füllte, unb jie antworteten i£m: wirft bu fjeute biefem $3olf? einen 'Dienft t^un, unb iljncn ju 2ßillen fcpn, unb ftc erkoren, unb iljncn gute 2Gorte geben: fo werben fie bir untertänig fcpn bein iebenlang. (Er fragte aber auri) bie jungen 0taatsleute um Üiatfj, weld)e mit i£m aufgemadjfen waren, unb biefe rieten i(jm 511 ber ftrengen Antwort: $ftein 53ater Ijat cud) mit 93eitfd)eu ge<jüdjfigef , id) tuiü eud) mit 0corpionen 5iid)tigcn. Der (Erfolg mar, baf? jef)n 0tdmme abjtelen, unb fief) ben ^erobeam gum Äonig rodelten, melier (Id) 5U iljrem £)berl)aupfe aufgeworfen Ijatte. 2(bcr aud) biefer lief? ftd; eine falfcfje 0taat6flugfjeit perleiten, ben eingefufwten ©otteßbienft ju uerdnbern, unb il)n mit bem ©ofpenbtenfte ju öermifdjen, weld)en er in ben beiben ©rdnjftabten beß Dieidjß, 53et^e( unb X)an ftiftete. £>ie ganje 9Rad)fommenfcbaft wurs be f)ierburd) jur Abgötterei) Perfüljrt, unb bafur be» (traft. 'Ser dperr, (jeifjt eß, wirb 3fcael uberge* ben um bet ©unbe wiUen 3ctc>keam6, ^ec *><x gefünbiget tyat, unb \)at jftael fünbigen ge* macht 3- ■Ö'cfcS gefd)iet)et benn immer nod) fefjr F)dufig in ber 2ßelf, baf? ein SJienfd; nid;t nur felbfl

funbt#

*) 1 Äon. 14, 16.

na$ üwm $obe. 309

fünbiget, fonbern auch anbere für.bigen macht. SOßie vieler 0ünben unb ©raufamfeiten, $um 33eifpiel, £>a* ben fleh biejenigen theilljaftig gemacht, roeIcf>c ben ef)e* lofen 0tanb ber ©eiftlichfeit, unb baß Ungeheuer beß ^nqviifittonögcrid^tö eingefüfjrt fjaben ! €Q5ic oft macht ein tprannifeber ^>err ober Qübelmann eine £>erotbnung, rodele jur Unterbringung ber armen Untertanen gereicht! 0eine Sftachfofger rooüen ftd), rote fle nennen, if)r SKecht nicht nehmen (affen, be» rufen fleh auf baß #erfommen unb bie alten Seifen, unb fo muffen benn bie ©ebrüeften baß 3<>ch fo lange (ragen, biß fic unter bemfelben erliegen, ober mit ©eroalttfjdtigfeit abjufchüfteln genotfjiget roerben, 583er fann rechtfertigen, bajj fogar bon chrifllicbett ©efe|gebern unb Dbrigfeiten bie ieibeigenfehaft unb bet @clat>enf)anbe( unter öffentlichem 'Xnfeljen gebillt* get unb beforbert roirb“? 503er fann rechtfertigen, baß fo manche verjährte Söorurt^cile, fo manche ein* gerourjelfe Mißbrauche , fo manche alberne ©eroofjn* feiten, fo manche elenbe ©efeße unb jur 0ünbe ber= leitenbe tfnftalten unb 23erorbnungen öffentlich gebul* bet roerben? 583of)l bem fcanbe, roo nichtß alß gute unb ^citfattie ©efefcc gelten ; roo bie menfehlichen ©e* fefje nicht ben göttlichen roiberfpredjen ; roo ber $6* nig, ber Jurfl, ber Regent, alß erfler Wiener beß 0faatß, feine Pflicht erfüllt, unb feine Oiechte nicht mißbraucht; roo man fleh nicht mit blinbem @ifer für baß 2llte, neuern unb beffern 23erorbnungen roiber* fejt ; roo aQeß auf bie 53eforberung ber allgemeinen SCBohlfahrt abgefeßen ifl ! Unb gefegnet fep baß Um benfen beß Manneß, welcher burch feine SÖJeißlpeit

U 3 unb

5 x o Sßon ben ©imben ber Stafdjctt

unb burch fein 'Htife^cn folche Einrichtungen im ©taa* te unb $Micet)mefen, in ber ^rjic^ung, in ber 33er< maltung ber ©erechtigfeif , in Dieligionsfachen macht, moburch recht bielc 9ftenfchen in allen künftigen 3ei= ten beglucft merbenl

Enbiich rechne ich auch ju ben©unben bergen« fchen nach i^rem Sobe junbltcbe ©ebnften, (Er* firrtuittgcn, unb Runfirocrte» 3Sir leben aller# bingö in aufgefldrten Seiten ; eS ifl jejt für unfere Q5eburfnif[e, für unfere 33equemlid)feit unb 93er= gnugen meit beffer geforgt, alö in ber Äinb^eif bet SQSelf, ober in ben DJlitteljeiten ber Barbaren; $uns fte unb SBijfenfchaften haben eine fchr ©tufe ber SJollfommenheit erfliegen, unb fclbft in ber Dieligiott ijl ein gröberes ficht angejimbet morben. 3lber cS ifl aud) nid)t ju leugnen, bah ber menfchliche 5Bih unb Erfcnbungögeifl nicht immer auf bie ebelften ©egen# flänbe gerichtet, fonbern fefjr oft jur ©ünbe unb Ei# telfeit gcmifjbraudjt morben ijl. Die eble 53uchbru# cferfunfl mar jmar ein herrliches Mittel, bem DJeiche beS^rrthumS unb^lberglaubenöTlbbrud) ju thun, unb bas Dleid) ber Wahrheit ju ermeitern, 33efonber$ fonnten baburch &u Seiten ber Deformation bie lieber# fe^iingen ber s2Mbe( unb anbere ©driften Diel fchnel# ler unb leichter in allen fanbern ausgebreifef merben, bah bie «Jftenfchen in ben ©tanb gefejf mürben, felb|t ju lefen, fclbft ju benfen unb ju unterfudjen, wnb mit eignen Tlugen ju fehen. Es ijl alfo burd) 55ud)bru# cferfunfl unb ©chriftftellcrep t>iel ©Utes aber auch biel ^Öofes gegiftet morben. 26ie Diele ^Sucher finb in bieSÜBelt ausgegangen, morinnen bas fafeer auf bas

reijenbf

tiacb iljrgm 3t i

teijenbße auSgefdjniucff , ber ^rrt^um im gcfdfligßen liebte bargeßellt, bie üteligion perfpottet, SBolluß unb ©elbßmorb geprebigf, unD ber ©runö atfer ©itf* lidjfeit umgerijfen mirb! £ßie manches junge «£>er$ burd) bas iefen fdßedjter Diomane Perborben morben, moburcb permortene uberfpannte 33orßelIungen Pon bem laufe ber 2Be(t, unb heftige leibenfcbaften unb (^ntfcbliejjungen in iljm geroecft mürben Die 33erfaf« fer ßnb Pielieicbt fd;on tobt ; bie #anb, meldje bie geber führte, fangß Permobert; aber bas ©ift, tpe(d>eö aus iljr fto§ unb burd) ben Drucf Perbieu faltige mürbe, mirfet nodj fort, unb tobtet (Seelen, fo lange eine fold;e fcbänblidje @d>rift epißirf. Unb leiber merben foldje ©Triften aud) weit efyev gefugt unb mit feigerer SJegierbe oerfdßungen, als foldje, rnoburd) n unliebe (£rfenntni(j unb 2Baf)tf)eif, unb ©e* fufjl für ©ittlidtfeit unb Religion Perbreitet merben foll. Unter bie fcbdblicben (Erßnbungen ber neuem feiten geboren, befonbers biejenigen, woburd) bie Wenfdjen im Kriege jmar nach bet Äunß, aber auf eine recht febreef liebe ISBeife getobtet, ober perßummelt merben. Woge jebe febreef liebe Äunß/ Wenfcben &u martern, in bie JpöUe juriicf feeren, mo fle erfunben marb! SÖSir tobten einen Korber, unb jwar mitÜiecbf, benn baS leben eines Wenfcben, mit bem er freoelte, treuer geachtet in ben Tlugen beS @d)opferS, unb wer Wenfcbenbluf oergiefjt, bei 23lut fotl mieber bureb Wenfcben pergoffen merben. 7(ber mas moKeu mir benn ju einem Worbe fagen, moin einem unnötigen, Pielleidjt ungereimten Kriege nad) bem (Sigenßnn eines ^injiflen, ober SBeniger, oiele taufenbe auf bie jänt<

U 4 merlicbj

3 1 2 Sßon feen Junten fcet füienfchert

merlichfte “Kr: hingeepfert werben? 3$ roeijj <8/ 6er df>ri^ ift aud) ein guter Untertan, er achtet fein leben nicf>t , wenn ba$ SBofpl beö 5^>atcrlanbe6 Per* langt; aber er jie^et fein ©cbwerb nicht anberS, als wenn er angegriffen wirb, um fidj ju pertf)eibigen. ©ogenannte Dffenflp; Kriege fonnen nicht mit bem <£f)riftentf>ume befteljen, unb wehe benen, welche, um bie©unft ber ©rofjen ju erbetteln, 3ftarter = unb^ob« tungswerfjeuge ber 9SKenfd)heif erfunben! Sßelch ein ©eriebt wirb über bic ergehen, welche 9D?enfchenbluC ftromweis Pergeffen haben ! £>aö gilt benn enblid) auch Pon allen folchen Äunjtwerfen überhaupt, wo* 6urd; nichts ©ufes, fonbern Sofes im menfdjlichett ©efd;Ied)te geftiftet wirb. berefjre bie Äunft,

wenn fic eine Wienerin ber Oieligion unb Sugenb ift: wenn tfc ben ©efehmaef am 5ßaf>ren , ©ufen , ©cho» jien unb (Eblen perfeinert. Tiber fljnn benn bas jene wolluftafhmenbe ©emdlbc, Äupferftiche, Silber unb ©tatüen, welche ein geheimes ©ift auf ben hauchen, ber mit feinen Slicf'en auf ihnen Perweilet? SOSirb ber Zünftler fld> auch nod) im $obe unb jenfeit be$ ©rabes feiner SBerfe freuen?

£>iefes fep genug Pon biefer wichtigen piel um* fajfenben Materie. (Erfennef benn heraus, meine greunbe, auf wie mannidjfaltige ftßeife ber SDtenfcfj nid;t nur in feinem leben, fonbern felbft nach feinem Sobe (ich Perfünbigen fonne. ©feilet eine unpar* thfP'fche Prüfung über euch fclbfl an, wie ihr bis Ijer eure Kräfte unb $u()igfeiten angewenbef habt, ob jum Iftuljen, ober jum ©chaben ber 5ßeft? ob jur Erbauung ober jum Tlergernif eurer 9?ebenmtnfd)en ?

Sebem

3*3

nadj i^cm $ot>e.

33ebenfef bod) bic Pflichten, bie ifjr euch nicf;t nur felbfl, Jonbern auch eurem 3eita(ter unb ber 91acb* fommenfdjafc fdjulbig fepb, unb bie $3erbinbung, in meieret: bie ©egenroart mit ber Bufunft, bie Bett mit ber <£migfcit, bie 2(usfaat mit ber £rnbfe fielet, ginbet if)r, bafl if)r es fd)on berfeljen ^abf , (leigen in euch bonge ^nbungen auf : fo überlast euch ber fjei(= famen 33efcbdmung, bie baraus entfielen mufl, unb nehmet eure 3uftucf;t ju ber 23armf)er$igfeit beS <£roi* gen, melier in feiner roeifen Regierung ber SOGelt bie traurigen golgen eures fd)(ed)fcn$$erfja(tens enttfcebec jum QSeflen (enfen, ober gdnjiicb auffleben fann. SS et Örebet euch aber aud), bie “ifufriebtigfeit eurer 9{eue ju bezeugen, unb baS roieber gut ju machen, was ifjr 236fes gefliftet hobt. SBenbet eure fc&ensjeit fo an, bafl if)r auch nach bem $obe nüfflicb roerbef. £)enn es ifl eben fo wahr, bafj ein SDlenfcb fleh unfletbiieb , un* enblicb Perbient machen fonne. £>ie guten feeren, bic er gab, bie Sugenben, bie er übte, bie nüfjücben 2(nflaften, bie er fliftete, unb insbefonbere baS febö* ne SSepfpief, bas er hinferiiefl o man roirb (Tdj noch oft baran erinnern, iljn noch oft bafür fegnen! Sffiie bie jarte ^flanje aisbenn erfl jum 35aum roirb unb ifjre gruebte tragt, wenn ber ©drtner, ber fic pflegte, Idngfl im ©d;oo§e ber <£rbe ruf)t: fo nuljen berbienflootle 3flenfcben oft noch am meiflen berDlacb* toelt nach ihrem Sobe ber fromme Später burd> feinen roohterjogenen @ofjn, ber Diegenf bureb feine SSerotbnungen, ber ©rflnber bureb feine Äunflroerfe, ber ©cbriftfleüer burd) feine Sucher, unb ber (E§rifl bureb fein SSeifpiel ! Speicher entjfnfenbe Auftritt roirb

U j eS

314 93on ton ©ünton tot Sftenföen k.

fetjn, wenn einmal an jenem großen 33erfamm* lungöfage ein ©eliger ftcb $u i(jm brängf, ifjm juruft: „TJanf bir für alle gute ©ebanfen unb ©mpfmbutt* „gen, bie bu in mir gemecft ©eniefje ber ©elig* „feit, bie bir bcin ©ott fcfcenft, benn bu fjajf fte um miä) perbient! $eil fep bir, benn bu Ijajf baö leben, „bie ©eele mir gerettet, bu! 0 ©ott, wie mu§ „baS ©luc? erfreun, berührter einer ©eele |et)n!u 5Diefe gro|je febone ?(u6jtd)t ermuntere unö benn, im* mer mit £iinftd)t auf baö Unftdnbare unb künftige wirffam ju fepn. d:in ^[eber hanbele nach bem £Ba()ii fpruc^ : jefe lebe für toe $£wig£eit.

2tcbt3e^nte prebigt«.

$ie 2f)iere al$ 2ef)rer Der aHenfc&em

'i-lllmddjtiger ©chopfer unb ^crr bcr SCßelf, beffcit (£&re t>ie Fimmel erjagen, unb pon beffen ©üte bie @rbe Poll iß, bu f;afl nid)t nur alles mit gro§er SDiadjt unb 2Beißheif gefdjaffen, fonbern bu erhältfl aud) a(< les mit beiner überall roirffamen $raft. Me fld)f= bare SBerfe ber ©chbpfung finb ein ©piegel beiner unfid)tbaren ©ottfjeit, finb Beugen beiner allmächtigen $anb, bie fie fd)uf unb erhalt, finb 33eireife beiner unbegreiflichen SBeiSheif, welche baS ©anje überfielt unb orbnef, finb ^Denfmaler beiner anbetungßroürbis gen ©üte, bie für alles, für baß kleine, fo wie für bas ©rofje forgt, 205er foüte bid) nicht ef>ren unb lieben, wer folltc bir nicht banfen, (jod/fies anbefungß# trürbigfleß 2Befen aller SBefen, Pon bem, unb $u bem alle 'Singe finb ?

^nßbefonbere f)aft bu bid) uns SDienfdjen in bei# uer herrlichen ©rofje unb in beiner wohltätigen Hebt offenbart. $60 follen wir anfangen, wo follen roir aufhoren, baßienige ju rühmen, maß bu an uns ab len gefhan h<t|i/ noch tfjuft, unb ewig fl)un willfl? £>u hafi uns eine pernünftige unb unterblieb? ©eele mitgetheilt, womit mir bid) crfenncn, unb aufetpig Pon einer ©tufe ber 23ollfommenheit jur anbern fort#

förch

3 1 6 £)te £fjierc aU Sc^rcc ber Sütoifdjen»

fchreiten follen ; bu baft uttö weit borjügltcher als bie $()iere bcs gelbes, unb nur etwas geringer, als bie <£nge( gemacht ; bu bisher baterlid) für alle unfe* re leiblichen unb geglichen ‘’-Öebmfnijfe geforgt, unb ben gvöfjten beweis beiner iiebe fjafi Du uns in ber (Senbung beines @o()neS gegeben. Sjm, was ifi bet SDienfdj , ba§ bu feiner gebenfeft, unb bas GKenfdjen# finb, bafj bu bid) feiner annimfl. Wir jinb feinet 5Bol)lfl)at werrl), bie bu uns fd)enleft, unb bu fafjreft gleichwol fort, uns wofjljutfjun. $£arinf)erjiger 33a* fer! lafj beine ©üte uns jur (Gegenliebe unb Danf* barfeit reifen. Tluf bid) wollen wir ferner in allen Gingen unfer finblicbes Vertrauen fe^en. Der bu Blumen fletbefl unb 33ögel erndfjreft, bu wirft ge* wi§ auch für uns, beine Äinber, forgen. J^ilf nur, gütigfter ©oft unb 33ater, baj} wir nid)fS benfen, veben unb tfjun, was bir mißfällig ift, fonbern un* »errüeft auf ^eiligen unb guten Wegen wanbeln. @o werben wir nicht nur je^f fchon jufricben unb fclig fetjn, fonbern uns auch für bie ganje ^ufunft bein göttliches Wohlgefallen berfpredjen fönnen.

Sert: £io b 12 , 7. 8.

grage boef) ba$ 33iefj, ba$ tt>irb t)tc$ö lehren, unb bie 336gel unter bem £immef, bie tuerben btrd fagen. Ober rebe mit ber ©rbe, bie mirb bicf)$ lehren, unb bie gifc^c im üQJcer roerben bire erjdfjlem

Äeine grage ijl fo wichtig/ als biefe: 06 ein ©otf {et?, unb ob ©ott für alles nod; forge, was et

©ie Spiere ö!ö Sehr« ber Sföenfdjen. g 17

gefcf;affen fratl Ob nun gleich baß £)afepn @otte$ unb feine über alles fTcf> erflrecfenbe SSorforge fo beut# lief; erliefen worben ijl, baß man glauben foüte, ein jeber vernünftige SOienfd; muffe fTd) bauen über« $eugen, fo giebf es bod; frier unb ba 33erblenbete unb iafterljafte, weld;e biefe wichtigen ießren in ßweifef jie§en, ober boeb fo leben, als wenn fie nichts bavon glaubten. Sollen ^f^oren fann man bie QBorfc .ßiobs jurufen; Jrage boeb bas 2>icf), bas wirb biebs lehren ; unb bie Q36gel unter bem Jj>immel, bie wer« ben birS fügen. Ober rebe mit ber (Jrbe, bie wirb biebs lehren, unb bie Sifdje im Sffteer werben birS er# jdhlen. #iob verweifet alfo hier bie Ungläubigen unb SroeijTer an bie Slwre, bah fte ficb von benfelben belehren laffen folfen. (£ben biefeS tlfat aueb unfer (Erlofer, wenn er jag^afte unb ungläubige ©emutßer, welche ftd; unnötigen unb angfflid;en Sorgen für bie 3ufunft überließen, auf baS aufmerffam machte, was täglich vor ihren klugen im 9tricf;e berSiatur gefebdhe. Sehet bie SSögel unter bem Fimmel, fdjauef bie filien unb Q3(utnen auf bem Selbe an, fpricbf er. Sie fonneti nicht felbß für ftd; forgen, unb bod; werben fte erfra(s ten. daraus feilen wir ben Sd;luß machen, baß ©otf, ber für bas ©eringereforgf, gewiß bas ©roßere nicht unbeforgt laffen werbe. 3a/ »ticinc Sreunbe, SSogel unb Blumen, ‘Sßiere unb ‘Pßanjen fonnen alfo gleicbfam unfere iebrer abgeben ; unb bie ganje Sftatur foü für uns eineSdjule ber Düligion unb Sit# tenleßre werben. Unfer Jpeilanb befd;aftigte ftd; über» ßaupt oft unb gern mit folcben ©egenftdnben; er bal;nte ftd; bep feinem himmlifchen Unterrichte burcf;

bie

320 ©ic $l)ißte al$ ^e^rcr bßr fD^cnfd^cn.

unb in bec Söotfotge beffcn, maö jur Erhaltung unb 2ßof;(fnrt^ i^treö ©efchlechtö gehört, eine ©efebief* lichfeit jeigen, meldje ben menfd)Iidjen 33erftanb in vielen fallen übcrfleigf : fo gefebiehet bod) baö alles nicht nadj einem uberbad;ten '})lan, fonbern nad; ei« nein blinben©to§e unb unmiberfkhlicben Triebe, mel» eben ber ©djopfer ihnen eingepflanjet hat. Tiber mie ferne mir an iljnen folcbe ©genfebaften, SBerfe unb Einrichtungen beinerfen , morauö mir ben ©d;öpfer unb unö felbft beffer fennen lernen, fonnen mir mof)( fagen, baf3 fic unfere lehrer jtnb, unb unö auf foldje @äl?e letten, meld)e unö ju miffen unb ju t§un no^ig jinb. Denn fonfl fonnen mir allerbingö fagen, bafj ©otf, unfer @d;opfer, unö gelehrter macht, alö baö 3Sieh auf (Erben, unb meifer alö bie Q$ogel unter bent ^immel *).

SßSenn baffer unö bie fm‘ige @d)rift fo manche <$hiere jum dufter ber STadiahmung aufflellt , fo muß man nid)t ben bem SSudjftaben foldjerTiuöbrucfe ftcf)en bleiben, fonbern in ben ©cift becfelben einbrin« gen. Denn folcbe ©teilen, roeldje öon tfjierifcben Trieben reben, fdjeinen nidjt fomcf)l bie.mirfliche SÖc* fd) affen^eit berfelben lehren ju mollen, alö bie ju ad* gemeinen ©pritd;morfern gebiel)ene Triebe auf ber Sftenfcben 23efferung anjumenben. ©alorno ben gaulen jur Timeife gefen unb SÖSeiöfeit lernen, unb für feinen funftigen Unterhalt eben fo forgfdltig ju fetjn , mie bie Timeife in bem ©onimer unb jut 3eit ber ©rnbfe fleifjig ijt, ©peife einjufammlen *).

e*

°) Jpiob 35, n.

**) ©prdchro. 6, 6 8.

SDie $htm <\\6 Server bet* $?enfdjen 321.

(Eg mag fern, bafj eg in roarmen idttbern eine Uv t 2(meifcu qiebt, rcefd;e ©peife juni QSorratf) ing ffteff tragen ; in (Europa aber ift eg roof)l geroifj, bafj feine 2frt berfelben foldjeg rf>ue, fonbern bafj Piefmefjr, roie fo mand;e anbere Tierarten, fle ben Sßinfer über fd)!afen. ©afomo roüi bafjer nidjtg anberg empfefj* len, nne aird) feine SBorte nidjtg anberg fagen, af$ bafj mir «Jfftenfchen ung nicht bem 'üOtuffiggange un& ber Faulheit überfaffen, fonbern fleifjig unb gefd)dftig fetjn foilen. SCBir werben angeroiefen , flug ju fetjn, roie ©djfangen, unb ofjne faffch roie tauben *). SBie man nämlich fagt , bafj bie ©djfangen tfjre D!j* ren Perffopfen, bamit fle nidjt fjoren bie ©ttmme beS ßaubererg unb Q3efdjröererg , fo fotfen audj mir Df)* ren unb ©innc ptrflopfen gegen alle bbfe 0?eijung. Sfttemar.b aber mirb glauben fonnen , bafj bie porges gebenen Sauberer ober ^Sefdjroerer bie @d)(angenunb Ottern burd; gemiffe SÖSorfe non ihrem Zeigen haben juruef Raiten fonnen, ober bafj biefe ^filiere eigentlich fyvt Dfjren bafur üerfiopft Ratten. (Es mar bag roet* ternichtg, alg eine fpriid)mbrt(idje Dvebengarf, roefdje S3orjid)t unb ^armioftgfeit enipfcfjfen foffte. $Bit fallen ffug fepn, roie ©djfangen, aber nid)f fo arg= liffig; mir foilen ofjne faffd) fetjn rote tauben, aber nicht fo einfältig. (Ein ^eber flehet alfo feidjt Poti felbft ein, unter mag für (Einfchränfungen unb roie* ferne pernunftige SJlenfdjen Pon unpernunftigen $fjie3 ren etroag fernen fonnen. £)cnn eg giebt auch eine grofje2fnjaf)l Pon fdjabftdjen gieren, beren bofen (Ei*

gen*

*) t02att^. io/ 16.

3tvcitet tfrrit.

£

g:o ©ic $f)i«e ate Seljrcc Der Sflcnfchcn.

unb in ber SSorforge beffcn, roaö jur (-Erhaltung unb SOßoljlfarth iljreö ©efchlechts gehört, eine ©efcbid* lichfeit jetgen, n?eld)e ben menfd)lid)en 33erftanb irt Vielen fallen überjleigt: fo gefcbieljet bocf) baö alleö nic^t nach einem überbauten 'Plan, fonbern nadj ei« nein blinben©to§e unb unn>iberjlcl)lid)en Triebe, roefe eben ber ©djopfer ihnen eingep^anjet (jaf* Tiber n>ie ferne tvir an if)nen folcfjc ©genfehaften , 5ft>erfe unb ©nridjtungen bemetfen, roorauö mir ben ©djopfer unb unö felbjt befier kennen lernen, fonnen mir tvofjl fagen, bafs ftc unfere leerer ftnb, unb unö auf foldje @d|e leiten, iveldje unö ju roiffen unb ju tfjun notfjig finb. Denn fonfl fonnen mir allerbingö fagen, ba£ ©otf/ unfer ©djopfer, unö gelehrter macht, als baö 53ieh auf (Erben, unb rveifer alö bie 2>ogel unfer bem Fimmel *).

SÖScnn baffer unö bie heilige ©djrift fo mandje ^h>ere jutn dufter ber Sftadiahmung aufjlellt, fo muh man nid)t ben bem Sudjftaben foldjerTluöbrücfe ^c^en bleiben, fonbern in ben ©eift berfelben einbrin« gen* Denn foldje ©teilen, »eiche von tfjierifchen Trieben reben, fdjeinen nicht fotvofjl bie.roirflicbe S5c= fchaffenheit berfelben lehren ju wollen, alö bie ju all« gemeinen ©prüdjtvortern gebiehene Triebe auf ber «STenfchen 53efferung anjuroenben. ©alomo heipet ben faulen jur Tlmeife gelten unb SÖSeiöhetf lernen, unb für feinen fünftigen Unterhalt eben fo forgfdltig ju fepn , roie bie Tlmeife in bem ©ornmer unb jur 3eit ber ©nbfe fleißig ifl, ©peife einjufammlen *).

°) Jpiob 35, xi.

0prtid;n\ 6, 6 8.

2D:e $j )im ate Sc^rcr iw $?enfchen 321.

(5g mag ferm, baf cg in warmen Zubern eine Hvt 'Kmeifcu giebt, roe(d;c ©peife jum SSorratfj ing Sfteft tragen; in Europa aber ift cg wof>l gewif?, balj feine 2{rt Oerfelben foldjeg tfute, fonbern Oa^ Pielmef)r, wie fo manche anbere ISbierarfen , fte t>en SXBinfer über fd>lafen. ©alomo will baljer nidjfg anöcrg empfel)# len, wie auch feine £Borte nid)fg anberg fagen, als bafj wir 9|ftenfcf)en ung nid)t bem 9Jiüj[iggange un& ber gaulf;eit überlafferi, fonbern fleifjig unb gefdjdftig fepn feilen. Sßtr werben angewiefen, f(ug ju fetjn, wie ©drangen, unb ofjne falfch wie Rauben *). SDBie man nämlich fagt , bafj Oie ©drangen i^re Dl)* ren perjlopfen, bamit fte nicht hören bie ©fimme beS *$aubererg unb 23efd)wererg, fo follen aud) wir Df)* ren unb ©innc petflopfen gegen alle 66fe SReijung. Sftiemar.b aber wirb glauben fonnen, bafj bie Porge# gebenen tauberer ober Q3efdjwerer bie ©drangen unb Dttern burd; gewiffe SUSorfe non ihrem Zeigen haben juruef halten fonnen, ober bafj biefe £f)iere eigentlich i^re Df;ren bafur perfiopft Raffen. <5g war bag wei# ternichtg, alg eine fprud)wortlicf)e Dvebengarf, welche 58orfid)t unb Jparmloftgfeit empfehlen follfe. 3Bit follen fing fepn, wie ©drangen, aber nid)f fo arg= liflig; wir follen ofme falfd) fepn wie tauben, aber nicht fo einfältig. (5tn ^eber flehet alfo leidjt Pott felbft ein, unter wag für (Einfchranfungen unb wie# ferne oernunftige ®ienfd)en Pon unoernunftigen £f)ie3 ren etwag lernen fonnen. £)enn eg giebt aud) eine grofeTlnjahl Pon fd;ablid;en ^l;ieren, beren bofen (Ei»

gen#

*) Sttattf). io, 16.

3>vfit« Ktrit. 30

$22 f©ie £J)i*rc al$ Sefyrct ber SJienfcfcen.

genfcbaften wir feineßwegeß nacbabmen follen. ©et 9Jlenfcb foüte fid} überhaupt fletö feiner £6ürbe unb SSeftimmung bewufjt bleiben unb nicf>t burd) UnPer« nunft unb Tlußfcbwcifungen unter baß $f)ier Ijerabfin» fen. Tiber wie Piele ÜJlenfdjen giebt es nicbf, welche nicht Piel beffer als 'Jfjiere jinb ? bie nicht nad) 23er» nunft, fonbern bloß naef) ben blinben ©tefjen i^rcr groben unb tf)ierifcben Oiatur ^anbeln? ©ie 93er# nunft ifl ber Tlbel ber 9Dienfcb()eif, ohne fie finfen wir fcerab jur bloßen ‘Sljierljeif. <£inen folcben 9ftenfd)eti gilt eß, maß ber ©id)ter fagt: tlnfelig SDiittelbing Pon (£ngel unb Pom ^33ieF> , bu rüfjnifl bicb ber 23er# nunft, unb bu gebraucht fie nie? Die fjeilige ©d;rift fpielef in Pielen ©feilen auf folcbe bloß tljieri* fd)e üSJienfcben an; ftenennnef fieunpernünftigeß23ie$ baß Pon Sftafur baju geboren iji, gefangen unb ge» fd)lad)tet $u «»erben *) ; fie nennet bie ©ottlofen Jjpun# be, roeil fic biefen ©efdjopfen an Unfiatigfeif ähnlich wer* ben; unb ijiß nicht eine ©ebanbe für bie <3DTenfct)^cif, bofj Picle unter unferm ©efdjlecbt giebt, welche ipie ©jger unb SBolfe, burdj niebtß alß Üiaub unb 23lut gefattigf werben fbnnen?

©o wie nun aber ©^iere giebt, beren lafler unb fcblecbte ©genfcbaften, beren 9?eib, Oiaubgicrbe, iifl unb anbere tjfierifdje Unarten wir Permetben fol# len: fo giebt aud) fanftere unb nüljlicbe Sljierarfen, an benen wir nianebe gute ©genfdjaften unb Eugens ben bemerfen, weldjen wir nid)t nur nacbaf;men, fon» bern in welchen wir fte übertreffen follen, le#

benbige ©efdjopf freut ficb feineß ©afepnß, unb fd;eint

nach

*) 2 ‘Petr. i3,

SÖie tyitTt ali &brer bet Sftcnfdjen. 321

flad) ferner 2(rf ben ^ocf)flen ju loben* 'Jüe 53ogel machen im& fingen am frühen borgen bern ©d/opfer ein Soblieb, gleichfam als roollten fie ben fragen unb flummen SDienfcfjen bekamen, ber bod) nod) t>iel bet reitroilliger jum Sobe ©oftes fepn foüte, ba er 53er» nunft unb ©prache hat. ©s »irb gefagt, ba§ ber *$err bie jungen SRaben f;6re, bie i§n nad) if)rer 7£rC anrufen, unb in einigen ^falmen »erben alle ©e* fcbopfe baju aufgefobert, bem Jj?och|ten ein Opfer bei iobes unb ber Anbetung barjubringen *). £)ie Tfmei» fen, bie dienen, unb folche ^§iere, »eldjc in ©efelf* fcbaffen leben, unb gemeinfdjaftlid) für baS 5Ö3of>l al< ler befchafligt jtnb, lehren uns nicht nur $lei§ unb ■Xrbeitfamfeit, als »orinnen fie manchen nachlaßigert SDienfchen befchämen, »eö»egen fdjon ©alomo, »ie »ir gefehen haben , ben faulen jur Tlmeife roie^ : fen« bern jte jinb uns auch ein 53ilb ber Orbnung, ber ge» genfeitigen liebe unb Zuneigung, unb ber treuen unb reblidjen greunbfehaff. 2Bie orbentlich gehet alles in ber Ovepublif ber 55ienen ju? ba floret feine bie anbe« re in ihrer 2(r6eit; ba fammelt eine jebe &um ©eflett bes ©anjen. SOBeldj ein 53ilb von häuslicher ©in* rrad)t unb 3*m&fertigfeit ijl eine Öefeüfdjaft ron S5i» bern! ©ie legen fid) ©tdbte unb ^Bohnungen art gluijen mit großer Äunft an! ©ie tragen fich 53or» rath auf bie ßufunft cjn; (feilen alles frieblich mit «inanber; forgen für ihre jungen, unb leben mit ei* ner $riebfertigfeit beifammen, ba(j es ju »unfehen märe/ ba§ es *>iele folche grepflaaten unb @efellfd;aften un* ter SDienfchen geben mochte, unter »eichen fo oft ©(jr*'

£ 2 unb

*) ‘pfalm 148,

324 ©i* aB Sekret fc« 3)?enf$en.

unb Jpabüicbf, ^einbfeltgfeit unb innerliche Unruhe bas 53anb bcr (Jtnigfeit jerreiffet ! CEBelcf) ein fd)bne$ 53ilb von etlicher ^reue ifl ein <Paar tauben ober 2lbler, bie oiefe 3a^rG/ t>ielleid)t 3e*r^benö bet) ein* anber (eben, unb für cinanber forgen, tnsbefonbere ober ihre 'Jungen tr|it einer gdrtlidtfeit erjieljen, wel* ehe manchen 33ater unb mandje üliutter unter ?9lens fdten befebdmen, bie if>re Äinber ofme Sorgfalt unb <£rjiel)ung l>eranwad)fen (affen. ©aS lamm ifl ein 53t io ber fd)ti(b(ofen Einfalt, ber SKeinlichfeit, beröe* bulb unb Sanftmutl;; unb biefeS ifl woljl bie Urfadje mit, warum unfer Jpeilanb felbfl in ber ^eiligen 0d)rift bannt verglichen wirb, ©er 3(llmdd)tige Plaget ein*» mal über fein $$olf, bafj es ftd) in Brette unb ©anf* barfeit von unvernünftigen gieren übertreffen (affe, ©er Dd)fe fennet feinen iperrn , fprid)t er, unb ein ©fei bie Ärippe feines Jperrn; aber Jfrael fennets nid)t, unb mein Q3clf vernimts nid)t *). JcbesSfjier ifl nad) feiner llrt banfbar bem , ber i()m gutes er$ei= get ; aber wie treulos unb unbanfbar ftnb oft DJlen* [eben felbfl gegen il;re $03ol)ltbdtcr! ©6 ifl uns allen befannt, bafj fein Sljier mef)r verlangt, als bie 9iotl>* burft erfobert, baS leben ju et galten, unb bafj es ju=> friebett ifl, wenn es gefättiget ifl; aber wie befd)d= menb unb bemütf)igenb ifl es für unfer ©efd)led)t, bafj wir nid)t auf eben bie 2lrt9)laafj unb ©d)tanfen galten, fonbern bafj wir uns ber llmndfjigfeit ergeben, unb bafj unfere 55egierben unerfättlid) ftnb ?

©ewifj , felbjl ^(;iere fonnen in vielen ©rücfen unfere ©ittenle^rec werben, unb wir fonnen Sreue

unb

*) 3cf. */ 3*

IDic tyw dte Der Sftenfdjen. 325

unb $feifl, ^onfbarfeif unb (Ergebenheit, Drbnung unb 9J?dfigfeit, gufriebenheit unb freunbfd'aftliche 3uneigung uon manchen unter ifjncn lernen. 3nfreiTcn ifl baß noch nicht alles. SÖSennwir aufmerffam über bie gan^e Haushaltung ber 97atur unb beß ^^iei*rcid?ö nach3 tenfen, fo werben wir auf fefr grofle unb wichtige SBahrheiten ber Religion geleitet. Denn alle ^^iere, »em großen biß gutn ffeinflen, flnb ein unjWeifefhaf« ter 23emei(s 00 n bem Dafeijn ©otfeß, unb non fei« ner £>orforge für alle, and) bie geringflen ©efdjopfe. 3$ fuge, fle flnb ein unbejwcifelljafter 33eweif. “Denn olleß ifl fier flchtbar, fallt in bie Tlugen, unb über» jeugt uns auf baß flarffle bon ber erflen llrfadje burch if)re 3£irfungen. Denn ba Unflnn fetjn würbe, alles einem blinben Ungefähr jujufchreiben, unb bie lebenbige .Kraft, bie wir in ben ^ffleren wahrnehmen, nebfl ihren .Kunfltrieben, aus bem bloflen Körperbau unb ber 3llfatnmenfehung ber Materie herjuleiten : fo mufl aud) eine erfle ltr|ad)e aller Dinge, ein fwehflweifeß Qßefen, ein ©ott fet)n, beflen allmächtige ©cflopferßfraft fleh gleichfam in unjdl;ligen (Strömen ergoflen unb ungezählte 9ftil* honen ©efd)opfe herborgebrad)t hat, wobon jebeß nad) feiner Tlrt glücflid) ifl, unb in fürjern ober langem it* benßgenuflen fld; feines Dafepnß freuet. 3ßaß für ein froher ©ebanfe ifl für ein wohlwollenbeß iperj, bajj ber allgütige Schöpfer in recht reichem 5ftaa§e kbenß=> gefül;! über bie ©djopfung ergoflen, unb alle feine ©efebopfe in unenblid) berfdflebenen Stufenfolgen ber 93oUPommcnheit fo weife unb gut gemacht haf> bafl fle alle wie ©lieber in einer Äette flnb, unb jum all*

36 3 gemei«

32$ ©ie $biere als bet Sttenfdjen.

gemeinen SOSol)! beitragen ! 1)er geringfle CCßtirm, ba< perdd)tliehfle 3;nfeft *0 c‘n beS J^errn, ifl notfj* menbig in tiefer 2Belt, menn nic^C eine iücfe fepn füll; unb nichts fann unfern Tlbfdjeu bor gemiffen gieren, fo fehr mdfjigen unb milbern, als ber ©ebanfe, bafj ein jcbeS 3*hicr ju etmaS Dienlich fet)n muh, ob mir gleicf) ben 9lu|en babon nicht in allen fallen einfe« $en, ja fogar alsbenn, menn gemiffe ^(;ierarten unö fdjablich unb unnülj unb überflüfjig fd)einen füllten* £>ie Erbe unb bie SÜSerfe ber Statur flnb allerbings hauptfdchlich für ben SDienfcfren gcfd)affen; aber nicht für if)n allein, fonbern jugleid) für anbere ©efdjopfe, melche mit if;m ihren ^ntljeil Daran haben füllen, (Sr fann allerbings gemiffe *ihlcre tobten unb $u feiner SRabrung, Reibung unb Seguemlidjfeit gebrauchen; nur füllte er fie nicht martern, fonjl artet bie Jperr» fd)aft, bie ihm ber ©djopfer bediel), in ^prannet) aus, unb er (;anbelt bem 33erf;dltniffe jumiber, in roeldjem er gegen anbere ©efchopfe fleht, ©ie alle haben Empfinbung; fie geben ihren ©djmerj flarC genug burd) ©efchret) unb ^erjuefungen ju erfennen ; mie füllten mir fie baher mit unnothiger ©raufamfeif befjanbeln? Slein, tcr (Beredete, fagt bie ©djrift, erbarmt ficb auch bes t)iel;ee*

^n ber Einrichtung ber ganjen 283eff unb aller (ebenbigen ©efchopfe bemerken mir eine erfiaunenömür« bige Drbnung unb Oicgelmdfjigfeit : mir fehen 3n>ptf unb Mittel, Anlage unb Entmicfelung , ttrfadje unb SfBirfung, unb baö überjeugf unö nicht nur babon, bafj ein ©oft fet), melcher baö alles crfchaffen, fonbern auch noch bi* &iefcn 'Hugenblicf in feiner gortbauer erhalte,

$e«

£>ie $l)iere ald £efjrer ber SDienfchen, 327

©ebenfef nur einmal, wie müfjfefig unb fümmerlidj mandje Sijiere flc^> narren müffen; wie fte oft Sage lang ohne Sprung ftnb, wie ferner es i^nen wirb, fld? biefelben ju t>erfd?affcn , mit wie Dielen geinben fte umringt ftnb, unb wie unmöglich es uns in Dielen gällen fchcinen mochte, ba(j fte erhalten werben fbnn* ten. ©ehet bie 93ögel unter bem Fimmel/ fte fden nicht, fte ernbten nicht fte ftnö äufjerji arm unb euer f)immlifcher 33afer ernähret fieboch! ©ie SSorforge bes Jpochfien für fte, fo wie für alle anbere hülflofe Sh*«rc/ offenbaret ftd) in ber SSefiimmung ihrer gehörigen Tfnjahl ; in ber Erhaltung ihrer Oe* fd)lechter; in ben Trieben, welche ber ©chöpfer in fte pfanjte, für ihre jungen ju forgen, für fte unb ftch bie fchicflidje Nahrung ausjuftnben, ftch bequeme SÜSohnungen ju erbauen; fle offenbart ftch in ber $>auer unb iänge ihres ©afegns, unb in ber fchi^* liehen Seit, wenn fle auf unb wieber abfreten. ©0 wie bas ganje $ahr hinöurc& ^fanjenreiche bie <£rbe mit Äräutern, Blumen unb ^rüdjfen bebeeft iji, unb boch leben SDionat, jebe 3ahreS$eif neue “Mrten heroorfommen : fo ifl auch »nt ^h!€rrcic^e eine fiele angenehme 'Hbwedjfelung , unb gleichfam £bbe unb gluth- 3eber 5Jlonat bringt biejenigen Shterartc,t heroor, welche ftch gerabe für biefe Seit fehiefen. Äein Oefchlecht oermehret ftch fo fiarf, bah ein anbereS baburd) leiben müf?le ; fonbern mit grober 3Beisf)eit ifl es fo georbnef, ba§ ein Oefdjlecht bas anbere im ©leichgewid)t hält. ©ie Diaubthiere ftnb in Diel ge* ringerer “Jlnjahl ba , als biejenigen, welche bem SOietu feiert nüfclid) unb Dortheilhaft ftnb, anbern jur ©peife

X 4 W*

328 ©i« $l)ieve o\$ geltet bet* fföenfcfym.

bienen, unb bafjer aud) $af)lrcid)er permef)rt werben muffen. SDaljer pGrvfd)Ct jwgr in ber Statur ein im« ineiwdfjtenber £ob, unb eine ffete SScrljcerung, aber boeb in feiner anbern 2lbfld)t, als bafj anbern ©es fcblecbtern Q3(a^ getnadjf werbe, unb Millionen an« bere©efd)epfe auep jum iebenegenufi gelangen formen. £)b beun aber nun gleid) bie unjd(;ligen ein», einen ©es febopfe einer ©attung pergefjen unb ffevben : fe qefrcC bod) baS 0cfd)(ed}t felbfi niemals unter; unb fclbfl im 923inter werben ptelc bepm leben erhalten, fo un= tnbglid) auch bas fd;einen feilte. Einige bereifen ficf) ju biefer $3crdnbcrung im ©ommer, fte legen fiel ei» nen 2>orrat(j ein, wepon fte im 9öinfer in il>ren J£>b« len jeljren fönnen; anbere legen ftd> in Reifen , Jjpolcn über ©ipnpfen jum 5Binterfd)!af nieber, unb bleiben einige $)2onatc ^inburd) in einem tobtenartigen $»= flanbe, bis fte burd) bie J-ruljlingöluft wieber geweeff werben, unb neue Diafmmg für fte ba ifl; unb wies ber anbere, wie piele ?(rfen bonjifdjen unb Mogeln, Perlaffen bie raul)e unb falte ©egenb, jieljen flcb nach milbern unb warmem JpimmelSjlridjen f)in, unb fu« d)en auf i^ren ^Säuberungen bequemere <pidlje für tf>rc SJlafjrung, bis fte bep ber 'Ketiberung^beö $ßinferö an tl;reri porigen $ßol)nort jurudfefjren fonnen. ^erc# wias behebet jld.) baljev einmal auf bie ju rechter £cif jpiebetfemmenben 3ugboge(, ben Storch, bie ‘Jurs telraube, ben ^rannief), unb bie ©djwalbe, wenn er will, bafj bie 3fröfi*t£n bod) and) umfe()ren, unb ftet) wieber ju ©ott wenben mod)ten *). M) ja, wie traut ig ift es, Daß ein unpernimftigeö Spier ben gefjeis % men

*) 3er. *, 7.

£5ic £l)icvc cü3 Sekret &et «ßtonfd&en. 325;

men B^gen feiner Sflatur folgt , womit es ber ©d)*>« pfer (eitet, ber SJtenfd; ober gUicbmol non einer Beit jur onbern t>ie innerlidert guten 9luf)rungen unter« brueft womit ifm fein ©ebopfer ju fiel) Reifen will.

@0 fefpen mir benn alfo in ber ganzen Statur uns mit Q3emeifen ber göttlichen Weisheit unb ©hte umringt. Tilles, was ©ott gemad;t ()öt, ift fefjr gut; baS ift recht, nab barem ifl fein gef)ler. £)er Jperr erbarmt fleh aller feiner Werfe, unb er fdttigef alles, roas ba lebet mit 3Bof;(gcfaUen. .^m gruhünge erneuert er bie ©eftalt bes ©ibbobens; im ©ommer werben unfere ©peifen unb ©etranfe burd) bie ©ott« nenbifpe jur 9ie:fe gefeebt; im ^erbfte fdjenft er uns reidfiebe ©rnbten , wobon Sftenfdjen unb Sbiere ftd> im Winter ndfjren founen. Wir wellen unSber©u» te unferö ©ottes freuen ; wir wollen mit banfbarem ^erjen bie 5Boi)ltf)afen aus feiner ^»ar.b annehmen unb geniejjen; wir wollen mit jebem tOiaafe, bas ber J^err uns fdjenft, jufrieben fepn; wir wollen uns nid)f ber Äleininuth, dngf Hajen ©orgen, ober bem ©cif- pergnugen uberlaffen, fonbern auf ©ott in allen £>in* gen unfer Vertrauen fefcen. £at er uns nief/t Port 2>ugcnb auf oerforget unb ernährt? ©ergt er nicht für bie uneblern ^hier€’ @inb wir nicht PicI befjer als fte ? Jpai er uns nidjt feinen ©efjn gcfchenfr? ©inb wir nidjt feine Äinber ? 3ft er nid;t unfer diäter? ^a, biefe piel hol)ern Offenbarungen ber iiebe ©otteS in ber Q5ibel unb imiKeidje ber ©naben ju betrachten, unb uns bes Wohlgefallens ©ottes, unfers SSaterS wurbig ju machen, baS muffe unfere erfe widitigfe ©orge auf ber ©rbe fet)n. ‘Sradjtet baher, ihrShrb

36 5 fen!

330 üblere aW ßel>ccr fccr SJlenfcben.

flcn l trautet am erften nad) Öcm Ülcic^c ©offeß un& nndi feiner ©ereduigfeit, fo wirb eud) baß anbere at* leß ^fallen. $$ergeffet ja nid)t, rooju if)r erfdjaffett unb fr tfjeuer erlofet fenb; vergebet ja nid)t ben gro§ett 2lbcl, bie t>rf)e 2Bürbe unb 53eftimmung, bie ifjr alß vernünftige 'DJi'enfcben unb ale(Ef)riflen behaupten foüf; Vergebet ja nidu, ba§ it>r nicht bloß für biefeß ie« ben, fonbern für bie (Jwigfeit gefefraffen fct)b, unb bereitet euch alfo auf jeneß beffere ieben in bet gefperie gen örbnung! "Much ^icr fonnen noch gemtffe $l)iere unfere ie^rer fetjn. €03ir ftnben nämlich, bajj gewiffe 5^iere, befonberß ^nfeften/ in einer geheimnisvollen unb wunberbaren 33erwanblung $u ganj neuen unb Viel fd)orern ©efebepfen werben, als fte jubor waren. <£ie fdjeinen au wi jfen, waß if>nen bevorftefjel, fte febtefen ftd> jur $3eränberung an, fte fpinnen fid) ein, unb bereiten ftcf> felbft ifjr ©rab, biß fte nach ber Pott ©ott gemachten Drbnung if)r ©efätignifj burebbredjen, unb in verjüngter unb verfdjonter ©ejlalt hervorfotn* tuen! Q£eld’cinfd)oneß$5i(bber2lufer(lehung! $reun* be, in einem folcben Üiaupenftanbe beftnben wir unß jeif. 3,u ^Pbe, in ber Tluferfle^ung , flefjet unß als len eine grofe QScrmantlung bevor! iajfet unß barauf "Mnftalt madjen; laffet unß unfer jefeigeß ieben ©oft ^eiligen, ber unß gab, bamit wir einft am iDJor# gen ber 2luferjtei)ung ju einem ewigen unb feligen Iti ben erwachen, kirnen.

33*

Vlcunsc^ntc predigt«.

©et $ r M H n o*

Vyo ct ! unauSbenflidj unauSfprechlich grofjeS herrliches SEBefen, fmchjler anbefungSmürbigfter ©eifl, ber Jpimmel unb (Jrbe mit feinet ©egenmart unbJfperr* lidjfeit erfüllt auch bie vernünftige @ee(e, bie in uns benft, ifl ein Jpaucf) beiner aüeö belebenben Äraft, unb mie fonnen mir ftc beffer brauchen, als menn mir mit unferm SSerflanbe beine großen SEBerPe unb bic SEBunber beiner liebe betrachten , unb uns mit unfernt Jjjerjen über alles Srbifdje bis ju bir ergeben? freilich (eben mir jc%t nur noch in einem ©tanbe ber €infd)ränfung unb Un»ollPommenf)eit. 2Bir erPen* nen bid) noch nicht ganj, mie bu bijl, mir lieben bid> nicht fo, mie mir füllten. £>iefe (£rbe ifl nurberQ3or* £of jum Umgänge in bas 'Kller^ciligflc bes Rimmels, unb unfer je^iges PurjeS leben nur Anlage unb 33or# bereitung ju einer gränjenlofen UmigPeit. Tiber bod) ernennen mir felbfl jejt fchon fo viel non beiner ©rojje, ba§ mir mit Q3emunberung, iiebe unb £)anP erfüllt merben muffen. 5Die ©djopfung ifl ein ©piegel bet= ner fonfl jcbem fierblichen Tluge unjlchtbaren©otfl)eif. TllleS in uns unb alles aujjer uns alles über uns, unb alles unfer uns jebeS beiner 3Berfe im EKeiche ber Sftatur, felbfl baS fleinfle ©efd)6pf, felbfl' ein SEBurm, ein ©ras^alm Pann uns lehren, baji öu bift,

unb

33*

SDcr $ruf)h'ng.

unb tfl ettr^cugc bei» er ^Ufmacfrf, SCGeiSfjetf unb @Tfi# fe, tooinit bu bie SSelf fdjuffl unb ju unferm Q3eflen in ifcrer §crtbaucr cr^dfffT* Danf fc*> bir, o ©ott! bajj bu auch uns geraffen, unb in ber ©tufenfo!ge deiner ©efd)opfe eine fo t>or$uqlid)e ©teile angemiefen fjaji:. 2Ber feilte fid) niefjr fjcrjlid) baruber freuen, ba§ er ein tTIenfch, unb ned) oielmeljt, bajj er ein Cl^nft i(t ? 3a/ barmherziger ©ott unb Q3ater, bei» Allmächtiger ©eifr, ber fid) burd) fo erfiaunenstourbi* ge SBirfungen offenbart Ijat, ber^crr(id)e ftcfy aucf> ttod) ferner an unfern ©eeien als ein ©eifl beS $>er= ftanbes unb ber ^eislpeit , als ein ©cif} bes Dvatf;eß unb ber Ävaft, als ein ©eifi bes ‘SrofteS unb ber Sr# gutefung. Did) immer beffer ju erfennen, bicb, mit immer größerer Dvcinigfcit unb Hnfdjulb zu toerel)ren, fet> ber 3roec£ l,nb bas 23eftreben unfers ganzen Da* fenns, fo roie e3 allein bie Ctuelle unferer $reube unb ©eligfeit in btefer unb jener 3Belt ift. Denn non bir, unb burd) bid) unb ju bir finb alle Dinge, bir fet) Sbre in Smigfeit. 2lmert.

d\vcy ®utfoer finb bem 3ftenfcfjen geofnet, ba= rinn er lefen foll, um $ur roal)ren Srf'cnntnijj unbföer# eljrimg feines ©eftopferö $u fomtnen. Das eine iji bas $3ud) ber göttlichen Offenbarung, welche in ben ©Triften ber heiligen ^fop^eten, Soangelifixn unb TlpofM enthalten ifl, beren ©ammlung mir in ber SSibel ftnben; ein 53ud), baS uns ben ganzen Dvatfj ©etteS non ber @eligfeit ber <2ftenfd;en im 3ufam* men^ange lehrt; ein ©ud), baS uns bie mid)tigflen 3luffd)luffe giebt in ben größten SBa^r^eitcn, bie ju unferer Beruhigung unb Befferung not^menbig finb,

ein

©er gröftfing. 333

ein löucft fofgfidj, ofjnemeldjeß mir im $inflern tap* pen, uni) in biefem leben gleicftfam alß in einem la= bprintfte umfterirren mürben , oftne einen 'Mußmeg ju finben. ^n biefem '-Surfte ftat fid> ©ottaufbaß beut# lieftfte erfiart, mer ©r ifi, maß mir finb, unb moftitt feine ^bfieftten mit unß DDJenfcften geften; in iftm ftat er unß ein lieft t angejunbec unb aufgefieeft, bep bef« fen ©efteine mir ben fiefterften 5ßeg burd) biefeß jetzige bunfle unb Permicfelte leben nad} bem Jpimmelunb ei# ner feligen ©migfeit finben fonnen. . ©0 mie mir bie ©onne nieftt anberß als bureft ifjr eigenes lieftt erb(if# fen: fo fonnen mir aueft meber ©otteß SSSefen, ©is genfdjaftenunbOiatftfdduffe, noeft unfere eigneSSefiim# mung unb ^>fTicftten ridjtig ernennen, menn mir biefe ©rfenntnifj nieftt aus ber Ctueüe frftopfen, melefte et feibji in feinem fteiiigen SSBorte geofnet ftaf.

£>aß rmfcce ifi baß ISueft ber Sftafur, unb audj biefeß cntftdlf einen Unterricftt unb eine Offenbarung ©otteß an baß menfeftlicfte ©efd)fed)f. Unter ber tut- Perfiefte ieft ftier aüe üßerfe unb ©inridjtungen beß großen ©otteß in bem ganjen ©ebiete feiner unennefjj lid^en ©eftopfung ; aüe ©efdjbpfe mit iftren Graften unb gäftigfeiten, fo mie f»e unPerborben unb rein Pott feinen £dnben felbfi fonimen. %n iftnen aüen famt ein aufmerffameß ©emutft feine eroige Äraft unb ©ottfteit maftrneftmen f unb fdbfl ber Jjpepbe mirb feine ©ntfeftuibigung ftaben, menn er baß lidjf feiner SSernunft unb feineß ©emiffenß in flcft perbunfdt, unb feinen ©eftopfer nid)t auß ben großen Werfen er# fannt ftaf, bie tdgiicft Por feinen ?(ugen finb, unb baß Diacftbenfen jebeß Pernunftigen £öefenß ermeefen fon*

334

£)er 5rühlin$

nen. 2(ud) in tiefem Buche follen unb burfen wir Icfen, benn wir lernen barauß unfern Schöpfer erPen# tten. Beibe Bücher haben alfo gemif[erma(jen nur ei# wen ^nfjalt, einen 3wecf. Beibe fuhren unß auf bie ©rPenntnifj beß einigen wahren ©otteß unb feiner SKe# gierung in ber SÖSelt; beibe überzeugen ben SDlenfcben, ba§ er bie Sünbe meiben, unb bem ©Uten nadjjlre# ben muffe ; beibe beweifen, bajj wir unß jejt in einem 0tanbe ber UnPollPommenheif, ber Prüfung unb 3ud)t befinben ; beibe enthalten Anlage unb (£ntwiP* felung für bie ©wigPeit. gleich unfere natürlich« ©rfennfnifj non ©oft nicht fo Pollflänbig, alß bie, welch« wir burd) eine hofiere ©rleucbfung erhalten, fo ift fte bod) eben fo notljwenbig, 3>*ne ift &ie ©runb> läge ju biefer. £>enn ber ©oft ber Bibel ifl auch ber ©oft ber Schöpfung; ber ©eift ber ©naben ijt aud> ber ©eift ber 97afur, unb beibe flehen fo wenig mit einanber im SQSiberfprud), bah fte bielmehr in ei# «er innigen Harmonie unb Uebereinftimmung unß ju ©oft hinleiten.

Sorfdjet baher in ber Schrift, benn fTe iflß , bi« bon $>efu, bem (Jrlofer ber 5Belt jeuget, unb euch ben CßSeg $um ewigen leben bahnt aber forfchet auch in ber Statur unb ben großen SBerfen ber Schöpfung. 3)enPet unb erftaunet über bie ‘SSunber, welche ©oft im Dveiche ber ©naben gethan hat; benPet unb erjlau* net aber audjüber bie Sßunber im üveich« ber Statur; unb bie Betrachtung ber lejfern wirb eurer Seele eben baß (Jntjucfen einflohen, mit welchem ber heilige 'Sich# ter außruft: <5>etr, wie finb keine Wette fb gtojj unb viel, bu fcafi fa alle weiblich georb*

net,

5)cr grühltng. 335

tict, unb bie £tbe voll beirtet (Butt. Unb Ju melier Seit tonnten wir unö roo^ beffer fofche on* genehme, herjerhebenbe unb gottfelige empftnbungen »erfchaffen, als jejt, ba fleh bic ©eftalt ber ©rbe wicber erneuert f)at, unb bie verjüngte Statur untf jum ‘preif? ifpreö unb unferö gütigen ©chöpfere? auf* forbert? SßSir wollen unö bof)cr jejt jum ©efebäfte machen , über bie £errlid)feit unb ©rojje ©otteö iti ben SBerfen bec©chopfung nachjubenfen. 2©(r mof, len ber Ermahnung unferö (Erloferö folgen: (Bebet bie SMumen auf bem gelbe an J unb ber ^rttyliog foll unfer iehrer fegm

Sejrt: <pfafm 140, 30.

©u laffefl au$ beinen Oben, fo merbett

gefefjaffen* ©u berneuerß bie ©eftalt bec ©rbe.

®er ^eilige dichter, welcher im ganjen (pfafot bon ber ^errlichfeit ©otfeö in ber (Schöpfung unb Erhaltung ber «Seit fpridjf, fcheinet in biefen SQSorfen befonbers auf bie ^Serdnberung ju fef)en, weicheber (Ürbboben aur Beit beö gruf)lingg erfahrt. ©0 wie ber SBinfer ein 33ewoi§ »on ber jerftorenben ifrufc ifl, womit ber Allmächtige fein Angeftcht ju Verber¬ gen .fcheint, ba§ bie ©efchopfe erfchrecfen, unb mit 93erfthliefjung i(jre6 Dbenß unb ilprer iebensfdfte »er* gehen unb wieber ju ©taube werben: fo ift auch bec $rüi?ling ein Geweih »on ber fdjaffenben jfraft, «ach welcher er in bie ©efchopfe gleichfam burch feinen

©ciji

336 SM4 gtml)Krtg.

©ei(t neues ieben hau<fr unb bie ©eftalt ber^rbe ec* neuert unb verfthonerf. Siefe $ffiahrjjdtfl>blfen,roir jejt ju unferer ©rbauung in einigen ©äfcen erläutern,

<£i’ftlich: &et $*$$*1*8 lftv fö- wie jebe öttfccte unb wie j’be f£im:id?tu;;cj

fcet rtatur ctrt 23nvcift bes iDafe^ns Cbcttcs «nö feinet ¥>orfet?imc$* SöSenn es möglich' wäre, t>a£ es je einen S)lenfd)en geben konnte, welcher fdion fo weit in Unvernunft unb iaflerf;aftigfeit ver* funfen wäre, bajj er baß Safet)n einer erften Urfadfc aller 'Singe leugnete, unb alles einem blinbcti D^nge* fe^r ober becSlotljwenbigfeit jufdjriebe, fo bürftc matt i^n nur unter freien Jjimmcl auf ein blutjenbes gelb fuhren, unb wenn er anberß nod)- bes Sftachbenfens fd^ig unt> bet Wahrheit empfänglich wäre, fo würbe ihnein einziges ©raßfmlm, ober ein Heines baß auf ihm feine Stauung ftnbct, von feinem blin, ben unb fd)retf lieben 3rrt|)um überzeugen fonnen. Sie ganje £ßelt prebigt, bahfte einen allmächtigen, allivet# fen unb allgütigen Urheber habe; benn alles ifl in ihr (Entwurf, Mittel, €nbjwecf, 3u|ammenfjang unb Drbnung, wie es nur von einem ewigen ©eifte her* fonunen bann, beffen $crftanb unb Weisheit eben fo unbefchrdnft ifl, als feine tOiacbt unb beglucfenbe iie* he. 9Ucht nur ber SLßeltforper, ber in ungemeiner gerne am Fimmel ftch regelmäßig in feiner ungefjeu* ren ^Sahn breht, fonbern felbfi bas ©anbforn, bas für feine deinen Q3ewof)ner felbfi eine SOßeltPuge! ifl ; nid)t nur bie ©onne, fonbern felbfi ber deinfte SÜBtirm, ber ftd) in ihrem ©tral bewegt unb fpiegelf, tfteinSßetf, ju bejfenJ^ervotbringung al(e9)ead)t nnb

SBSeiS*

©cf grüfyling. 33?

SOßeigfiieit aller 9ftenfd)en jufammen genomsnen nidjt jurcidjcnb wäre. &er ttrfprung aller £)inge aug 9Ud)fg if>re fo weife unb jwecfmöfjige Werfer« tung unter einanber if)r wunberbarer meiner* haftet 2*au i§re SRu^barfeit unb 203irfungen junt

5Bof)l beg grofien unb wof)fgeorbnefen ©anjen, _

tag adeg mufj bod) con ©fwag foninien, unb wag fann biefeg ©twag anberg fet)n, afg ein unabhängiger ewiger hocbjtöoüfommener ©eift, wenn anberg unfet SSerftanb etwag habet) benfen unb unfet Jrserj etwag empttnöen foü? ©a^er fmb bisher aud) eine grofje 2fn$al)I ©Triften erfd)ienen, in wefd;en entweber aug ber iSetracfifung ber 9?atur überhaupt, ober einzelner $hei,c berfelben ingbefonbere, ber ©ferne, beg £)on* nerg unb QMifjeg, ber ©djaaienfhiere, ber gifd)e, ber ©feine, unb ber ffeinflen ©cfd)opfe, in melden ©off am grbfjten erfcbeint, bas 'Safepn eincö f)bd)f*en 5Be* feng unb feiner 9ftad)t, QBeig^eit unb ©ute erwiefert worben iftmiber bie $5ebenf(id;feiten bergweifeffucbf, ober wiber bie Angriffe beg Ungiaubeng. 91ur bie $fjoren fonnen a(fo fpred)en t eg ift fein ©oft! bent gefunben $>erftanbe beg ©ienfcften bringt jttf) bie 5Bahrheic/ t>a§ ein ©ott fet), burdj i^t* eignes iicfjf fo flarf auf, ba§ wir nicht fowof)( barauf benfen wof< len, CSeweife berfelben ju finben, a(g Pie(mef)t JU ei» net rid)figen ©rfenntnifj ber 93o((fomwenheiten ©cf. teg ju gefangen, utn unfere ©eftnnung unb unfern 5Banbel barnad) einjurid)ten. Unb fjierju giebt ung ingbefonbere bie anmut&ige 3<»htcßScif &c6 gruhlingg eine fd)bne Anleitung.

gntitet Iheil.

9)

©ö

338

grüfyltng.

@o röie jebe aufgefsenbe'©onne am borgen, fo erinnert uns aucfy jeber mieberfeljrenbe gruljling an ben Gott, Der felbfl in feinem SÜSefen unöerdnberlid) ifr, unb bet) allen 2Serdnberlid)fciten feiner ©efdjopfe unb Oer^n^reS: unb Sageöjeiteft bcnnod) bie piinftlicbfte Orbnung §dit. Unter 2Jtenfd;en mag alles nod) fo feljr bem Unbeftanbe untern>orfen fepti: bie Statut gcl)t fiill unb langfam ifjren ©ang fort/ unb roeirijt niemals uon ben ©efeljen ber gortpfianjung unb S5e» roegung ab, meld)e ihr ber grofje ©djopfer borgen fdjrieben £at. Zimmer galten bie Grafte ber Sftatur if)t (Ebenmaafi ; immer gefdjicljet alles jur redjten 3eit unb mit ber fdpictlidjflen Orbnung. $£eld)e 5Beißs f>eit ifi barinnen jtcbtbar, bajj nicX;t fogleicf) ber »olle Sag auf bie 9?ad)t, unb eine ploblidje ginfternifj auf baS ()elle iid)t folgt? Sßie fdjdblid) mürbe biefeß ben klugen unb ber ©efd'raft ber ,»X)^cnfd;cn werben? ©o snuß aber jroifd)en beiben erfi eine Oftilberung bes ei * nen unb anbern burd) bie Dämmerung t>orf>ergcf)en, um baS “Xuge crfl burd) ben alimdfjligcn Uebergang fcorjubereiten, unb jur Ertragung beS iid)ts ober ber Dunlelfjeit gefajicft ju machen, £ben fo »erfjdlt es (Id) aud) mit ber ©tufenfolgc ber ^afpreSjeiten. 3cdg« tc auf ben flrengflen QBinter fogleid) bie ftdrffie ^)i^e, roie unau6fief)ltd), wie fdjdblid) mürbe biefeS für ben STlenfdjen unb feine ©efunbljeit fetjn ! ©o mufj f|d> aber nad; ber weifen ©imidjfung unferß ©otteS bic Äalte aümdf)lig in gemäßigte S'rußlingsfüfte fcerwan* beln, unb bie brennenbe ^>i^e beS ©ommerS in bie .Stußlungen unb fldrfenben unb reinigenben$H>inbe bes •$erb$cs verlieren, um ben SOtenfcßen an jebe folget

Tfbmed;#

339

SDct Frühling'.

Tlbwechfelungen ju gewöhnen. Siefe feine 50Beiö# l)cit unb ifebe üer^errlidjt ©ott übcrbiejj nod) t>ieb inef)t' in ber STiannigfaltigfeit imb bem ÜeberfTuffe bce ©efchopfe ur.b bem großen 9{eicf}tl)um bei- 97a für, wo* mit er ote ein gütiger Später, bas leben Der ’Öienfchen, feiner ^inber, red?ü angenehm unb Pergnügt macbett will, unb wo$u im Srüfjlinge, ö'6 in her 0aatjeit/ ber ©runo gelegt wirb. QBclcf; eine angenehme 3eiC biefcß für ben 9J?enfcf;en , ber nod; ©efd)mccf att ben einfachen, eblen unb reinen ^reuben ber Biafur hat, unb beffen ^erj noch nicht burd) bie 2lusfd)wei* fungen unb übertriebenen .^ünßeleyen ber UeppigfetC berberbt morben ift! betrachtet einmal eine Söiefe, ein Selb, einen ©arten» £öaS für ein SDieißetßüdf ber allmächtigen £anb eine einjige Q9ffanje unl> blume! wie weife bie Einrichtung, nach melier ber mütterliche 0d)oc3 ber Erbe unter ber SDiitwürfung ber iuft unb bcö 0cnnenfdKtn$, bie 0afte bei $Bach$tf)um6 in i()re jarten handle jufu^rt ] wie wun= berbar ber ^5au il)rer feßen, unb bie Bewegung unt> ber Umlauf iljrer ßüfigen Steile 1 Nie fch>ön bie $ar* ben, in welche fte ber ©djopfer fleibet; eine 0chbn* heit, welche nur ein fdjwadjer Tlbbrud' feiner eignert unerfdjaffenen #errlid,'feit iß, eine 0d;bn()eif, welche ber gefdßcfteße^ünßler mit feinem ^infel faum errett d}en fann ! $U>ie mofßbuftenb unb ßdrfenb iljr ©erud) ! wie mißlich oft ihre^reft in ber^)ei(funbe! 21ber nicht genug, ©ott fdjmücffe nicht nur bie S’iatur mit fol* chcn ©d)6nf>eiten auö; er gab aud; bem £01enfd;en, für ben fte beßimmt ßnb, 3dl)igfeiten, fie ju feinem Öiu£en unb Vergnügen ju gebrauchen; er gab ßjnt

*9 2 ©in*

34°

©er grt'ifjltng.

©inne, ben 9teih berfelben $u empfinben, er gab ihm ein .£er$, bas ifjm für alle biefe feine SEGofiftfjoten banfen feilte. Unb was rnüfjte bas für ein OJienfcf) fepn, ber gegen alle fo(d)e Beweife ber göttlichen €DBei5^eit unb ©üfe gleichgültig ober unbardbar fepn fonnte, ober ber bie freien ©efebenfe beg Jpochfien Poll leidjtflnn unb UnPerftanb gering ad)ten unb mijjs braudjen wollte! ©ewifj, eg bleibt waf)r, mag ein SBeifer *), welcher allemal fein Jpaupt Poll ©hrfur£l)* entblößte, fo oft er ben SRarnen 0otteg nennen hatte, was er einft nad) langer Betrachtung ber 3Bcrfe@ot* teß fagte, bajj wenn fid) 0ott aud) weiter nid)t, alg bloß burd) bie Sftatur offenbart hatte, ber 3)ienfdj bennod) $ur tieffien 0f>rfurd)t unb liebe gegen biefeg t)6d)fle unb feltgfie $öcfen Perbunben fep.

ferner: iDer ^tu^ling i ff Die ©aat3eir, unb foü im» beleben, eine jebc gute (Belegen* J^eit 3U benugen, unb bie Kräfte unferer “jiif genb 3Ut (Bninblage eineß glucFfeltgen ältere, \o u?ie unfere gaii3e JLebe»t63eit 3U einer forg* faltigen Vorbereitung auf bie i£u?ig£eit ar»3U* wenben* Dag ©efd;afte beg ianbntanng, beg ©drtä r.erg im Srühlinge ifl, ben ©rbboben ju pflügen unb umjugraben, bem ©djoofje ber ©rbe ©aamen anju< pertrauen; bie jungen ^Pflanjen ju perfefjen, ju war« ten unb jit begießen, unb wenn fle an ihrem ^^etlc an nichts haben fehlen laffen, fo erwarten fie ben ©es gen unb bas ©ebeiljen pon ©ott. SEBürbe ber ianbi mann nid;t ein $hor fe*)n/ «>efcf>er ernbfen wollte, wenn er nidjf gefdet §at, unb fonnte er fid) befchwe«

ren.

*) D. 8oyle.

34*

©er Jcüjjltng.

ten, baf? er in ber ©rnbte leer auSgefjen muß, roemt er bie ©aatjeit fjat ungenujf vorbei) fit-eichen, unb fei* ne Jeiber brache liegen iaffen? ©in fefjones Q3iib fo roie von bem ungleichen Verhalten, fo auch von bent ungleichen ©chicffale ber Sftenfchen! Die fjeilige ©chrift roenbet es an, um uns bie tviebfige iehre iu erteilen, baf? es f>aupcfdcblid> auf ben 5)!enfchen felbfl anfomme, ob er glucflid) ober unglucflich fepn wolle* XEas t>er tTIenfd? faet, fagt fie, bae wirb er etnbteru ^Kochte bas uns hoch ermuntern , unfere Kräfte ju hüben, unb eine jebe ©elegenfjeif junt ©u= (en eifrigfl ju ergreifen, weil, wenn fte einmai unge* nujc vorbep geflohen ifl, nicht roieber fommf, unb burch feine vergebliche SBunfcbe juruefgefeufjt roerbett fann. SDlochfen biefes insbefonbere biejenigen beben« fen, bie noch in ber 5Mut(je ber 3a0rc flehen, unb noch bie Polle BJlunterfeit ihres jugenblichcn 'KlferS «mpftn ben. 2(ch Perfchroenbet fte nicht biefe ebien^raf* te, bie ©oft euch gefchenft hat/ i$r funftigen 23dfet unbSOlutter ber Jamilien! ©s ifl gro^entheilö in eure ©eroalt gefleüt, euch eure funftigen iebensjaijre fo ju machen, roie ihr fte haben rooüt. 2ö3ie ber hinter eures iebens befchaffen fepn foü, bas roirb meifl barauf anfommen, mic ihr ben Jruf)Iing beffelben jugebradjC habt. Die <Dhor&e‘*®n unb TCuSfchroeifungen ber 3Us genb pflegen fid) fe^r empftnblich an bem hohem Tlltec ju rachen, unb man roirb in ©Ijren unb mit Jreuben ein ©reih, wenn man bie Äinbheif unb Jünglings# jahre in tBldfjigfeit unb ©otteSfurcht jugebracht hat* (Bebenfe ba^er, o Jüngling, an beinen 9cb$p* fer, unb freue hierin beiner^ugeob» JLaf bein

9 3 <&<*$

343

©et grühling.

^cc3 3wat* guter £>inge jevn , aber wifje , bafj bicfy (Bott vor (Bericht führen wirb. £>u bift eine SJMume, ein junger 23aum. Mirage nicht nur SMätfer unb ^Slut^en, fonbern auch, Studie, Qäfticfe nicht beine ebien Sä()igreiten im Meinte bilbe fle cuö, baf? fte jur üieife fommen, unb bir felbft unb tmbern Sftu^en unb Vergnügen bringen.

$83ir bleiben nicht immer jung, mir werben fluch dt; wir folltcn ba^er gefd;äftig fetjn, bcr>m »ollen S0taa§ unferer Grafte unfern irbifchen unb geifilichett SEBohlpflnb ju grunben. ©alomo, biefer weife Äo* «ig, biefer grojje Kenner ber 97afur befchrei6t biefen liebergang aug ber Sftunterfeit ber IJugcnb jur (Schwäche beö Alters unb jjum ©rabe ouf eine fefjr rulprenbe 7lrt. :c. (Bebcnfce an beinen Bebopfee in beinee 3ugenb , fagter, ehe benn bie bofett £age kommen, unb bie \>ct$utvmn, b<* fcu wirfi fagen, fte gefallen mir nicht (£be henn hie Bonne unb bae Hid;t, fcHonb unb Bterne findet werben, e(je benn bic h°hcn unb ebfen ©eelenfräftc, bie baö licht beiner @eefe finb, cbneljmett unb XPolfcen wiebet tommen nach bem ^egen, elje ein finftercr unb betrübter 'Jag auf ben anbern folgt, %ut 3cit, weßrt bie 3>utee im ■i^au fe 3ittertt, wenn bie Jjpänbe unb Tlrme, bie bet? SJienfchen jur ©efchäftigfeit unb jum ©djufj bie* tten, fcbwach unb matt werben, unb (leb frömmelt bie Btarfen; bie $ü§e, t>jc Pfeifer , auf betten bu gleiehfam ruf)fl unb bie bich tragen, unter bir erntaf* ten; unb mufjlg flehen bie tHuUer, weil ihrer fo wenig werben iff, wo bie S^ne, weldje bie

@peife

345

©er $rüfjling.

0peife <irci<f>fam $ermaf)(en, bamif fte beflo Seffcr in Siatjrungsfaft perwanbeft werben Tonnen, ihre ^Pfüdjt nid)t mef)r tljun ober mißfallen; Urtb fitljlcr xver< bert bte Ö3c(id?te burd; bie ^enfier, unb wo bie Tlugen, burd) welche bu bie äußerlichen ©egenftanbe erblicfft unb unterfdjeibeft, Gbneljmen unb bunfel wer= ben; Unb bie (Leuten auf beit0afjcngejcblof]ert xvetbeit, wo bie Rippen, über welche Sffiorfe unb 9le= ben gelten , einfallen unb fid) jufd)ließen , ba£ bie Stimme bet ITIülletittlcije witb, ba^ bie @pra< che, woju auch bie ßäfme notfjig ft'nb, fdjwad), müfj* fam unb unfjorbar wirb, unb etwad;et, wenn bet l?ogel finget, fo baß man fdjon früh, wenn anbere noch im tiefen 0d?lafe liegen, wegen beß Mangels beß 0d)fafeß, erwachet, unb bie 0d)mddje unb 33es fchmerben beß Ulterß beflagef, unb ficb bücBen alle flLäcfrtec be» (Befangee; wo bas ©efwr, burd) welcheß ber ©efang gehört wirb, abnimmt unb taub wirb, fo baß man ftd) ju bem bücf'en muß, ben man hören will; ba£ ficb auch bie %ofyen futebrett itnb febeuert auf bem XPege, wenn man fid> im Filter furchtet Por bem #ohen, por bügeln unb 55er# gen, bie man fonjl in muntern fahren leid)t unb füdjtig hinauf ge^en fonnte, bie man aber nun m* gen Schwache fd) eben fo fefw ju erzeigen fürchtet, als man felbfl auf jebem ebenen SKSege wegen ber 0e* fahr beß $alfenß furebtfam ifh Wenn bet VCian* bclbaum blutet, wenn baß #aar grau unb weiß wirb, wie bie QMüte beß SDianbelbaumß unb bie ^eufdpteefe belabert wirb, wenn baß Diü<f= grab, baß einer Jjeufchrecfe wegen feineß S5aueßähn<

V) 4 litb

344 $rnf>ling,

(id) ijt, ficf) felbft jur laft roirb , baß es ftcf) nic5( auf# rieten fann, unb alte JUifl vergebt/ it>o alle unfere

33egierben flumpf roerben - i£be beim bet (tU

berne ©trief wegtomme, ef>e bas meiße $Rarf im Oiucfgrab unb bas ©emebe ber uttjdl)lid)en unb Sterben, 9?eijbarfeit unb ©pannfraft perliert; unb bie gulbne <&uelle verlaufe, elje ber Umtrieb bei» rieß ©eblütes burd)S ^et-j ftoeft ober fülle fielet, unb ber dinier jctlecfoe am 23orne unb bae Äab jepbreebe am ^otne, el)e bie ©efdße ber iuftrof>re unb ber lungc, momit man Obern fdjepft, erfcblaffen, unb biefe ganje fi'mfllidje unb moifierßafte 3ftafd)iene, ipeld'e beine ©ccle belebt, fülle fielet. ©cnn bec ©taub tnuf u'ieber 311t' '£tbe femmen wie ec geivefn iff , unb ber (Seifi wiebet 3U (Bott, ber \i)ti gegeben l^ar, ©er $ob ifl alfo baß (£nbe bes natürlichen iebenS, aber bie ©eele tro|t bem $0# be unb her Vertiefung megen if;rer innerlichen unb unfterblidjen Statur. £Bie nbtfjig ijt es bafter, jmar biefeö leben , fo lange es roaßrt, auf bie red )te 2(rt in ber $urd)f ©ottes ju genießen; aber auch baf# fel6e ju einer Vorbereitung unb ©aafjeit auf bie lan= ge grdnjenlcfe Umigfeit ju mad;en, im roeldjer ei* gentlid) unfer rechtes unb maßres leben angeljen folf, ju bem mir burc(j bie ©d)opfung unb Srlofung be» flimmt finb, bamit mir in ber jufünftigen VSelt eine gute ©fätte erhalten , menn f>ier feines Vleibenö meßr für uns ifl. ©as leitet uns jur lejten Vemer# fung, ©enn

ber ^ruhli«S i|? enblicb auch ein 23tlb un< (eret 2iufer(*et?ung unb ber neuen VPelt» Stfie

erjlor#

345

©er grüfyling;

erftorben unb tobt lag alles im lejtcn 23ßtnfct? ! ©ie Äälte rerfieinerte bas ©rbreicb, unb ber ©d)nee btt betfte bie $luren. Tiber tiefer Sob l;at fTcf> in leben permanbelt. SCBie alles nun roieber lebt unb grünt unb blufft! 0d)ones 53ilb unferS eigenen $ufranbeS! Sßir roachfen, bluten mie ipflanjen, perbluljen mie fte unb fmfen in ©taub juruef. Tiber unfer *Sob ift Uebergang ju einem. neuen leben, $u einer SUermanb# Jung, pon meiner ber gruljling noch fo manche anbe# re S5et)fyide aufflellf. Q3etrad)tet bie 23ermanblung einer Diaupe ju einem @d;metterling, ober eines 0a* menfornS ju einer 9)jian$e. 5ßie ungeftalt normet unb mie peranbert unb fdjon jejt '■ 0o foll es mit ber 93erroanbe(ung unfercr Permeften ieiber aud) fepn. 5ö3ir roerben gefaet perroeSlid) unb mir roerben aufer* fielen unpetroeSlid). Unfer leidiger leib enthalt ben 0toff jum künftigen ; unb aus ber 97ad)t bes ©ra= beS , aus ben ©efilben ber SSerroefung roerben mir am borgen ber Tluferfte^ung ju neuen herrlichen 0e* fd)6pfen f)erPorblüf)en. Unfere abgefd)iebene 0ede roirb mit einem ihrem funftigen 3ufambe gemdjjeniei* be roieber Pereinigt roerben ; bas ift le^re ber 0d)rift, baS ift ber HuSfprud) befien, ber felbft Pom Sobe auf# erftanben ift, unb leben unb Unfterblichtcit ans licht gebrad)t h<*t» cs fo fepn roerbe, baran tonnen

mir nid)t mefjr ;jroeife‘ln , fo Piele ^eifel unb <£in* rourfe unfere ^urj|Td)tigfeit auch bagegen machen mochte VQit bas roerbe gefd)ef)en tonnen, bas uberlaffe id} bem , ber fd)on jejt por meinen Tfugen in jebem gru^ling bie erftorbene Statur belebt, ber «Pflanzen unb $3aume aus ©aamenfornern bilbet,

9) s unb

34® ©er Frühling.

unb bem nichts unmöglich iß, was er will, unb ber nichts will, cilö was er fann. $8eldje TfugfTc^tctt in bie gufunft! 97cd) mehr. ©iefe ganje €Ö35elC wirb nicht ewig 6efte^)en , fonbern einer anbern $)l afj machen muffen. 5Bir ermarten eines neuen Jpint* mels unb einer neuen Erbe nach feiner 5>erheif ung, in welcher ©ercchtigfeit wohnet. £>as 711 te wirb Pers gehen, unb alles wirb neu werben. SOlöchfen biefe grofje Erwartungen ber Brunft uns flets Por klugen febweben unb fchon jejt in unfer ganjeS Verhalten ben mäcbfigften Einfluß aufjern. O ©otf, bu ltn« perän berliner! lafj uns ftetS in beiner ©emeinfehaft fjier leben', bamit wir auch bort t>tc^ Don 2ingefld)f ju Tlngcjicht fehen mögen. Es flnb uns noch größere Sßunber aufbehalten ; benn was bu gefhan fjflft, i$ ein 33orfpiel pon bem, was bu noch t()un will ft, unb ein Unterpfanb pon bem, was bu thun fannft. 2Bir wollen glauben an bich, ben Unftchtbaren, ber fleh burd) fo Piele Offenbarungen fichtbar gemacht fjaf, unb biefer unfer ©laube wirb einfi in <Sd;auen, in vollen ©enujj verwanbelt werben!

347

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3w<W3tg(ie Prcbigt»

©ec ©ommer*

'i^.nbctungSroürbiger ©djopfer uttb ©Raffer ber SEßelt! Pom ©efüf)l beiner ©rofje unb ©üte burdj* brungen, bringen mir bir mil finblicfter 5reube bie Opfer unferer Anbetung unb Danfbarfeit für bie lins jdf)ligen 3ßof)lff;afen , rceldje bu uns im Reiche ber Eftafur unb ©naben erroeifefi. Du fjaf* bie@onne unb ben 9J}onb gefdjaffen, baS 3Q(?r unb bie Seifen bar* nad) ju teilen ; unb ofjne 23erdnberung gehen biefe beine fjimmlifcben ©efcfyopfe ihren ©ang in if)ren un= geheuren ©leifen fort. ©ine jebe 3ahveSfte*f entfalt, fo roie bie ganje Statur, un$a()(ige 23eroeife beiner SD?ad)t, SBeisheit unb ©üte. 3m Schlinge emeuerfi bu bie ©eftalt ber ©rbe; im ©ommer bringt bu un* (er Q3rob jur SKeife, baS bu aus bet-felben machfent laffeft; im Jperbfle erfuüfl bu burd) reichliche ©rnbteri unfer Jperj mit ©peife unb Sreube, unb felbft ber fo unangenehme SBinter hat &enncd) feinen 3iu|en unb feine SBequemlicbfeiten für uns. 3a ©ott! beine ©ute reicht fo weit ber ^immei ift, unb beine 5Baf)r* heit, fo meit bie SBolfen gehen. Du fronjt baS 3ahc mit beinern ©egen; bu forgfi fürSittenfchen unb 33ie(j/ felbfl für junge üiaben, bie umgutter ju bir fchrepenj bu bereitcfl für bas grope Jjeer beiner .ftofiganger

täglich

©er (Sommer.

348

fdglidj einen wunberbaren Stifcf). ©in Sag fngfö bern anbevn; eine 9Rarf>t tfjuts funb ber anbern, ba§ bu bie liebe felbft bifl r unb bid) aüec beiner $Berfe er* bartnfl, unb jeben neuen borgen geltet beine ©üte, rote beine (Sonne, neu über uns auf,

£err, Don unausfpred;lid;er ©rofje'unb ©üfig= feie, laf; es uns bod) nie Dergeffcn, was bu aus un* t>erbienter ©nabe für uns getfjan f;a|l, nod; tf)ufl, unb ewig lf;un wirft Du biff ber hulbreid;fte Später, unb forgfi für unfern leib wie für unfere unterbliebe (Seele. SOoir beten bid; an als ben ©oft unferS JpeilS, unb bewunbern beine ©rbarmung, bie wir nid;t faf« fen tonnen. D bu, ber uns fo Diel gabt, unb jeben 2(ugenblicf fo Diele unerfannte 2S5o§lel)afen erjcigjl, febenfe uns aud; nod; ein auftnerffatueö unb banfbareS ^erj, bamit wir bid; in allen beinen SÖSerfen unb ©in« rid;tungen als bas liebeDolIfte £Befen ernennen , unb beine ©ütcr unb ©aben of)ne üDtifjbraud; nad; beiner 2lbfid)t anwenben. Did;, bid;, o bu reicher ©oft unb $reubengeber, muffe man fürchten unb ehren, Dom Aufgange ber Sonne bis ju ihrem Sftiebergange, fo lange bie Sonne unb ber SDtonb wahret, Don^inb ju ÄinbeS Äinbern. Did;, bid;, o mein ©ott unb fßater! muffe aud; meine Seele immer beffer fennen, immer treuer lieben unb würbiger Deref;ren lernen* Dir wollen wir alle unfere Sd;icf'fale empfehlen; bit wollen wir alle unfere Q3ebürfniffe Hagen; auf bid) wollen wir in allem leiben hoffen unb Dcrtrauen; auch im ^obe, wo bie Sonne unferS lebenS auf biefer ©r* be untergeht, wirft bu unfer lict;t unb £et( fet;n !

Z'y t :

349

SDer Sommer.

$ejct: (ßfalm 74, 16. 17.

unb 9?adjt iff t>etn ; t>u madjeff, ba§ bett>e 0onn tmt» ©effirne tfjren gernifs fen £auf Ijaben. £)u fe^eft einem jeglidjeit £ant>e feine ©renje: (Sommer unb Stßinter macf)e|i bu*

'Oer Tlnbiicf ber Natur, unb bie 23efrad)fung ber 5Berfe ©otteg in bei- ©cbopfung £af fo t>iel Zn* genefnneg für einen nacbbenfenben ©eiff, unb für ein enipjinbfameg Jjperj, bafj biejenigen of;ne Zweifel fefjt »ieles beriieren, welche gebanfenfog unb unempffnb» lid) gegen biefe Offenbarungen beg ©djopferg jtnb. ©oft, ber aUerI)od)jle ©eiff, roirb nid)t nnbcrg als burd) feine ‘JBirfungen befannf, unb in ade ©uigfeit werben wir i^n nid)l anberg a(g mit ben Tlugen uns ferg 33crflanbes burd) 23etrad)tung feiner Tlnfialten unb ©nridjfungen fef>en unb fennen Jemen, greifidj iff baju ber in ©innüdffeic berfunfene SSftertfd) fcljt wenig gefdjitft, beffen £erj fo »ereiteU iff, bafj er nur immer am ©efd)6pf fdbff flebt, unb nicf)t mit feinen ©ebanfen fid) jum ©d)5pfer felbff ergebt, unb ber ffd), wer feilte eg glauben? burd) bie un^äljligert SCBo^ltlpaten unb 53eweife ber liebe ©offeg, mefjr bott tiefem f)od)ften unb fedgffen 2Befen ab = a(g ju i(jnt f)inleiten Idfjc. Tiber ber bernünftige 9ftenfd), bet fromme (Efjrift fiatganj anbere SSorfMungen unb©e# füllte, © jTeljt in jeber 9?afurbegeben§eit bie ©ro(je feineg ©d)opferg unb Q3aterö ; er f)6rt in jebem £)on» nerroettcr unb fÖraufen beg ^Jleereg, fo wie in jebem

ange<

SDet ©ommcr.

angenehmen Dme ber iebcnbigert ©efcijopfe fein Jcblicb; er benwnbert tn bem Ü5au jeber <Pffonje, jebcö $§iereö, jebeß ©teineß feine SCGeißheif; unb er empjtnbef im ©cnu§ jeber irbifd;en SÖSoljls t(jat feine ©üte. Unb baß giebt ber ©eele ein fo fanfteß Vergnügen unb Qrnfjüd'en, ba§ aüe §reu* ben ber 2ßdf, bie in ftd; felbfi fo bid ©ejnnmgencß unb (Jrfünftdteß £nben, bamic in feine &>erg(cid;ung fommen Tonnen.

Darf idj e$ fagen , roo meinem eignen «Oerjen rcc^t mo^i mar, roo ich baß ganje ©(ücf meineß Da* fetjnß fühlte, unb mo id) es lebhaft badete, ba(j id) nid)t umfonft gefdjaffen roar ? (Jß mar in jenen einfas men fcligcn 2(ugenbh'cfcn, roo id) enfroeber in einer flitien TIbcnbbammerung, ober an einem Reitern S3iors gen über mid) unb mein SSerhaitnifj gegen ©otf nad)s bad)te, mo ich etwa ‘n einer offenen ©egenb ber 9Ra* tur mein 7(uge unb «fterj jum Fimmel erhob, unb mit Jebenbigfeit unb s3en)ufjtfct)n mir fagfe: Diefer all* mdd)tige ©ott, beffen Dafepn bie ganje Dtatur pre« bigt, ifi auch mein ©d;öpfer, mein ©ott unb mein £>ater'. 3ebeß Vergnügen, baß mir burdj bie @inne juftromt, jebe ?XSof)it^af , bie id) genieße, ifl ein Q3es weiß feiner ©üfe, unb ich fann »hm nid;t miffuüen, roenn id) mid) recht f5eri^d) barüber freue, unb tau; fenbmal baran gebenfe, miefehr er mid) in feinem ©ohne geliebt hat!“ ©oid)e ©cbanf'en unb (Empfin? bungen haben ber. flarfflen ©influfj auf bie Q3effe*» rung unb Beruhigung unferß ^>c rjenß, unb fe()r viele unter <£u1j wiffen baß gennjj auß eigner €rfa(j* rung.

$ujjer

0a’ ©ommer.

35*

ftufj« biefer Tfamutlj unb biefem 9iu|at , wo# mit bk (Srfenntnifj unb Semunberung ber natürlichen Singe oerbunben i|T, ftnben fid) an bemfelben noch fo manche Umftanbe, bic unß baß £ftad)benfcn über bk# felbe jur Pflicht madjen. 2ßaß fann woi)l für einen mit Vernunft begabten 5Uenfchen wichtiger fepn, alß bie Sefchaffenheit unb SCßirfung aller Singe richtig cinjufefien, womit er umgeben ift? Sie UnmijfenljeiC biefer 2frt ift eine CUielle Pieler traurigen folgen, unb rdcf>t jidj an bem Üflenfdjen felbjt burch ben Tiberglauben unb bie Sunfelbeif, in welche er baburd; gefiürjf wirb, ©ß fann hoch wahrhaftig bem nicht mißfallen, ber mich f<huf unb auf bkfe 2Belf fe^te, bielmehr mu£ feinen gndbigen Beifall haben, wenn ich aufmerf# (am über baß nad;benfe, waß mich am nddjflen um* giebt , jumal wenn ich baburch in ben ©tanb gefcjC werbe, manche ^»eilfame Q35af>r^eit $u lernen unb ju üben, welche er mich baburch hflt Iehrcn wollen. Un» fer ©rlofer felbji bebiente fleh oft fdjidlicher Silber unb ©leid;nif[e auß ber 9iatur, bie SÖtenfchen auf baß ©ciftlicbe ju leiten, unb fo unferer Ohnmacht unb ©ir.nlichfcit aufjuhelfen. ©ud), fagt er ju feinen Tlpofleln, itfß gegeben, ju wifien bic ©eheimniffe beß £Keid)ß ©etteß, benen anbern aber in Silbern unb ©leidjniffeit.

iafjt unß, meine Srüber! in biefer Tlbfichf , jejt über eine ber angenehmfeen ^abreßsciten, über ben So m nt et nad;benfen, ber fleh halb ju ©nbe neigt, unb in bemfelbcn bie ©puren ber göttlichen Jjpcrrlidj3 feit betradjten. SQSir werben habet; ©elegenheit ge# nug haben, unß auf eine Pernünftige Tlrt ju erbauen,

unb

352

©et ©ommer.

unb burd) tue Dielen ©egenfidnbe/ bie er jum Sftachbenfen barbietef, unö feu?o^>f in ber d)ttji* licken XTeie^cit, als im i£ifec 3 um ( Bitten ju befeßigen.

Daö erße, mag ftdj unfern Tfugen in tiefer ^alj* teöjeif gleicßfam aufbringt, bie 2>efd;affenheit unb SBirfung ber ©Ottiie, weld)e burd) ißre ‘Eßdrnte unb ^)i(^e ben $he'l ©rbbobenö, wo ©ommer iß, burd)bringt, unb bie fruchte jur Dieife bringt, Das muß ein großer $err fepn, ber fie gemacht hat'- © ie baö iid)t, baö ben “Sag regieren foll. ©ie machet ben Unterfchieb jwifdjen Sag unb 3ftad)t, Jwifdjen ©ommer unb hinter. ©d)on beinahe fedjötaufenb ^Jahre hat fie , wie ade anbere@efiirne olme 'llbnafy* me ifprer Grafte ihren gewiffen lauf gehabt. ^fjre erßaunliche ©roße bemeifet bie ?{llmad)t ißres unenb# liehen ©d)opferö. S3emerfet habet) bie große 2Beis* heit, mit welcher er ihren ©tanb unb Sauf fo georb» net haf/ baß alle feine gütigen 2fbfld;ten baburd) Doll# fommen erhalten werben. Denn wäre bie ©onne unferer ©rbe naher, fo würben ißre ©fragen alles Derbrennen; wäre ße weiter entfernt, fo würben wir bie gehörige $ßärme nicht baburd) empfangen fbnnen. Unb wie groß nicht habet) bie ©ufe beö allmadjti# gen unb weifen ©d)bpferö? ©in alter QBeltwcifer ber gefragt würbe, warum er gefeßaffen wdre, antworte# te: Die ©onne anjufeßen. Sfßefdje <Prad}f jeigt bie# fer hertlid;e 'Sßeltforper bet) feinem Tfuf unb Unter# gattge! $reilid) wirb ber, welcher bie fTiad>t $um Sa» ge, unb ben Sag jur £ftad)t macht, wenig an folche SJefcfjaftigungen benfert, unb wie Diele mögen in ber

SBelC

5ß5cft leben, wefdje niemals t»ie TDiorgenfottnc in ißret 0d;onßeir aufgeßen faßen, cs mußte Denn fe$n, baß fte ungefaßt* naeß ißren ndtf)tlid;en tfuSfdjmeifungen «rß ju biefer 3eit an bie Üfußc bes 0cßlafs bac^fen^ n?o aber r ©eiß gewiß wenig gefdßcft unb aufgelegt war, bie $errlid;feif bcö ©cßopfers in ißt* ju bewun* bern. ?(d> feilte es benn ju piel SOiüße feijn, juc ©ßre bes 0d;epferS in feinem leben roenigßcnS ein# Ittal bie 0onne aufgeßen 511 feßen? SOGenn bieß in* bejfen ju feßr ©eßwdrmerct) fcßeinf, fo füllten wir wes nigßens bebenfen, baß wir oßne bie fdglid;en SCßirs fungeti ber 0onne nießt [eben fontten. 0ie erwärmt, fic belebt alles; ße foeßt bie $rüdjfe, bie wir gerne« ßen; ße gießt ben 9)ßanjen ißr SSacßstßüm; bem@es traibe feine fJvctfe , ber 9?afur ißre ©djonßtit, bec 5ßelt ißr ließt. 26er fonnte woßl bcp ißrem Tlnblicf unempnnblid) bleiben? £s war fein 26unber, wentt bie alten Werfer , benen aueß noeß bie jeßigen folgen, biefes ßerrließe ©efeßopf für ben ©cßopfer felbß ßiefc ten, unb ße mit göttlicher Anbetung Pereßrten. Demt unter allen ?(rfen ber Tlbgbfterep biefe ned) ant weißen 51t entfdndbigen. Die 0onne ber lebßaf» teße 2lusbrucf unb bas erßabenße 53ilb ber ©ottßeif. 0o wie bie 0onne bie 0eele, bas liebt, unb leben ber 26elt iß: fo ißß ©oft für bie 0onne unb alle an« bere ©efeßopfe. 26as bie @onne für bie natürlidje SBeft iß, bas ©oft unb feine ©nabe, bas $itfuS unb fein $etl für bie ©eele. Niemals will id) alfo bie 0onne anfeßen, oßne an ben ju benfen, ber in bie 2Belt fant als ein ließt, alle Uftertfdjcn $u crleud;» (en, unb an ben, ber in einem lid;te woßnet, in Stveinr wm, £ welcße*

2Dcr ©omtmr.

3f4

tocldjes fein fietblidjes “Jluge bringen fann. £>ergi|j es benn nie meine ©eele, was ©oft an bir getf>an fjat. 23etrad)te nie bie aufgefjenbe ©onne, of)ne an ben elenben Sdtpunft bid> ju erinnern , wo ginfiernifj bas ©rtrcicf) unb X)unfel bie Golfer bebetf'te, bas burd) nid)ts anberS a(ö burd) bie aufgel;enbe ©onne ber ©ered)tigfeit jerftreut werben fonnte. 333enn idj iicbt, ieben unb £ßärme non ber natürlichen ©onne cmppnbe, »ifl id) »nid? jug(eid) an bie ^Bofjftfpaten erinnern , bie mir burd) bas nie! herrlichere £id)t beS <5ioangelii ju tf?ei( geworben finb. Unb wcldje 3«*C wäre beffer gefd)itft baju, als ber ©onntag, ber non ber ©onne feinen Spanien ( )at, unb an weld)em meh ne ©onne, mein ^»eilanb, mein 3;efuö aus ber9ftacf)f beS ©rabeS unb Sobes aufflanb? 9)lit jeher neuen «Öiorgenfonne will id) mid) ber erneuerten ©ute mei# nes ©otteS unb (ÜrlöferS freuen; bie SDfrttagsfonne foll mid) an mein iebensalter erinnern, bas jtd) jum Untergange neigt, unb wo id) rnivfen mufj, weils Sag ift unb bie Tibenbfonne unb ifjr Untergang an bie STiadjf, ba Sftiemanb wirfen fann. Unb (jabe id) ©ott jum greunbe: fo ifi alles ©onnenfd)ein in ber ©ecle aud) ju ber 3eit, wenn bie ©onne i&* ten ©lanj Verlieren , ober nicht mehr fetjn wirb,

(£in anberer eben fo widjtiger ©egenftanb jur 23etrad)tung im ©onimer, ift bie grefee </>tge nebjt ben halber entfte^enben fi)tx?ulen Etagen unb figen ©ewittern. 2lud) bie§ l;at ber grojje ©d)6» pfer ber Slatur mit großer ißeis^eit unb ©ute georb* net. greilid) f>at bie grojje ©ommerfjifce befonbers für

foldje

©et ©omtmt*

355

fofe^C/ wefefje bet) i^>fcn Tfrbeiten bet*fef6cti auggefe|c ftnb, mand)e Unönnefjmlid)feiten , ober fte fjot aud) «inen weit großem #Ui£en. 'Set "tfllgütige f>at unö nid)t an (£rfrifd)ungen fehlen la|Jen , biefe $ifie abju* füllen, urtb niemals i(t bie Dtuf;e fujjer, als nad) ei* nem »erlebten fdjwulen $age, an beffen geperabenb ber arbeitfamc ianbmann in feine ftille Jpütte jurücf* fe^rf. £>()ne©ommer()i|e fonnte ber Sraubenfaft nid)C abfod)en, baß Obfl unb ©etraibe nid)t reifen, unö manche $3rut »on gieren ni(f)t gebeifjen/ bie jur(£r* fcaltung bes ©anjen bod) fo notljig finö. Sa ferner bie iufc burd) bie Jpifje fe^)r außgebelmt wirb, fo ent* flehen bafjer SBinbe, ©türme Stegen unb ©eroitter, welche bie iuft reinigen, bie gelber bungen, unb unß folglid) $3rcb unb ©efunbfjeit »erfdjaffen Rolfen. (£s Ift wafjr, ein ©ewitter (>at für ben fdjwadjen frirjjtd)s tigen 9Jtenfd)en »iel gurd)terlid)es; es if unmöglich/ bafj er bei) einem fo majeftdtifdjen Auftritt in berSta* tur uncrfd)üttert ble&en fonnte; unb er foflte aud> nid)t. ©ott ofenbart feine ©roge unb SOtacfcf niemals ftcbtbarer, als in einem Sonnerwetter, wo ber J£>im* mel fid) mit fdjwarjen SOSolfen umjiefjt, pfeilfdjnelte SÖlifee biefelben burd;freu|en, bie 8ßafferwogen be$ SHecreß braufen, unb £6alb unb gelb »oü Q:f)tfurd)t fd)weigen. Sie ©timme beß $errn geljet auf bert SQSajfern, ber ©ott bet (üffjren bonnert. Jpier werbett wir wie gezwungen, an ben allmdd)tigen ©d;opfer ju benfen, unb unß Pot ifjnt in ben ©taub fjinjuwerfen» Siefe feine ©timme erfdjüttert Ijarfe Jpetjen eben fo* n>of)l wie bie Ijatte €rbe, $Bie mand)en SXUenfcfeeit warf baß ©djtetfen beß ©ewitters, wie jener 2MI&

3 2 »om

©er ©ommer.

356

pcm Jgmttmel ben ©auf ju Q3oben unb füßrte ißn ©oft. ift ein feßr merfwürbiger Umftanb in ber iebenßgefdndjte iutßerß, baß er ju ber Seit/ alß ein QMifcjtraßl feinen ltnmerfitätöfrcunb bet) Erfurt auf bem gelbe an feiner ©eite tebfefe, bcngeiftlid)en @tnnb unb größere grommigfeit gelobte. konnten wir baß unftd)tbare ©eifterrcid) ju fo einer 3eit überfeßen, wie piele ßeilfame Gmpftnbungen, Söorfdße, ©eufjer unb Üiüßrungen würben wir in taufenb ?0]enfd;enfeden er# blid'en ! ©ie 0ünbe perlicrt auf biefe >>dt ißre Jperr= fcfjafr , unb üvcligion unb grommigfeit nehmen baß ^epter. ©er gotteßpergefjene 9Jienfd) jittert jejt Por ber ?9iajeftdf feineß Jperrn, ben er fonft md>t achtet, wenn er in bie Ginfanifeit jurücfgefd;eud;t unb jum Stacßbenfen gereift wirb, unb ber gromme beraum bert in biefer 9>rad)t ©ctfeß bie Große unb Gute feineß ßimmlifdjen $>aterß,

Tiber nicht nur in ber jtftlid)en, fonbern aud) in ber natürlichen 3ßelt ßaben ©ewitfer ißren großen Sftußen. ©er Grbbeben wirb baburd) aufgeloderf, unb baß fanb wirb burd) befeueßtenbe ©ewitterregen fruchtbarer, ©ie Suft wirb baburd) non fetten falji» gen unb fchmefelicßen ©ünßen gereiniget, unb ber Sftenfd) atßmef freper unb ift leichter, ©ie Gewitter# regen bringen biefe befrud)tenbe 0alje auf bie Grbe Ijerab, unb bie^liße, welche auf t)ie ©dfte im^ffan» jenreieße wirfen, beforbern baßer baß SEßacßßtßuin in gelbem unb Garten am weiften, tteberalf ftralt alfo göttliche ‘SBeißßeit unb Güte in ben Ginricßtun# gen ber Sftatur ßerPor* Gr ließ fein permeintliche^

Uebef

©er ©ommet.

357

Uebelju, baö nicht bie gna&igfle 7(6fTd)( unb millionenmal Pon ^SSofjlfart^ uberwogen mürbe. ©off ifl fo gütig als groft '• ©emitfer finb forool)! Gefchenfe feiner ©nabe als ^eroeife feiner DJJacfjf ; auch unter blenbenben SSii^en flralt feine oaterliche ©ute fjeroor, unb feine brullenben üDonncr lofen fid? cnblich in fanfs te Harmonien auf,

Tlllein, ich fjore fiier einen (üüinrourf. 9tid;tef baS tlngeroiffer, fagt man, nicht Piel 93erroüjtun<j an? ^ann nicht einfd;lagen unb tobten? SOßdre es nid;t beffer, wenn ber Tlümdchtige es fo eingerichtet hafte, bafj bet; jenen heilfamen 503irfungcn nicf;C fdjdbiich rourbe? £ßer fann ^Öurge fepn, bafj ber 23(i£ mich nicht tnft? Unb roenn er bich trdfe unb tobtete: roarum rooütejt bu fo lange jittern? nicht beftimnit, einmal ju flerben ? SCöenn bu bereit &ift ju gerben : fo erfcheine ber $ob frul;er ober fpater in einer angenehmen ober fürchterlichen ©eftalt: er wirb bir allemal ein 33ote bes Gebens fepn. ©ö ift clöbenn fetneöroegeö ein göttliches ©trafgericht, fon* bern ein 33eroeiö göttlicher ©üte, roenn ©ott eineö feiner Äinber, ftatt langfam auf einem traurigen Äranfenlager unter peinlichen 0d;merjen feufjen ju laffen, burch einen plo^lichen ©d)lag ju fleh nimmt, unb rote ben ©liaö gleichfatn in feurigen $Bagen jutn dpimmel ab^olf. ©ntroeber ifi alfo aujjer ber ju großen Sfterpenfchroache, unb SÖSeifhlidjfeit ein bofeö ©eroiffen , unb ein unbereifefer ^ujbnb, ber unö eine gar $u grcjje Tlngfl bet; ©eroiffern einjagt, ober roir machen unö nicht bie richtigen SÖorftellungen Pon fei»

3 3 ««

©er ©ommet.

358

ner Sftafur unb 53efcbatfenljeif, Die 3<»hl bererjenigen, reeldje im Ungereifter erfd)lagen reerben, flehet audj mit benen, bic eines natürlichen SobeS (Serben, in ei* nem gar ju geringen SSerhdltnifie, als bah uns her ©ebanle beunruhigen fonnte, bafi reit gerabe bie ree» nigcn fetjn füllten, bie unter taufenben unb Millionen auf biefe 2lrt aus ber 5ßelt gehen *). Unb reas fla* gen reir noch, ba ©ott uns auch SBerflanb gab, Q3li|* leifer ju erflnben, unb uns gegen bie 203irfung befiel* ben in (Sicherheit ju felgen? 5ftan entferne fid) bon ausbünflenben $b*crctl> bon Metallen, SßSänben, Senflern unb Defen ; man bermeibe bie 3«gluft ; man flrebe bor allen Dingen, ein gutes ©ereifien ju ha* ben; unb bann fonnen reir flille fihcn unb ruhig auf ©oft hoffen, ree(d;er bie ©ereifter aus ben reeifeflen Urfachen juliefi, unb fid; auch ha als einen recifen unb gütigen SSater jeigt, reenn er einen $ftenfchen um bes Sfiuhens unb iebens bieler SDiillionere reiüen gerben Iaht, ©o reill ich benn , mein SSaterJ in allem auf bid) fehen, ^ch reill bor bic niebetfallen unb beine ©t ohe anbeten, reenn es bonnert; aber id) reill mich auch habet) erinnern, ba§ bu bie iiebe felbfl bifi. 3$ nur alles ruhig unb flille in meiner ©eele, fo mag bie ganje 9Rafur um mich in Tlufrufjr gerathen. TllleS reill id) aus beiner Jpanb als ©efdjenfe bon bir annelj* men, SOSeifi ich nur, bafi id) bein Äinb bin, fo muß mir alles jum Teflon bienen. Der Srengeifl, ber bid) nid)f fennt unb ehrt, mag als ©clare bor bir jittern; id; reeijs, id; bin bir angenehm, unb reenn

bn

*) Unter 750,000. lobten, welche in 30 fahren in Com bon sefwcbcu, (inb nn^tvey vom ^>lifc setztet tvorben«

©er kommet.

3 J9

tm mid) audj {m ©eroiffer tobten roillft, ~fo finf id) fdmell unb plohlid) in bie Tlrme beiner iSarmherftig* feit unb liebe, bie mich jum ewigen leben erfdjaffen unb erlbfet hat.

lafjet uns ferner bie große ^rucbtbarfceit:, unb ben Äeicbt^um unb Ueberflujj ber iftatur beben« fcn. ©ott wie reiddtd) haf* bu für beine Äinber auf (£rben gefergt, baß ße an nichts einen Mangel babett mochten, gür alle ©efd>opfe ift jeben £ag ein wun* berbarer ^ifd) gebeeft, unb wo id) nur mein 21ug bin« fef)te, in ber luft, auf ber @ibe, im Sfteere, überall finbe id) Mittel meiner Glättung unb meines SSergnü« gens. £)ie luft, welche id) febopfe, bas iid>t, welches mir leuchtet, bas geuer,baS mid) erwärmet, biegrüd)3 te ber €rbe, welche mid) nähren, bas Gaffer unb bec Stranf, ber mich erquiefet, bie ^h^re, bie ereile ju meiner Nahrung, t^eitö ju meiner Jpülfe unb '£equem(id)feiC bienen; alles, alles iSeweife ber ©üte meines ©ottes! JJnSbefonberebeweifet er feine liebe gegen unsbaburd), baß er nid)t nur für baS Sftothwcnbige gefergt, unb feine 5Boblt()aten uns nicht mit farger unb fparfamec $anb fonbern recht reichlich unb in großem Uebciflufle ausgetheilt (wf. £r hat c^n roo^ für unl'er gnügen, als für unfere 9Rotf)burft gtforgr. ^nnir« be mein leben fdjon erhalten fonnen, wenn id) auch weiter nichts als IBurjeln unb SQSajfernu meiner Iftah* rung hätte. “über ©oft ofnet mir gleicfcfam alle $*or« rathsfammern ber Sftatur, um mich recht oergnügt unb fröhlich ju machen. <£r forget für mein Tluge für mein ©ehor, für meinen ©efehmaef unb alle

3 4 wbrü

©bmm«.

360

übrigen ©innen. 3)ie 9iafur giebt mir im ©ommet einen entjüdenben 2inb(icL Sie Gfrbe Id^f unter mei* nen gü§cn beblümte liefen unb ^et&etr afd ©ammf ouffproffen; beluftigt mein Tluge burd) if;te grünen ©ewaebfe unb febonen Blumen, öergnügf meinen ©e< rudj burd) bic lieblid)fien balfamifd)en 'Äuöbünflungem unb ber ©efang ber 33ogel, womit fie bie iuft etfüfc len, enfjüdt mein Dfw*

533er fann jejt einen ©pajiergang in ben $*ef< bern nehmen, unb bie roaüenben ©aafen beö ©etrais be£, bas in ©olbfarbe jur (Srnbte reift, oljne 53ewun* berung, Vergnügen unb £)anf fef)cn? X)er S83a(b t>on Äornfjafmen, mit beffen ^Gipfeln bic 3Binbe, wie mit CBellen ober SÖSolfen fpielen, lobet unö jur 33cwunberung ber5Sorfid)t unb SBeiö^cit ©otteö ein. “Hm §ufje biefeö £BalbeS leben unjafjlidje ©efd)opfe. SDer Qxiu ber 'Mefiren unb Jpalmcn felbfi, wie wun» betpoll, wie weife! Süßdrcn fie hofjer, fo würbe ber Sftafn’unggfaft nid)t fo gut f)inanbringen, fiünben fie niebriger, fo würben 33ogeI uub onbern $(jiere f*c erreichen, unb unfere €rnbfe fef>r fdjmdicrn. SOßaren bie ©tengel fd;wdd)er, fo fnücften fie bei) fiarfem ÖBinbe ein; unb waren fie fidrfer, fo frodjen $elb< tndufe unb ^nfecten heran, ober $>5gel festen fidj häufig barauf unb h)ncften bie reifenben Corner auö. ©cbfanfalfo, aber mit einigen knoten, wie mit ©tüljen unb fefien Dieifen umgeben ; bie 2(el)re mit ©fachein oerfdjanjf, bamit iljr nichts fo leid)f fd)abe, raget biefe ©pcife bcö 5Kenfd)en über bie 9?afjrung ber $()iere h«&or* Rolfen begiefjen fie, bic @onne

Durch j

£>et ©etmtter.

36t

fcurdjfochf fTc unb ’&ßinbe füllen ft<2 a6. ©öS ©etrai» be wdchfet jwar nidjtPon fld> felbfl; benn ber 93lenfdj fotlfc haben geübt werben, unb nur ba ju ernbtenfjofc fen, wo er gefdef f)at; aber bep hinlänglichem §(eifje wdchfl cs bod) unter allen .fpimmelsgegenben, unb mit weit leichterer SUlühe, als bte fPflanjen unb ^rudjfe, Die blofj jur lufl Dienert. $ßie groh ifl überhaupt bie 7£njn^l ber fPflanjen unb trauter! wie oerfd)ieben iljt «Sau! wie abwechfelnb ihre ©ejlalf! wie nul$lich i(jt ©ebrauch für bie Nahrung ber $ftenfd)en unb ^(;iere, für bie Neuerung, für baS ©etranfe unb für bie Jjpeif* funbe! ©0 unjdhlig auch bie Millionen »on ©efcf)w pfen ftnb, fo ftnben fte hoch afle jeben Sag ifjrenSifch bereitet. Tille warten auf if>n, ben großen ©eber, ber felbfl baS @d>repen ber jungen fKaben hört unb alles fdttiget mit 3öof)lgefaüen. 0o weife, fo grob, fo gütig ifl ©oft in allen feinen Tlnorbnungen. @0 triefen nad) bem TluSbrucf beS ^Pfalmiften, feine $u§s tapfen pon §etf, pon Dieid)tf)um unb Ueberflub. ©r macht bie gelber ifo fruchtbar, bah aus einem einzigen ©amenforn eine ganje ©rnbte werben fann. ©er 5ö3ud)crer mag bepm Tlnblicf einer reidjlidjen (Jrnbfe jagen, weil fein ©eifj einen ©tob erhalt : aber id) will mid) freuen, ba§ ©ott nicht nur für mich fonbern für Millionen anbere ©efdjopfe fo Paterlid; unb liebreich forget.

©eld?e ©ebanfen unb Sßorflellungen muffen notljwenbig unfer Jperj rühren, wenn if>m alles baS treuer ifl, was ©ott betriff, ©enn wer fann baS wiffen, of^ne poni lebhafteren ©efufd ber ©rohe ©ottes, unb ber ©anfbarfeit gegen ifm burdjbrun»

3 5

£5et ©ommw.

3^2

gen ju metben? ©iefe ©anP6arPeif jefgf fldj barinn am beften, menn mir bie unß von if)m verliehenen ößohlthQten nad) feiner 2lbfid)t anmenben. iaffetunö inßbe'onbere lernen, mie and) mir in allem ©Uten tvaebfen fotten. ©er (Sommer ift ein s23tlb beß 86ad)ßrf>umß. %85ie P ein unb unmerpiid; fprofjte baß (Saamenforn im grüljlinqe aus ber Erbe hervor, unb $u melrber lange unb gcftigPeif ift jejt qebieljen. ©ie fluten finb abqefallen , unb unter bem 0d)u(jfc beß grünen laubmerPß finb biegrüd)fe$um ©enufjher* angereift, @o müfjteft bu o Ef)r,ft/ efmaß ju mer* ben fud)en jum lobe ber ©nabe ©otteß; bu müfitefl nid)t immer febmad) bleiben fonbern auch flarP rnerben, tvadjfen in ber ErPenntnifj unb in allem ©uten, unter bem Einjluffe unb ber ieifung beß ©eifieß ber ©na= ben. $Benn (Salomo ben faulen jur Tlmeife meifef, bie im @ommer ihre (Speife fammelt, bamif flc im SQSinfer nicht barben barf: fo ftnben mir hierinn eine fel;r mid)tige Ermunterung , bie frühem 3a^l’e un* ferß iebenß fo anjumenben, bajj unß im Tllter nicht gereuen barf, gelebt ju haben. $ßir Ponnen bei) Äornfelbern fefjr leid;f felgen, meld)er lanbmann ein guter 9Üßirtf) gemefen , unb feine gelber im grühlinge forgfaltig beflellt, gebüngt unb gepflügt habe. J^agefc fchaben unb ©emitter ausgenommen mirb, baß gelt) ihm gemifj reid)lidjer unb beffer tragen, alß bem 9ftach* lafTigen, ber feine nieder außgefogen ober vermilbert hat liegen lafTen. ©iefeß 5)ilb ift fel;r gefdjicft , um baß verfd)iebene (Sdjicffal, fo mie baß verfd)icbene ^erhalten ber 9Jicnfd;cn in ber ftttlid;cn SCBelf abjus malen.

©er ©ornrner* 3*3

©o fefcrreid) fann uns bic Befrachtung ber 9TCa* (ur werben, unb baß mu§ unb mirb fle, wenn wie flets unfer Spt rj habet) ju ©ott ergeben, if)n in allem preifen, unb i£m für alles banfen. 3a, unenblid) reicbcv ©eher unb gr&alter, gelobet unb angebetet fct> bein fjeiliger 9lame! Du fdjenffi uns ü\egen urtb «Reif, $rojt unb ©onnenfd)ein, Sonnet unb ©tür* me! bu roei&t, n>ie not^ig jebes jum ©ebenen bet Äornfelber fep, bie unfere ©peifefammern firtb. Du mageft $£au unb ©onnenftralen mit 5ßeisf;eit ab, TUlgutigfter ! beine TOilbe unb ©utt&atigfeit über# fleigt alle unfere Erwartung unb begriffe. ^ ©o Diel tfcutf bu jur (Jr(jaltung unferS Körpers! burfen mir noch jroeifeln, bafj bu aus liebe beinen ©ofcn für um fere ©eien gabfl ? Unb wenn bu biefen febenftefi, burfen mir nid)t hoffen ba§ bu uns alles anbere mit j£m fdjenfen merbefl 1 £err bie £rbe ift doü beinet ©uter. Bergieb es meiner Dfmmacbt, wenn icb bein 5ßo&H&mi nid)t fo rourbig ergebe, als id) feilte unb tvunfd)te. Tiber bie 5Borte fehlen mir, es auSjubrü« den, mie gnäbig liebreid) unbtDol;Ul;äfig bu bift. 2>dj bin jejt überall mit ben 2ßunbern beiner ©ute um= ringt. 5ßeld)eS foü id> juerfl rühmen? mo foll id) fielen bleiben? m füll id) in meiner Bemunberung aufl)oren ? Das <£rnbtefelb ift ein unenblicfjer ©d)au* plal| beiner ISSunber. 3d) n>iü baruber nad)benfen: o laß alle ©efd)öpfe mid) ju bir ben @d)6pfer fuhren ; benn bie£ aüein wirb meine Betrachtung ber DTatur heilfam unb wichtig madjen. Die £r?enntnifc beinet liebe ^crrfd>e flets in meiner ©eele; fie ermerfe mid) jum Bmrauen auf bidj; fie beforbere meine Bufrie*

ben«

©ec ©ommct.

564

kenfjeif ; fie treibe mtd) an, bid) über aöes ju furzten imb ju lieben. SEBie un&erantmortlicb mürbe id) ^an« beln, menn id) beine liebe mit Jjafj ober 93erad)tung Vergelten mollte? SEBie menig mürbe id) bie $ortbauet keiner ©tbarmung »erbienen, mer.n icf) mid) nid)t ba* kurd) ermuntern lie§, nad) beinern ÜEBohlgefaüen $u fire# ben ! biefe 2(bjid)f (a§ an mir burd) bie Betrachtung keiner 'SEBerfc erreicht merben. ia§ bie Statur eine 0d)u(efür meinJjberj fet)n,in meld)er ich beine ©to§e unb mein Sftichts, beine 2EBo()!fhaCen unb meine Un* roürbigfeit täglich flubieren möge, um meifer unb beffer ju merben. $)ie§ mirb ber SBeg fet)n, auf mel« ehern id) mir alöbenn immer mehrere unb größere SEBohltfcafen besprechen fann.

(£itt imfc 3wari3t3(ic pretugt.

£)er £erl>jt.

%ym, bu allmächtiger ©off, ber bu ben <£rbfreis, unb alles maß er in fief> hält, gefcßaffen §a|l, mir be# wunbcrn beine große SDiacht, 5ßeis^eif unb ©ute, womit bu für alle beine ©efd)opfe unb aud) für unö unb unfereGeburfniffepäterlidj forgefl. Seine unflcßf* bare ©ott^eit roirb aus ben $03er!cn ber ©cfjopfung erfannt. Su fjaft bid) ben Golfern nid)t unbejeugt gelaffen; bu hatf Por Tllters große Sitten, Beiden unb ^Sßunber gefßan, unb bie heilige ieljre unb d)rifts liehe Oveligion , bie mir befennen, ifl burdj außeror# bentlidje Gegebenheiten genug beflätigf, unb il)r ba$ ©iegel ber ©ott!id)feit aufgebrucff.

216er bifl bu nicht ber allmächtige ©oft meßr? 3fl bein Tlrm berfurit? dg)nft bu aufgeßbrt 2Bunber ju tf)un? 0 bu bifl noch immer berfelbe, nur baß mir ju fur9fid)tig unb nacßldßtg finb, bid) aus beinen GSirfungen ju erfennen. Ser Fimmel befiele noch burd) bein $ßort; bu bifl ber Jputer , ber nid)t fd)läf£ nod) fcßlummert; eine 9ftad)t fagts ber anbern, ein Sag fagts bem anbern, baß bu gern beinen ©efdjopfen wohltßuft, unb unfre eigne Erfahrung leßrt es uns, baß bu uns allerlei) ©uteß reidjlid) ju genießen gie» befl, unb baß mir ein ©egenflanb beiner über alles wadjenben unb alles regierenben Gorfehung finb.

£crr,

$66 £)er «^Krbß.

Jjje rr, burd) beffen Tfuffc^ctt unfer Obern 6n roahtt roirb , mir banfen bir für alleg ©ufe, bag mir aug beiner uncrfc^opfÜdjcn ©nabenfulle genießen. 4?ilf nur, baß mir bid) immer bcfTer erfennen, unb bir immer treuer bienen. 5£ir empfehlen ung bir unb alle Gegebenheiten unferg iebeng in beine Patcrliche Obhut unb 2(uf|id)f. leite unb füfjre bu ung nad) beinern Dvath burd) biefe 5E6elf, unb nimm ung etnfl in ber Emigfeit, jur hinimlifd)en ^reube auf, n>o mit ned) mehrere unb größere Geroeife beiner J£errlid)feit fehen merben !

Settt ipfalm 145/ I5‘ 16.

Ziffer Slugett tuartett auf bidj, unb bu cjtebcfb ifjtten tfjre 0peife ju feiner Seit. £)u tfjuft beine nülbe Jjpanb auf, unb erfüüeft al* le$, roae lebet, mit SBofjlgefaÜen*

^nirner eg Pon ben $einben ber d)riß(id)en SKeligion eingemenbet morben, baß fle ©eheimnijfe enthalte , bie mir nid)t begreifen tonnten, unb SCBun; ber, bie in unfern ‘Jagen nid)t me(;r gefd)d(jen. Allein oft ihnen aud) mit Üied)f fdjonldngß entgegen gefejt morben, baß bieSßatur unb Einrichtung ber ‘Oinge, bie mir Por Tlugen feßen, eben fo Piel ©eheimniffe unb ßBunber in fief) faffe.

9J}an befebmert ßd) alfo juerfl baruber, baß bag Epangelium (Bietycim mfje enthalte, bie über unfern 5>erßanb giengen. SEBie eg möglich , fragt man, baß ©ott ‘ISKenfd) merben, baß ber ©eiß beö'Jlümd^*

tigen

367

eifert auf eine menfcblid)e ©cele rnirfen, baß ein int 0caube »erroeftcr ieib mieber aufs neue gefeßaffen mer# ben fonne? 'Mein, mie eS moglid), fann id) fra* gen, baß beine ©eele mit beinern ieibe in einer fo im nigen 23erbinbung ßefjen, baß miß bem eleftrifd)en g-unfen eine ent^ur.bbare Materie entfielen , baß Sftagnef Sifcn an ftd) ßeßen, baß eine verbrannte fPßanjeroieberaufblühen, baß bie im hinter erftorbene 0d)opfurtg im grülßing aufs neue grünen fonne?

Sben fo vergalt es ftd) mit ben 3Bunbern , mef# d)e in ber ©d)rift erjagt rnerben. $ßie mar e& mbg* lid), fonnte man frag n, baß 3efu$ bureb feinen $ßil# len auf ber J?od)jsit ju Sana Gaffer in Sßein verman# beite; ober baß er fünf taufenb <3Jlenfchen mit fünf ©erßenbrobten fdttigte? Unb mie es möglich, faßt fld) fragen , baß bis jejt noch ber Cffiein aus ber Srbe mäebfet , ober baß viele Millionen 9)}enfchen auf bem ©rbboben nod) täglich burd) bie in bte 9?af)rungSmit* fei gelegte ^raft erbalten rnerben fonnen?

TUles lauft julejt barauf hinaus, Öaf$ mir ge» tviffe 5£irfungen ber göttlichen 2lllmad)t feßen, unb nur nid)t begreifen fönnen, wie es bamit jugeße. ÖCir müffen es bod) jugeben, baß eine unenblicbe 101= mad)t mehr fßun fonne, als mir bitten unb verßeßen; baß eine ©ad;e mahr fet), ob mir fte gleich nid)t be* greifen; unb baß ber ©ott ber 23ibel auch ber 0otC ber STtatur fet), ober mit anbern Sßorten, baß bie ÖBunbcr, roelche mir in ber ©chrift lefen, nichts an# bers ßnb, als bas, maS mir täglich Vor klugen fe= f)en. 3" einer folchen Harmonie ßeßet bas SKeid) ber . Sßatur unb ber ©nabe, iaffet mich von ber je^gen

34«$#

368 ©et «f)erbfk'

^ahresjeit, beut i^erbji, wo ©off hungrigen iait* bern in reichlichen ©rnbten i§re @peifc gicbf; unb alles mit S£6of;(gefatIen fdttiget, (Gelegenheit nehmen, biefc Betrachtung weiter fortjufeljen , unb ob er gleich aud) in fo mancher anbern Tibftcfjt lehrreich ifl, fo miß ich mich hoch jejf auf einen Jjjauptgebanfen ein* fchrdnfen, nämlich auf

©te nodj fortbauernben SfBirfuttgen bec güft« liefen Allmacht in bec SSorforge für alle unfere $3ebürfnijfc.

iafief uns \ u e rfl fef;en, auf maö für eine indch* tige 2!rt (Sott jejt noch für unfere Bebürf* niffeforge; unbalöbenn, maö für einen ©ebrauch mir oon feinen göttlichen <2Bol)l* traten ju machen haben.

Merbings ift es etwas erftaunenswürbiges, wenn wir lefen , bafs efjmals Sßnffcr in 5ßein Perwan* beit, ober baf? wenig Brobte burd; bie @egnung beö allmad)tigen $3r.nbertf)dterö fo permehrt worben jlnb, ba§ eine fef;r grofe Tinjahl Siftenfcben babon gefdetigt worben, unb nod) bapon übrig bleiben fonnte. £)a£ bas fo gefd;ef)en fei), baran Idjjt uns biehod)fte@(aub* würbigfeit ber epangelifd)en ©ej^id/te nicht jwcifeln. 97ur bie Kvt unb 'üBeifc, wie es mit biefer Umwanb* Jung, ober mit biefer Bermefirung jugegangen fei), Id(jt fleh eben fo wenig beftimmen, als wie ^ranfe Pon ^cfu in einem “Kugenblicf gereift , ober $obfc (es benbig gemad)t worben finb. 3»n^cITen werben wir hei; einem aufmevffamen SÜachbenfen über ben iauf

ber

©er doerbff, 369

feer Oiatur unb ben 3u^nb ber SOienfchen ftnben, bafj ©ott nod) jeijo burd) feie beftanbig fortgel)enbe 03er» melprung ber 9fial)rungSmittel für bie ©dftigung be- rer forge, me(d)e ber ©ättigung bebürfen, unb bafj er für Sftenfchen unb Sbiere nid)t nur Mittel ber <£v« Raffung &ur Oiothburft, fonbern aud) juin lleberflufj unb Vergnügen herborbringe.

'Senn, merben nicht in einem jeben ^affre, aus bem ©aamen, ben mir ausjlreuen, nod) immer reichliche (Srnbten erjeugf? $t’dgt nicht ein einiges ©aatnenforn mehrere lehren? unb jebe Tlefjre öier» jig, funfjig, fecfyig unb mehrere Corner? 5Birb nicOf ein einziger Dbjtfern nad) unb nach ju einem 23aunie, feer jahrltd) Äorbe t>oü Obfl tragt? SSBirb nicht eilt geebfer ober ©enfer nad) unb nad) ju einem 2Bein» jlotf, ber in jebem 3a^rc/ ,D0 bie ^Bitterung feitt 36ad)Stfi)um begunftiget, fcf>r titele Trauben treibt? SEßar es alfo ein größeres QBunber, bafj bort ^ejus 5S3aiferin2Beinoern?anbelfe, als bafj nod) jejf burd) bie Äräfteber vjt be unb ben Oiegen besJjjimmels berSCBeiit erjeugt wirb, ber mäfjig genoffen bas Jjer$ ber l20ienfd)ctt erfreuet? Otod) bis jejC bauert 3'rofl unb £i(3e, ©aafc> jeit unb^rnbte fort; nod) bis jejt tragt jebes@emdd)$ unb feber 55aum 5rüd)te nach feiner 7£rf ; nod) bis jejC pflanjen fld) bie Spiere in unöerrucfter örbnung fort, unb biejenigen Spiere vermehren ftd) in einem ^afpre am hduftgflen, roeldpe am nuljlicbflen jlnb. allen ©efdjopfen ©otteS ftnben mir mehr©uteS als 35ofeS, mehr 90Bof)lt()at unb Oiufcen als ©d)aben unb 9iad)s t&eil, unb es jlnb roeit mef)r nufslicbe, als fd)dblidje $hicrf «« ber 3Belt; mehr ©chaafe als SDßölfe, me^r urti. 3(a gifebe

370

©et $<irbfl'

gifdje als Schlangen, meßr «pferbc unb $üße, als iowen unb D;ger, meßr Jpüßner als Üiabcn. Der allmächtige Schöpfer unb dfrßalter hat für uns einen reichen $ifd) befejt; er hat <Slufl|c unb SBafjer unb SBeinberge 511 unfern Dinfrcllern, halber unb Jpol* jungen ju unfern ^dgereyen, bie mineralifd;cn 5ßaf> fer ju unfein ©ifunbbrunnen, unb tie ganje Qürbe ju unferer ©peifefamnier gemad;f. Durch eine folche Vermehrung werben nid;t nur täglid; wenigflens raus fenb SDiillioneti sJJtenfd;en crr dt>rf, foubcvn aud; über« bieß fo Piele unjäßlbarc Millionen anberer ©el'dwpfe gefättiget unb erhalten. 5Ger muß nid;t über ben Ovcid>tf)um unb Ueberjfuß erßaunen, her allein in bie* fer Stabt ßerrfdit, wo täglid; eine Million $)?enfd;en ihren Unterhalt ftnbet ? SOSürbe auch ein ^'aiferrhum ober ^vonigreid; bereichen, nur fo oiel gutter ju fau* fen, als baju gehört, bie Sperlinge ju erhalten? dfsge* ((hießet baßer bis jejt nod; eine ftete Vermehrung bef* fen, was ju unfersieibes9)aßiung unb Sftotßburft, unb jur Erhaltung aller lebenbigen ©efeßopfe notßwenbig ift, unb jum greife ©ottes müjfen wir nod; mit bem heiligen Dichter baS Vefenntniß ablegen : 'Jlller lim gen warten auf bid> «fperr, unb bu giebeß ihnen Spei* fe ju feiner 3<üt/ bu fßuft beine milbe 4?anb auf unb fättigefl alles, was ba lebet auf dürben, mit SÖSoßU gefallen !

Daß biefe unb toiele anbere Offenbarungen bet göttlichen 9J?ad;t unb©üte bie meijlen s3Dlenfd)en nid;C fo jtavf unb leblpaft rußren, als fie biefelbe billig ruß* ren follfen, fonunt nid;t baßer, weil wir biefelben bef* fer begreifen fonnten benn eine fold;e Vermehrung

in

£)ei* £evbjt> 37 e

tu bet 9!atur fefbfl bem großen ^afurfunbigen eben fo unbegreiflich unb unerfldrlid), als bie $$er3 bielfdltigung , bie burcf) 3'efum gefdjafj fonbecti ba« her, weil wir ju unbebatf;tfam unb flüchtig j!nb, als bafj n>ir bie großen 3£crfe, bie ©o tt bejlänbtg tfjuf, aud) beftdnbig für grofje unb bewunberswürbige 5Bir* fungen feiner allmächtigen ©rdrfe erfennen feilten, ÖBir wunbern uns biörüeifen , wie bie 3nben bepm 3(nblicf, fo grölet SSBunber, bie^efus t>or ihren Tfugert tljaf, fo ungläubig haben fet)n fönnen, unb gleid)= rool ijl biefes unfer eigner Jaü. 'Senn aud) rotr finb überall mit göttlichen SOßunberthaten umringt, unt> bleiben gleicbwol gebanfenloS unb unbanfbar. 30 eS rnobl ju bermuthen, baf foldje Sftenfcben, wenn fee: ©ott auf eine eben fo wunberthdtige SOBeife fdglid) ero galten wollte, wie bie funftaufenb »on 3efu gefpeifeC würben, auf feine ©fite aufmerffamer werben wür» ben, als jte es gewöhnlich bet) feinen je|igen Offenba* rungen finb? 3^ furchte , bafj ein fold;es 3öunber uns in furjer Seit eben fo alt unb gleichgültig wer« ben würbe, als es uns leiber bie tägliche unb jährli« che QSermehrung ber Siafjrungsmiftel geworben ijt. 0o follte es aber freilich nicht fetjn; wir feilten Diel« mehr in allen Singen ©ott erfennen, unb jebe feiner ÖBof)lthaten mit banfbaren unb erfennt(icf;en Jjierjett geniefjen.

laffefuns ba^et jejt lernen, was unfere Pflicht fei); laffet uns fef;en, wie wir mit <Prei§ unb SanC biefe göttliche 9ftad)f, SßSeisfjcit unb ©üte in ber $5or* forge für unfere Q3ebürfnif[e ju erfennen, unb was für einen ©ebraud) wir von allen göttlichen SOSohltfja*

71 a 2 ten

372 ©er £etbft.

ten ju madjen Ijaben. mill in folgenben Du* geln verfaffen;

©ie erftc Dvcgcl: 0cfcteibe alles, was bureb fcntttelurfacfren gcjcfcicl^et, (Bett, bei# nern ^>tmmlifcl^cri X)ater, als Der erften Utjacbe

}u, ©ß ift eine, id) null nid)t einmal lagen, uncbriftli* d)e, fonbern fclbfl unvernünftige ©emofinfieir, bafj man baß, mas ©oft jugefd^rieben rnerben mu§, bem 0d)tcf'fal, ober bem ©lucf, ober bem 3ufaü < ober bei bltnben £ftotf)mcnbigfeit jufebreibt. 3£ie oft (jort man fagen: „ber Fimmel fjat es fo gefugt $>ie Sftatur fiat einem ianbe ober ffftenfeben biefe ober jene SEorjuge gegeben mar fo vorfierbeflimmt un& fiat fo fetjn follen.“ 2Ule Icblofe ©efd)5pfe jttib fo, mie alle anbere 9Jiittelurfad)en , boef) meiter nid)tß als SBer^euge in ber $anb eines verftänbigen vttSerfmei* fterß, unb maß er burd) fte außridjtct, mu§ nid)t iiy nen, fonbern feiner 53iad)t unb feinem SGßillen jugeeig; net roerben. ©s ifl alfo mieber alle Vernunft, mit 2(usfd}lie§ung bes Spaniens ©otteß von ben ^?irfun* gen ber Statur, als von ber urfprungfidjen Urfad)e ju reben, unb fiat bas 'flnfefien, als rvenn mir uns be¬ mühten, bie ©f>re, bic bem 0d;bpfer gebühret, bem @efd)opfe $u geben. Sftein, auf tl)n laffet unß 'JllleS juruef, von iljm laffet uns alles ableitcn. ©r ifi ber Jiperr unb feiner ineffr. ©r erfdiuf alles; er erhalt alles. Unter feiner Tfuffieht unb Oiegierung fteljenalle ^Selten unb alle ©efdjopfe. ©r forgete für unß, ba mir norfi nid)t maren ; mie vielmehr mirb er für uns forgen, ba mir jinb.

373

#erbfh

S^ilid) aber muffen mir bebenfen, ba§ ©oft fei» ne 2((fmad)t ju unferm Stuben mit einer meifen ©ufe gebraucht. ©ß ifi: grobe Qßeiöfjeit barinnen, ba£ ©oft feine Hßobltbaten mit ememi>erfd)iebenen 93?na= fje außtf)ei(f. Dieiche unb 2lrme muffen fepn; bet* $err £at fo georbnef. (£r f>at aüerbingß ftd) an fei¬ nem 9J?enfd)eu unbejeugt gclaffen ; auf feinem meiten ©rbboben unb bei) bem 9icicbr{)um ber Sftafjrungß* mittel, bie er fcbuf, follfe fein ^fjier , gefd)meige ein Sftcnfd) über junger flogen burfen, unb ifi nid)f ©otteß S'nrichtung, fonbern entmeber bie OJaubgier« be unferer 9fiebenmenfd)en, ober eine anbere Urfad)e baran 0d)ulb, menn ^ier ©iner ju Diel-, unb ber 'Hnbere ju meniq, menn ber©ine2Uleß unb ber Anbere nid)tß fpat. X)ie 9)ienfd)en finb in bicfer Tfbftcbf einer beerbe 5eberoief) gleich, melcher ber gütige JjaußPa* ter reid)(id) Juffer oormirft , mo fte alle gefattigt wer* ben follen, mo a6er einß bem anbern baßSeintge meg< nimmt. 3ebod) f>at ©off fomoljl bei) unferm '»Dian* gel alß aud) bei) unferm Ueberffuffe bie bdter!id)flen 2lbfid)ten. Q3et) unfenn tTTarta;el feilen mir lernen, jebeß ©ufe, baß mir genießen, alß $Bol){tf)at ©offeß ju betrachten, unb uberjeugt merben, mie menig mir im Staube finb, unß felbfl ju Reifen, menn ©r unö feinen Segen unb ©ebenen entgehet. 3Ber baß menfd)licl)e #er$ fennt, unb bie (Erfahrung ju Oiatl^e jieljet, ber roirb miffen, mie fo (eid;t ber DJlenfd) bei)m ©enufj ber göttlid)en 56of)(tf)aten feineß £Bol)ltf)dterß »ergibt, unb mie oft er ©aben empfangt unb genieß, ohne auf ben ©eher $u felgen, ©ß ift leiber befannt genug, bab bie ©utcr, bie unß jur iDanfbarfeit ge*

a 3 gen

374

©er £erb|}.

gen ©oft reifjett unb $u tf)in j)inleifen foüten, uns nur meifer von if>m objief;en , unb ju ieidjtfinn unb SJiifjbrauch angemenbet merben. ©oft enrjtefjel uns bafjer biömeilcn feine ©nabe unb feinen ©egen, ba< mit mir unfer eignes Unvermögen beffer erfennen unb non unfercr ganjlitfjen^blHmgigfeitvon if;m überzeugt, auch ju Sdeijj, £)anf unb gutem $8erf)a(fen ermuntert merben foüen. ©iebt uns aber ©off Ueber fl u£, fo foüen mir ja es nidjf vergeben, bafj mir alles, aüeS ©off ju verbanden f;aben. £Bir foüen barauS erfen« nen, mas für einem freunblidjcn gütigen Jjjerrn mir bie= nen, unb unfer J|per$ unb ur.fcre Jpdnbe nidjt vor bet SRotfjberer Verj'chliefjcn, mcId;e©oftnid;f in foldje gute tlmfidnbe fejfe, batnif er uns ©elegenfjeit geben mochte/ feine 0teüver(refer unfer unfern Q3rübcrn unb 9ftifmenfd;en ju merben, if;re $Gof)lfaf;rf ju be* forbern, intern Mangel burd) unfern Uebcrflufj abj u* Reifen, unb bas gott!id;e Vergnügen bes SEßoljlthunS ju geniefjen. £)as aüeS foü baju bienen, ein fefmli* djes ©erlangen in uns ju enfjünben, mit ©oft, bie» fern feligflen ©Scfen unb D.ueü aüer malten unb bauer» Raffen ©lütffeligfeit in eine nähere ©emeinfd;aft ju fommen. £Bir mürben gar halb feljen , mie bürftig unb elenb mir in uns felbfl flnb, menn ©oft baS, mas er uns fdjenffe, uns mieber entjiefjen moüte. ©r bat ftd) auch beSmegen baS leben, bie ©efunbfjeit unb ben Fimmel jur eignen ‘Jluötheifung Vorbehalten, unb Öotf mürbe gar halb fel;r reich merben, nad> bem TluSbrud Imfjers, menn er biefe feine ©üfer für ©elb verkaufen moüte. £)enn maS mürbe nicht ein 9ieid;er barum geben, menn er in fvanfen Sagen bie

©efunb#

375

£)et

©efunbfjeit, ober bep Der 'Xnndljerung bes SobeS baö Seben, ober bepm Q3ewu(?tfepn feines laflerbaften iet bens utib feiner $l3erbammunggmürbigfeit ben #im» iriel erfaufen fonnte? @o würbe gar balb alles ©nt unb ©e(b triebet an ©oft nurücf fallen, ber es juerfl gab. 2lber fe&et, alles t|l ein freies ©efehenf gott* lieber ©nabe, baffet uns baffer in aPem auf 3£n fe* ^en; laffet uns in jebem ©tanbe, worin uns ©oft gefejt hat, feine 2lb(!d)fen mit uns erfennen unb er= füllen; unb überall, unb jeberjeif unb bet) jebem , $ftaa(je Pon göttlichen 2Bo^lt^>aten werben wir glücfr lieh fepn, wenn wir jufrieben jtnb.

©ie jrootc Regelt &ey bantbat füt je* be XEo^at Lottes , mb g emefje fic in bet weiten (Dröming,. 32öer ^3t(Ten ^Sfob, jebet Stopfen $Ü3ein füf)re bid) auf ben allmächtigen s33er< forger, ber in bie ©rbe bie Äraft legte, beine ©peife ju bereiten, ©r ijt es, ber unfere £erjen mit ©peife ttnb freute erfüllt. Sftichts ip baf)er biUiger, als bajj Wir bep jebem ©enufc bie ©fite ©ottes empfrnben, unb alfo aud) uns weber jur Jähheit bep Sifche nie= berfefcen, noch Pon bemfelben aufftefjen, ol;ne un|ere Jperjen jum ©eher alles ©Uten ju ergeben , unb i^nt gemeinfchaftlich für feine 5Bof)ltfjaten ju banfen. ®d)dmet man (ich bes SifchgebeteS , wie es leiber in unfern Sagen bep ben Safeln ber ©rofjen gefd)iel)ef, fo ift biefes eine ©d)aml)afrigfeif, bie uns als rer« rünftigen ©efdjopfen, noch oielme()r aber als ©f)ris fen, jur ©d)anbe gereichet. 3ßer ftd) ber Pflicht ju beten fchdmet; ber fejt bas natürliche S3erhälfni§

2la 4 aus

376 ©er dperbfl.

aus ben Tfugen, bas ftdj jn>ifd)cn if;m unb ©eff fin« bet, unb ber fd)ämt fid), ©otteö 3? eunb ,$u ferm.

©ebraud)e aber auch bic SJtütel, bie bir ©oft fcerorbnet huf, bir beine Sprung $u t>evfd>affcn. ^e» te unb arbeite. Sfßarte beitren ^5eruf mit aller @org* falt unb “Sreue ab ; befteifcige bief? ber Drbnung unb 0parfamfeif. Tiber beine ©parfamfeit arte nicht in ©d£ aus. ©ein 3uratf)cfialten fei) fein undmfilicheS 3urücf galten. $ßenn bu benn baS '©einige getfjan §afi, fo oerlafj bid> t>on gdnjem Jperjen auf ©oft. Vermeide alle angflliche unb unnotfgge @orge für bie ßufunft. Veredjne baS künftige nicht nad) betn ©e« genmartigen, fonft mürbeft bu nur fo oiel glauben mol* len, als bu feljen fann|>. Jpoffe mie Tlbralja’ii benn es ift für jebe dnifiiidje Familie unb für jeben Sftenfdien eine ^crrltcf>e Verfjeiffung unb eine Ctuelle bes ©ofles, bat) ©ott gefagt l;at : will bid) nicht

perla|fen nod> oerfaumen.

©ritte Dvegeh Öleibe aber triebt allem bevm ©rebtbamt (leben, ergebe bid; mit bei* tiem Reifte auch »ne Urtficbtbace ; lafj bid) bas leibliche auf bas ©eifilid)e leiten, unb betrad)te bie gottlidjen i£0ol)lt^aten als ©eile ber liebe, moburd) er bid) ju ftd) jielpen roill. SBSie oft flagt ©ott über bie Unart bes menfd)lid)en berjenS, bas fo leid)t fei* ner ©utrljaten pergifjt1- $Bie Diel f;at ©ott bisher an bir getfjan? USie Diele Vemeife feiner juporfonunenben ©üte ()flt er bir gegeben? 2Bie f)at er bid) bisher mie auf Tlblersflügeln getragen? UnbmaSroar bein ©anf für alle feine geifHidjen unb (eiblid)en ©nabengefd)en< fe? Vielleicht nichts meiter als ieidjtjinn unb üHifj*

brauch»

377

©er #erbft

brauch. Die§ bemutljige bid). ‘33t'ttc ihm beine ©un* ben ab. 53efchre reebtfefraffen ju ihm. Denn at» leS, alles hat 7(bfid)t auf bie DJettung beiner ©eele. Jlelpe ju ihm um Neigung unb Ära ft , beineg iebenS in ber rechten Drbnung froh werben, bt)S 2S3of)t beiner Sftebenmenfcben ju befördern unb ju beines ©d)opferS ^hre ^u leben, ©et) in adern, auch int Äletnen treu, Dein leben ift nur furj; §reube fo# tuohl als leib wirb $ule$t nur ein Sraum fepn. ©jeffe^ bu roof)!/ wie jwifchen bem grünen laubwerf bie golb* ne 3rud)t glänjt? @o muffe aud) bem leben ben ber 9Jlunferfett ber Kräfte fruchtbar fet)n an eblen $ha? ten! ©iehefl bu aber auch wold, wie bet) herannahem bem SEBinter <Pflan$en unb lÖdumc ifjrelBlätter perlie# ren? tiefes abfadenbe laub ifr ein Q5ilö ber peräm berlichen SBefchaffenfpeit beines lebenS unb aller trbw fchen Dinge, ©otge nur bafür, ba§ bu reife unb gute §rüd)te auf ber ©rbe juruefläffeft, wenn bu non ihr febeiben muht, unb bliefe bann getroft in bie (£roigfeit! ©ottwirb beinen <£ifer im ©uten mit ewi» gen ©nabenbelohr.ungen fronen. §o!ge beinern (£r« lofernad), unb bu wirft eine wapte unb bauerlpafte ©lucffeligfeit für biefcS unb bas jufunftige leben ftn* ben. SEBerbe nid)t mube, ©uteö ju tfp m, fo wirft bu ju feiner £eit auch ernbten opne Tlufljoven.

2U S . 5wei

3wey unt> 3wa»3igf?e predigt.

©er 2B i ii t e r.

^illmddjjiger ©oft! wir befen bid? afß ben 0djo=> pfcr Jpimmefß unt> ber Urben, alß ben £$ater aller Sftenfcften, unb alß ben 0tifter unferß ewigen Jpeilß an. Ißie gro§ bifl bu in ollen beinen SSBerfen, wie unbeqreiflid) in allen beinen 2Begen! T)u Idffejt in ber weifeften Dvbnung 0ommer unb £ßinfer, Jperbft unb grühling abwed;feln, bu regierft ben lauf ber 5ftafur unb bie ©cfelje ber Bewegung; 0aaf unb ©rnbfe, groß unb JEjiifse, 0furmwinb unb ©fille, QüBarme uxb ildlte, <£rocfenf)eif unb 97äfte alleß fommC t>ou X'ir, ber crflen Urfadje aller ^Dinge, unb bir, bu gro§er 0d:epfer, gcfwrdjen alle Elemente , bie uad} bciner rdterlidjen ©fite unfere ©rfjalter werben follen, Oie aber aud) auf beinen SOßinf unfere 3er(los rer werben fonnen. 9D!6d)fen wir bid) bed) alfo ffetß ul er alleß lieben unb fürd)fen; alleß auf bicfy $urücf< leiten, unb aud) in aten £>erdnberlid)feifen ber £ßif# ferung, fo wie in allen 2lbwed)|clungen unferer 0dE)icf» fale auf bid) fefjen, unb mit finblidjem ©e[)orfam uns beiner güfjrung überlaffen. <TGir banfen bir, o©otf! für bie Pen oiclen unerfannten tfßofjltljafen unb greu* ben beß £6inferß; für bie ^leibung, bie unß beeft, für baß #olj unb bie .ftofjlen, Die bu wadjfen laffeff, für bie geuevung, bie tmß wärmt, für jebe weife 0n*

tity

©er hinter.

379

ridjtung , bie bu felbft Bet) ber ©rftorbenfjeif be$ Qrrb» bobens, unb Bet) ber ©trcnge ter Witterung $u utt» ferer Sprung unb Jum Vergnügen g*ma(f)t £afh ia$ uns aber auch bie S3cburfniffe empfi'nben, weldje jejt fo riele unferer notplciöenben SSruber unb 9)tif* menfcf;en brucfen, bie ofme Arbeit unb Q3rob, ofme ©ecfe unb iebenSmittel bloS fcon bir unb guten ?0ten» fd)en J^ulfe unb iinberung erwarten; unb neige baö dperj berer, bie bu uorjügficb gefegnet baß fte fid) anberer erbarmen , wie bu bid) über uns alle er# barmejl. iaß uns bebenfen, baß aud) einft ber £Bin# ter unfers JllterS unb ©obes folgt, wo uns nidjts fo feßr treften wirb, als baS 25ewußtfet)n eines fiugett unb frommen ©ebraud)S unferer Kräfte, unferer ©u« ter , unb unferer ganjcn iebenöjeif. ©rwärme un< fer falfes ^>erj mit bem$euer ber fiebe ^efu, ber uns gelehrt £at, bid; alfo anjubeten: Unfer $>ater

Sejt: ipfalm 147, 16. 17. 18.

©r giebt @^nee roie £8otte, er jlreuet Steif wie Sifdjc; ©r mirft feine Cdjlofen mc SMffen; »er Bann 5lei6en t>or feinem $rojt?

[priemt, fo jerfdjmel&et e$; er IdiTetfct« nen Sßint) mefjen, fo tfjauetS auf.

9tid)t eher unfer ^erj ber wahren Sugenb unb ^ufriebenbeit fa^ig , als bis bas ©efußl unferer gdn,lid)en "Jlbbängigfeit 00m f>ocb>ftcn SfBefen in bem* fclben f;errfd)enb iß, unb bis wir es lebhaft ernennen, baß alles, bas ©roße fo wie bas kleine, bas @lu<f

foroo&l

38o

©er ®wer.

fowoßl als bas Unglucf unter feiner weifen üicgterung jle= §e, unb baß uns nidits begegnen fann, als was er ent* Wfber fclbfl ncvorbncü, ober <tuä uns ofr unbegreiflichen 3{bjld)ten juläßt. ©tcfer dßmpßinbung ber ©eele aber, bie fogcgrünbct uub bemhigenb ift, fielet nid)tsfo fet)r entgegen, als bie (?3eroot>n^eit , baß man alles weit efjer beni Fimmel, bem ©chicffal, ber 0?atur, ober bem Ungefähr jufdjreibt, alö ©ott. SÖian bleibt meßr bet) ben ^wifd^nurfadien, als bet) ber Jpaupturfadjc flehen , man uerg(cid)t bie SEBelt mit einem aufgejoge* nen Ufnwctf, baß non ftd) felbft gcfe, ol)nc baß ber 0d)opfet- nun ttcd; etwas weiter habet) tl;ue; man pergift alfo u6er bem ©efehopf ben ©cbopfer, unb bas Jperß bleibt falt unb gleid>g»i(fig gegen ben ©ober alles ©uten, wenn einmal ber SSerfianb fid) falfd)c SSorßeüungcn nen ber 0nrid)tung unb bem iaufe ber X)inge gemacht l)at.

(Js ifl freplid) waljr, baß ber kuf ber Oktur unb i^rc 93eränberungen nad) weifen Oiegeln feftgefefjt ftnb; aber beswegen ift es gewiß feine faffdje ffiGeiß» f>cit, feitt Aberglaube, wenn berOUienfd), beftänbig auf ben fief)t> weldjer bem großen non erfebaffe* nen Itiicbwerfe gleid)fam ben crffeti ©toß giebr, unb welcher bie erftc Quelle ifl, aus weld)cr alles fließt, ^ft ber gütige ©ott barunt weniger ttnfer (Ernährer unb SSerforger, weil er uns nid)t alles unmittelbar, fonlern btird) Mittel giebf, weil er iid)t unb SQSdvme aus ber ©onne ftrbmen, bas ‘Örob miß ber (Erbe wadifen, unb ben befrud)tenben Oiegen aus ben SOßok fen fließen läßt? Sollte er wo£l bet) ben (Ereigniffen ber ^ahreßjeitcn, bet) ber Ungleid;t)eit ber ^Bitterung

unb

©et <2Bmtet.

38 1

unb btt) allen anbern Sßirfungen ber Sftafur ein müf= ftger gufefiauer fepn, unb f)anbeln mir unmeife ober tfjoriebt, menn mir t^n alß ben ©ott anbefen , Der feibft ^Eßolfen unb 2ßinben ihre iSabnanmetfet? 9?etn, cg fann nid)t mit ber Demufh unb SDanfbarfeit eine« ©efdjopfes beflef;en, menn feines ©dmpferg per* gi(jt, Pon meldjem eg in allem, in allem abpängt Die heilige ©djrift fpriebt alfo aud) ^)ier ber mähren SEBcis^eit piel gemäßer, menn fle alles Pon ©ott Iper* leitet, unb feibft Pon bem, maß eigentlich $Birfun<j ber 3«»ifi|>eniirfad(>en ift/ 3hn als ben Urheber an* ßiebf. 0ie fagt: ©ott bonnert; ©ott lafjt regnen unb feine ©onneaufgelpen ; unb es if gemijj nicht blo§ bidpferifd), fonbern ber 93a^r^eit pollig gemdt?, menn ber 9>falmifi im Sejrt lagt, bajj ©oft (Schnee gebe toie cS3oüe , unb ©d)lofen mie Riffen merfe; ba§ pon if)in ber flrenge groft fomopl als baß gelinbere 5^au* rnetter abpange. Tlucb Öec XPtntet ift alfo ein @pie* gel ber gottlidjen Jperrlicpfeit , unb in mancher TfbfTcbC lelprreid) für uns.

iDec TOntet ifi erßlid? ein beweis bet g<5ttlicben ttladpt, V)0et&b)cit itnö (Bute. SBenn falte Sftorbminbe fürmen , menn bie Ädlte baß üBaf« fer jum (Srpftalf mad)t, ba|j glüffe, mo nid>f gar feibft 5Keere jufrieren, menn ein tiefer ©djnee unfereJjjdu; fer unb gelber beeft : fo f elpen biefe ‘üBitf ungen, bie oft $f)*crcn unb 9ftenfd)en fo unangenehm unb nacf)= theilig jtnb, eben fomof)l unter feiner Tfufpcbt unb TInorbnung, als bie angenehmem Auftritte beß grü(j’ Iingß, mo baß dürbreief) (Id) Perjüngt, unb ftatt ber tpeifen fld> in grüne garbe, fteibet. 2ßie piel äBeiß*

heit

©ct‘ hinter.

38®

§ei f unb ©üfe offenbart ober nid^f ©off felSfl in bie$ fer rauljeften ^a^reöjeit! Der ©d)oe{j ber (Jrbe muß jeßf augrufpen, um jur neuen gruebtbarfeie neueßrdf# fe ju fammlen ©r bebeeft bie ©aatfelber, in me(* dje bet lanbmann fein COointergefraibe gemorfen (jaf, mit ©d)nee mie mit 'einer marinen &ecfe; baß bie Hoffnung $ur ©rnbte beS künftigen ^aljreg nid;f uet< citelt merbe. tiefer ©djnee fefbfl f;af bie angenehme garbeber ttnfdjulb. ©teile birnur ben einjigen Um« flanb t»or, baß er eine rotfje ober graue $arbe fjaffe, mie blenbenb ober efelßaft mürbe ber ^Htiblicf für« tnenfd)lid)e Tfuge fetjn? SDie ©furmminbe reinigen bie fuft bon bbfen fünften, unb eben bie fd;arfeluft, biebaS ©rbreid; unb baß 2ßaffer berfteinerf, unb beren $dlte fo lfdjneibenb ifl, baß fte leidji fobliid) roer= ben fann, iß;gleid;mol für Saufenbe fldtfenb unb gefunb. CtGenn a!fo aud; mirllid) eine alljußrenge $dl=> ie für einige ‘Sljiere ober 5Jienfdjen £ob mirb, fo mirb fic nod) üielmefjr für alle feben, unb einige mentge 3f)eile merben bem Sßooßl beß ©anjen aufgeopfert* konnten mir eben biefeö ©anje überfein, müßten mir bie ganje Dieiße unb Verfettung aller tlrfacben unb £6irfungen , faßen mir alles baß ©ute, baß burdj feßeinbare Uebel gemirft ober beforbert mirb, oerftün« ben mir üoüfotnmen nur ben Vau eines einjigen ©ebneefterngenß, oßne ber <prad;t jener ©tßgebürge im (33eltmeere ju ermahnen; mir mürben über bie 7UI* mad)t unb ©roße beß ©otteß etflauncn, ber aUcö in allem mirft. ©anj red)f fagf ber meife ©itfenlcßree ©tjrad): wenn wie gleich alle 6 hoch rühmen, wae t(f hae? (£v hoch noch viel hoher, ds

alle

©er <2Birmr,

383

ötle f eine VOette. i Der £err i(? iMduejprecblicf) gvc^, unO ferne ttladjt ifi rrunfcerbarlid), JLobet unö preifet t>en ^errn jo £>©d? **r#

tticgct , er iff fcod? nod? fy6l)eu preifet ihn Aue allen ZUaften unö laf]cc ni&t ab, rtoc£ werbet ifyt es ntdpt errcid;en. iDenn alles, was ba ifl, bas ^>at bet £ett gemacht* @t?r.

43/ 37-

iDet XEinter hat ferner feine TX>of?lrf?atert fowobl als feine öebürfntffe, feine ^teuben wie feine 23efd)werben,. 3 enc fallen uns jur iDanfc batfceit gegen (Bott, unb biefe 3ur Porfutt tinb tnenfd;enliebe ermuntern, greplid) muffen mir im hinter bas Vergnügen beS lanblebenö unb fceö Tlnblicfs ber @d)onf>eiten bev ©cfyopfimg entbel)* ren; bie 'Zage finb für; unb bie dbenbe unb 9Tad)te lang. Tiber befto beffet läfjr flcf> baß ©iiicf ber f)duS* lid;en ©efclligfeit, ber greunbfeftaft unb ber Unter* Ijaltung mit ©ott unb uns felbfl genießen. 2Bie elenb mdren mir, wenn mir ofjne Äleibuug, ef>ne ^)o(junt) ©fjne geuer febn mußten! Tiber ber Tlligutige Ijat für jebcs sT3eburfnifj geforgt. £)er £evbfl mu§te Juror mit ben gereiften grudjten @d)euncn unb Heller fiils len, cf;e grofl unb Unfrncf)tbütfeit eintraf; unb ba« burd) treüte er ben 9)Tenfd)en einen 2Biuf geben, bafj fie mit fluger 5Z?orfid>t , bod) oljne Tlengfllid)feit aud) für bie 3ufunft forgen füllten. $Ba6 unvernünftige 0efd)cpfe, roaS Tlmeifen, bloö au$ biinbem Zricbe unb ^nflinfte tf)un, roenn fie ftd) im (Sommer @pei* fen für ben ÜBinter jufammentragen, bas foüen 5ften= fd;en, bie mit 93ernunft begabt finb, nad? (foljem

©cunb»

384

©er ®nter.

©runbf&fj>en beö ©elftes Dlur follfen wir bet) aüen 33cguemlid)Eeiten, Die wir uns burd) ©ottes ©ute oerfebaffen Eonnen, biejentgen rucf)C fablen ober bergeffen, bie of)ne ihre (gd)ulb fo(d)C Q3cguemlid)fet# ten riebt genießen Eonnen, unb uns nielmefjr baju be< (jülflid) ftnb; unb wir feilten bebenEen, ba§, tnbem wir bet) einer t>ielleid)t reidjlid) befefsten $.afel fi^en, intern wir burd) ein warmes ^itnmer ober 3lad)tlager gegen bie 0irenge ber Äälte gefd)ü|f ftnb, ungleich mehrere unferer armen DJiitmenfd)en of)ne bie gehörige SSebecfung, bielleid)f opne jureichenbe febenSmittel in g-rojl, 'Hrmutf; unb (£lenb feufjen unb jittern muffen. 3cbes Ucbel tiefer 2Ert, bas ©oft juläfjt, ijl flitt= fdjweigenb eine'Hnfpradje an bas Jjperj bes ,3Jlenfd)en= frcunbeS, ©Utes $u f()un, fo oiel er nur immer ©ele= genbeit ba&u. ipicr ifl alfo ein weites Jelb geofnet, bie ?lbjlcbten ©ottes ju erfüllen , uns unferer notf;* leibenben trüber tfjätig anjunehmen, unb manche ar» me Familie, bie im 0tillen feuftt, unb lieber fterben als betteln will, in ihren einfamen ^ammerwohnun» gen aufjufud)en unbju trojlen. Unb wie wäre es mog; Iid), ba§ mir unfer Jper& t>or ber 0timme ber leiben; ben 9ftenfd)heit t>erfd)lie^cn Eönnten, wenn ©oft uns in ben 0tanb gefejt l;at, ihre Bitten burd) unfern 23eiflanb $u befriedigen? 0inb wir nicht ®?enfd)en? unb Eonnen wir Cfhriflen febn/ wenn wir nid)t unferm gro§en Urbilbe !Jefu im <$E3o^ft^un ähnlich $u werben fud)en, unb ju feiner freute 9<acfenbe Eletben unb hungrige fpeifen?

iDet: TOOinter tfi entlieh ein treffende» 23il& «fifetö 2lUece unb (Lbbee» 3CJ t bie Sftarur

gleich?

©er hinter.

385

gleicftfam erfcl.epft; ber mufferlidje ©rfjoojj bet- ©rbe ijl t>ei tcMcffen , unb bie SCßdlber unb §furen finb ein« obe, freubenlecr unb tebf. £>aß mirb unfer 3uflan& fepn, trenn baß $euer ber ^ugenb rerlofd)t ift, trenn untere beften grafte im £)ienfte ©otfeß unb ber$8elt ad) bajj bod) ja nid)t in ber ©ienft&arfeit ber @unbe unb beß lafierß träte! rerjeljrt jtnb, trenn 0d)trad)l)eit unb Dfjnmad)t unß übereilt ur.bbie^afj* re fommen, ron melden wir fagen müjfen: fie gefal# len unß nid)f. &Bel)e alßbenn bem, ber feine ^ugenb unb mannlidjen ef)ne 33enuljung retfcbirenbef, unb bi? Stuben beß iebenß of;ne $urd)t ©otteß genof« fen f;at! SDturrifd) unb eienb ift ber 7(lfc / bem fein ©emiffen tagt, bafj er burd) leid)tfinn, ‘Sljorfmt unb 2lußfd)»retfung ftd) frülpjeitig gefd)irdd)t, unb auß bein ^Secber ber Jrcube mit ju rollen 3ugen ge= trunfen Ipat , bajj er *u einer feer «ft , mo ‘Srojt unb (Jrquicfung ibm am norfugflcn rodre! Tiber tnol)l bem, ber ben 3'tu^*n9 feincß Tllfcrß jur ©aafjeif ei« ner fronen dfrnbte gemadjt fjat Reiter unb glücflidj ift ber ©rei§, ber auf bie lange Dieil^e feiner Petlebten 3a{)re mit '3ße()Igefallen jurucfblitfen unb jid) eßfagen barf, bafc er nid)t umfonft gelebt fjabe, tneber für fid) nod) anbere. ©aß 10en>ujjtfet)n mancher eblen $()af, bie er berrid)tef, manebeß ©egenß, ben er ge= fliftet £at, unb ber ru5iqe©cnu§ fetneß 335of)lflanbeß^ roe*u er früfjjeitig burd) Jrommigfeit unb ftleijj ben ©ntnb leqfe, öerfu§en il;tn bie SÖitterfeifen,' ireinit- fonft baß leben im f>c,f)cn ’2(!rer begleitet ju fepn pflegt. 5Kbd)ten mir bod) alfo in biefer unb jeber anbern 216« fid't bie ^orte unferß (Jrloferß ju unjerm vÖ3af)l[pru«

Siocitcr Ihfil. b d)C

38 6 ©er ®nter.

cbe nifldjen : id; mup willen fcie VÜetEe beffeit, fcer mtcb gefanbt t?at, wcilsCag ifi, fcommt bie VTadjt, ba nicmanb wittert tarnt«. 3<V §reunbel es fommt ber ‘Üöinter bcö f)oben Filters wer anbers bnffelbe nod) erreicht es fommt t>ie 3iad)t beS ‘Sobes, »ne fdjon unfer Sagemed rollenbct fei;ti muft, »renn uns rot ber 2ltrSftd)t in bie dtrigfeic nid>t bange werben fett. £Bir bleiben nicht immer jung; wir »ranbeln nld)t immer im ©onnenfd;ein es fontmen trübe umweifte Sage, unb mit jebem ^afire, bas »rtr jurüdlegen, fommen wir einen ©djritt neb Ijer jum ©rabe. ©liuflicb ftnb wir bet) allen biefen Tlbwecbfelungcn, wenn wir als rernünftige 9JJenfd)en, als df)riflen immer auf folgen SOBegcn wanbeln, be* ren Ausgang nid)t anbers, als erfreulief» feqn fann, auf ben SBegen einer »rohren SEßeisljeit, ©ottesfurdjt unb Sugenb. 9D?ag benn be»d> immerhin ber lange £obeSfd)laf uns überfallen, »renn, unb wie unb wo er will; mag benn boeb immerhin unfere lebenSfraft ab=> nehmen; mag man boeb immerhin unfere fterblidjen lleberrejle bent©rabe unb ber Q3erwefung übergeben: wir Reffen eine frolidje unb fdige 'duferftefwng, unb wie fid) im Jrüljling nad; rergangenem 585inter bie ©eftalf ber drbe wicber rerneuerf, fo wirb ber gfu tige unb al(mäd)fige ©oft uns einft »riebet- aus bem ©rabe aufreeefen , unb ein neues beftereS leben fd)en* fcn. Diefer feligen $ofnung unb biefer unenblicben 5ßof)ltf)af immer gereifter unb würbiger 51t werben, müftc unfer aller eifrigftes 23eftreben fe»;n!

387

jDcei iwö 3w^«3igjle ptebigt*

3efu$/ ein 23or(nl& für uns in; Seiten»

Sine ^affionöprebigt.

’ofjn ©otteö! Srlofer ber £8elf ! bu fjaft pollenbet, bas gro&e 5ö3ei*f , rceömegen bu auf bic Srbe fameft. 533er l )af geteert, roie bu? SÖ3er fjat roofjf qeffjart , tpie bu? roer §at gelebt unb geljanbelt, roie bu? roer hat gebulbef, trie bu? rcer hat fein leben fo befcblefjcn, n>ie bu, bu Sinniger, bu Tlnbefungsnnirbiger? ^n btr lehrte, rotrfte unb n>of)n# te bie ©etthett ftcbtbar. 3Ber bid) faf), fab ©°tt, n>er bicf> horte, f)orte ©oft! l2ßobltbun n>ar bein gan= $es leben, unb 0egen für alie 3ßelf rourbe bein 0ter= ben. £)u giengeft beinern leiben unerfdjrocfen entge? gen; bu unterroarfft bid) in allem bem 533tllen be$ bimmlifeben 93atrs, bu roarfl gegen greunbe unb geinbe gleich gropmufhig unb liebreich; bu truqft <0potf, lugen unb QJeraditung mit ©anftmutfj unb ©ebulb, bu rebe(eft unb fchroiegefl jur rechten Seit» bu rourbefl unter beinen leiben nicht mutljloS, .fonbern ermanntcfl bid) unb bliebeft jtanbhaft, bis bcrleibenS* feld) pom crflen bis jum lejten tropfen ausgetrunfen mar , unb julejt fjafl bu baS arefje 2ßerf bet liebe, ber ©ebulb, ber Aufopferung am Äreuhe Pollbracht. £)a, ba toutbebas 0iegel,roeld)es man auf beinÖrab

23b 2 bruef-

388 ein 33otbilö für uns in 2eiöen.

brüd'fe, jugleid) bas ©iegel bet* Gemi§()eit unfers Glaubens. Deine lel)re, bein ^3eifpiel, bein Geift, bcin Qiuangelium, bein Breuls unb $$erfof)ntob, alles ift iid}t‘, Gnabe, ^raff, itnflerblid)fet't unb ewiges leben für uns. 3'ür uns wurbeft bu SOtenfd), für uns fjaft bu gelitten, für uns bift bu geflorben.

0 bu Anfänger unb£>oüenber! o bu (Elfter unb (Einiger! o bu unfer Tllles! ^efuS (EfjrijtuS , lajj es uns empftnben, n)ic elenb wir ofjne bid) wären, wie felig wir butd) bid) werben tonnen. £) la§ es unsem» pftnben,waS wir an bir f;aben; Ia§ uns ju birals unu fern üietter in allen leiben fltelpen, bie uns treffen, bantic wir nidjt elenb bleiben, fonbern bureft bid) werben, was wir burd) bid) fet)n tonnen. Du bifl uns auf ber Söaljn jum Fimmel unb jur ©eligfett uorangegan# gen; o f)ilf, bafj wir bir ttad)folgen, unb weber jur 9ted)ten nod) jur iinfen abweid)en. Did) wollen wir uns in allen Dingen, int üieben unb ©d)weigen, im Xfpun unb leiben, als unfer (;od)flcS SEftufter unb 33or« bilb »orfeljen, unb wie bu wollen wir unfer beut SSeijtanbe beineS GeifleS, ju benfen unb ju l;an* bein uns gewonnen , baniit bein 123ilb in uns berge* (teilt unbuerflärt werbe, batnit wir im liebte wanbeln, wie bu int iid)te bifl, unb fo (jicr unb auf ewig mit btr in felig|tcr 2iel;n!id;feit unb Gemeinfcbaft flehen mögen, Timen,

£ejct: i E)Jef, 2, 21 25.

GfjrifhtS fjat gelitten für unö, unb utt$ ein J^orbilb gelaffen, ifjv follt nad;fol- gen feinen gufitapfen.

Der

3efu$, ein QSorbüö für un$ in Seihern 389

©er Uftenfch ifl tt)te alle irbifefje ©inge bem Hn* beflanbe unb ber SQergdnglichfeit unterworfen. Stßir jtnb niemals lieber/ baß ftd) nicht hcutc 0&cr ntorgen 23orfalle ereignen , welche bas biö^erige ©ebdube un* fers ©lücf'S ju 23oben ftürjen, unb uns mutlos unb verjagt machen, wenn wir nicht barauf vorbereitet ftnb, unb foiche ©üter beftljen, bie nicht Von uns ge* nommen unb jerflort werben fonnen, beren 23ehh uns ben QSerlufl aller anbern 23ortf)eile erfejt, »tnb bet) benen wir felbjt imilnglücf noch glücffelig fepn fonnen. ©ie Grafte unfers ©elftes unb Körpers fbnnen unver* muthet gefchwacht; unfere Sreube fann in^raurigfeif, unfer SßSoblftanb in ©lenb, unfer ©enuh in Mangel unb 23erluftverwanbelt werben, unb nichts ift ber d)rift* liehen Weisheit gemäßer, als ftd) im SßorauS fchonbie Hebel unb 23eranberungen ju benfen, bie uns treffen fbnnen, in unferer ©efunbljeit an©chmerj unbÄranf* heit, im ©liicf an $Bed)fel unb Unbeflanb, unb bet) vollen lebensfrdften an ben ‘Job ju benfen, bamit ba$ alles uns nicht unbereitet überfalle, ©enn wer fann fie jdfjlen, aHe bie leiben unb Hebel, mit welchen wie flets umringt jtnb, welche uns betreffen fbnnen, unb ©tufenbe unferer leibenben trüber unb ©chweftern wirflich treffen ? freilich °ft &er 9Jtenfd) fc(6ft

©cf)ulb an feinem Unglücf. 5ßie ^art muh i§n ein leiben brüefen, bet) bern er fleh ben Vorwurf machen muh, bah burd) leichtftnn, burd) lafter unb vorfejlidje oft wieberfjolte Bosheit felbft über ftd) ge* bracht habe! £BaS fann ihn troflen, wenn fein eignes ©ewiffen il;n verbammf, bah er nicht feinen leiben jus vor ju fommen gefutf;f, fonbern fleh fdhfl in biefelben

23 b 3 ohne

390 3efu$, cm 9ßorbilt> für uns in Seiten.

efjne Sfloth unb Swang geflürjt habe, unb wenn ihm nun alle bie Riffel fehlen, woburd) bie Jpeiterfeit unb 9\uf)e unferß ©eifleß felbft unter bem £)tucfe ber leis ben erhalten werben fann? Tiber giebt auch unPet» fd)ulbete, giebt fold;c leiben , benen wir nid)C auß# weiten fonnen, benen wir vermöge ber Söerbinbung, in welcher wtr mit bem Saufe berDlatur unb ben SOlen* fd)en (leben, nothwenbig außgefejt fepn muffen, unb bie nad) einein hobern $3erhängnifj über unß herein? brechen. 5Pie muh ba unfer Verhalten fepn? waß ift bet) folchen leiben unfer einziger unb hod)(ler $ro(l? >Daß (Sbrifientbum fommt aud) h*er unferer 0d)wad)» f)eit 511 (lallen. (£ß erbfnet unß bie reichten CUteüen ber “Beruhigung in ber@tunbe ber$rüb|al unb fehenff unß «Olulb unb 0itfd)lo(fenbeit, ben leibenßweg ju geben, ber unß einmal uergejeid^net i(l. ^efuß, ber baß b&d)(le unb nachabmungßwürbigfle 3)ln(ier ber Sugenb unb Srommigfeit überhaupt i(l, bal aud), ju# folge beß “Septeß, in feinem leiben unß ein Borbilb gclaffen, bah mit follen nad)folgen feinen $u(jlapfen. 9Bir wollen baber jejt auß feiner ©efd)id)te bieBewei* fe feiner ©claffenheit, ©ebulb unb @tanbbaftigieit mitten in ben grofjten leiben, auffuchen, unb unß jur 3lad)abmung por(lellen.

3efuß i(l unfer SPorbilb in feinet ‘XTotbeteüuitg ju feinem ieiben. greilid) waren feine leiben pon einer gan^ anbern Tfrt, alß bie unfrigen. ©r hatte (te nid)t Pcrfd)ulbet; er fonnte (Id) ihnen entziehen, er fonnte (lall ihrer nid)tß alß J^erdidjfeit unb Srcube wählen; oberer nahm (Te freiwillig über (Id), er unterwarf ftd) allen menfd)lid;en ©infd;ränfungen,

@d;wach*

ein QSotbilö für un$ in Seiten. 391

Sct»a(f)§eiten unb leiben, um ©ehotfam ju lernen, unb unfere (£rlbfung ju pollenben. (£r falj bie leiben Vorher, bie über ifj n fontmen mürben; er fpracfc oft unb beutlid) baoon mit feinen jungem ; er fMce ftc fid; lebhaft nad) iljren Urfad;en unb folgen toor 5 un& ob er gleich nidjt habet) unempftnblid; blieb, biömeilen fogar in bittere Klagen auöbrarf), fo mar bod) bet ©e* banfe, bafj alleö nach bem SBiUen feineö Katers ge# fdjcfje , fo mächtig unb ermunternb, ba£ er mie ein Jjclb ben .ftampf beflogt unb Pollenbet. ©0 mol« len mir uw? oft bie Bufunft mit ifjren $>erdnberungen porftellen , bie fte für unö mit fid; bringen, fann. ^ejt ftnb mir glucf lid) ; mir gebrauchen unfere Pollen ?3erftanbeöfräffe; mir genießen eine blul)enbe0efunb* heit; unfere Äinber maebfen unter unferer Wartung mie Pffanjen ju Räumen herauf, Pon benen mir unö unb ber Söelt oiel gute 5rud)te perfpretfjen ; mir tre.is ben unfere Sprung mit glucftid)em Erfolg ; mir fint> geehrt unb geadjtet, mir leben in ^äuölid;er ungeffor# ter ©lücffeligfeit, unb befrnben unö in aller Dtttcfjtdjt im Sßohlftonbe. Allein biefe Umjtdnbe fonnen fTd> dnbern, mir muffen niept hoffen, immer glucflich 51t fepn, fonbern unö porftellen, bah aucb <^(1SC kommen werben, bie unö nid)t gefallen, S3urd) ben gering= ffcn Bufall fann bie ßraft unferer ©eele unb unferö feibeö gefcbmdd)t merben; unb burdjTllter unb^ranff f;eit mirb fte gemijj. £>ie 3'reunbc, bie ur.ö unfer leben perfufien, bie ©eliebten, mit benen unö bie «öanbe ber 97atur oerfnupfen, fonnen heute ober mar* gen buvd) ben $ob unö entriffen merben ; unfere ©e< fdjdfte fonnen in Diucfgang fommen, mir fonnen Pon

23 b 4 <S.hre

392 3cfu$/ ein ^orbitt) für uns in feiten.

©fjrc unb 'Xnfe^en in Mangel unb 9Serad)tunq herab finfen; unb baS gan^e ©ebdube unferer ©lücffelig* feit fann jju Q3oben flur&en. ^teilid) burfen nur uns t>urc^ fein« bangen$3orftellungen ber3ufwnft ben ©e* nujj beS ©egenmdrtigen Verbittern ; eg ijl aud> mög* lid), bii§ mir bis an unfern ‘Xob glucflid) fepn fön* uen. Allein mir feilten begleichen 33etdnberunqen, feie uns überall in ber 2öe(f in bie klugen leuchten, fcoch aud) bep uns als moglid) benfen, bamit, wenn fte mirflicb f;ereinbred)en, fte uns nicht unbereitet an* treffen. S03ir feilten bebenfen, baß bas, was anbere betreff u hat, auch uns betreffen fönne. '"JBie unglftcf# lid> finD mir alsbenn, wenn uns bie ©fiter entriffeti werben, in welche mir unfer l)6d)fh'e ©nt fejten, unb Wenn mir feine anbern ©fiter beft^en, bie unverqang» lid; ftnb, bie bem allgemeinen UBechfel ber 'Tvnqe, bem Unbeftanbe ber 3e*r, bem ‘iobe, bem ©rabe trogen! $Bir mellen uns alfo in 3eifen auf künftige Selben anfd)icfen; mir mollcn alles in feiner 2lbl;dngig< fett von ©oft betrad)ten, unter bcjfen Oiegierung uns fere ieiben, fo wie unfere grettben flehen ; mir mellen uns mit ben ^reflgrunben befannt machen, burd) mel* d;e mir uns in SßSiebermartigfeiten beruhigen fönnen; wir mellen uns fietS einer chriftlichcn Sinnesart unb etner wahren Jronimigfelt befleißigen: unb bann forn* me, mas ba miU mir merben auch unter ben t)ör# feflen ©chicfungen getrofl unb unverjagr fepn ; mir merben md;t flagen, als Reiben, bie feine Jpcffs mmg haben, 2ßir genießen inbiffen bas ©ute, baS uns ©oft fehenft, ebne uns burd) ©lucf ju ©tel$ unb Uebermuth verleiten $u laffen; unb trift uns ein

An*

3efuß, ein SBorbilb für unß in Selben. 393

Unglücf, fo merben mit* nidjf ffeinmüthig unb mutlj# loß fci?n , fenbern ben Tlußgang mit ©elajfenfjeit er* märten.

!Jefuß ifi unfer SSorbi'lb in feiner Urttetwee* fung unter Öen göttlichen TEillen. 5Bie mar er bod) fo ganfl ©efjorfam gegen feinen (jimmlifdjen ^a< ter, fo ganj Eifer für feine Ehre! X)aß mar feine ©peife, bie 9Ral;rung feineß ©cifleß, fein gtojjfeß 23ergnügen, wenn er in allem ben SBiüen beffentljim fonnte, ber if>n gefanbt fjatte. SOiit foldjen ©ejln* nungen fiieng er fein grof 5Berf an, fefjfe fort, Pollenbete eß! ©0« ju pet'f)errlid)en unb 3Kenfd)en ju beglüefen, baß mar fein (mdjjier ©nnbfalj, baß mar bie 9ftd)ffd)nur aüeß beffen, maß er tf)at, unb maß er litte, liefen grofen 3meif ju erreichen, mtrf= te er fo lange ber ^ag beß lebenß mährte, ef)e if)n bie SRad)t beß ^obeß baran Ijinberte. <23etrad)tct iljn am Oelberge, mo bie ©tunbe ber fjeijjeften "2lngfl über if)n fam. Tiber mit flilier ©elaffenfpeit übergie6f er ftd> bem ^Billen unb bet Leitung feineß 53aterß. Er füllte $mar bie Tlngft; fle erpreßte if>m ©eufjer, fronen , 53lutfd)meif? er bittet um Erleichterung unb fcfynellen SSorübergang beß leibenß , er betet, unb fommt ©tdrfung Pom Jjimmel. SBeld) ein 9ftu* fter Pon ©ebet für leibenbe aller Tlrt i|T, maß er fagte: X>atet nicht mein, jonöern öcin XEiUe gefchehe! X'aß mar bie ©runbfefle feiner ©eoulb unb feineß Tlußbaurenß: bie ©d)rift mufj an mir erfüllet, ber $Bi(le beß $3aterß niu(j an mir Pollbradjf merben. Efjf'ft’- baß fep aud) bie ©runbfefie beiner ©ebulb in ©chmerj unb Äranfljeit, in Kummer unb Elenb, in

$5 b 5 leiben

394 Qßovbilt) für un$ in Seihen.

leiben unb ^anwier. la§ bir bcnn bas hie ftdrffle Ermunterung fet)ti , bafj bu and) in bem aufjerjien lei* ben mit bem fjimmlifdjen $3ater nodj jufrieben fepn fannfi, unb jufrieben fetjn fcllft. Uftufjte er, bet ilnfdjulbigfte , ben bitterjlen _leibenöfetcf> trinfen: Fannfi bu, ein @ünber, ermatten, t*on leiben fretj ju fetjn, mic fannfi bu glauben, bafj ein geringes leiben für £>idj ju groß fetj ? Tiber er betet unb fo nimm aitcb bu jum ©ebet, als ber einzigen jpülfe, tvenn fonfi nichts mefpir Reifen unb troflen fann, beine 3llfü*djt. X)ein ©ebet feil ISitte um Errettung, aber and) Ergebung iit ben 3Billen ©et* teö fetjn. 97imm benn ben Villen bcffelben einmal rcdjt ju ^terjen. ©r (egt leiben auf, uns ju prüfen, unb uns ju beroäljren; uns Dom 2>tbifd)en Ä&jujjie* f>cn , unb jum (Sroigcn ju lenfen. laß bir bas l$ei= fpiel beines leibenben unb gebuibigen ©rlofetS fiets por Tlugen fetjn, unb lerne barauS ©ebulb, ©laube cs einmal redtt fefl, baß nidjts, nidjfS in ber SÖSelt bir olpnc ben Villen beS f;ed;|ien Dvegenten ber 3Be(f, beines ßinimlifdjen Katers gefdjeßen fonne. £Mide auf ton DJtenfcf;en ju ©ott, ber fjeffen fann unb lpe(= fen will/ beffen IDladjt eben fo unbegranjt ifl, als fei* nc iieba unb ©üte. Vergrößere nidjt beiti leiben burefj unnetlpigeS Klagen, fonbern ermanne bid; burd) ben ©ebonfen: ©efcfjelje, maS immer will, an mir mirb ber Sßille meines ©otteS pollbradjf, unb n>aS er tljuf, bas ifl mofjlgetfjan. Tfufbidj, mein ©ott, will idj auch int leiben unperrüeft fjinfefjen. €s fann mir nidjtS ofpne beine meife 3'ilajfung miberfafpren. !£)u §ajl Pon ©migfeit meine leiben, fo mie meine Jreuben

ab*

3«fu$, ein Qßorbtlt) für und in Seibern 395

abgewogen. 2(Cfcö bient ju meinem Teflon. £>arum tfcue, nid)t, was id) will, fonbern »aß fcu willjU

3efuS ift unfer SSorbilb in feiner Sanftmut^ imb Hiebe gegen ^einbe iwb ^fennöe. tylan mar i(jm ohne tlrfacJ^e feinb. lte§ (td) jemals erwars ten, ba(j l^emanb auf &ßl' °^ne 5'einbe fetjrs, unb von allen geliebt, geehrt werben würbe , fo mar es gewi§ üjjefus , ber liebenswürbigjte, b er größte CDßc^U tf)dter ber SDTenfdjen. Unb bod) Iparte er Jeinbe, geinbe, bfe fid) SReib unb 3Buth fo gar fo weilt frei« ben liefen, feinen *£ob $11 bewerfjlelltgen, Tiber mit welcher ©anftmutl) begegnet er ihnen allen ! (£r fonn» te fte oerberben, aber er ließ jle fielen, unb meld)e unerhörte liebe, er betet fogar für feine ÜJiorber. bittet um Vergebung für fte: rerjeit? leiten, (£r entfd)ulbigt bie fdjredlicbfte ^(jat, bie allem Tlnfefjen nach nicht entfdjulbigt werben fann: (te reiften mebt xeae fte t^un. ©0 l^at er feine' gottlid) fd)one iefwe: Hiebet eure $einbe, mit feinem gottlid) großen 25eifpiele betätigt, ©0 ljat et uns burd) SBort unb ^(;at jur Erfüllung ber fdjmerften <Pf(id)t ermuntert. £>enn wer fann nod; feinen $einb Raffen , nad)bem 0;riftuS für feine Äreujiger gebetet hat“? 3ßer fann fein jünger fet)n , ber nid)t an anbern übet, was er an unß get^an l;at? Tiber aud) gegen feine jünger, wef* d)e fein Jpcrj burd) $3errdt()eret> unb Sreulojigfeit, ober burd) ©cf)wad)l)eit unb Ungef;orfam betrüben, ifl er unermübet in feiner liebe. ÜJtitten in ber ©e« fal;r, bie ifjn umgiebf, benft er an if)re ©id)erl;eit. ©r Idjjt feinen SSfrrather ben ehrerbietigen eines

3ün»

S*)6 3efuü5, ein 9ßorbt(D für un$ in Seiten.

jüngere, eines Perftcdten$reunbeömif5braucbett, unb modjte ihn nod? gern butd) eine ernftf)affe SCßarnung tton feinem Untergänge jurüd'jieben. ©r ijt über baS- 0d)i<ffa( beffelben trauriger als überfein eignes fd)me= res ieiben* ©r hart, mie Petrus, ad) fein «Petrus, tfin perldugnet mad)t ifmi feine bitter« iÖormurfc über bie fdjwere SScleibigung, fonbern giebt if>m ei» rten järlidjen £>ermei{j burd) einen ernfien unb mit# leibSPoden Q3iicf, ber i()m nid)t9iad)e anbrohen, fon= bern $>er$eihung anfunbigen fod. ©r batte mit jart= lieber ©orgfamfeit biefen feinen 3l'm9er bor feinen $ad gemarnt, I )atte if)m 3Bad)famfeit unb ©ebet in ber ©tunbe ber $3erfud)ung empfohlen, unb ba erun# geadjtet aller 2ßarnung fddt, fo ld£t er ifjh bie Siefe ber mcnfd;lid)en @d)macbheif, aber aud) ber gbttlid)en ©rbarmung erfahren, baniit er aufgerid)tet Pom Sad, mit fadenben trübem IBiitlciben haben, unb 2£an# fenbe ftdrfen lerne. "Jlcb mer fann bie liebe 5;efu faf# fen unb ausfpredjen, bie er gegen erbitterte $einbe unb gegen freuiofe greunbe bemiefj? @od biefes £3ei« fpiel unfers ©rloferS für uns umfönft fepn? D nein! Iaifet uns ben ©ntfcblufj faffen, eben biefclbe iiebeunb ©anftmutf) unter ähnlichen Umflänben ju üben, unb ©oft ju bitten , bafj er uns bureb feinen ©eifi baju ftdrfen mode. Denn es ift fdjmer, fd)mer, feine geinbe lieben, aber es ift nidft unmöglich. Sftie moden mir alfo bem ju fd;aben traebten, ber uns ju fd)aben fuebf. 2Bir moden unterfueben, ob mir unferm geinbe feine ©elcgenbeit ju ^)a§ unb Q3efeinbung gegeben haben. 23epm Q3emuftfetjn unferer Oied)tfd)affen()cit moden mir baS Uebel mit ©ebulb ertragen; mir moden nid)e

23ofe$

3efu£, ein QSorbilb für unö in Sctbcn. 397

lÖofeö mit Sßofen, fonbern mit ©uten öergelten; mir moüen bie fegnen bic unö fluchen , benen mof)fc tljim bie unö Raffen unb »erfolgen ; mir moüen gegen ftrauc^elnbc 5rcuni:>c SRacfefic^t fjaben, unb bet) aller $alfd)f)dt ber SÖSelt unb ihrer ‘Sreulofigfeit moüen mir unö an ben f;od)flen unb befianbigflert 5‘reunb unferer ©eele galten, ber nod) am Breuls für feine Korber betete, unb ber felbft feine fd)mad;en $reunbe bis an$ (Enbe liebte !

^efuö unfer $3orbilb in feinem 2\eben unt> Schweigen be? falfcber Anfrage, 0pctt unb fLaßetung. (Er jebwteg ju ben falfcfjen Tlnflagen ber beftod)enen geugen; er fdjmieg »or 93i(ntu6 , ba er alö ein ‘Xufrülprer unb Empörer gegen bie «föats ferlidje Dbergeroalt angeflagt marb; (Er febmieg »or Jpcrobeö, marum? 0ein leben unb feine £6unber, feine lehren unb $hafen n)aren bic befien 0cf)u|* reben für iljn. (Er meijj, ba£ bie lügenhafteren S3erldumbungen auch bie unmafjreflen firtb , unb alfo ftd) felbft miberlegen. (Er meifj, ba§ er burd) fein Dieben jegt nid)tö auöricbtef. (Er f'ennf bie Kläger unb 9iid)ter genau, er meijj bafj ftcb bie EButf) feiner Kläger nur burd) fein 23luf befriebigen lajjt, unb bafj ber $ob if>m fd)on ror bem fSerfjor gefd)rooren ifi; er meifj, bafj ber Diid)fer ju fdjmad) unb meltgeflnnt iß, als bafj £Bahrf)eit unb Unfd)ulb bei) i^m 9ved)t behalten fonnten. ©onft fyat er bet) feinem mohlthdtigen Jjjerumreifen bem getncinflen ÜJien* fdten geantmortet, ber ihn auö reblidjem Jperjen ge= fragt hat; er hat mit £ülflofen, mitÄinbern, mit

3olU

398 3efu$/ ein QSorbilö für tm$ in Cct&cn.

Seinern unb ©unbern ausfiifjrlid) gefprodjen, bie nicf)C3 als £Baf)rf)eit unb ©eligfeit mit reblidjer Ein* faft fucf)ten. 3(ber auf fragen ber lijtigen 'iöosfjeif,, ober ber finbifajcn Sfteugievbe unb Eiteffeit giebt ec Feine 'Hntmort; jum ^eifpertreibe eitler fernen »er» ridjtct er fein SEßunber, fonbern jur Jjimlfe ber Elen* ben. Tiber er rebet aud) ba, rco es notljig ift. Ec rebet, fo halb es bie Ef;re ©ottes, bie Elpre feines Tirute?, bie Effre ber Sßaljrheit-erfobert, Er rebef, mo fein ©djroeigcn eine QSetldugnung feines SÖafctS, eine Entehrung feines ‘JfmtS, eine ©djanbung bec SBaffrlfeit gwefen fepn mürbe. Er rebet, roentt ifjm bie unenb(id) midjtigcn fragen Pergefegt merben: ob er ber IBtcfjiaS, ob er ber Äonig ber ^uben, ob et ber ©of;n ©otteS fei)? ^d)bins'. fügt er mit bec greimütfjigfeif eines llnfdjulbigen, unb mit ber 5i>ur= be eines gbttlid)en ©cfanbten, unb er giebt fogar beut fanböogt eine Erläuterung über fein ^oniqreid), fo Piel notf;ig ijt, ju beroeifen , baf; er bas 'Xnfeben be$ ^aiferS nid)t gefrdnft f;abe. Unb leqt ba bas ebeffte T5efenntni§ ber öBafjrfjeit ab, menn er n>Pt§ , bafj eS ijfin fein icben foften mirb! D Efjnften ! laffeC uns l;ierauS lernen , mie mir f,ur red)ten 3*if reiben unb fd>roeigen foüen. Oft reben mir ba, mo mir fdfroeigen, oft fcf)ipeigen mir ba, mo mir reben fofften. 3ßir fd)mcigen , roenn unfev ©laube , menn bie Elpre beS 2ftäd)ften, menn bie tlnfdjulb unb Tugenb ange* griffen mirb. ©ollfen mir f)icr nid)t reben unb ein unerfdjrocfcneS 3cugni£ oblegen, gefegt, bafj mir uns baburd) aud) ^)a§, 30t n unö Verfolgung ber

SEßelt jujie^en foUtcn? Tiber aud) unfer Dieben nt off

eben

3cfH ein QBorbilD für uns in Seitdem 399

eben fo fünblid) wie unfer ©d)weigen. £nffef uns benn aud) ^tetauö lernen, jur redeten 3eit unö aufeU ne finge 7(rC ju reben, unb ©djlangcnflugheit mit Saubeneinfalt oerbinben. ©djweige lieber, wo bein Dieben mehr fcbablid) als nüfslicf) feiert fonnte, wo bu bas Jpeiligtjjum Por dpunbe unb bie perlen Pot ©due roerfen würbeft. ©djweige lieber, tue* bie b'5 fdjeibenfte Verantwortung ju neuen ©pott unb ©,= lad;fer, ju neuer Verldumbung gemij3brautf)t werben fonnte. Diebe bie 3ßa()rf)eit, wie @r, fo oft bu jum 23efenntnijj ber $Bal)rheit aufgeforbert wirft, rebc ftc bann unerfcfjrocfen unb freimüt^ig, unb fürchte ben Ungered;ten unb ©pottet nidjf. Tiber ba, wo bu init ber 2Saf)rf)eit nidjfö ausrichfeft, ba half bid; (ie* ber jurücf , ba empfiehl bie ©ache bem, welcher $u feiner Seit bie Wahrheit ans licht bringen wirb, ba trofte bid> mit bem ©ebanfen, bafj bie Unfdjulb jwar oft getreten, aber nicht jertrefen wirb, ba rid;te bid) mit bem TluSfprud) #ie6s auf : 3)iein 3eu9e im J^immel, unb ber mich fennet, ift in ber ^>ohe.

3efuS ift unfer Vorbtlb in feiner ausf)arrenben <Bet>ult> unt> ©tanM)afctgfeit unter fcen jcl;mct3 » ^afeeften öegcgmffcn unt) TXHberwrtrtigfceiten. Tlch wie ift QÜr, ber Jpeiligfte gemifihanbelt worben ! was ift wohl übrig, baS er nicht gelitten hatte, unb noch hätte leiben fermen? 2Be(<f)e leiben ber ©eelc, weldje leiben beS ÄorperS hat er erbulbef, unter berm laft auch ber ©tanbhaftefle Por uns würbe haben u«= terliegen müffen ! v£r, ber ftiüe leerer ber SGahrheit— als ein öffentlicher griebenößohrer gefangen genom*

menr

40° ein 9ßorbilt> für unö in Seiten.

nien , boin niebrigflen $)obel üerfpottet, mit offen 23efd)impfungen perl)ofjnt, pon ungerechten 9?id)tern, toon einem betrogenen Volfe einem offenbaren Ver= bred)er nad’gefefjt, mit Bornen gefront, anö Äreu(} auögefpannt ronfjr^aftig er f)at gelitten, maö unb mie fein ’Ölenfd) (eiben fann. Unb bennoef) bulbete er affe unoerbientc Vefd)impfungen, 0(16 0(1)01001), oUeS SCef), baß iljn überfltomfe, bulbete ben peinlich? fiett *$ob, mit einer ©elaffenjjeit unb (Ergebung, mef* dje meber bie ©röfje nod) bie SDauer beß 0d)nier;;enß fd)n.idd)en unb ermuben fann. Von feinem Volfe perroorfen, liebet er biefeß 5^>o(f noch mit göttlicher ©roßmutl). 0einc iiebe, feine Varnifjerjigfeit f)at feine ®d)ranfen. 9cid)tß läßt er fid> jurucfßalfen, ben 5Beg ju gelfen, ber jur Ver§errlid)ung ©otteö unb jur ©rlofung ber VSelt fufjrt. 'Jnuuer bleibt er fid> gleid), immer ber ftoubl)üffe, liebepoüe fid> felbft oufopfernbe Verehrer ©otteö unb SSftenfcfoenfreunb. ^eine Jpinberniffe, feine Verfolgung, fein 0d)mer$, n>ie groß er aud) fei), fonn if)n obwalten, baß 2ßctf ju pollenben, warum er in bie 2Belt gefonimen mar. 93iod)ten mir an ijjnt, bem ©ebulbelamm, baß fid) $ur 0d)(ad)tbanf fufjren lief’, lernen, mie mir aud) unfere Jperjen unter ben fcfjtpcrften ieiben in ©e* bulb faffen unb auf ©otf (joffen follen. fei*

nem ieiben unb bem unfrigen ßribet fid) ein feßr großer llnterfd;ieb. T)os 0einige mar unoerfdmlbet ; menn mir, als 0unber bie Sr&d)te unfere 3ßerfe effcit. S'urd) if)n mirb jeber ieibenbe erfl in ben 0tanb ges fefjt, feine VSibermärtigfeiten mit Raffung ju ertra* gen. Tfuf if;n, ben großen gott(id;en £>ulber mollen

S«fu$, ein SSorbilD für un3 in Seiten, 40t

wir benn bliefen , wenn and) unfer 86eg nücf) bem Fimmel nidjt immer mit SHofen beftreuf, fonbem üudj mit Dornen toerjaunt ift» J<?at er, fo muffe ^eber benfen, f;at er mein ^»err unb Reifer bet) ab* lec Unfdjulb fo oiel $einbfcbßft unb Jjpaf ber 2Belt er* fahren : mie fann eg mid), feinen SRachfelger 6efrents ben, trenn id) i§m* fein Ärcuh nachtragen, unb itt tiefer SCßelt etmaß leiben foÜ? 2{bcr wie er, will id) tenn aud) außfjarren. 3Ric mill id; mich burdj 5ftur* ren unb Ziagen an ben^ufirungen ber gottlidjen^or* fefung rerfür.bigen , nie in ©djrcermutf) , Sroftlofig* feit ober Verzweiflung rerftnfen. 2Baß f)dfen mic alle meine Klagen unb ©orgen ? was hilft mir meine ©elbjlguaal? Äann id) es änbern, ober baburd) meine leiben (inbern? freilich iff bie Veradjtung bee 2Be(t, iff Mangel, iff ^ranf^eit, iff jebeß anbere Hebel, bem id) auggefejt bin, unangenehm unb peinlich* Tiber ich will tragen, maß Öott mic auflegt; ich will ©otf, meiner 93fTid;f unb berTugenb getreu bleiben, wenn auch fcheinen feilte, als hatte ©ott meiner rergeffen ober mich berlaffen. ^d) weif, baf meine leiben ben f)errlid)flen Xlußgang haben, itnb baf nach ber $hr<*nenfaat eine §reubenernbte folge,

^efußift enblid) unfer Votbilb mit Üiucfftdjf auf t>ett Büßgang feinte leiberts* ©0 fdjmer$h<tff, fo fchrecflid) auch baffelbe mar; fo horte boch im $obe auf, unb mit bem lejten SEBorfe, mit bem lej* (en 4?aud)ß nahm feine Erhöhung jur Herrlichkeit ifj« ren Anfang. T(uf eine heifie 5Bocf)e 00U Arbeit unb twt# ( ©d;iwr*

»02 3efit$, ein <35orC>il& für un$ in Seiten.

nerjen roarb i§m bic frieblicbfte @abbatf)Srufje im Kräfte ju X^eif. £Mbrad;t mar am ^rcu^e alles, was bollbracfyt werben fonute unb füllte; bis £ied)er foüfen bie tobenben lS3c([cn bes fturmenben 90ieereS fonimen , unb nid)t weiter. Jg>icr war bie ©ranje unb baS ©nbe aber feiner iciben. Sängft ift er aus ber Ttngfl unb bem ©ericbt genommen; er feanb glorreid; aus bem ©rabe rnieber auf, fuf>r gen Jpimfnel, unb ift nun burd; Seiben beS *£obeS gefront mit ‘preifj unb ©f;re. 9?un ift bie ©rlofung ber [uns bigen rHSelt uoUcnbef, unb wer fann bie Jperrlid^feit ausfpredjen, bie er ewig als ben Soljn feiner Sreue genießen wirb? 97un lonncn wir nid;t jweifeln, bafj ber £6eg, auf bem er uns uorangegangen ift, aud; uns ju greube unb ©Ijre fuhren werbe. 3a/ d;er 0;rifi! ber bu f)icr 3efu an 'Jugenb, am £>u(* ben dfmlid; wirft, bu wirft i(jm einmal aud; an ^err? lid)feit afpnlid; werben. 2(lles Seiben, auch baö fjär* tefie, nimmt wie baß feinige, ein ©nbe, unb wirb jur D.uelle ewiger greube unb (Jrguicfung. Sofj bid) alfo bie dji^e ber 21nfed)tung nid)t befremben, lafj ben 9J}utf; niebt ftnfen unter bem ‘©ruefe beö furjen SeibenS biefer 3m ©rabe wirft bu außruljen

bon ber 3)?uf)e unb Tlrbeif biefeS Sehens. £)ie Seiben ber ©rbe berwanbeln fitf; in ber (Ewigfeit in greuben bes Rimmels. 2ßenn wir einft unfer “Sagewerf wer« ben öollbradjt fjaben, wenn uns unfer ©ewiffen ba$ 3eugnifj giebt, bafj uns bet 5£il(e ©ottes bas liebfte auf (Erben war: wenn wir ©eljorfam gegen ©off, Siebe gegen bie SDtenfdjen, ©ebulb im Seiben geübt fcaben; bann fonnen aud; wir unfern ©eift in bie

•fpdn

3cfu$, ein OSorbilö für unö in Selben. 403

Jpanbe ©otteg empfefjfen unbfreubtg unb felig fterben. llnfer $ob mirb bann nicf)t fdjrecflicfo, fonbern Jjpjn* gang jum 33ater, Eingang in bie emige Üiuije fepn* Der mufj frei) fterben, ber fromm gelebt f)at. Das ieben !Jefu, mdd)eg er im ©rabe mieber erlangt fjat, ift ein SSorbiib Pon bem neuen geifligen unb Perfidrtett leben , baS mir emig mit i(jm führen merben. 0 bu gbttlid)er Mittler! Ia(j ficb bie d?taft beiner lef>re unb beineg 23et)fpieleg unter allen Umfldnben an ung bei# nen ©rloßen offenbaren, ia|j ung jejt met ben, mag bu mareft, bamit mir einft merben, mag bu bifl, §ei» lig auf (Erben , unb felig im Jjimmel. Timen.

I

£ c 2 Viet

4°4

- - . - -

X>icc unb 3wart3igße prcbigt*

Q3om 2ötefcerfcf)en in jener Söelt.

€ine Dftcrpreöigt.

Aw/anf fep bir, o bu emiget* ©off, für bie großen (Erwartungen, bereu bu unß alß (^^rifiert fdf>ig gc< mad)t hah- 3Bir jtnb hinfällige unb fierbliche EOien» fchen, mit jebern Sage fontmen mir bem ©rabe unb ber (Emigfeit um einen ©djriff naher, unb fo man: d)eß QSeifpiel ber ©terblichfeit lehret unß, bah auch unß bie IKeilje halb treffen fenne, unb bah mir eben ben sU3eg gelten muffen , meieren fd;on fo fciele Sau: fenbe nor unß gegangen finb. 2ßie elenb waren wir, wenn mit unferm Sobe alles ju (Enbe gienge, unb wenn alle unfere Hoffnungen unb 7Cuöftd;fen jid) in ber SRacpt beß ©rabeß befcprdnften! 2lber nein, wir ftnb nicht ganj ©taub; wir finb non bir ju einem ewigen leben gefd;affen. ©o wahr als ^Jefuß lebt, follen auch wir leben. 9Rad) ber Q3rufung unferer wenigen Sage erwartet unß bie grdnjenlofe (Ewigkeit, wo wir nid)t nur bie fruchte unferer Sreue einernbten, fonbern wo wir aud) bie frommen greunbe wieber fehen follen, welche burd) ben Sob non unß auf einige 3eit getrennt waren. 0 ©ott Iah biefe entjuefenbe Hoffnung beß Sffiieberfehnß in jener bejfern 5Belf fchon jejt unß ju allem ©uten beleben, unter allen leiben trofien, unb

in

<2BteÖerfefjen in jener 405

in bet bangen ©fimbe bcö Tlbfdjiebeß bon ben Unfri* gen beruhigen, bringe uns alle triebet- an jenem fes ligen Orte ber QSoUenbeten jufammen, wo feine ©im* be unb fein £ob mein- fet;n wirb, wo mit- beine 2£erfe unb SBege beffer als jejf reiferen, unb in bet 3al)l ber SBerfldrten bid; wurbiger preifen trerben.

£ejrf: 3ob. 20, 20.

Da würben bte jünger frofj, ba fte ben £cmt faljett.

Familien, unb unter $reunben, tfdj

einanbet Ijerjlid) lieben, giebt es feinen rufjvenbem Auftritt, als trenn fte ftd) trennen fallen, unb rieüeicbC mit ber bangen TlfatbungTlbfdjieb nehmen muffen, ftd; niemals in farent leben wieber ju feljen. bisweilen wirb aber bod) ber fa£nlid)e Sßunfd? wteberjufamntett ju fommen, burd) bie wunberbare Sprung *xt füllet, unb wie erfreulich, wie entjudenb ift alsbentt bas £Bieberfeljen nach langer Trennung! (Erinnert eud) £ier nur an baS 0emdlbe eineö folcben hauSlidjett Auftritts, welches wir im 23ud;c Tobias aufgeflcllt finben. Der junge Tobias, ber einzige D’oji unb bie ©tü£e feiner alten Eltern, fcf>icfet. fid? in ©efdjdftett ju einer fReife in ein frembeS lanb an. Die URuttec wirb baruber traurig unb untrojtlid), weil fie glaubt, bafj fie i^ren geliebten ©o£n bepm Tlbfchiebe bas lej* temal etblicfe. Tiber womit fudjt fie ber alte Tobias aufjuridjten? SÖiit ber Hoffnung eines glücflicfjett

c 3 Sßiebet*

40 6 95ont <2Btct'crfc^cn in jener SfBelf.

3£ieberfcbn« TTYine nicht; fpridf er, *) Urt* fer ©obn wirb fr»f b unD gefiinD t;in unD wie# Der sichert, unb Deine Tlugen werben ihn feiert«. iDenn ich glaube , bafj Der gute £ngel (Bottes ihn geleite, unD alles wohl febiefen wirb, Das er verhüt, alfo, bafj er mit ^reuDen wirb wieDer 3U uns kommen. 2flfö fcfcwieg feine tHutter fülle, unD gab (ich 3U UnD

maö Tobias fagt, bas gefdjie^et. ©ein ©oljnfommt glucflicfj juruef; fie umarmen il;n, unb meinen beite für freute.

<£ö qtebf mofjl feine jafjlreidje Familie, mo nicht dljnlidje frofje SSorfdlle (Id) ereignen follfen, ba§ fern i^re hinter, ober ©efebmifier fich mietet fefjen, nad)bent fie lange genug getrennt unb in ber $ßelt jer* (freut gemefen maren, unb biefeö3ßieberfef)en mujj ah lerbingö ein unauöfpredjlicbcö Vergnügen niadjen, menn man fief) jdrtlid) geliebt l)af. Tiber mie? menn tiefer fjei§e SÖSunfcfj ber ©eele nicht erfüllt wirb? menn man fich mirflid) bepm Tlbfdjieb baö le&femal fafje, mie eine geheime Tlf;nbung unö fagte? S3eij fielen unter uns ifi biefeö gemifj ber $all. Tin unö alle er# gieng bie ©timme teö Tlllmddjtigen : ©elfe auö bei# neni 93aferlanbe unb auö Deiner $reunbfdiaft in ein ianb, baö ich Dir jeigen will. £Bie fleffen bie ^l;rd# tien bepm Tlbfdjiebe! $>ie menigfien Pon unö mürben ten föater, bie Butter, ben trüber, bie ©d)roe# fier, ben $reunb mieberfinben , bie fie tamalö perlie# fen; fie mürben, fdmen fie mietet an tiefen Ort, ei*

np

*) %eb. j, 38. 29.

QScm <2Bict)crfc^cn in jener SBdf. 407

ne große -Berdnberung , ein gan$ anbereS ©efcftledjf, unb alles wie neu finben, unb bie mefjreften bon uns werben alfo wof)l nicht 511 ifyren SSatern berfammlef, fonbern in biefem fremben ianbe begraben werben, in weldjem fie einfjeimifd) geworben finb. SBas blei« bet unö bei) feieren Umfidnben für ein 'Sroft übrig? Ä'cin anbercr, als biefer, Daß wir gleidjwcl nicht ewig getrennt finb, fonbern uns in ber ©wigfeit wieberfin* ben werben. Unb bas iji auch ber geroo()nlid)e2ßunfd> bepm2lb|chiebnef;men, baß man fagt: ©ef)en wir unS nicht tyet, fo felgen wir uns bodj t>ort wieber!

tiefer fo allgemeine SEßunfd), biefeS fo heftige Verlangen , biefer fo widrige ^rofl beS £Bieberfef)en$ in jener SEßelt berbient einmal unfer ganjes ernftljaf» tes Sfiachbenfen. 2Bir fjaben fjier feine bleibenbe @latte. TUleS ift in biefem ieben bem- 2ßecf)fcl unb ber SSeränberung unterworfen. $5iele unferer^reuw» be unb EÖefannte finb fdjon geftorben unb in bie ©wig# feit borangegangen. 3Bir werben rooljl ju i(jnen, aber fie nicht wieber ju uns fommmen. 3$ fe&c W* 9>erfonen bor mir, weldje ent weber geliebte ©egen= ftdnbe il^reß JjjerjenS berloren Traben, ober noch berlie« ren werben, £)enn wir ftnb alle jeben Tfugenblicf jum £obe reif, unb wenn wir auch noch fo lange gelebt, unb noch fo lange im jartlidjfien unb bertraulichfien Umgänge bas ©lücf ber $reunbfd;aft genoffen Ratten; fo fommt bod> bie ©funbe gewiß, welche felbfi biefe innigften ESanbe jerreißef. ©ßie elenb waren wir, wenn biefe 53anbe auf ewig jerriffen waren, unb nie, nie wieber angefnüpft werben fotlten! Unb wie wich» .. ©c 4 tig

'4®8 Sßom ^Bieberfehen in jener cjBelt.

tig mufj basier jene grüße für uns werben : ob wie unfere ©eliebten, unfere greunbe in ber (Jwigfeit wie* berfchen, wieber fennen werben , ober nid;t? ltnb fefjet iljr (grillen! auch hier wirb euch eure ^eilige Religion eine Cluelle beö f;errlicbften Srofles.

Sang unb traurig war bie ©tunbe beö T(bfd)ie« beS !gefu '>cn feinen Jüngern. 'Hber er ocrfujjte ifj< jien baö Sittere, weldjeö in biefer Trennung lag, iwrdj baö Serfpredjen , bafj fie if>n wicberfef)en foll« ten. Unb biefeö Serfprechen würbe am ‘Sage feiner Tlufcrfieljung erfüllt. SDa würben tue 3un0rc fre^, bafj fie ben <2>crrn fallen, 9iun perwan» beite jid; ilpre ‘Sraurigfect in greube. £)iefeö 2Cieber* feigen war jwar auch nur non furjer £)auer; benn tiad) rierjig 'Sagen würbe fd;on wieber feine fiebtbare ©egenwart ilpnen unb ber vQ3clt entjogen. Tiber fei« ne $3erf)eifjung würbe rollig an ihnen erfüllt, ba er fie burd) einen feligen ‘Sob ju fid) naljm. 9iun finb fie ba, wo er tff; nun finb fie ewig mit ihm rerei* nigt. ©ollte bicfcö nicht ein Silb ron jener feligen QBieberoereimgung fepn, bie unö allen berorfteljt? (Sollte ber fierbctibe 0;rift nid;t eben biefe Jpofnung fjaben. 3a/ greunbe, fo froh werben auch wir fepn, wie bie junger, n>enn wir unfern erfühlen STiittler, wenn wir unfere rerflärten greunbe wie« bcrfchen. ©o froh werben aud; wir fepn, wenn wir nach Pollenbeter Prüfung in einen ©tanb ber 53oUfommenhert unb an ben Drt fommen, wo fid) alle Sßeife unb ©ute rerfammeln. !gd; fpredje bähet

m

Sßom

<2$om cjBieterfeljen in jener ^ßelt. 409

33om ?SBie£>crfe^cn in jener SÖMf*

guerfl werte ich einige Zweifel unb ©chwie« rigfetten heben, welche tiefe #ofnung wan# fenb ju machen feinen ;

Süßten n werte ich einige ©rünbe nuS terOßer# nunft unt 0d)rift anführen, auf welchen fte beruhet.

E n 1 1 i dj werte ich jetgen, wie mel Ermunterung jur ©ottfeligfcit unt $ugent, unt wie viel £rofl in tiefer Üehrc liege.

Es ifl ein leben nach bem *£obe. Unferc ©eefe flirbf nid}t unb fann nicht flerben ; unb felbfl unfer nichtiger leib wirb verfldrt werben: bas ifl eine©runb# lehre beS EhriflenthuniS. Eben fo gewifj, nur weni¬ ger begreiflich ifl bie CÖ3af)r^eit : wir werben uns wie* berfe(jcn. Eltern werben it)re Äinber, ^inber ihre Eltern, ©affen ihre ©*tten, greunbe i(we greunbe borf wieberfinben. ©egen biefe lehre fonnen aber einige Zweifel unb ©ebunertgbeitert gemacht wer¬ ben, welche wir juerfl hden muffen, welkes jugleich baju bienen wirb, bie falfdjcn SSegriffe, bte man fteh Don biefer 0ad?e madjt , ju wiberlegen , unb bage¬ gen auf richtige Qßorfieüungen $u fornmen. .

£er etfie üiinxvmf, welker biefe Hoffnung wanfenb ju madjen fd;eint, ifl bie gvoj^e X)eränte* rung, weldjc mit bet- iXBelt unb bem 9)?enfd;en vor# geht, bajj faunt eine 2lef)nlicbfeif mehr 6feiben fann. 3n ber 9latur ifl flets alles ber iSeranberlichfeit un*

£ c 5 terwor»

410 Qßom 3£ietevfcfjen in jener Sffielt.

ferworfen. SOßic perdnbert ftd) ber Sftenfd) jebes^aljr* ^enb fdion hier fo febt* , bafj mein if)n nid)t meljr fennt , wenn man i£w nad) geraumer voiebcrfies ^et. Jpat er auf Steifen getjen muffen , um £öelt unb 9)tenfd)en fermen ju lernen, unb fe£rt er alsbenn jus tiicf: fo ift oft £Bud)S, ©ang, Sftiene, Sprache unb alles fo an ifmi peranbert, bat? felbft es feiner ga# inilie ferner wirb, iljn mieber ju ctfer.nen. S83ie ift ber Säugling fo Perfdfteben Pon bem Äiribe, baS ^inb pon bem Spanne, ber Sftann Pon bem ©reife ! ginbet biefeSjnun febon in bicfemicben ftatf: wie Piel mehr muß baS ber gall in jenem fcbn/ uberbiejj eine ganj neue 23crfaffung pon Gingen fetjn wirb. £)iefer (Einwurf l;at Piel ©djein, ift aber glcidjwol niebt fo ftatf, als baß er nid)t miberlegt werben fonns fe. 2ftid)ts, gar nidjts gebet in ber Statur unter* 5Baß ber 3Uimdd)tige einmal gefdjaffen (tat, baS wirb er wol)I perwanbeln, Perfcbbuern, aber nidjf Pernid)s ten. “HuS taufenb perftogeuen unb Perwefeten Sljei# len fc^affce bie Statur ben ladjenben grü^Iing. S?ic# itialS roirb etwas anbers aus bem ©aamenforn, als ipas feitjefjer barauS geworben ift, unb aus bem 'JBais jenforn wirb feine anbere 3rt ©etraibe ober Q3aum» frud)t. gebes £)ing bieibet immer bem 2ßefen nach baffelbe; ftets behält es bet) allen QSerwanbelungeit bie il;m anerfdjaffnen ©runbfräfte; immer bleibt ifjm ber©eift, baS &'ennjeid)en cingebrüeft, woburd) eS bon anbern SQBefen unterfdiieben ift. ©o bie leibet ber 5Jlenfd)en. ©ie muffen gröbere ^^cile nblegcn; neue feinere annefjmen, unb baS gefd)ief)et in ber SÖoerfftatt ©otteß , ber (Erbe. $ier enttpicf'elt ftdj

QSorn <2Biet>erfef)en in jener 9Belt. 41 1

aus bent $>ermeeltd)en bas Unverwesliche unb au$ bem (Sterblichen bas Unterbliebe, unb was alfo audj für grofje 3$eranberungen mit uns rorgeljen, fo blci* ben roir hoch immer biefelben.

Der jroeete Sintburf beji efiet ftcfj auf bie Verwirrung, weldje alsbenn entfielen muhte, wenn fiel) Diejenigen wieber fennen follten , bie hier burd) bie 33anbe ber Sftatur miteinanber verfnupft traten. di giebt f;ier fd)on gälte, befonberö in grojjen 0täb* ten, wo bie Elfern ben Äinbern fo fruftjeitig wegter» ben, bah fte jtd) nidjt fennten, ober wo viele Äinber nicht einmal wiffen, trer iljr $3ater ober i^re Stuftet war, ober wo Sltern fid) fd)dmen, Diejenigen $u er# fennen, benen fie bas Dafepn gaben, weil fte es nicht in ber gehörigen Drbnung traten. Unb wie? trenn ein 5)iann, eine grau mit meutern ©atten in c^eli# eher iöerbinbung getanben hat? DiefeS mar bie gra< ge, weld)e einfl ^efu wegen einer grau rorgelegt mürbe, welche (leben Banner gehabt hatte: SEBeffen wirb fte in ber^luferfleljung fepn? Die Antwort mar: 2>n jenem leben werben fte nicht mehr freien, nod) fid) freien (affen, fonbern werben gleich fetjn ben Sn# geln ©ottes. DiefeS efjelidje $>erh<j(tnih wirb alfo aufhoren. Die 33erflärten werben nicht mehr ©af< ten, fonbern reine htmmlifchc ©eifier fepn. liebe mirb freilief) bas 25anb fetjn, welches fte ewig mit» einanber rereinigt; aber nicht eine liebe, wie wir fie benfen, unb wie fte nur für biefes leben gehört.

Der Dritte Sin tvurf ift biefer: SEBirb nid)t bie Seligkeit ber Unterblieben baburch leiben, wenn

fie

4* a *3ßom 95ßiebetfel)en in jener 2Bett.

fie diejenigen, mit welchen fic hier in Verbindung ftanden, bet) diefem SOßiebererfennen in ©end und Verdammnis (eben, wenn fte fid) ihrer eignen ehema* ligen ^^or^eiten erinnern, und wenn einige in baß cn>igc leben, andere aber in die ewige <Pein geben? SBenn unß unfer ©edadjfniS/ alß eine wcfentlidje Äraft der ©eele bleibt, fo wird freilich aud) baß Tin» fcenfen an unfern ebemaligen fehlerhaften 3ufianb b(ei= fcen nu'tffen ; aber wenn wir begnadigt, gebeffert, fe« Iig find; fo wird der ©ebanfe unß beruhigen, bafj ©ott unfere gebier $um ©ufen gclenft, ba£ er unß unfere ©unben Pergeben, daß er unß durd) daß Ver* dienft unferß UJiittlerß ju ©rben deß ^immelö ange« nommen habe. <£ß wird alfo biefeß unfere ©eligfeit Vielmehr , wie ©djaftett daß lid)t er^o^en , und wir werden beflo mehr Itrfadje haben, die unendlidje ©ti< (e ju preifen, rneldje unß attß fo oielcn ©efahren ret« tete. £Baß aber die leiden der Verworfenen betriff, die unß befannf find: fo wird in diefer Tlbficht der SOBtlle ©otteö and) unfer Sßille fepn. 5£ir werden beides? , die Handlungen deß ©rbarmerß und deßOiich» terß mit Anbetung und frohem (Erjiaunen erblichen. 3die Tfußfprudje der ewigen ©erechtigfeit werden unß über alleß geben ; und wird man fdjon hier julejt ge« gen einen SDienfdjen gleidjgultig, den man oft warn« te, und der fid) dod) nidjr befferte; bat ftbon ^er Veifpiele oon Vätern gegeben, welche ungeratene Binder dem “Hrm der Dbrigfeit ubergaben, um fte nlß faule ©lieber abjufdjneiden, damit nid;t die übrt= gen angejieeft wurden; o fo wird gewifj nod) Pielmebr in jenem leben unfere liebe gegen die ©efd;öpfe ber

liebe

S3om <2Biet)orfef)en in ! jener 4T5

Siehe unfergeorbnet fepn, welche wir bent ©hopfet ber SOßafjrfjeif, unb bem ütedjt fd)ufbig finb. ttnfere (£mftnbungen haben jejt noch ju Piel 5J?enfcf)Iicfeeö unb Unpoüfommeneg an ftd), als bafj mir fie $ur Ülidjt* fdjnur unferer fünfeigen gelauterten 3>nfung$art ma* djen formten; unb uberbieö wirb jtoifdjen ©eligen unb SUerbammten eine unbutcf;bringlicfye Äluft be» feflige fei;n.

2iu$ allem biefen erhellet nun fdjon, was fuc 33orfiellungen mir uns Pom£Bieberfef)en in ber(£wig* feit *#u madjen ljaben. Oft entfianb Unglaube unb Zweifel an ber SCßajKfjeit baljer, tpeil man ftdj biefelbe nid)t rein unb lauter badjte, fonbern iljr frembe unb falfdje Siebenbegriffe beimifdjte, 2Bir muffen alfo Pom begriffe bes QBieöerfe^enö alle ^Silber abfons bern, welche pon unferm jefeigen groben Äorper unb feinen ©innen, Pon unfern jeljigen SUerbinbungen unb 23erl)dlfniffen bergenommen ftnb. £)enn biefe grobe Jpülle werben wir oblegen, unb einen Perfldrten, §imm(ifdjen Äorper erbalten, T)orf wirb ©eifl mtf ©eift, J?e r$ mit .fterj pereinigt fepn. Unb worinnen wirb alfo bas SOßiberfehcn in ber (Jroigfeit beheben ? 3n ber neuen 93erbinbung, in melcfee bie Perfldrfen frommen nid;t nur überhaupt mit ©eligen, fonbern auch infenberheit mit benen fommen werben , bie fte §iergefannt unb geliebt haben, wobei? bie ßurücfer« innerung an ehemalige irbifefee 93erbinbungen unb ©djidfale jurn ©runbe liegt, wo fte ftd? ihre ©eftn* tiungen unb ©efufjle mittbeilen, unb gemeinfd;aftlidj ©Utes wirfen unb ger.iefjen werben, SDaö Üieid)

©otte$

414 Sßom SSictcrfehcn in jener <2BeIt.

©offeS unermeßlich, unb ^eber wirb in bemfelben jum 3>de gefeitet , wiewohl auf oerfchiebenen l2Begen.

meines s23aterS«£aufe finb Piel £öo()nungen, fagt unfer ©löfer. ©d;werlid) laßt ficf> es baßer benfen, baß bas SBieberfeßen nach bem ISobe ein eigentliches SSeifammenfetjn an eben bemfelben eingefchränften Orte beS Tfufent^altö fepn werbe. Tiber ©elige wer« ben gleidjwol bleiben, was ftc hier waren, Untertßa* nen eines Honigs, ©lieber unter ©nein Oberhaupte, sjfticgenoffcn Wirtes Oieidjö, unb im SGachSfhume ihrer $3otlf.ommenßeic werben ße Pon ©tufe ju ©tufe, pon SBelt ju 2ßelt, Pon Fimmel ju Fimmel fort= fchreiten.

lafief uns nun bie (Üminöe befrachten, auf wel» cf)en bie Hoffnung beS SaSiebetfeßenS in ber ©pigfeit beruhet, Oie Xtommft machet biefe Hoffnung vt?a^>rfil;cinlic^, aber bie (Dffcnbgtung machet ße geivijl

‘Oie Vernunft erfennet in einer fofeßen feßre nichts Unmögliches, nichts QjßiberfprechenbeS, fon* bernßnbet ßepielmeßr aus manchen ©runben f?od;fi* wafcrfcbtinltcb* ©opiel boch gewiß, baß wir bie©ee(e, welche in uns lebt unb benft , mit allen ißren wefentlichen Graften in jene (5Be(t hinüber neß< men. Oiefer unfer ©eiß aber bilbef aus feinem nerßen unaufhörlich ©ebanfen unb QSorßellungen, fclbß alsbenn noch/ wenn oudj bie äußern ©egen» ßänbe, weldje bie ©nbriicfe auf ißn mad)ten, langß perfchwunben ßnb; unb fo wie ßd) ber bejahrte ©reis nod) auf baS lebßafteße an bie ©eßhüfte unb Serbin»

bungeit

<23om ®et>erfd)en in jener ^Belt* 4 TS

ftungen bes männlichen Elfers unb an bie @pieic fei* ner ^ugenb crinnei*t : fo wirb fic^ gewijj noch bet Q3crffdrte an biefes©rbenleben juruderinnern fonnett. SBenn unfere ieiber in bet tfuferßefjung $n>ar uerwan* beit werben, aber boef) in ihren wefentlidjen ©runb* jugen ftd) gleich bleiben füllen : fo mujj es nief^tö un= moglid)eS fepn, ba§ bie 0eligen jtd) bort wieber fen* nen, bie jtd) f)ier gefarmt baben. @S ift eine 53er» geltung in jenem leben ju erwarten. £>ic ©wigfeit foU alles auffldren , maß «nS hier unerforfcblicb war, foll alles ©ute belohnen, alles Q3ofe bcjlrafen, alle ieiben perfu&en, alle Änofen auflofen, alle Üvatf;fef unb ©e^eimniffe entwickeln. biefeS, fo muffen oudt bie <Perfonen, beren ©efdjicbfe in einanber ge« webt war, ohne Q3er(lellung , wie jie |tnb, im liebte ter Swigfeit erfebeinen, unb |lcb vor bem Dieter bet 5Öelt barjfellen , bamit ihre dpanblungen nad) ifjrett \>erfd)iebeneniöerbdltnif|en unb Sriebfebern unterfucbC werben, unb bamit ©ott feine belofmenbe unb bejh-a* fenbe ©ered)tigfeet barnacb einriebten fonne. 3Det Sßunfd), geliebte «Perfonen, bie Pon uns getrennt ftnb, wieber ju feben, ift uns allen natürlich, unb fprid)t in uns allen fc^v laut unb fef)nfucbr6t>oll. 2Bet pflanjte biefen SBunfcb in uns? Unb ©ott feilte iljtt nid)t erfüllen? £)ie|eS QBieberfe^en ift gewiß eine Ctuelle ber reinflen greube für empßnbfame unb tu* genblpafte 0eelen , unb wir würben einen wefentlidjen ibeil unferer ©lücffeligfeit ju perlieren glauben, wenn wir biejenigen nie wieber feben füllten, mit welchen wir hier ein Jperj unb eine 0eele waren. (Ss i|l alfo gewiß nicht roa^rfd^einlic^ , baß ©ott, ber bie liebe

4i 6 9301H £8iebcrfehen in jener QBelt.’

fetOft ijt, feinen frommen ©ereljrern, fciefc Ctuefle bet $teube verfdjliefjen wirb. ©Sie? »vir feilten bort in bie Berfammlung ber vollenbeten ©ererbten fom* men, unb glddjmol bie nidjt feljen, mit benen mir fdjon in biefesn leben ben ©3eg bafjin giengen? Tille ^»•euben füllten uns jit $()eil merben , nur bie nidjf, mit unfern meifenunb frommen greunben umjugeljen? deinen ganzen £immel voll ©eligfeit follten mir ge# niesen, nur nicht baS ©lud ber 5reunbfd;aft, bie gfeirf/mol fdjen ^icr baö grojjte ©lucf bes lebenS, unb unter allen ©ufern ber (Jrbe allein mertb tft, ernig fort ju bauern? TllleS follte uns evfejt tverben, mas mir verleugnen, 5urud'lajfen unb aufopfern muffen, nur nicht ber größte Beduft, ber Beduft ber Unfri# gen, bie »vir fo innig liebten, unb von benen bie Sren« nung fo fdjmerjljaft mar? Sftcin, bas ld§t ftdj nicht ton bem ©ott vermuten, ber uns fdjon l;ier fo viel ©uteS giebt. Unmöglich fann eine Jpoffmmg uner= füllt bleiben, bie er felbjt fo tief »n un ere 9ftatur ge# tflanjt §at, bie fo innig mit unfern cbelflen beflen ©mpfinbungen verroebt ift , unb bie fo viel ©ropes, CÜntjiicfenbeS unb ©digeS

Tiber biefe Hoffnung ijf nicht nur mafmfcbemlicb, fonbern fie ift aud) gewiß, menn mir ben -X6infen, j^eugniffen unb Betätigungen nachbenfen, meldje mir in ber (Dffenbatung ftnben. Tlllerbings iff auch fefjon eine blope©3al)rfcbeinlicbfeit für uns von grofjent ©eroicht in Dingen, beren ivenntnip unfere Kräfte uberfleigf, unb in ©äljen, meldje auf unfere Dtgcnb unb Beruhigung einen fo (faden (sinflup hüben. Tiber

c$

9ßom <2Bict)crfcl)cti in jener 3Belt. 417

eg »rare fc>od) immer nod) traurig / wenn ein $3ater, eine Sftutter, beprn ©arge eineö geliebten Hintes ftdj mit weiter nichts troften tonnten, alsbamit; “Diel# letebt fehen wir unfer dtinb wieber! Sftein (Shrißen, unfere Hoffnung beruhet nicht auf einem blohen £8ie(« leidet, ift nid;t blofje ’&ermuthung, fonbern ©ewifj« ^eit. 'JDaS ganje ©rlbfungöwert jielet bafyn, ba§ aus beut menfcblichen ©efdjledjfe eine ausermdf)lte ©emeinbe im Jpimmel gefummelt werbe, welche mit 3efu, ihrem Dberfjaupte unb unfer einanber in bet tnnigflen SBerbinbung fielen foll. idffet fleh aber woljf benten, bah biefe ©eligen Pon einanber abgefonbert fepn, ober nid>rs oon einanber wiffen werben? 5C6ie freubenleer wäre alsbenn ber Fimmel, wenn wir nid)C mehr baß ©lud' beß Umgangs mit öoüenbeten grcun= bett genießen, ober uns nidjt mittheilen tonnten? Tonnen wir hier fchon fo weit unb mächtig auf einan* ber wirten, tonnen wir mit Q3ewcl)nern berentferntfiett SCßeltgegenben in Q3erbinbung fommen : wie Pielmeht wirb baß bort in einem ^o^ern SEßirfungsfreife gefche« hen tonnen, wo unfer QL'rfenntnijjöermögen unb alle unfere geizigen Grafte nie! mcf;r werben cntwirfelC fei)n? her merfwurbigen ©leicbnihrebe unferS Jjjerrn 00m reichen Spanne finden wir ©puren genug, bah hie ©eligen nicht nur ftd) unter einanber, fonbern auch ben 3'lßanb her $>erbammten fennen; unb wie Scfus auf bent Seifigen SSerge perfldrt würbe, fo er« fannten bie junger ben 9JiofeS unb ©lias, ob fie gleich fd;on Piele fjunbert ^afpre toor ihnen in jene l2Belf ge« gangen waren. <pau(uS troftete ftd) mit ber angeneh3 men Hoffnung, bah nod; hört bie grumte feinet Swit« SJwU, £> b ^rbeis

4t8 <2ßom SEBieberfehen in jcTTcv 2Q3elc.

2lrbeifen unb leiben einernbfen, un& feine frommen greunöe auß ber (Semeinbe ju 'Il)cf[a(onich wieber ftn* bcn mürbe. VÜetr , fagf er, wer i(t unfere v>off* mmg, ober ^rcube, ober 2\rone bcs Kubmö? Scvb ruebt aud) th>r& vor unjerm 4errn 3cf* w feinet: Swfunpt*)? @r ermahnet bie# jeniqen, roeIcl>c ben Eingang ber 3()dgen besagten, baß fic nid.)f traurig feiert feilten, wie Reiben, bie fei# tie Hoffnung (jatten, unb uerjTdjert iljnen, ba§ bie SSerftorbenen auferwedt, unb jte fclbft mit i^>nett fjingerürft werben , unb fo bet? bem Jjjerrn allejeit fepn foTten **). @cld)e 93evjid)erungen giengen aber gc= mi§ nicht nur bie banialigcn Cljritfen, fic gc£en aud) unß an, unb wir fönnen barauß ben fübcrßentSchlufj machen, bafj aud) mir in ber Uwigfeit unfere front# men Srcunbe roieber feljen werben, unb bafj baßjenige gewi§ in Erfüllung geben wirb, waö 3cfug fe^nlid) betete: X)ater icb will, baj* n>c td? bin, aud> bte bey mit jeyn, bie bu mit gegeben l?a(f, ba($ fie meine ^errlicfyfctt feiern

3Bir fonnen alfo gewi£ berfidjert fetjn, bafj wir 3efum unb unfere felig beworbenen greunbe einmal wieber feiten werben. Unb o welch eine entjficfenbe 21uß(td)t in bie (£wigfeit ifl biefeß! 3*^ fann mir ba# l;er wof)l aud) eure 'dufmerffamfeit berfpredjen, wenn id) nun noch jeige, weld)c flarfe (Crmunterung 3111: (Botcfligfeit unb ütigenb, unb wie viel ilro(f in biefer widrigen lettre liege.

31*

*) » SbelT. t, 19.

**) Sap. 4, 13,

*$om SQBicfcerfeljcn in jener 419

5fteS gemiß, baß unfer je|igeS leben , unb un< fere jefjii^en ©efdjdfte unb Vergnüg ungen in einer fo innigen SSerbinbitng mit ber grdnjeniofen ©migfeif fie* ßen, 0 fo muffen mir tüößrßaftig fd;on jejü anfangen, uns barauf vorjubereiten unb einen guten ©runb ju legen. Die Hoffnung bes SöieberfeßenS mirb alsbentt recht nüßlid) merben, menn mir uns baburd) bercege« laßen, nad) bem ßochflmoglid;en ©rabe von Seelen» bilbung unb Q3erebdung $u ftreben, um beö Umgangs reiner unb (jimmlifdjer ©eificr mürbig ju merbem ©et>b hoch baßer nicht bios bamit jufrieben, burdjr äußere iSorjüge, butd) Stanb, Üleicßtßuniy 'Huf* roanb, Söoßlgeflalt bepanbern etmas ju gelten. 97id)ts t>on allem biefen begleitet eud) in bie Svigfeit. Dorf mirbnid)tß gefdjdjt, borterofnet nichts ben Zugang $uc greunbfdjaft unb ben Umgang ber Seligen, als eitt gebilbeter Q3erfianb, ein gutes ^erj, Scelenabel unlj mirflkheSugenb. s26ünfdjen mir uns einmal in ber ©e* fellfchaftaller meifen unb guten ^ftenfdjen im Fimmel 51t beßnbeti, fo muffen mir ißnendßnlid) $u merben fudjen. ^n jene Stabt ©otfes, in jene 33erfammlung vollen« fceter ©eredjfen geßet nid;ts Unreines, lein Safierßaf* ter ein. 5Gie mdre es and) möglich, baß ber gang fmnliche unb tßierifche 9J?enfch, ber nur an ber @rbe Uebt, ©efüßl für bie eblen §reuben bes Rimmels ßa* ben follte ? 2ßte mdre es möglich, baß ber Sfolje, ber ©etjigf, ber D?acßfüd)tige , ber Srunfenbolb, ber Spieler, ber ^BollufUing Vergnügen im Umgänge reiner ©eißer ftnben fonnte? 9Rein alle biefelafterßaf* ten Seelen geßoren in bas Dieicß ber ginfterniß, mel» eßes burd) eine große iUuft vom £Keid;e bes iid;tsunb

Db a ber

420 <3ßom <3Bict>crfe^cn tn jener SfBelt.

ber ^reube aBgefonbert ifl ! 7(bcr tnelcfje ISSonne, roeld^es Qrntjucfen roirb bort glcid)gef?nnte gute (Beet ten, unb fromme $reunbe burd)ftromen, tnenn fic ftd) triebet- begegnen, ba6 ©efdjafte fortjufefcen, rne(d)eö fie f)icr anftngen , ©etteö 2öerfc unb SOßege immer beffer ju fermen unb ju betnunbern, fTd> in ber t vafy ren SBeißijcit unb ‘Suger.b immer eifriger $u üben, unb ftd) auf baß nerfrauiidjfie einanber mitjutfjeifen. ©rünbet fid) bie greunbfdjaft , bie wir f)ier fd)Iicfjen, auf Oieligion unb ‘Jugenb; o fo fröret fie gewiß bort nid)t auf, fonbern bauert ewig. Jpicr ift nur bie •Äinbt^eir, bort bie 9Jiannbarfeif ; I;ier ber Einfang, bort bie SSodenbung, f)ier ber ©d)aften, bort baß QBefeu felbfl. D wie feßr fedte biefeß adeß ung er< muntern, unß non ganzem ^erjen ju ©ott ju wenben, uns wäijrenb unfercr ganjen icbenßjeit ber magren ©ottfeiigfeit ju befleißigen, aUe Ungeredjtigfeiten, ade lafterßafte Q3ertraulid)feiten ju nermeiben, unb bie Pflichten ber ©ered)tigfeif, 5)ienfd;enliebe unb$reunbs fd)aft auf baö treulicbfle ju erfuden, bamit mir bepm QBieberfeßen in jener $H>eIt, nid)t ilrfodje (jätten, übereinanber ju f lagen , fonbern miß unferer ößieber-» nereinigung ju freuen.

Unb o wie nie( Srfreulicfjeß, ©ntjücfenbeß, @es liqeß (iegt in biefer Hoffnung für gute unb fromme 0ee(en! ©o »nie bie ießre non ber Unflerbiid)feif überhaupt, fo ifl aud) biefe Hoffnung reid) an ©ritn» ben beß ‘Srofieß unb ber Q3eru()igung bet) nieten brufs fenben ‘Xrubfalen unb ‘Sßicbcrmärtigfeiten biefeß ie< benß, reid) an £rofi bet) ber Trennung non unfern ©es liebten burd; ben “Sob, unb bet) unferm eigenen übt

f4)iebe

cßom ^Bteberfefjen in jener 2BeIt. 42r

fdjiebe Don biefer «SBefr. laffet es olfo immer fetrn, bo|j mir biSmeilen ben Umgang mit guten SOtenfcben entbehren muffen, ober bajj mir »on folchen begannt merben, beren Urtfjeif uns gleidjmol midnig unb fd)d|bar ifl : in jener 26elt merben mir ötn unausfpreef)* lid) großen SOßertlj ber magren greunbfehaft erß red)t fenuen unb genießen (ernen. @o mie bem 4?eud)let bort bie SJla&fe entriffen fet)n mirb, hinter meldjer er £ier $Bertb unb ^erbienft log; fo mie jeher fftidjtto murbige bort in feiner ganjen fdjanblichen 331ofje er« fdjeinen mirb: fo merben ftd) aud) bie iftebel jerftreuen, welche hier ben ©lan$ ber ^ugenb »erbunfelten, fo roirb aud) jeber 9vcd)tfd)affene in reinem ungefarb* ten iid)te erfefjeinen. £)ie ^einbe be$ £öaf>ren unb ©uten, merben alöbenn mit Üieue unb t>or TCnaffc feufjen: „fcae t(i bet, welchen wir efcmalßfüt einen Spott gelten. XEit Harten freiten fein Leben für unftnntg unb feinCnbe für eine ©chaube. IPDie i(i er nun gejafret unter bie Kinber (Bottee unb fein £tbe i|i unter ben ^eiligen? TEit ^aben beö red)ten XX'eges rerfefret.“ 5Bie mancher mu§ fpier fein leben in ber QSerbinbung mit 9ttenfd)en oerfeufjen , an roelcbe ifm einmal ein unpermeiblicfjeS @d)icffal gefeffelt ^af. 216er bort mirb er bas gro§e ©lucf ^aben; mit lauter frommen unb guten 3Jienfd)en umjugefjen, menn er felbjl red)tfd)affen unb fromm gemefen ifl. mancher fielet £ier feine fef;nlicf)ften2ßünfd)e unb£of* nungen pereitelt unb jerflort, mit gleid)gefd)affenen unb gleid)fuf)lenben .frrjen unijugeben aber bort merben ©eelen, bie jid) cinanber mertf) füllen, ohne

©b 3 aupec*

422 Q3om SfBictwfefyen in jener <28ett.

duferlidjen 3wang unb ^>mbcrni§ , burd) bic innig* (le Q5anbcn ber reinfien iiebe unb J-reunbfcbaft mit cinanber vereinigt auf eroig (eben. 0 meine ^reunbe, welche Tfuöfidjt erofnet uns ber einzige ©ebanfe: $Bic werben uns mieberfeljen ! Sftit meinem ©nf juefen mitb ber Q3ate r fein ^inb umarmen, ba$ er als 3Baife trt tiefer 2Bdt jurueflief?, unb für bcjjen SXBc^l er fo jart< Jicb befummelt mar, unb bas g(eid;mol ber SSatet* im Jpimntel fo rounberbar bem ber $>olIfommcn(jeiC entgegenfuljrte. 5)}it melier 23>onne rnirb bie ©af* (in bem ©atten entgegen fliegen, ben fie hier fo £>erj* Kd) liebte, aber bem fie, roeil er oon if>r fd)ieb , bie 5(uaen jubruefen mufjte! 9)ftf meinem ©efuf)( unaus* fprcd)lid>cr Jreube mirb bei t ein £)abib feinen ^ona# tfjan roicber auffueben, fmben, fennen, unbemigmit ifmi vereinigt fet)n! Siftit roeld)er ©c^nfud)t mirb bet <Sof)n, bie Mochtet bie teuren ©Item auffuefjen, mel* d)e fte jur Sugenb unb ©lucffcligfcit erlogen! 5ftit weldjem $)anfgefufjl wirb ber ©elige feinen frommen ^reunb, feinen ielprer umarmen, meld)er baß SCßerf* jeug feiner 55eleljrung feiner 33ef[erung unb $8erul)i» gung, meldier ber Oietter feiner (Seele mar! 5)titmel» (bem ©ntjuefen wirb ber ©l)rifl Diejenigen felgen, oon benen er fo oft (>orfe bie ©rjodter unb alle ©lau* lensfpclbcn ber Q3orme(t bie $>ropf)eten unb 2(po= fiel bie 7(u?ermdl)(fen aus allen ©e|eblcd)fcrn unb Beifalfern bie ^eiligen ©ngef 3efum £(jriftum ©oft! D meine SSriibcr, id) bin viel $u fdjmad), euch baS ©elige einer folcben 3ufa|fimen= fünft j;u befdmeiben , unb gilt autb Pen ber ftreube bes ^ieberfebnö, maS ber 2fpoj»el einmal in anberer

g$om <2Btet)etfef)m in jener 423

•KSfic^C jagt: es fjats nod) fein 2fuge gefefjn, fein D§* gehört, es ift in feines SKenfcfcen Het$ gefommen, tvnS ©ott bereitet f)flt benen, bie il)n lieben. 0 if)£ (S^riflcn ! nid)ts mel?r fofiet eud? am Her&en liegen, als einer’ folgen @eligfeit rourbig ju roerben. £)af)i« richtet eure 2Micfc unter bem $)rucfe fo mancher ieb ben, unb banfet ©ott, ber uns fold?e@iege über 'lob 3$erroefung unb ©rab, foldje Hoffnungen, folcbe^us* ftdjten gegeben &at, burd? unfern Herrn 3ef«w (Sfjriftum.

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Sb 4

454

©et UBectlj unt> ta-j ©lüct

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^unf unt> jwanjtgffe predigt.

i

©ec 2Bcrt!> unb ba$ ©lucf einer frü^eiti- gen Srbmmigfeit.

Sine <£onfirmcuton$rcbe.

($n ©egentvart ^f)r<t 2>urcf)l. Oer ^cr|ogiti von SBüvtcmbcrg.)

AJ bu, unfer gütiger ©djopfer unb Vater, ber bu ung allen baß £>afet)n gegeben , unb bigfjer unfer ieben erhalten (;aft, wie grofj finb bie 3£of)ltl)aten, bie bu unö in einer jeben ©tufe unferß Tiltcrö erjeigft, ober ivie grofj ifi aud) unfere Verpflichtung, bie 3fit unb bic Ärdfte, bie bu ung fcfyenfefl, auf eine beinem Spillen gemäße 2(rf anjuwenben»

0d)on ber Anfang unferer VMfartf) auf <Jr* ben, fd)cn unfere 2\inbbcit unb elfte ^Eugenb ent» halt unjdblige Veweife beiner über ung wnd;enben t><w terlid)cn Vorforge. ©elbfi bie gänzliche Jpülfiofigfcif, in welcher wir geboren würben, tmifjte für ung eine widrige 2Coplff;at werben. X'cnn, wer gab un* fern ©Itern ben ‘Stieb einer jdrtlichen Siebe ing Jperj, womit fie ftd) unferer a!g fo fd)wad?er Kreaturen ans nahmen? f)dttcn wir nicf't of)ne ibr ÜJiitlcibcn, ofme ihre ffege unb cmftge ©orgfalt uitifotnmen muffen? feott, wie viel ©auf finb wir bir, unb unfern

Eltern

42S

ctncr frühzeitigen grommigFcit.

0tern unb <Pffßgern für bie Qrt-jtehung fchulbig, bie mir genoffen, unb moburd) mir beö iebenßgenuffeß fdf)ig geroorben jtnb! Reifer unb clpne nagenbe 33e* fummernijfe flcffen unfere erfien ^alpre bafjin; ober haben mir molpl ba, roo nun Vernunft unb Ueberle# gung fid) in unterer ©ecle entroicfelt, ftoben mir mo^I in unferer “Jugenb an bicf> gebacbf, bid) unfern güti* gen ©chopfer? SEBar t*aö Vergnügen, baß mir ge* tioffen, fletö unfdtulbig, unb haben mir biefeß fcbone Filter nicht burdp Sf)orhei* unt) Tlußfchmeifungcn »er* berbet?

3mmer trugft bu unö mit göttlicher langmufh— unb menn Piele in bcr Vlütfje Permelften, brachte^ bu unß ju einem fpolpern Tllter, unb fe|tefi einen jeben pon unß in eine folcbe Sage, mo er ein nufjlidjeö unb gead)teteß Viitglteb ber menfchlidjen ©efellfchaft mer* ben fonnte. Tiber haben mir aud) roirflicb unfere reifem ^afpre ju beiner ^hre unb 5um äfften unferer Sieben* menfdjen benu|t? £ßoju gebraudten mir bie lebfpaften grafte unfetß Leibes unb ©eifleö ? $$>o$u leben mir eigentlid) auf ©rben? Vebenfen, beforgen mir auch/ maß 511 unfcrm emigen Vefien bienet, ober gelten über ben ©orgen unb Vergnügungen biefeß iebenß, über ber unaufh*'rlid}en Tlnfirengung unferer ©eban* fen jutn XMenfle beß Qülprgeiljeß, ber ©eminfudjf, unb bet ©innlid)feit , olle ernflfjaftcre Ueberlegungen beßjenigcn Perloren, maß mir bir unb unferer ©cele fdtulbig ftnb? Tld) ©otf, fafj unß über unfere irbifchett «Berufe auf ber SOßelf, unfern Piel holpern Söeruf in ber <5migfeit nicht Pergeffen, unb fafj unß 3)idnnerfo miß an 3ahrcn unb ain Geifte, fo auch an ©emiffen»

X) b 5 Ipaftig:

42 6 ©er unt) bcrä ©lücf

£aftigfeic unb im (E^riflcnt^umc werben, um unfern ewigen Sßoljlfarrb gewi§ $u fepn.

©dmell unb unwiberbringlidj fließet unfere 3ei( baljin ! ©chon ift bet) ben meinen Pon unö ber beflc 5^ci( betroffen, unb ber nocb fleine übrige $()eil wirb oucf) gewifj halb genug ba^in fahren. ’ttd) ©oft! perlafj unß benn aud) nid)t, trenn bie ©onne unfers iebenö fidj jum Untergänge neigt! Semeljr unfer ies ben fjerabfinft, bcfto überlegter unb eifriger lajj es uns jur Vorbereitung auf bie naf)e 3l»funft beö $obe$ unb ber ©wigfcit machen, unb eine jebe 'Periobe bef» felben fo nüfjen, ba£ trir nod) in ber jufünftigett 2ßelt baron bie feligjten grüßte einernbten mögen.

5 «ft: ^Jreb. 6a(om. 12, x.

(BebenFc an beinen @d)6pfer in beinec ^ugenb, elje Denn bie 66fen Sage fommen, unb bie ^afjre ^erjutreten, ba bu tbirjt fa- $en : fie gefallen mir nicf)t*

^ugenb fjöt nicht Sugenb £)er Verflanb Fotnmt nid)t ror ben ^afpren biefe unb mehrere ©prüd)»rorter foldjer Tlrt finb es, meine Sporer, womit Viele bie l^or^eiten unb ben leidjtflnn junger ieute ju entfd)ulbigen pflegen. (£6 Idjjt (leb freilich ber mürrifebe Sabel nid)f billigen, mit trelcbem man# d)e flrenge @rjiet)er unb ©reife alles unfd)ulbige Ver* gnügen berer, bie jünger ftnb, rerbammen, alö wel< cbeö bet) vielen au$ einer fefjr unwürbigen Veneibung

ber*

427

einet frühzeitigen grommigfeit

fiertuljref: aber tag &ocf> aud) gewiß, baß man au£ einer Neigung, tiefe Strenge ju Permeiten, in eine aüjugroße ©elinbigfcit perfaüen fann, unt baß ©im» be ©ünbe fetj , fie mag (icf> bei} jungen ober Eilten f'nten. *£)ie heilige ©d>rift filtert eine ganj anbere Sprache. ^tiet) bie lüfte ber 3uSenb! ba g ijt eine Oieget, welche <Pauluö r.icf)t nur tem ‘Situg, fonbern aud) alten jungen Leuten giebt. ££ie bemut^ig betet nid}t£>aöib: .£err, gebenfe nicht ber ©unten meiner 2>ugenb! ünt wie rüßrent ifi nicht in tiefer TlbjTdjf tie ©efd}id}te bcö ungeratenen ©ofjneg, in weldjet’ 2>efug unö ein fo treffenteg Q5itb Pon ten traurigen folgen beg jugcnt(id}en leidjtfinng targefseüt ^a£!

©alomo bittet in feinen ©prüd)w6rtccn allein» herauf bas bringende, baß fte frühseitig tie ©tim* me ter ewigen 2Bei&i;eit hören foücn, welche fie auf» ferbert, ihr Jj^erj ju ergeben, unt nad) ihren let)r* fa^en unt Üiegeln ju bitten, unt in ter ©teüe be$ Sejrteg ermahnt er fie, fdjon in ter 3u3€r,b an if>ren ©djopfer $u tenfen, elje tag Sßerf ihrer ^Öejferung turd} eingewurzelte ©unten unt tag f>errannaf)enbe befd}werlid}e Tftter erfdjwert wirb, ©g muß atfo eben fo nibglid) a(g not^wentig fepn, fd)on ton 3u3£nb auf ©ott ju fürchten, befrachtet ta^er:

£5en großen 58erth unb t>a£ ©lüif einer frühzeitigen grommigfeth

©rßlid): ©ine frühzeitige ftronimigfeit in fid) felbß überaus iiebenSiDÜrtig unD eDcl, unt> bat in benötigen ©ottcö unD aller recht* föajfencn Stafchen einen großen SSBertf).

3n>et<

428 ©et* SÖSettfc itnb baS ©lütf

groeitenö: 0n: fn^eitigegrömmigfeit ifl Ne fidjerfle ©runblage ju einem glücflidjen £e* ben, ju einem fvotyen Filter, unD ju einet feligen ©Digfeit.

©d)on, liebenöwürbig unb cbel ifl eine früljjei* tige grommigfeit in fid) felbft. ^n ber ^ugenb jtnb unfere ©mpftnbungen nod) feurig unb lebhaft; unb tiefe 933ärme, biefeö geuer ifl fa^ig , auf eine eble 2(rt ju ben ©ntjwecfen ber Oveligion angewenbcf ju werben. ©ö ift fefjr gewoljnlid), affe (Eörijlen fla» gen $u Iwren , bafj ihre ©efüljle unb ©upftnbungcn matt unb fcfjfaff werben, unb baö erfüllt jle nid;t feiten mit einer £9eforgni(j, alö wenn jie ©off unb ifjren €r!ofcr nidjf mel)r fo Ijerjlid; liebten, als elf» malö. 2l((ein in Dielen fallen ifl biefeö mehr einem QSerfall unb einer Tlbnahme ber Dlatut*, alö einer SSerminberung ber in ihnen wirfenben ©nabe jujur fcfrreiben. 3br Söerflanb ifl pielleidjt bejfer in ber Üie» figion gegrünbef; iljr $GilIe ifl mehr für ©oft ent« frfjloffen, if)re $5egicrbcn ftnb »neffr bezwungen, alö ba fte nod) jung waren; aber jene SÖSärme, jencö geuer, jene ^nbrunfb ber iiebe, weldje ber ^ugenb eigen ifl, unb efjmalö burd) bie erhabenen ©cgenftdnbe ber Oveligion, er^ö^f unb ned? mef>r angeffammt unb per« flärft würbe, biefc ifl in gemifjem 9Jlaafje mit ihrem Tllter verlofdjt , unb halber fomrnt ifpre ^\lage unb ihre gurefjt. S)ie Steigung &u Gf;riflo unb jur $3ereinü gung mit if;m, wenn wir nod) jung finb, ifl bie reim fle, bie jarllicbjle iiebe in ber££elt, unb ifl nidjt leich* fine angenehmere SSerjlclIung moglid;, alö eine

!>genb,

einer frufyjeitkjen Sromtnigfoit. 429

^jugenb, bie ©ott furztet, unb biß mit bet’ natut* lieben frelichen lebf;aftigfeit beß TClterö jugleid) wal)re SSßeißfjeit unb Bigenb oerbinbef. €ß ift überhaupt für jebeß fromme Jperj ein entjücfenber TJnblicf, ir* genb 3eman^ auf &em geraben 5Bege ber $Ü3al)rf)ei£ unb üvecbtfcbaifen^eit ju j'eljen: aber, wenn bie iSlun* terfeit ber ^ugenb unb bie ^a(jre Öcr Srolicbfeit burcl) bie (>ol)ern ©igenfebaften ber d)ri|llicben ©ejmnung unb Srommigfeit oerebelt werben, bann entfielet eine foldje Bereinigung t>on Tlnne()mlid)feit unb ©Bürbe, welcher felbft ber iafber^afte feinen Beifall unb feine ©fjrerbietung nid;t Derfagen fann. ‘©afjer laft jtd) erklären , warum ^eljanneß, ber jungfie unter bett Tlpofleln 3efu/ nicht nur ^er Liebling beß #errn ge* nennt wirb, fonbern aud) wirflid) fein eifrigjler unt) treufler Befenner mar. £)enn wenn alle übrigen dl* fern junger flogen, unb felbfl Petrus mit allen fei* nen Besprechungen unb Borfaljen if;n Perleugnete unb abfebmur, fo wagte 3°(?antieö/ (ich nafje ati fein Äreu| h*niuC‘ran9cn* ©eine liebe mar fldrfer^ alß ber Sob, unb floate i(jm einen üftuth ein, beti felbjl bie na^eftc ©efaljr nicht unterbrüefen fonnte. Sftidjt foroofjl mit SIBorfen, alß burch bie Jfigte er eß, bajj er bereitwillig fet), mit 3cfu 5U fterben.

Tiber nicht nur baß geuer unb bie lebf)aftigfei£ ber erjlen liebe einer jungen ©eele für ©ott unb ^e* fum, fonbern audj bie ©eltenfjeit unb ilngemoljnlid)* feit einer folgen Tlrt liebe, unb bie pielen Berfuchun* gen unb Dieifjungen jum ©egent^eil machen eine frufj# jeitige §römmigfeit liebenßmürbig unb fdjdfcbar. ©ß ijf gewifj nicht ber gewöhnliche SaH ber; jungen ‘Perfc*

nen.

430

©er SÖSertft unt) t>a$ ©lucf

nen, ernftljaft unb nadjbenfenb ju fepn, ober jtdj bent Jjerrn ju fjdligen : Pielmeljv überlaffen fle fid> ben iü* flen i^rcö perberbfen ^erjens, unb tpad)fen entweber ouS Mangel an 3luffid;t unb <£t'5ie^urtg , ober aus cig< nem £eid)t|tnn in einer roefjpollen 33crgej|enf)eit tljres ©^opferS, unb in einer traurigen $3erfaumni§ iijrec £3i(bung in ^Bilb^eit heran. .Jpodjtnutf) unb (Jinbil* bung pon ihrer permepnten ©efd)idrlid}fdt; Ungeher* fam gegen 'Xeitcrn unb SSorgefejte; unorbendicbec dpang $u 3«r ftreuung unb fmnlid;en Vergnügen z ieid;t* finn unb @eringfd)d^ung ber Dteligion unb bes dufjer* litten ©etteSbienßeß, baß fmb bie geroo^nlidjen geh* ler unb ©unben, ju rodeten baß jugenb!id;e Filter nur t>on felbjt fdjon allzugeneigt ift, unb woju es nod) »iberbie§ burcf; ben fd;dbltd;en (Einfhijj bb|er Q5eifpiele unb fo mannigfaltiger ©elegenf;eifen unb QSerfti^run* gen geregt tt>iib. ‘Sie ^Jugenb ifl eine^elt Pon großen S3erfud)ungen, befonberS ju ben ©unbenber SEBoüufl unb llnreinigfeit; bas junge unb unbcrpad;te Jf)cr$, tpeldjeS bie fd;ledjten ©nbrude Piel leidster, als bie guten annimt, tpirb baljer fef;r halb Pom icifler bejau* bert, rodl il;m baS Sftacbberden, bie Erfahrung unb geftigfeit bes fjo^ern Tllters fehlt. 2O0dd; ein ruhten* ber unb angenehmer 2lnblid es benn, f)ier unb ba eine junge ^erfon ju feiert , meiere tfd; nicht tont all* gemeinen ©trome ber ©telfeit mit fortrei|Jen Idfjf, lüdche auf bie ©eite ber Dieligion unb $rommigfeiC gebracht tpirb, welche fleh ©ett unb 3du ergiebt, ipd* d;e ftd) für Jjiwmel unb ©ptgfeit fd;on frühzeitig er* fldrt, unb bep allen ^inbernijTen, bie fie auf bei« SCege ber £ugenb antrift, bet; allen ©erfuchungen zur

©uns

einer frfijjjeitijjen $r6mmigfdt, 431

(günbe bennod) einem 3°fcPh nadjfagt: 2Bie foüt* ich ein fo gro§es Hebel thun, unb wiber ©oft fünbi? gen. (Es ift freilich allemal etwas erfreuliches, wenn fid) irgenb ein @ünber befe^rt; aber gewif), baö iffc boppelt reijenb unb angenehm, wenn eine ^erfon nod) in ber 35lütf)e ihrer 3nhrc/ in ber öotien SOiunterfeic iljrer Ärafte burd) ©ebet unb SKeligion geftdrft wirb, fid) über bie ©«fahren ibfeß TCiterö ju ergeben, alle Oieijungen *ut @ünbe ju beftegen, unb fleißig an ben 0d)6pfer ju benfen, weld)er über ber liebe jum ©e* fdjopf in bet ^ugenb fo häufig »ergeben wirb. Unb eine foldje frühzeitige grommigfeit follte nicht in ben ■Äugen ©otteö unb bes (£f)riflen einen porjügiidh großen 2Bertf) haben?

3a, ben hat fte, unb nicht bfoö wegen ihrer eig< nen fiebenöwürbigfeit, fonbern auch wegen ber gro» $en Vorzüge unb £>orthei(c, welche bamit Perbunben finb. X)enn fie ifl bie fid)erfle ©runblage ju einem glüdlidjen leben, ju einem Pergnügfen Elfter, unb ju einer feligen ^wigfeit.

£Benn bas wahre ©lücf beS SDienfdjen in nidjftf anberS beftef)f/ als in Sugenb unb grommigfeit, fo muh nothwenbig ber 3Jienfd) am meinen gewinnen, weld;er fehr frühzeitig zu biefem ©lücf Pontmt, unb e$ am langjlen geniest. £)te ndmlid)e ^D^unterfeif , bie uns jum ©ienfte ©ottes befto gefd)icfter macht, macht uns audj ber bamit nerbunbenen Sreuben unb 33elolj= nungen befto empfdnglidjer. 5Bie unfere Steigungen in ber 3u9enl) am lebhafteren finb, fo finb unfere thätigen Kräfte am wirffamjten. 5Bie es in irgenb einem ©efdjdfte unb einer Äunfi ift, baf folche, welche

jung

432

©er <3BmIj unt> baö ©lud!

jung anfangen, gemciniglid) and) efjer junefimen, fo ift es auch in ber Religion. Die, welche pon ^u* genb an ©ott fürdjten, werben auch Piel früher itt ber Erfüllung ilprer ^Pfticfjten erfahrner, unb empfin= ben ben ‘Srofi unb bie Annehmlitf;feit baoon beflo flärfet unb langer, fte werben mit ben reichten Dffenbarun# gen ber gcttlidjen liebe begnabigt; fte tf)un größere gortfehrirte auf bem&egc ber Heiligung. Der@pät* ling in ber ISefeljrung fann wegen ber furjen ßeit, bie er noch fiat, oft nur nod) wenig für feinen Jperrn tfjun ; er gefit gew&fjnlich nur fd)wcr unb iangfam auf bem $Bege fort, mit bem er nod) nid)t recht befannt ift ; bie 'Ausrottung fo Pielcr eingewurzelten lüfte unb ©ewofwljeiten, foflct ifjm piel IDJüfje, unb baS An* benfen ber Porigen 0ünben perbittert ifjui bie nod) übrigen *£age feines lebens. Aber eine frühzeitige 5?efef)rung unb grommigfeit ift bas f?d;erfte Hirtel, baS leben burchauS angenehm unb glürflid) ju tna* d?en, fid) fclbft baS Alter unb ben ‘Job ju erleidjtern, unb ben 5ßcg bis baljin, weldjer mit Dornen unb Reefen genug perwad)fen ijt, gleichfam mit Siofen ju beftreuen.

2)ie llrfacbe, welche @alomo aufüf;rt, in unfen rer ^ugenb an ben (Schöpfer ju benfen, ift biefe, weil böfe ‘Sage, weil 3«iten fommen, pon benen wir fagen werben : fte gefallen uns nicht. Das ftnb bie ^aljre bes (jofjetn Alters, ber abnel;menben Kräfte, unb ber erfterbenben Sftatur. Die @d)wad)ljeiten, bie ftch in reifem ^afiren einfxnben, bie ^alte ber abs genügten ©mpftnbungen, bie Ermattung ber lebenS« geifter, bie föerbroffenljeit unb ber ©genflnn, weis k eher

einer fcühÄM gtottiitiig&if* 435

fldj 6c«) einem »erfadenben leite bes ©eifle?, ber i«t i()m woflnt, bemddbtigef/ führen febon »on fdbfl man* che SÖefchwerlicbfciten nut fld), weld;e nicht anberS als burd) bas Vertrauen auf ©eff unb burd) bie $of* nung ber $reuben ber ©migfeit gelinbet’f werben fon* nen. ?(ber wie »iel bruefenber muffen fsc werben, wenn man burd) 'Husfcbweifunqen fic qfeidffam früher herbetjgerufen flat , unb fld) fdbff $3or würfe machen mufl. ©6 ifl ein großer Unterfcbieb, ob ber 'JiPe mie gufriebenfjeit unb SCBo^fgefallert , ober mit @d)aant an feine I>genb juruef benft. ©efefcf, ber sJtftenfd> fommf nod; ju einer aufrichtigen Q3efferung; fo fann er bod) fein ©ebdebfnijj nid)f »erdigen, bafl ec bie »origen, bie beffen feines Gebens fo gemijj* braucht unb »erfdjwenbet i)at. £>ie »ergangene 3eit iff bod) einmal baflin unb für unwieberbringlidj »erlo» ten; aber mie jufrieben unb Reifer iff ber 5Jienfcb felbjl in ben fahren ber (Schwachheit unb ^ranff;eit/ wei» eben bas 2(nbenfen feines jugenblicben lebens nicbC febreefen barf, unb «eie bereitwillig iff er, $u ©oft ju» tudjufehren, welchem er gebient fjat, unb aus beffen «ftanben er bie ISeloflnung feines 3*fei§es erwartet SEBenn auch bie Jpifce unb SfdrFe in ben ©mpffnbun* gen folcber ^ugenb^aften unb frommen gefebwdebt iff burd)S2Ufer, ja wenn iljregdf)igfeiten ju feinem £)ien* ffe auch auflerlid) äußeren follten : fo wtü ©oft fleh bodj ttoeb an i^re crflc liebe, an ihre fd)one^ugenb erinnern«, ©r^at »erbeten, flebisinsTilfer ju pflegen unb jutra* gen. $)a$ 33anb welches burd) SSefefjrung unbjrom? tnigfeit jwifeben ©oft unb ber (Seele gefnupft wirb, iff bas bauerf)afteffe unb unauflösliche £>ie ffdrfffe

Swciut tijci«, ^ e S3ec«

434

©er unt) t>d$ ©lücf

QSerbinbung jmifeben 3ftenfd)en auf ber ©rbe, fantt nur fo lange bauern, bis ber l£ob jte trennt; aber bag '33crf>ältni^ |mifd)en Sljtijlo unb ber frommen (Seele ifl emig. SBeber leben noch *£ob fann fie Reiben.

(Jine frühzeitige ^rbmmigfetf mirb enblidj nodjitt ber jufünftigen ‘Seelt mit befonbern ©nabenbelohnun« gen gefrort merben. 'Senn menn ©oft nid)fg unoer« gelten (affen mill, mag man für ifm t^at; fo mirb er gemif an bie befotiberg benfen, bie i(;n über aüeölieb# ten, unb in feinem Sienjte alt unb grau gemorben ftnb; unb menn eg @tufen pon J£>errlid)fett im Jpint= mel geben mirb : fo ifl6 Pernünftig ju ermarten, bafj bie, me(d;c i(jn auf ber £rbe am meiffen unb (angfiett ehrten, bort mieber am meiflen merben geehrt mer* ben, unb bafj bie, meldjc in einer frühen unb lan« gen ©cmeinfcf)aft mit if;m flanben, unb am längfiett ihr leben ju feiner @hrc unb nach feinem SGSiüen auf« opferten, bort ihm aud) am nacbjten fepn, unb ben größten Tlntheil an feiner him»nlifd;cn greube unb ^»errlid)feit h«^n merben.

(£inen foldjen QLBerflj hat b,c ffu^jeitige ^rommigfeit! unb ein fo grofjeg ©lücb ifl eg, Po« ^ugenb an ©ott ju fürd)ten, SEBie felpr ift alfo ju münfdjen, bafj mir ung um unferg eigenen ©lücfg m iU len, in einem jeben 21(fer befireben, in ©offeg greunb« fdjaft ju flehen, unb alg red;(fd)affene 5Jlenfd;cn als gute Ghrifien ju leben, 2Bie mürbe ftd) ber Jgummel über unfere (£rbe freuen, menn bie IJugenb in beriln* fd)u(b manbelte, menn bie reifen 3ahrc ftcfr ‘n n>ah>« ren aßeiö^eit flarf bemiefen, unb menn ba$ h°(?c ^Ia

ter

435

ein« ffcufyjsifKjen $r6mmigfdt*

Itt trt einet ruhigen Vercitfd)aft blc (£wig£eif tmav* tefe. iaffet mid) bas, was 6tö^et gefügt worben iji; äufbiefe bret) berfd)iebenen «Stufen be<5 Alters noch befonberö Gnwer.ben,

$03dre etwa frier ober ba ein "Hlter unter eudjj, bet* min febon bem iobe unb ©rabe jiemlid) nafje ware> unb bod) bisher noch nid)t ernfilicb an bie Vefferung unb baS 2öo£>l feiner unterblieben Seele gebad)t f)dts Ut fonbern im diente bei* iSelt unb <£ttelfeif grau geworben wäre, unb bie liebe jur Sünbe in jtd) noch fietrfcben liefe: bem muffe id> bie 2Borte bes0alomo berdnberf fo jurufen : ©ebenfe an beinen ©d)6pfee tiod) in beinern Filter, ef)e ber iob bir bie klugen ju* fdjliefet! SBdrö möglich, fo reif für ben 'Job, füe bie Jjwde ju feqn , unb bod) nod) in einem fo bejarn» mernewürbtgen guftonbe beharren ju wollen ? gür et# nen folcben Unglücflicben, ber ton feinen er|len geirrt an bis in bie ^ofjcrn ^afire in bem clenben 3Dien|l ber ©iünbe jugebradjt hatte, unb bod) nod) an ifjrem un# feligen ^od; jiefjen wollte, ber fatje , was er gewe* fen ifl, unb was aus i()m werben wirb, 1 - ber in ba8 Vergangene mit “Jibfcbeu, unb ins gufünftigemitSit* tern bliefen müfte ■— für ben wüfte id) feinen Diatf), als noch an ben ©oft ju benfen, bem er fein leben fcbulbig war , unb ber ifjn halb, balb über ben ©e# braud) beffelben jur Verantwortung jieljen wirb, unb ju ber Varmfierjigfeit ©ottes feine 3»ffuchf $u nehmen, bie fidj in 3cfu £(>rlfto ber roieberfeljrenbert Sünbet annimmt; unb ba er feine befien Ärafte, fein blühen* bes Filter ber Qfitelfeit, bem leidjffinn, unb bem ia» fter verfd)roenbet ßaf, wenigftens noch feine lebten 'ia«

Qu 2 g t

43 6 5D« unfc öaö ©Iticf

ge unb Tfugenblicfe, unb bie Riefen feine« 'Xlterß bem @d)6pfer unb ©rlbfer ju ^eiligen, ber iffn fo unauß# fpreeblid) geliebt, unb big je$t nod) nid?t auß bem lan# te ber iebenbigen rreggeriffen f)at, um wo mogfid), i(jn nod) ju retten, unb flatt bei* SScrbammnijj, an ber er felbjl ein ganjeß leben l)inburd) gearbeitet, au« unöerbienter ©nabe, ein emigeö leben ^u geben ! TUtein , wo£l bem, ber jtd) beraub ijl, in ber §urd)f beß $errn feine Sage jurudrgelegt ju ^aben. (Kr wirb bie SBeißlfcit ©otteß bemunbern, welche il>n burd) bieXbnafjme feiner Kräfte immer mef)r non bie« fern leben unb biefer 2Belt entwöhnen will. (Kr wirb beß bejlänbigen ©emuljlß auf (Krben mübefepn; bie 'Hußjtdjf in eine (jerannafjenbe beffere 3u^unft mirb mit einem fjofjern lid)te biefen feinen fonjl bunfeln “Hbenb beß lebenß erweitern.

Die meinen t>on unß inbeffen, befinben fid), wie id) glaube, nod) in ifjren befielt ^japren. D niei* ne trüber, wir wollen ernjllid) unterfudjen, wie biß^er unfere 3*‘f berjlojfen ijl, unb wie wir bie funf= tigen ^af)re °&cr ^ftonatlje ober ‘Sage unferö leben« anjumenben gebenden. 353ie mujj un« baß bemutjji. gen, bafj wir fo oft bie fet)erlid)e 3ufagen, n>ir beg ber (Konfirmation , unb bem erjlen unb mieberpoU ten ©enufj be« ^eiligen ^benbmalß traten, wiebec leidjtfinnig gebroden fjaben! Unb wie mup un« baß ermuntern, bie nod) übriger 3C<* unferß leben« «rnjllidjer unb mit mehrerer streue ju gebraud)en! Unfer leben ijl jeljt ber ‘DJlittagßjonne gleid), nur mit bem Unterfd)iebe , bap fie in weit fixerer 3eit unter# ge&en fann, al« fie aufgegangen ijl. gern fet) non

unß/

437

einer früfjjeitfeen $r6ttimigftif,

uns, baff n?ir uns bie ^afffe ber erffen ^inb^eif ju* rücf roünfchen follten. 9?ein, mir bürfen nicht unfer ganzes leben mit Äleinigfeiten unb ©pielen jubringcn, mir muffen nun auch bas meit eblere Vergnügen ge« niesen, bas aus ernffljafrern ©rfenntniffen unb ge* meinnüljigern Bemühungen entfpringt. 2lberum@of* tes, um unfercr ©eligfeit millen, (affet uns nicht bloS für jeitliche ©efd)dfte unb Vergnügungen, (affet uns audjfür unfere ©eele forgen, laffef uns biefe Gunter» feit ber Ärafte, bie mir fühlen, baju anmenben, aud) on unfern ©d)opfer jubenfen, in ber ©rfenntniff beffel* ben immer mef)r ju roachfen, uns eines Por ©ott recht* fchaffenen 26anbe(S ju beffciffigen, ein gutes ©emiffett ju bemalen, im SBoljlthun nicht mübe ju rnerben, unferm (£rlofer nachjufolgen , unb einen guten ©runb auf bie ©migfeit ju (egen. Unfer Jg>etlanb muffte über einige feiner Befenner bie Älage führen: ich ha* be miber bich, baff bu bie erffe liebe Pedaffeff. 5Bie fe(ig maren manche Pon uns, ba ffe baS erffemal mit ©ott unb^efubefannt unb gleidjfam pedobt mürben? Tiber ach, ha&cn wir nicht etroa im ©erdufch ber SQSdt unb über ben ©orgen ber 9?afjrung biefe erffe liebe Perlaffen? ©inb mir nicht nachlaffiger in unferer Pflicht, forglofer gegen bie ©ünbe, falter unb lauer im ©ebef, ffnb mir nicht irbifch gefinnter gemorben, als mir ehemals maren? £)aS iff eine ©ache, melche folche Glmiffen, melche fcbon lange baS ©ute erfannt haben, ernfflid) unterfudjen feilten. ©Senn ©ott ffch oft an ben Bunb erinnert, ben er mit uns gemacht hat , menn auf feiner ©eite biefer Bunb emig feff ffe* hct, fo iff cs mahrhafttg fefpr (euhfffnnig unb ffrafbar

Se 3 an

438 ©er SSSmfj unt> fcaö ©lucf

an ung, wenn mir ifjn »ergeffen. (Eg muffe ung be= mutigen, unb ung ermuntern, bie erfterbenbe erfte liebe burcf) ben©ebraucf) oller ©nabenmittel aufg neue ju beleben.

menbe midj julejf an eud), ifjr jungen @ee« len, in me(d)en bie erflen Junten ber liebe gegen euren @d)opfer unb Jpeilanb angejunbet morben flnb, unb bie if)r ifjrn Ijcute ben ©ib einer emigen ^reue fd)mo» ren mellt. £) gebenfet, gebenfet in eurer ^ugenb an SOBafmbeit an Unfdjulb an Unfierblid)feit cn ©ott. Sßon ifjm ^abf ifjr euer X'afepn, eure ©efunbf;eit, eure Äräfte, eure ‘SJtunterfcit unb alle £ß*of)ltf)atcn ber 0d)opfung unb ber (Erlofung. Unb mag fepb ifjr bitfem euren §imm(ifdien Q3ater, eurem fmdften CQ3ol)lff>dccr fdjulbig? (Eud) felbft, mit allem, mag if>r fct)b unb IDenfet ja nid)t, bafj eine

ftüfjjeitige Jrommigfeit etmaö fxnflereö unb fdjmermü* tfjigeg fet). §reue bid; Jüngling, in beinev IJugenb, unb la§ bein Jjcrj guter Xinge fetjn aber miffe, bafj ©ott bid) begmeqen fcor ©eridjt führen merbe. liebet bie £ugenb, termeibet baö lafter! ^enc mad)£ euch glutflid), biefeg unglücfÜd) unb el.nb. gliel;e£ bie lüfte ber 3l,cleMi? / bie f&r euren ©eift unb für euren leib ein ©ift merben. (Erfpart eud) bie fd)recf< liri eSveue, bie im 'Hltcr auf eine Pcrfd/mcnbete ^su< getib folgen nr § unb bebenfet, bafj eure Ijjugenb bie ©runblage \w eurem l;ol;ern Filter ifl; beun mag ber QJtcnfd) fdet, bae mirb er ernbten.

D mie rounfd>te id), eud) alg lammer Ijeufe ber beerbe beg (Erjfiirten 3cfu (Ebrifli jujufuljren. 0u * ctyet ©ott, fudjet euren Qjvlofer, er wirb jtd; pon eud)

ftnben

439

einer früfyäeitigen $rommigfeit.

ftnbett taffen, ©r bereif, unb willig , euef) in feine ewige ©emeinfefjaft aufiune&men, ja er bittet: ©icb mir mein @ol)n bein £er$, unb lajj bir meine 50 ge Wohlgefallen. Sßolitet i£r es if>m nid)t geben, biefeö jpcrj , baö er feibft jur magren 5ßeie^eit unb ©ottes* furcf;C bilben will? Sßie glitef tid? fet)b i£r , wenn tyt feiner bi'tenben ©timme ©el)ör gebt, tiefer Sag, wo ifjr if>m fculbigf, wirb alsbenn ber widjtigße eures ganjen iebenß feijn. 2>ijr werbet euef) an ifjn erinnern, fo lange iljr lebt; if;r werbet an i^nbenfen, wenn if;r flert c. Tiber, wenn iljr jemals untreu würbet, alsbenn mürbe eure 23erantwortung auch beßo fd)me« rer werben ! Tiber id> habe ein beffereß Sutrauen $u euef), unb ^offe eS ju ber ©nabe unb 53arm^erjigfei£ ©otfeß unferö grloferö, bah er fein Sßort fegnen, unb tiefen Sag ju einem Sage ber $reube im Fimmel ma* t§en werbe. Timen.

<Ee 4

©ed;ö

44o Tarnung m t>em $}ißbrau$e

0ed?8 tmfc 3wart3ig|^e prefcigt*

2Barnun<j t)or t>cm fOTtßbraudbc bet* grof* fein £tfcnntni§ unt> greil)cit unfern 3eitalrer$.

<*£üir banfen t)ir , o ©oft, unfer ©d?opfer unb SSater, baß bu uns in 3?iten unb an Orten auf bie $Ö3elt gefegt Ipaft, roo mir fo biele Borjüge genießen, roebte unfere Q3orfaf>ren entbehren mußten. Oie Sftadjt ber Unmiftenfjeit ift Vergangen, unb ber $ag einer beftern <£rfenntniß ift angebrochen. Oie bluti« gen fXdigionsfriege ftnb Idngft vorüber, unb mir ges nießen in ungeftbrter fKuf?e unfere ©emiftensfreißeit* X)ie 5*elTdn ber $ned?tfd?aft ftnb jerriften, unb mir ftnb frei?. 'Oer Aberglaube £at feine Jjerrfcftaft ber* Toren ; es fangt an in ben ©eelen ber 3J}enfd?en ju tagen, unb bie 3i“ftet:mfie in ber Religion berfd?mins ten, mie D7ebel bor ber aufge(?enben ©onne. Jperr, für biefe 2Bob(t£aten banfen mir bir bon Jjjerjen, aber mir bitten bid) aud?, baß bu uns bor bem 9ttißbrau* d?e berfelben bemalen molleft. $aß ja nid?f ju, gü* tigfter©ott, baß biefe beftere Grrfenntniß unb f?eit uns jum^aüftriefe werbe, Bema^re uns bor iln» glauben unb 3ügelloftqfeit ber ©itten, bie immer me^r unter uns einreiften. Jpilf, baß mir bei? allen Unruhen unb Bewegungen ber £8elt, nicf?t nur auf«

ferlicfr

ber großem (Erfenntniß unt) greifjelt jc. 441

ferlic^ ein rußiges unb ßilles leben unter bem 0dju£ bet ©efefje unb unfererDbrigfeit fußren, fonbern aud) bie innerliche Otuße ber @eele in ber feligen ©emein» fchaft mit bir genießen mögen, unb laß uns in waßrem tßätigen ©lauben an bid; unb an unfern lieben Jpei* lanb, ^efum S§rißum, (eben unb ßerben. Linien.

£ejrt: ©al. 5, 13. 14. 15,

^fj^/ Heben Gruber , fepb $ur Freiheit Gerufen. Sidetn, fc^et $u, baß ißr burdj bie Freiheit bem gleifcße nießt Üvaum gebet; fotts bern burd) bie Siebe biene einer bem anbern. fDenn alle ©efe|e werben in einem £öorte er= füllet, in bem: Siebe beinen ^deßfien alb bid) felbj?. 0o ißr euch aber unter einanber beif* jet unb freffet; fo fefjet §u, baß ifjr nid;t utr- ier einanber berühret werbet.

5Bir leben in merfwurbigen 3dfen, meine Gru* ber. (Es jtnb feit einigen ^nßren Gegebenheiten unb ©rfebütterungen in ber 5Gelt oorgefaüen, welche in ber ©efehiebte ißreS gleichen nicht ßaben, unb unfere fpdteßen Sftacßlemmen werben nod) mit (Erftaunen Den bemjenigen fpreeßen, was wir, ißre Gorfaßren, erlebten, unb was ßd) &u unfern geiten jutrug. (Seit ber Deformation ber Birdie burd) iutßerum ein lid)t aufgegangen, baS immer ßeller ju brennen an= fangt, ber Üveligion , in ben .ftunßen unb 2ßif# fenfehaften, in ber ©efejgebung, in ber (Erjießung ber ^ugenb, in nüßlicßen ©rßnbungen fd;eint bas menfd)*

<£e s iid;e

442 $8atnung bot bem «flttf?br<ui$e

liehe ©efchlecht ju immer mehrerer 23ollfommenheif »mb Oietfe empor ju jireben, unb ben ^oc^flen ©ipfel ju erreichen; in manchen Gingen ifi man wirflid) fdpon fo tief gebrungen, wo öer menfcfyiicfye 23erftanb nicht weiter fann, unb feine ©djranfen crblicft, unb man $at Dinge unternommen unb außgefiihrt, wefdpe ber S3orwelt fdplechterbingß unmoglid; fchienen. Die 2361# fer ber ©rbe fdpeinen auß einem fangen ©dplummer ju erwachen. Da, wo bißfjer nodp Aberglaube unb Dp# rannet) ge^errfd)t fpat, ergebt bie wahre DJeligion unb feie Freiheit if)re ©timme, bie biß jejf noch nicht jur ©prad)e fornmen fonnte. 5)ian fangt an baß Un# ved)t einjufefpen, weldpeß graufame (S^riflen nicht nur in fremben SEBelitfjeifen, in Afien, in Africa unb Arne# rica einem grefjen Dpeil ber unterbrueften ^enfdpfpcit burcf) unnaturiidpc ©raufamfeit unb ©claPeret) juge» fugt fpaben, fonbern weldpcß auch unter if>nen felbjl tcrubt würbe. 3Jiit Qiifer fangt man an, alte 93or# urtfpcile ju befreiten, alte ‘üöiifsbrdudpe abjufdpaffen, cingewurjelteß ©lenb auß^urotten, unb hat baß An# fefpen, alß wenn afleß in ber Regierung ber $dnber unb in ber©itfenlehre, in bem ©taafe unb ber Kirche eine neue unb eine beffere ©ejialf gewinnen wollte.

5Bir fpaben aüerbingß tlrfache, unß über fofehe SSerdnberungen ju freuen, wenn fie ba ©tatf ftn# ben, wo fie roirflidp not()ig, unb wenn fie auf eine Art burdpgefejt werben , wo fie wirflid) nujlid; finb. Sßer foUte fich unb ber SCßeft nicht ©fuef rounfdpen, wenn aüeß in einen beffern 3ufianb öerfejf, wenn beß ©lenbeß immer weniger, unb bie wahre ©lucffefig# feit biefeß furjen iebcnßgeniifjeß immer allgemeiner

Perbrei#

tet großem ©rfenntntj? ttnö Srci&ett ic. 443

verbreitet roirb? 2Ber füllte nicht mit banfbarem ^erjen Die allroaltenbe 3Sorfef;ung beö ©migen onbeten, meicher Sinflernifj unt> Uebeljuldßt, ba# mit am ©nbe etmas übermiegenbeß ©ufe ^crauß> fomme, wenn mm fein uns fo oft imerforfchUcbet 9)lan fid) t>or unfern Mgen entmicfelt, unb mit nun gleidjfam in bie ©rnbte bet SÖSo^ltf^aten fom* men, moju in notigen Zeiten r,ur &er @Qnmen außgeflreut mürbe? Mein, meine §reunbe, es i|t viel $3orjtd)f unb SSeie^cit notljig, es erfor&ert ein moltf* georbneteß ^erj, meldjeS bie 3ßfl^rl;eit unb ©ereef?* tigfeit burchgdngig liebet unb hecbfdjäht, menn man im «Sejifi ber reinem ©rfenntniß unb Freiheit unferö Zeitalters nicht auf zlbmege geraden unb fleh nidjt »erfünbigen feil. QBir muffen uns mo^l oorfefjen, ba§ mir übet unferm Streben, bas Unfraut außju* rotten , nid)t etma jugleid) mit ben SBaijen unb bie nü^lid;en <Pflanjen auSreifjen. Of;ne 33ilb mic feilen unfere bürgerlid^e unb djrifilidje Freiheit jmac behaupten, aber fle nicht mißbrauchen, mir füllen uns in ben gehörigen 0d)ranfen beß 9ved)tS unb bep ©efcl^e galten, unb nicht etma göttliche unb menfchlü d)e Drbnungen unb ©mfdjrdnfungen reradjten ober megmerfen, welche hoch fo heiIfam finb. 5ßir füllen nad) ber gorberung beß hcili9en MofMß burd> bie Freiheit nid)t bem gleite SKaum geben, baß heißt, mir feilen nidit etma baburd) unfern fünblichen 23e* gierben, Sßünfdjcn unb Neigungen iuft machen , ba§ fie aus 'QSormanbe ber Freiheit in gefe^mibrige $has ten unb ^anblur.gen übergehen; mir füllen bie grew heit nicht in Frechheit unb Ungebunbenheit ausarten

laffen,

444 Tarnung tot &em Mißbrauche

laffen, unt) fte nif(>t jum T>ecfmantcl unfers Ungefior# fatnS, unfcreS ©igennuheS unb unferer ^23o6^eit ma« eben, habe mir öal;er je$t norgenonimcn, not

fcem tflißbraucbe ber gt<5f}ern !£r£cnntmß unö ^rei^)ctt unjets 3eitaltetß warnen. 0 bu gort* Iid)er ©eijt ber wahren SXCciö^ctt unb Hebe, laß «S mir auch jejt gelingen, etwas ©ufeS unb ©rbcuücbeS ju reben, unb ein 5ßcrt ju feiner ju fagen. ©r# roeefe in uns fofebe ©ebanfen unb ©mpftnbungen, mie fic bir gefällig unb uns felbft nul^itd) ftnb. laß, 0 ©ett , bas allgemeine SOGoljl ber Menfcßen, iitnner ine(;r befefligt werben, bamit wir unfern 2lntl)eil ba# tan b^ben, unbein jeber, jeber Mcnfd) auf beinern ©rbboben fid) beiner Q3afergufe, feines eignen £)a* fet)nS, unb ber ^tuberliebe feiner Mitmenfdjen er# freuen fonne. ©ieb uns ein Jperj, baS bid> über af« leS fürd)tet unb liebet, unb (ehre bu uns felbft Die große SEBeisfjeit fennen unb üben, non allen beinen 2BohItl;aten einen rechten ©ebraud) ju machen.

Jjütet eud) benn, meine Q3rüber, bas ift meine erfle 2Htte, h>utct cucb vot fccm mißbrauche bet großem l£t£enntmß tmferß 3ettaltetß in 9\eligionsfad)en, es mag nun entmebev bie außerlidjen ©ebrdudje unb Jpanblungen bes ©otteebienßes, ober bie innerlidjen H^rfalje ber Religion felbfl betreffen.

©S ßnb bisher fuer unb ba bei) d;rifllid;en 0e« meinben in ben dußevlidjen ©ebrdueben unb Uebun# gen, bie jum ©ottesbienfle gehören, manche 23erdn# berungen gemad)t worben, unb es f)errjd)t barinnen mehr Tlnßanb, mehr ©infalt unb SÜSürbe, mehr ©chicflid;feit, SÜoir wißen es aud;, unb ich habe euch

baS

gtbßern (Erfennmiß unb Jwifteit jc. 445

baß oft gefegt/ baß (6 in ber Dfeligion me^r auf cirt teblitheß «£er$ unb einen frommen SSanbel, alß auf außerlidje Zeremonien anfomme, baß bie fljdtigeit Pflichten ber Dveligion unb if)re treue (Erfüllung eine« großen 93or*ug oor folcben bloß äußerlichen Hebungen ber Tlnbacbf habe, baß unfer 23eten unb gingen, unfer Kirchen* unb Tlbenbmalgel)cn unß folgbdj nichts helfe, menn mit baburch nid)t beffere $tenfd)en unb Zhriften werben. Tiber mürbe ein eben fo gefäfjr* lieber Tlbroeg fetjn, menn man ben ©ebrauch ber ©na* benmittel unb gotfeßbienßlid;e Hebungen Seßmege« überhaupt für unnötig ober uberflüffig galten moüte. €ß ijl maßt, baß Jpanbefalten, baß Kniebeugen, unb bic 0tellung beß leibeß bepm ©ebet ift nichts SEBefentlicbeß , unb fd)on jebe anbad;tige Diidjtung ber Seele auf ©ott ifl ©ebet: aber folgt mof)l barauß, baß mir nun gar nidjl mehr mit bem 9ftunbe unb beiti Tlnbachterroecfenben Tlnftanbe öffentlich beten feilen? ©0 ift maljr, baß mir auch ju $aufe eine^rebigt unb «in anbereß guteß Q3uch lefen, unb unfern ©otf am (Sonntage insgeheim eben fomof)l »erefiren fonnen, als öffentlich. Tiber folgt mo^l barmiß, baß unß nun erlaubt fet), bie SSerfamntlungen ber Zhriften ju per« laßen? ©eben mir nidjt baburd) ein fchlechtes Q5ei» fpiel, unb fchaben mir unß nidjt baburch am meifleft felbjl? 9Benn alle mähte Zhriften barinnen einig finb, baß jle bie Kraft unb ben @egen eines in (Erbauung jugebrachten ©otteßbienfleß hernach bie ganje 2ßod)e hinburd) in if>ren ©efcbdften gefpiirt ßaben; fo jß$ aud) leid)t ju benfen, roie bie gerächter beß ©otteß* bienfleß fich immer tiefer ins $rbifd;e jerjlreuen unt>

44^ 9ö3atnung bot t>cm S&ijj&cdtk&G

bermicfeln, unb enblid) gan$ pon ihrem Ursprünge, Pon .©otf, abfommem (Js ift tr>a^r , mand}e liebet* in ben alten ©efangbüd)ern enthalten ©teilen, n>oicf)Ä mir jejt nid)f n>ct>( mefjr gingen fotinen, ober welche Peraltete 7(uSbvärfe unb harte 'löorfpenebungen itt f d) faffen , bfe unfer D§r ober unfern ©efdjmacf beleibigen, meSmegen man and) angefangen tjat, fyier imb ba neue ©efangbüdjer einjufü^ren, ober bie alten lieber ju perbelfern. ?fber folgt mofjl borauß, baft fein alter ©efang me§r erbaulich fet) ? Unfer @e* fangbud) *) ift unter ben alten eines ber bcflen , unö wir l)aben feine Urfacbe über Mangel an öortrefbdjett liebem ju flogen , unb Piele alte ^ernlieber mürben gemib PieleS Pon bent tfjnen eigenthümlid)en©eift unb $raft Pcrlieren, wenn fte perdnberf mürben. @s ift wahr, baß (^eilige 'Jlbenbmal ift nid)t bie J)aupf* fad)e im (Eljriftentljum , es fann ben Mangel befj fen, maS mirflid) ba,ju gehört, nicht erfe^en; es ift feine aüjumcitlduftge unb mühfame Vorbereitung taju notfyig; ift feine #anblung, bie an unb für fleh fclbft eine befonbere Äraft f>at, ©ott mit uns »erfb^nt , ober Vergebung ber ©ünben perfd;aft. öftrer folget mm moljl barauß, baft man es gering« cd)tenf ba§ man fld) baPon entfernen, ober bafj man offne alle Vorbereitung genießen burfe? <£ß ift wahr, baß ^Prebigtamt bat Por anbern nü^üd^en unb angefebenen ©tanben in ber SOßelt feinen Vorjugj ber 'Prebiger ift ein USftenfd) mieteine Vrüber, benen er baß ^pangelium lehrt* feine Jpeiligfeir beftebt nicht in feiner Reibung, unb baß ^ciüse 2(mt, bo$ er führt,

fann

«5 £>aö «fcflnn&perifc^

fcet großem ©rfenruniß unt> Freiheit :c» 447

fann ißm feine Tfdjtung »erfdjaffen, wenn er nicht felbft ein roürbigcr Mann ifl : aber folgt nun barauß baß wir feine Hochachtung meßr für bie haben füllen, bie für unfere ©eele forgen ? Verliert nicht baß Tfnfe* £en einer ©enieinbe, verlieret nicht bie [Religion felbft baburch, wenn biejcnigen ^crabgefejt werben, welche ftch mit ben f;eiligften unb e^rmürbigflen Gingen be« fchaftigen! D meine trüber, unfere Vorfahren be» fanben fleh recht wofjl bet) ihrer Hochachtung füc Äirche unb $)rebiger; fte meinten gut 6ei> ihren Vermäcbtniffen unb ©chenfungen: fte erjogen ihre Äinbcr in ber $urdjt beß Herrn, unb lebten unb fior= ben auf eine chrifiliche 2(rf. Tiber jefjt, in biefen 3ei» ten beß ieicbtfmnß unb ber ©ottesoergeffenheit, Der* liert moncher fogenannte £l)riff felbfl bie heilige ©d)eu »or ©ott, welche noch ber SXßtlbe hat/ »ediert baß ©efüt)l ber Tibhängigfeit »on ©ott, welche felbfl bie Statur lehrt, tritt alle ©djranfen beß SVohlfiattbeß unb ber äußerlichen ^hcharfeit mit Süßen, Unb geräth in bie ©triefe ber Verführung unb beß iaflerß, web che leib unb ©eele inß Verberben fiürjen. Hütet euch »or einer folchen Freiheit, welche nichtß anberß alß eine laflerhafte unb flügellofe Ungebunbenheit ift, unb bem Menfdjen feine wahre Freiheit unb feine ganje SCBürbe raubt.

(£ben biefe SCarnung »or Mißbrauche unb Vet* füßrung ifi aud) notßig mit SKücf'fid;t auf bie tnnetli# eben fehrfähe unb ben 3nßalf ber D^ligion felbj?» ©eit ben 3«iten ber Tlpofiel unb ber [Reformation fnb wir oßne Steifet in ber ©rfenntniß weiter gefönt* men; ber chripche ief)rbegriff ifi meßr befiritten,

folglich

448 Tarnung bot öcm Mißbrauche

folglich auch beffer unterließt unb beffimnif worben, ©ie leerer fonnen jejt fcßon weit freier über manche ©äße fpreeßen, über weldje man fonff eg nid)t einmal wagen burfte, anbere Meinungen ju äußern; eg ifl ißre «Pflicht , ißren 3uf)orern, bie reine unocrfMte apoßolifcße ^Baf;r^eit ohne menfdffiche Bufäfce norju* tragen, unb biejenigen finb einer reinem Dleligionger* fenntniß nicht fähig unb nid)f würbig, welche biefelbe »erachten. Allein offenbar gehet man algbenn audj ju weit, wenn man aug einer übertriebenen SSorliebe für alles , wag neu iff, bag ?llte »erachtet; offenbar leibet ber ©faube an bie 33ibel unb Offenbarung ba* runter, wenn man allein bie Vernunft auf ben $hcott erlpebf, alleg blog aug natürlichen Urfadjen erflarert unb nichtg glauben will, als wag man begreifen fann; offenbar fchabet bie 2lufflärung unferg 3«italterg, wenn man bie reinere ©rfmntniß fid) 51t 3weifeffucht ober Unglauben »erleifen läßt. $ßir wiffen eg aller* bingg, baß unperfcfjulbete IJrrthümer in Düligiensfa* chen nid)fg fchaben, baß wir gelinbe unb billige llr3 theile über bie jufünftigen ©dffcffale ber Menfchett fällen fotlen, bie nicht griffen finb, baß wir nie» manb »erfejjern ober »erbammen burfen, welcher nicht »on unferer Oveligiongpartßep iff, baß auch (Shriflett »on anbern 33cfennfniffen felig werben fonnen, unb baß in aüerlet) $3olf, wer ©oft fürchtet unb recht tßut, ihm angenehm fet). Unfere üicligion warnt uns »or ©ecten unb ^3etfolgungggeifle, unb ermahnt ung ju $)ulbung, ©anftmuth unb liebe. 2lber fanrt bag unfere ©leichgültigfeit unb iauliebfeit in ber maß* ren Religion rechtfertigen ? folget baraug woßl, baß

feer großem (Erfennmiß imfe'Sreijelt :c. 449

nun gleichviel fei), roeldje Üieligion inan anneljme unb befenne? ©ollen unb burfen mir roof;( gleicbgul* tig gegen bie SÖSabrfjeit rnerben? ©ollen mir nidjtatn 23efenntniffe ber reinen lehre unb auf bem rechten 26e* ge verharren? ©ollen rcir glauben, ba§ e$ in bec ©migfeit nid)t barauf anfcmme, maS man f>:cr gc= glaubt, unb rnie man gelebt habe? SBir roiffen es, bah ber ©laube of)ne SBerfe nichts gilt, ein Q3auitt o§ne fruchte, ein leib ohne ©eiß iß. Tiber folge nun mopl barauS, ba§ ber $ftenfd) burch feine eigne Ärdfte unb ^ugenben vor ©oft gerecht unb fefig mer* ben fbnne? ^fiS nicht burchgdngig bie lehre bet ©djrift, ba§ ShrifluS für uns geworben fei), unsrer* gebung ber ©imben §u vcrfd)affen , bah folglich nur fein fJSerbienjl unb feine vollgültige ©ercd)tigfeit bec ©runb unferer Hoffnung unb ©eligfeit fei), unb baf} ber ©laube unb bie liebe ju ihm, uns nun anfreibett muffe, juchfig gerecht unb gottfelig ju leben in bie* fer 5£e(t? Sbßollen mir alfo flolj auf unfere gute« SCerfe fet)n, unb nid)t vielmehr in fieffter£)emuthnue allein auf bie fret)e ©nabe ©ottes unb ^efu unfergan* jes Vertrauen fe^en? SCßir miffen unb glauben es / bah aUerbingö ber rechte ©ebraud) ber Vernunft SKeligionSfachen nicht nur erlaubt fet), fonbern auch einen groben 26ertf) hQ^c i baf) bet 9ftenf<h nid)t nuc beS SÖofen , fonbern auch bes ©Uten fähig fei), bah, menn er befe^rc merben foll, er felbjl baju beitrage« unb bie vorgefd)riebencn Mittel bes ©ebeteS unb beS göttlichen SCßorteS gebrauchen muffe. Tiber folgt nu« tvohl baraus, bah ber Eftenfd) nicht bie 33ibel unb feohet-e Offenbarung ©otfeS nörh‘3 baß er fdjon fitpeijet tyi«, 5 f <U1

4*o Tarnung bot feem 33?ijjbi?audje

an ftd) gut fep, of)ne eine günjlicfje Sefferung fei= neß Jperjenß ju bebürfen, unb baf? er nicht notl)ig fea* fee, ©oft um feinen Seiftanb anjurufen? D meine ^reunbe, fjütet eud) fucr für foldjem 5D^i§broud)e ber SÖSaljrbeit; für bem Unglauben, ju roelcfeem bie foge# nannte Tlufflärung leiten; ju bem feicfetflnn, melcfeer fearauß entfpringen, ju bem Unglücf, roelcfeeß barauf folgen fann. £>aß, baß finb bie gefd^rlid)flen ^rc* tfjümer, rooburd) mir fdjleefeter unb elenber merben, unb fte muffen mir baf)er mit aller ©orgfalt ju bei* meiben fuefeen.

Jpütet eud), meine Srüber, baß ift meine jmeite Sitte, ^uteteuch ror bem Jttifjbrauche timt gr<5j$ern ^ret^eit in ber bürgerlichen ©efeüfdjaft. ^cbermann fep untertfjan ber Obrigfeif, bie ©eroalt über if>n f>at. 308 jentalß notfjig gemefen , jum fcfeuU feigen ©e^orfam gegen gute ©efefec unb Orbnungen, gegen bie ianbeßobrigfeit, unb gegen Sorgefeite ju ermähnen, fo ijt je^t, mo ju beforgen ift, bajj in feen aufgeroaebten ©eift ber ^reifjeit auch ber ©eifi feer Empörung ftd) mifefeen merbe.

Freiheit ift atlerbingß ein ebleß unb fthdj6areß ©ut; fte befielt barinne, rcenn nientanb in feinen ©e« veefetfamen gehanft mirb, menn er baß empfängt, maß er mit üieefet fobern fann, unb menn er fomo()l für feine ^)erfon alß aud) in feinem (Jigentfeum gegen ges maltt^ätige Angriffe ftdjer iff. Tlllein, menn biefe^rei# heit gemifjbraixht mirb; menn^nianb ftcbOfecfefe an» ma^t, bie er niefet beftjt; menn feie ©efe|e ifjr fcfjen nerlieren, unb biejenigen, roelcfee fte (janbljabert feilen , gemifif)anbelt werben; bann artet Freiheit in

$re<h=

Der großem Wenntntfj unt> greifet ?c. 451

gred)f)eit aus, bann jieht ffe Unorbnung unb 3?rrüt« tung nadi ffd). @s tff freilich ntdif ju leugnen , baß biöf>er in ber $Belf, unb in einigen ©egenCen viel ttn# gleid)l)eif, ^ebriicfung unb Sprunnep gel)errfcbt Ipat. 9fad)t minier unb überall iff bas Serbien)* nach SCür« ben gefd)<r,t, bie $ugenb nicht gehörig belohnt, baS iajlcr nidit verhältnismäßig beffraft, ber Tlrme unb CäSehrlofe ifl von bem ©tdrfern unterbrächt unb in 0taub getreten, unb vieles nicht nach ©efej unb 55ife ligfeit, fenbern und; 3Bilfu^t*, SEigenffnn unb Jjperrfdj* fudit get^an rvorben. gittert baßer il;r Spronnen uns ferer gelten! iTiid>f meßr mie eßmals hönnt ißr eure gen Fimmel fchrepenbe ©eronltthatigfeiten fo unge? flrnfc verüben. ionge genug ffnb bie Drehte ber gjienfdibeit verfannl unb unterbrüeft roorben, unb bie geifen ffnb ba, roo ber angemaßten übermütfjigen ©etvalt i^r gepter entriffen, unb alles auf einen bef» fern guß gefteüt iverben roirb. Allein bep bem allen muffen mir nicht vergeffen, baß mir burch unfere greiheit bem gleifcße nicht DJaum geben feilen.

^S iff maßr, bie Menfcßen haben von SRatur gleiche Siechte, rote gleid;>e 2)ebürfniffe; aber bod) iff es auch roahr, baß bep aller ©leichheit, momit ffe geboren roerben, bennoch ein großer Unterfcßieb in ihren ^erffanbesfräften, ©eiffesgaben, ©lüchögütern unb anbern $3orjügen ffatt ffnbe. ©oll ber (£infal« tigefogeehrt fepn, mie ber OEeffe? ber Unnüße, fo mie ber Siühliche? ©oll ber gleißige, ber SSerbienff# Volle nicht mehr Belohnung hoben, mie ber gaule, ber Müßiggänger, ber iafferßafte, roelcher ein fdjate lid;es ©heb ber ©efellfchaft iff ? ©oll ber dürftige

Sf 2 Das

45* 3B<mnmg t>or fccm $}$braudje

baß Ofed)t haben, bem tKeicbcn feine ©uter, bie et mit Ovcct?t befifet , ju entreißen, roeil er -eben fo oiet gelten will ? Stein, meine trüber, mit gro§er 2Betß< ^eit |)ot @ott eine grofje Vcrfduebenbeit ber grafte, Lebensarten, 0tänbe unb Drbnungen in ber 3U6e(C eingefu^rt unb jugelaffen, bie 9Jlenfd)en non cinanbet abhängig ju mad;cn. ©iner foll für alle, unb alle für einen leben. ÜDie Liebe foü aber baß Q3anb fet)W baß ade wie trüber miteinanber nerfnupft unb jufam* menljälf. Äcitie ©efellfd;aft bann ohne ©cfe^i unb gute Orbnung befielen. £Bo biefeß ©cfels burcblo* d;ert, biefe Orbnung jerftort wirb, ba mufj noch3 wenbig Ärieg, ©cfehlofigfeit unb Verwirrung entfie? hen. £)er [Reiche wie ber ?(rme, ber ^of»e wie ber Stiebrige ifi btefen ©efehen unterworfen , unb wer ftc ubertrift, ift jtrafwurbig. V3o i^r eud; untereinan* ber bciffet unb freffet, fofefjetju, ba£ ihr nid;t un= tercinanbcr t>crjef>ret werbet.

V3ir wollen ©ott bauten, meine Q3rubcr, baft wir unter einer weifen unb milben [Regierung fielen, bajj wir in einem Lanbe ber Freiheit leben, wo wir unfere [Religionsfreiheit unb Dved)te in ungeftorter 9vu * l;e genießen, wo wir unfere ©efcfyäfte tretben, unb unferß Lebens froh werben fönnen. $Ö3ir wollen aber aud; ©ott bitten, baf? er ohne $MutPergie|jen, @ni* porung unb 3ugeüo|igfeit biefe Freiheit halb allen ben Lanbern fd)enfen wolle, welche barnad) feufjen. V3ir wollen ihn, ben aümöd)tigen £3eherrfd)cr Jpimmelß unb ber (£rben bitten, bafj er bie Jperjen ber Könige unb ^ürfien wie ICafferbäche ju ©ebanfen beß 3‘t’ie* fcenß, ber 3&a()r§eit unb ©erechtigfeit lenfen, baf}

fcer grbfern €r£enntntß tmt) greibeit jc. 4T3

er i§nen $Kaf^ge6er fdjenfen wolle, welch? burd) if;re SCGeiöljeit unb Siftenfcbenliebe alle 25ebtücfungen unb SÖiißbräurfje abfe^affen , jum ^rieben unb Jur @in# trad?t ratfjen, unb^aufenbe glücflidj *u machen fueben. SBet) allen Unruhen unb QSeränberungen ber 3ßelf wollen wir Por allen gingen balpin fef)en, bie Diufje unb ben 3'l''cöen b?0 ÖewifjenS ju behaupten, por ©otteö 2(ngefid)fe in reblicber ^rbmmigfeit ju man* beln, burd) fleißige 2lbmartung unferer ^Serufcge* fchaftc unfern SCBo^lflonb $u grunben, unb burd) ge* genfeitige liebe uns biefeö furje ©cbattenleben ju Per» u§en. ©0 wirb uns nicht nur unfere jetzige £eit int freien lebensgenuß Perfließen, fonbern wir werben euch alßbenn im $obe jur Diu^e ber Sroigfeit ein# gehen.

*f 3

Siebet)

454 93on t>er notigen 58el)titfamf«t

. .1 ■■■■. ■«— . -I -r. i,

Sieben unb stwmjtgfie prebigt.

33on ber ribthiaen 35elnitfamfeit im UrtW« len über ben ©erjenßjuftanb unferep Dlibenmenfcben.

<ll(mdcftiger unb qutiger Ooft bcfTen <H?erf alle 9Dienfd)en auf bem ganzen (Jr&boben jinb, mochten mir bod) ftet? bebenfen, unb es lebhaft füllen , bi(j mir SDienfcben qleidjen Urfprung, qleiche '-Öebürfniffe unb gleiche ©ejlimmung haben , ba§ bu uns .btirch bie innigften S3anbe ber ^Tarur, §reunbfchaft unb SKeli# gion mit einanber oerfnupft haft, unb bat? mir bidj als unfern gemeinfdiaftlichen TSater, bie 'Sftenfchen aber, als unfere Q5i uDcr lieben foüen. D perbanne bed) auß unfern Jperjen allen s3ttenfd)enj unb, 23ru» berl)af , unb fftjje bagegen in uns bie fünften 9?ei* gungen ber hebe, mcfd;e 3cfu5 uns gelehrt

^at, unb morin er uns mit feinem s-5cifpiele oorange» gangen ifl, bamit mir bir dienlich unb roo^lgefdUig fegn mögen. Timen.

(Js i(l nicht genug ju beflagen, meine 3lI|jwt7 ba§ in ber sTBelt unb aud) in ber (Etjriflenheit, roo man hoch am menigften oermutfjen foüte, bie funb* liehe unb fdj&blkhe Oeroofjnheit bes unbefugten Dvich«

tm Urteilen über t>en ^erjen^ujfant) :c. 4 5 5

tenS unb Uvt^cücnö fo (iaef ^crrfc^ct, unb befonbers ftnb biejenigen UrC^eile am übereilteren unb norme* genfan, welche über bas (S^rtflent^mrr ober ben fyvt jenöiuflanb anberer gefällt werben. (Es giebt SEßelt* menfehen, welche über fromme , unb es giebt foge« nannte fromme, welche über vEßeltmenfchen nicht ganj nach ber ^Cßo^r^oit urteilen.

; Einige, fage ich, flnb fogleid) fertig, ade ^rom# tne in bie (Elafle ber Heuchler ju werfen, unb $röm* migfeit für blofjen ©djein unb ^erflellung ju halten. $Ber nicht mit ihnen in benfelben $on einflimmf, nid)t mit i^nen biefelben ©runbfähe unb ©emohnljeifen tpegf, welche boch bem göttlichen 5Borte oft beutlithge3 nugjuwiber finb, t>er mu§ fogleich ein©onberling, unb fpottweife ein ^eiliger heilen. ^ch gebe es gerne ju, bafj in ber Jpeerbe !Jefu auch räubige ©chaafe be« ftnben, bafj es auch noch $>har‘fäer unb Heuchler un* ter Ghrir«« giebt, unb bah mir einen Unterfchieb jtüt« fchen einer wahren unb einer falfdjen^rbmmigfeit ma* d)en müffen, wooon jene, bie wahre, jwar nicht öief oon jtfb fclbjl fpricht, nid)t Piel ju glänjen unb in bte Tlugen ju fallen (hebt, fonbern beflo mehr hanbclf, btefe aber, bte falfche, meijkns nur eine gute 'Muf* fenfeite annimmt. 'Xber wer als ber Mwijjenbe fann hierüber ben 2(uSfprucb thun, ba eS hauptfäd)lid) auf bie innere ©eflalt bes JperjenS hierbei) anfommt? Du SOBeltmenfd), ber bu Sßiberwitlen unb Seinbfeligfeit bliefen läffcfl gegen alles , was SKeligion , ^rommig« feit unb Digenb (jeiffet, prüfe bid) wohl, ob bein ge* hakiges Urthcü, bein $Gih , bein ©pott gegen 0rom* me nicht etwa aus beiner Abneigung gegen bie ©achc

sf 4 m

456 <$on bet neigen SS^utfamWt

fKbft flicht/ unb wie fannft bu unpartf)et)ifc& urtfjel* len, fo lange bein ^erj bid) irre fu^rt ? SSerfünbigejl tu bid) nid)t baburd) an ber SEÖabrljeit unb an ber »irffame« Alraft bcö ©eifies ©ottes, wenn bu bas für ©dnoärmeret) erfldtfl, was bcd) traf)re gcfunbe Vernunft unb Sßeisfpeif ift , ober, roenn bu foldjer Sttenfdjen fpottefl, ober fie oeracbfeft, welche beeb Äinber bes Sphären finb? ^d) gefiele aufridj* ti9/ öa§ id> Kuffldrung, 2ßo^l(lanb, £u(bungögeift/ SKecbtfdjaffenfjeit, beren fid> unfer Seitalfer porjügli^’ ru^mt, pon £erjen ^ocf;frf;dP,c , ba§ id> aber alle tiefe herrliche ©genföaften in benen Urteilen permiffe, rcdcbe oft in ©efellfdmft ober pielleidjt gar Pon San» jeln herab über ben ©lauben unb.bie grommigfeit ber Cbritfen gefallt roerben, unb n>elcf>e getvif; nicf>C bad ouf abjmecf en , gute fromme (üfmpftnbungen $u errre< den, fonbern rielmefjr ju untcrbrücfen unb perbdcb* tig ju machen.

2lnOctx aber geraffen auf einen entgegen gefej< ten Kbmcq, finb geneigt alles ,^u oertperfen, was nid;C gerabe fo benft, roie jle, febreiben fid) eine 'Kr t ber Untrüglicbfeit^u, fe£en falfd>e dfannjeicben eines mal)* ren <EI>ri|ten unb eine Krr ©cbtboletf) fefi, unb galten alle biejenigen für 3Belrfiiiber, unb für Perbammungs# würbig, toelcbe nicht immer rpiefie, gerabe biefelben SKebetij fuhren , ober auf benfelben ©djlag geprägt finb. 3$ würbe in benfelben gef)ler ber Q^artfjetjlid)» feit fallen, triber mclcben id) boeb warne, wenn icf) bie @acbe nur einfeitig betrachtete. ^cb gebe es gerne ju f bajj bie 3Jtenf(ben fd> in fromme unb ©ottlofe, in i£efebrte unb Unbefe^rfe, in Äinber ©oftes unb

in

im Urteilen übet twi dfrrscn^uffant) jc. 457

in Äinber beß ‘Seufetß einttjeilen taffen, unb bafj ^kee fut ffd; feibji unterfud)en unb roiffen muffe, $u met* eher (Eiaffe er gefjbre: aber mer tjat une $u 9üd)tem über unfere 33rüber gefegt? SQ3er fann, ober mer barf eg mit ©emifdjeit fagen, bajj biefer ober jener ein matff rer ober fatfdjer (Stjriff , ein .ftinb ber ©etigfeit ober ber #oüe fep ? Äann ‘Jemanb anberß biefeß genau miffen, atß ©oft unb ein fo!d>er 9J?enfd) fetbff? ©iebC eg nid)t foldje, wefefje ficf; ober anbere für matjre (Efjri* ffen fjatfen, ba ihnen gteicffmof bte (Eigenfcbaften \>er< minftiger unb orbentlirf)er?9?enfd)en fehlen? Unb mirb nid)t über mandjen baß Urteil gefallt, bajj er ein fdffedjter 9ttenfd), ein ©bfemidjt fes>, metdjer bodj {aufenbmai beffer iff, als biejenigen, meld;e ein fol* djeß Itrtljeil über if)n außfpreef/en?

0o gieng cg unferm $ei(anbe unter ben per* floaten ^uben, unb im heutigen (Eoangetio fjaben mir einen ESemeijj, wie meit $üde, ^oßtjeit unb S^er* laumbungßfudjt bringen fann. Cb ^efuß g(eid) ber tjeiiigffe EOknn, ber gotftidjffe SEBunbert&äter mar, fo fdnieben biefe boßtjaften Etftenfdjen if;m bod), mb ber if;re eigne tteberjeugung, ein E5ünbni§ mit bem ©afan ju, unb barum erklärte ^efuß tiefe 0unbe für imoerjeif>Iid), meil fte auß einem £erjen ffe§, mefcfieg unoerbeffer(id) mar. D mie f)af ffd) unfer ^efuß über* feaupt fo fdffef non feinen ^eitgenoffen beurteilen taff fen muffen! Damit mir unß nid)t auf eine dfjnlic&e 7(rt an unfern £ftebenmenfd)en rerfünbigen, fo merbc id) (5ud) einige Ovegctn geben, moburd) mir im Ur» feilen über anbere unß leiten (affen müffen.

8f s

2 ef t:

458 . 93on ber notigen -23el)utf<mtFdt

£e.pt,: £uc. n, 14 28.

©tltcfie fprad>en : ©r treibet Die Teufel auö Dtirdj t>eri Oberjten t>ec Seufel. - -

^dj fprcdje jejt ju <£ud) bon ber nötigen 23e* J^utfäntJeit im Urteilen über beit ^erjeneju* fianö un jerer nebenmenfebm, unb erteile in bie* fer Tlbftcbt foigenbe Diegeln.

© i c e c fl e c g c l : 23eurtj?eilet bas Cl?ri* ftentbum unb bie^rämmigfeit eine» Wlenftbett iticbt naefe Äleungfeitcn unb Hebenbingen, fonbern nacb ben t>auprtetm$eid)cn unb XVitt Jungen* 9Üßenn mir feine ftdjern ÜJterfmale bon einer 0ad)e fefi|e£en, fo ift fein SOßunber, wenn wir f»c fjernad) nid)t gehörig bon anbern unterfdjeiben fonnen, unb »nenn roir in unferm Urteil irren. Tflleß fommt baffer barauf an, $u unterfud)en unb ju bestimmen, maß eigentlich tra^reß (Sfjriftentfjum fei), unb maß baß SEßefentiidje ber «bahren grommigfeit außmad;e. roirb aber in ber ^eiligen ©djrift jum roaffren (Jfjri» ftentfjum n>af)re 53u§e unb lebenbiger ©laube, ein geanberfeß J^erj, unb ein red)tfd)affener SEßanbel er» forbert. X)a mir furjfidjtige <3Kenfd)en niemanben inß $crj feljcn fonnen, unb ba fid) unfer eigneß Jperj fo oft bor unß berbirgt, ober unß tdufd)f, fo fonnen wir übet baß £ßerf ber 25efof)rung, ober ber notljroenbi» gen unb fjeilfamen QSeruegung unb 2ienberung beß jF>crjenß , bet) unß unb anbern nid)t fid)erer unb ftuber* Idfjiger urteilen, alß auß ben $rüd)fcn ber lÖufje, unb auß ber iiebe, rooburd) ber ©laube tfjatig fet)n

fott.

im Urteilen über t>«n £erscm$juftcmt) :c. 4*9

foll. ©efcef bocf) aber ja nicf>t biefe fruchte unb Eßir» kungen in einige Kleinigkeiten unb 9lebenbinge, et* roa in einen gereiften Ton ber ©timme, in eine frommfcheinenbc SJiiene , in ©ang, in bie Klei* bung; fefjet fte nicht bloö unb allein in einige »or* ubergeftenbe ©efuf)(e ober $hruncn b«r Traurigkeit ober ber Sreube, blo.s unb allein in eine gereift fe duftere gorm unb Enthaltung »on fcgenannten Sftittelbingen , ober in gereifte eigne angcreolmfc Zugbrücke unb fKebensarten aus ber QSibel, welche man öfters fagt als »erfleht, unb welche burd) bie ju öftere SBteberholung iftre Eftrreurbigkeif unb ihren Dlacf)brucf »erlieren; fe^et fte felbft nicht in einige wirklich gute ^anblungen, ober in gereifte Uebun* gen ber Änbacht, unb bes Kirchen unb ^benbrnahl* gehenS. Das alles kann allerbings ein gutes Seichen einer »orgegangenen Tfenberung bes ©emutl)Säuflan* bes eines SDlenfchen fetjn , aber es ijl nicht bas einzige unb ftcherfte Seichen. Es kann biefes alles ftd> bet> einem Uftenfchen ftnben, unb er kann hoch noch kein achter Ehnft fe»n. Das einige 3eid>en, aus reelchem wir mit ©ereiftljeit abnehmen kennen, ob ^emanb ftd> burch ©ottes ©nabe habe erleuchten unb heiligen laft fen, ifl bte S3efterung feines dufterlidjen SÖSanbelS unb bie tugenbl)afte Einrichtung unb Üiechtfchaffenheit bes iebens. Unb reer ift alfo ein wahrer Ehrift? Ein 5)lenfd), welcher bie ©unbe, bie if>n fonft »ergnugte, nicht nur bereuet unb beweinet, fonbern auch ablegt; ein DJienfd) , reeldjer aus Dankbarkeit unb liebe ju ©ott unb ju ^efu ftd) beflre6t, nach bem göttlichen 5k>iUen alle feine 2Ö3orte unb $haIcn einjurichten, roeh

eher

460 cgon fccr nötigen SSeljutfamfeit

eher ftcb bemühet, t>ic nodj übrigen @d)tt>acf)fjeifett unb gelber, welche er tdg(id) mit QSetrübnifj an jidj ma^rnimmt, immer mehr abjulcgen, unb in allem ©uten $u maebfen; meiner alle s3ftenfd)en, aud) feine geinbe, h^lid) liebt unb ihnen ©uteß tl)uf; meldet in bem ©tanbe, in melden iljn ©oft gefejt , bie Pflichten feines Berufes mit “Sreue unb ©eroiffen^af* tigfeit erfüllt; melcfter im Umgänge mit ©oft, unbirt ber 'Beförberung mal;rer ©ottfeligfeit unb *£ugenb fein £od)fteß Vergnügen finbef, meldjer fid) in feiner ©e# finnung unb feinem gan$em Verhalten nad) 3cfu (Efjriflo bilbet, meiner liebt, mie ^efuö liebte, Der* jeibt, mie ^|efuö berjiefj, mirft, mie ^efuS mirfte, gefinnt ift, mie 3cfuS gejinnt mar, unb manbelf, mie 3;efuS gemanbeft l;at. Bet) mein fold;e ©puren, foU cf)e Steuerungen fid) ftnben , ben fann man für einen Ghriften hal^u; unb man mürbe nermegen unb lieb« los bant>e,n' rocnn nian ‘^n eigenmad)fig gleicbfam ouS ber 3abl ber ^inber ©otfeß herau3f*°ßen mollfe* Unb ©ortlob ! foldje giebf nod) gemi§ mehrere im (Stillen unb Verborgenen, als mir Pielleid)f benfen. ©liaß glaubte aud), bafj er in feinem »erborbenen Zeitalter ber einjige©ofteßoerehrer fet), aber ber^erc entroorfete i&tn: id) ha()c mir fiebentaufenb in 3frac^ übrig bleiben taffe« t meld)e ihre Änie nicht »or ben ©o|en gebeugt haben, ©o mie unter (Sgrifitn bie» te getaufte Reiben giebf: fo giebt eßaüd) unter Reiben unb anbern Dieligionßparthepen t>ie(e (S^rifien , meld)e nid)t bem Sftamen aber ber $hflt nad) finb. Denn baß mahre <£f>riflenth«ni befielet nid)t im 0d?ein unb in SÖSorten, fonbera in ber Ärafc. -

3 tu o tc

fm Urteilen über fern #crjenfyuffant>. ;c. 46t

3 tt> 0 te Siegel: galtet nicht bie «ufjetrt CBlüdrsumffanöe oben Unfälle eines |Hen{(t>ert fut Stuben ferner (ßnaöe ober Uftgnabe bef <J5ott. ©chon unter Den ^eitgenoffen ^«fu fymfätt ber 3rrtf)um, als wenn grofje Hebel, welche einen SJlenfchen treffen, ein ßeidjen mären, bafj er ein gre# her ©unber feijn muffe. Tllö feine junger baljec ifjn bet) jenem 331inbgcfcobrnen fragten: iDleifler, mec bat gefunbigt, biefer ober feine ©fern ? fo antwortete er ihnen, bah fie ficf> irrten, unb bafj biefe 33linbl)eit aus weifen Itrfachen oon ©ott jugelaffen worben fep. Unb als einige eben biefeS tlrt^eil öon jenen Ungiucf* licken fällten, welche Durch ben ^>ifatuö bepm Opfern hingerichtet, unb Durch ben ©nflurj eines ^^urmeö erfdjlagen worben waren, rebefe er fie alfo an : iOieps net i^r, bah biefe »orjügüch ©unber gewefen ftnb?

fage, Sicin. 3f;r aber, roo »fc* euch nicht befferp werbet ihr alle auch alfo umfommen. ieiber ift es noch bis biefen Sag fehr gewöhnlid), wenn $heu*ung, Ärieg ober eine anbere ianbplage ein £$olf! triff, ju fagen, bah bas gbttlid)e ©trafgerichte wären, wo* burch bie ©unber Des lanbeS gejudjtiget werben foll« ten. Tiber laffet uns nid)t in foltfye harte Urteile mit einfiimmen. X)er d)rifilid)C ©inn erforbert Dieb mehr, bah mir fold>e Unglucfsfäüe für Mittel in Der Jipanb ©ottes halten follen, moburd; bie ©unber ge= beffert, bie 'Jugenbhaften aber int ©tifen befefligeC werben follen. (£ben fo wenig fonnen wir Daher auch behaupten, bah jener SÖlenfd) ein befonberer liebling ©ottes fei), weil es i(;ni fo wohl 9ehe, unb bah bie* fer ohnfehlbac ein Öottlofcr fet?n muffe, weil es ihm

bodj

4^2 ^on &cr n6tf)igcn $8ef)utfflm!cit

bod) in ber SDBele fo übel gef>e. D mir mürben uns fe£r irren, roenn mir ©lütf unb 9ieid)tf>um jum $ftaafjftabe ber D?ecbtfd>affen^eit ober ber ©lücffelig« feit eines $Jlenfd)en machen mellten. Die grollen 5Ö3of)(tf;aten , roomit ©ott mannen DJlenfchcn über* §äuft, ftnb nichts anbcrß, als Poter(id>e Iccffitmmeri jur 33efferung. 93erad)tcfi bu alfo, o '»Dlenfcfy, ben 9£eid)tf)um feiner ©ebu(b unb langmüt^igfeif? Sß?eif> feft bu nicht, bafj bicf> ©otteß ©üte jur ®u§e leitet? O ifi unß ja auß ber ^rfafjrung genug befannt, bafj felbfl Dtgenbljafte, bafj aud) bie beflen Uften» fdjen unter zeitlichen Unglücfßfallen, ober unter tOian* ge( unb 2>erad)tung feufjen muffen, roenn bagegen 53oferoid)ter im Heberflu^ , <Prad)f unb ©d)trefgeret) taumeln; bafj oft nod) ber arme aber rebliche iajaruß Por ber D^ür beß reid)en 23erfd)a>enberß pcrfchmad)* tenmufj, unb bafj baß iafter fiolj unb übermütig fein fredjeß ^»aupt ergebt , tpenn bie Dtgenb perfannt unb perachtet ftd) im ©taube frümmt. 3°fcp!j int ©efdngniffe ; <Pau(uß por $elijr; unb ß^rifluß Pot fpilatuß unb Jperobeß fonnen unß $3etpeife abgeben, bafjfelbft bie beften 5ftenfcf)en unfchulbig leiben müffen, aber bafj ifjre leiben fo roenig 3eid;en eineß göttlidten 9fti§faflenß über fte ftnb, bafj mir fte Pie(mel;r für ^ejlfame Prüfungen unb für baß ‘Hntfjeü ber beflen $reunbe ©otteß galten müffen. Der 5ßertf) eineß 9Jlenfd)en fiangt alfo gar nicht Pondufjerlid;en@lü<fß* umflänben ab. <£in s3)?enfch ift barutn nicht fd}(ed)ter, n>eil er armer geringer oerad)tefer ifl; unb er ift bar* um nicht beffer, roeil er reicher, pornel>mcr unb an* gefeftner ifl, SCBer ben 9Jienfrf;en richtig beurteilen

will,

im Urtf;ei(en über ben £ersen^ufivmt) :c. 463

t * r

will, muff nicht aufs Äleib unb ben 'Xufjug, fonbem auf ©eift unb J£>er$ feiert.

©ritte SKegel: <&ute t>icb, baf? bu nt beiden UttfyeiUn rtid^t reibet bie VQatyttyeit wnb Liebe funbigeft; biefcß aber gefd)ief)et, roenn bu einen SDienfdjen für beffer ober für fcfyledjter fjaltjl, als er i(t.

56ir fonnen $ftenfd;en für beffer galten als fte ftnb. £>ie @d)u(b lieget alsbenn entroeber in uns felbft, ober in benen, über roeldje mir fo günftig uts tfjeilen. $ßir felbft fmb gar ju geneigt, bie ©o£en anjubeten, tt>cld?e roir uns felbfl machen ; unfer roeh djes unb fühlbares Jperj oerleitet uns gar ju oft ja Urteilen, n>eld>c bie füf)le Vernunft nicht billigen fann, unb unfere ^reunbfdjaft, <pQ*rCheilichfctt unb Vorliebe für eine <Perfon ober 0ad)e fann fo roeit gelten, bafj roir, toie iiebenbe, roof)l gar bie Rieden einer <Perfon jur ©djonfjeit, unb i£ire geiler unb Unarten ju Sugenben machen. Unb 0 roie roijjen ftd> bie ‘»Jftenfdjen, mit benen mir umgeben, unb benen an unferer ©unft etroaß gelegen ift, roie reiften fie fich ju oerftellen , ftd) nur auf ber beften 0eite ju jeigen, unb uns mit ihrem 0d)ein einjuneljnten unb $u bien* ben. (Js giebt heud)lerifd)e , pf)arifdifd)e Q^hriften, liftige oerfdjmilite ©emütljer, roeldje fich einen folcben 'Hnftrid) geben fonnen, bafj gutgeftnnte9J}er,fd)en fich oielleid)t felbft anflagen roürben/ roenn fie biefelben in ben 33erbad)tberUnreblid)feit jogen. Tlües ©rünbe, roe(d)e uns obwalten fonnen, nicht ju ooreilig unb ju Oerfd)roenber<fd) in unfern Lobeserhebungen ju fetjn * Dilles 95eroei|e, roie oiel 3«‘t/ $3orfid;t, ©ebulb,

unb

4^4 3;bn tue n6tr>iöcn SB^utfamfeft

unb «Prüfung baju gehöre, cf;c wir ein richtiges Ur * t()eil »on ^emanben fallen fbnnen.

2lber if? aud) möglich, bah wir auf ber an* ■bern @eite fehlen, unb einen üftenfd)en für fd)led)t: galten, ber bod) gut ifU Der offene mdnn(id)e gera* be ^arafter eines DDienfdjen ift ber ebelfie, wenn ec gleich wegen feiner Oiaufpigfeit nicht allemal unß bec atigene^mfte fetin follte. ©inb nid)t biejenigen, wel* d)e bisweilen ^)eud;ler gefdfoltcn werben, oft waf;ce (Shriften, benen wir nidjf werth jlnb, bie @d;uhrie«> men aufjulofen, unb bie uns ein ©Juffer fetjn feilten, wie auch wir fetjn unb werben muffen, wenn wir ©otC gefallen unb ber ©Seif red)t braud)bar werben wollen. <£5 fann auch ^emanb wirflid) ein (S^rifl fepn unb bleiben , gefegt ba(j er aud) ein ober baß anberemal burd) Uebereilung ober <3d)wad)f)eit ju einer ©unbe ^ingeriffen worben iff, welche er aber wie «Petruß, wieber ^erjlid) bereuet. D franft biefen Oicblichen nicht noch «ne$r burd) eure barbarifchen Vorwürfe; ttermeßrt feinen ©d)merj nicht noch me{jr burd) euer Jpofjnge* gefchret) : Da! ba! unb burd) euer unbarmherziges Vet&ammungßurtfjeü. Sr empftnbef »on felbfl fiarf unb lebhaft genug, wie unebel er hanbelte» Un» terfd)eibet hoch grobe ©ünben oon geringem. Der grobe Verbrecher, befrnbet ftd) freilid) im fd)re<f[idj* flcn ©elbftbetrug, wenn er fid) für ein £inb ©ottcS hält/ fo lange er in feinen ©unben bahin lebt; aber ihr Unbilligen, bie ihr euch felbfl fo oieleß erlaubet, »erlanget boch nid)t »on bem frommen, bah er gan$ Sngelrein fei)n folle. Unterfdjeibet hoch einzelne un* eble .ftanblungen von folgen, welche oft wicberhole

unb

im Urteilen übet4 bm #erjen3juflanb k. 4 6j

unbg(eid)fam juc anbernSftatur werben; unterfdjeibet »orfe|licbe ©ünben t>en übereilten Vergebungen bee Unwiffcnheit unb Verführung; §e^ler t>cö Tempera» mentß t?on ^c^ierr? beß ^erjenö, unb fünbiget in eu* ren Urteilen nicht wiber Me liebe.

©iebierte Siegel: ©elbffalßbami, wemt fcu etwae 25ö (es von banem nebenmmfhett tveifit , muf; bu c& boeb mSglicbfi entfcbul* feigen unb 3U bebeefen, bagegen aber feine tübm'icben *£igenfcfc>aftett unb guten £anb* Jungen auf eine reebtroäf ?ge 2ltt begannt 311 machen unb außjwbteiten fueben. SBir muffen freilich nach bem 3^ugnih beß göttlichen Söorteß be* fennen , bafj wir die ©ünber ftnb ; eher ba wir tut llrtbeilen gleicbfatn unß ju Diichtorn über ben <£()araf« ter unb baß Verhalten unferer SRebenmenfdjen auf? werfen , fo feilten wir auch wenigflenß fo billig fepn, nach jenem ©tunbfalje beß 9?ed)ts ju banbeln, nach welchem man jeben SJlenfdien fo lange für gut halfen nnifj, biß wir butd) bie fteberfien ©rünbe oom ©ß* gentheil überführt werben. Unfere beiltgfle Dleligion befiehlt unß $u glauben , bah Gbriftuß für alle üJlen« fd)en geftorben fep; ba§ ©ott allen geholfen reffen wolle; bafj fein©eifi an allen , aud) an ben ©eeleti feer gottlofeflen ‘tÖlenfchen arbeite, um fie ju erleuchten, unb *u l>etligen , unb fie mad*t unß tur <Pf!id)t, feie ©ünbe jroar ju baffen , aber ben ©ünbec ju liea ben, 2Bir würben allo unferer Oieligion fehr wenig ©hre machen, wir würben bie allgemeine ©nabe ©otteß, baß Verbienfi (Shrifii unb bie SOBirfung fei* 3*><u« ibtu* 1 © g neß

46 6 QJon bet nötigen SSejjutfamfeit

ncö ©eifteö feljr einfcbrdnfen, wenn wir glauben woll* ten, ba& tiefer grofjc 3wecf* nur an fe£>r wenigen er* reicht würbe, etwa nur an uns felbft, unb an bem f (einen (£itfel berer, welche wir in unfern ©ebanfen für ^reunbe ©otteS f>a(fen. 'Mber aud) ber erflärtefte Ungläubige, ber befanntefte lafierljaffe berbienf nid)t unfern Jpafj, fonbern unfer Sftitlciben , unb foll bop* pelt unfer SÖejlreben weefen , if>n auf beffere SKSege ju fuhren. freilich fann ber Saß eintreten, wo wir um bet 0id)er()eit unb 5S3o^lfarr^ bes ©anjen willen* wenn es unfer SÖeruf erfotberf, ein Urfjjeil pon einem SSJlenfcben ablcgen unb anbere warnen mujfen, unb ba wirb freilich bie Slftenfcbenliebe ber jlrengen ©erecb* tigfeit untergeorbnet werben muffen; aber in jebem unbern gall foll bie liebe aus uns fpreeben, welch« alles bulbet, unb alles hoffet, foüen wir immer jurn SSejten reben, alles auf ber ©eite außlegen, unb wirf liebe §el)ler mit bem ÜOtontcl ber liebe unb ebrift» lieben ©cbonung jubeefen. ileberbieh giebt es ja fei* nen jo fd)led)ten 9Jienfd;en, ber nicht wenigftens et» was gutes fpaben füllte. Diefe guten (obenSmurbigen ©igenfebaften (affet uns an ihm auffueben, unb jum ©egenftanb unferer Unterrebung machen. XJiefeS lob wirb ihn weit mehr reifen, beflelben mur big, unb immer beffer ju werben , als aller $abel unb ©pott ber wohl erbittern aber nicht belfern fann.

lernet hieraus, meine Zuhörer, wie wenig wir uns ju beunruhigen haben, wenn SJJenfchen fd)iefe Urteile oon uns fällen. Tld) wie oft wirb in biefer SÜoelt getabelt, was gelobt, unb gelobt, was getabelt

werbe«

im Urteilen über Öen #et'jon$juflant) tu 467

werben follte. 'Cer Beifall ber ^inficf>töt>oClen unb SKecbtfdjnffcnen fei) uns jwar niemals gleichgültig; aber ein gutes ©ewiffen , bie reblicfte Erfüllung unfes ver Pflichten, unb bie (Jljre bet) ©ett fet) ber hochfle nad) welchem wir flreben. Viüigf uns ©otf; bann urteile bie 5Belt, was fie wolle. 0 S^unbe, baß wir uns boef) aud) gerinnen fclbfb fletö als liebes bolle unpart|>et)ifcf)e £f)rijlen »erhalten, unb in allen Urteilen dußerfl»orfid)tig unb beljutfam fetjn mochten. 3lber Verldumben unb 2lftcrreben ifl ein gar gewo(jn< liebes lafler felbfl unter (griffen. D wenn id) bebenfe, wie »iel baju gehört, um ein rid)tige$ Urf^eil über eine $)erfon unb ^anblung ju fallen, wie Diele Per» borgene Olebenumflanbe, wie piele geheime Sriebfe* bern unb Tlbftcbten ba erfl ausgefunben , »erglichen, berichtigt werben müßten, welche unenbliche Weife unb Verfettung »on Urfachen unb SBirfungen ba erft entwidelt werben füllten, unb wenn ich bann überles ge, wie verwegen, flolj, entfd)eibenb gleichwol «Ölen* fd)en oft urteilen, welche bod) nur bie Oberflächen fahen , unb oft nicht einmal felbfl faßen, fonbern nur horten, unb 2inbern blinblings folgten: fo fcheint mit baS eine Kühnheit, eine 2lnmaffung ju fepn, welch« nichts geringeres ifl, als ber flrafbarfle Eingriff in bie fKecßte bes Unenblid)en. 203er ftnb u?ir, baß wit einen fremben £ned)t richten? <£r flehet unb fallt feinem ^>errn. Unb 0 bas Unheil, bie Verwirrung, welche burd) foldje @d)wdßer unb Verldumber in ber menfdjlichen ©efeüfchaft angerichfet wirb, ifl unüber« fehbar unb fürchterlich. Obaß wir flets flreng gegen uns felbfl, aber gelinbe gegen anbere fepn, 0 baß ju

©g 2 ber

468 ^on bet nbrtjigen $5e!jutfamfei't ic»

&cr 3cit/ wenn mir Splitter in Oberer tfugen fe* f)en, mir ben -Salden in unfern eignen geroafjr mer? ben mosten. 9Rur ber ttUroiffenbe fennt baö Jper^ aller $ftenfd)en, unb betn werben mir einfl, ^eber für fid) felbft , Oiec&enfcbaft ablegen muffen. £> er» forfdje mid) ©ott unb erfahre mein Jperj; prüfe, roie icf?ö niepne , ftefje ob icf) auf bofen 28egen bin unb (ei t te mich auf guten ewigen Siegen.

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34>e

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2Tcfet unb 3wait3i0|ic pre&tgt*

23on &cr SWdfiiawifj tinfercr SSeflterfcett»

Mpit tief, o ©off, flnb mir SSftenfchen gefallen, melche t>u nach beinern ’23ilbe fcf>ufcff, unb mit fo ^evr« liehen TSorjügen begabfcfl ! 5Bir finb nicht ganj Thier, mir finb aud) mit ben Engeln bermanbt; mir ^aben «inen (^erblichen leib, aber auch eine unterbliebe ©ee* (e ; mir follen nicht allein bon ben Qüinbrüden unferer ©inne, fonbern auch nach ben @runbfä|en unb bem 9vatf)e ber in unß benfenben Vernunft unb beö ©eiflcö geleitet merben. Tiber mie oft bergefjen mir ben TCbef unb bie SCBurbe unferer Statur! 9£ie oft finfen wir burch bie .^eftigfeit unferer T3egierben, burch bett übermäßigen ©eniiß meltlicher lüfte unb burch btc Tluöfchmeifungen beß ßleifdjeß felbft unter baß Thier §erab! Unb baburd) jerftoren mir unfere eigne jeifli, che unb emige SBohlfartß ; ßdufen Unruße, ©chmerj unb (Jlenb über unfere Tage, unb ummolfen unß aud) bie tfußfichtcn in bie Sufunft.

Jperr, unfet ©djopfer, erbarme bich übet un# fern ßujlanb unb über unfere Ohnmacht. 0ern molk ten mir nach beiner 2ibfid;t roeife, ßeilig unb gut mer* ben unb bleiben, unb Danf fet) bir, baß bu bau SOSollen in unß mirftejl. 2ld) gieb unß nun aud) baS SJoUbringen. T)u haß «»n Verlangen nad; maßrer

0 g 3 3t ent3.

47d 9ßon Der Mäßigung unferer Regierten.

grommigfeit in unferc 0eele geflößt; ad) fchenfe uns nun aud) Ärdfte, unfern 93orfa| unb unferc 5Bunfd)C in 0fullung ju feigen, Du fkßeft es, mit roie pieien ©dnpieriqfetren, Angriffen unb ^einben mir ton al» len 0eiten ju tdmpfen f>aben; mie bic $ßelt uns im ©uten ßinbert; wie bofe SSepfpide uns fd)dMid) mer= ben, unb mie febmaeb, Perberbt, unb jur 0unbe qe=> neigt unfer eignes ^>erj ift Kn ur.fer eignen dDtacbt muffen mir »erjagen , bep fo Ptelen ©efaßren unper* lejt ju bleiben , unb ben 0teg im Kampfe miber bie 5i3clt unb uns felbfl baPon ju tragen. Kber bu KU= mächtiger, fannfl in unferer 0d)moch()eit mddrtig fepn. 3U bir nehmen mir unfere ^uflucbf. 3U bir flehen mir um s-5ei|lanb unb ©nabe. Jpilf uns Durch bie 0tunbe ber s23erfud)ung. ietpre uns baS (£itle, bas leere, bas <£ingebilbcte, bas ÜJiußfelige alles beffen einfeßen, mornad) mir oft fo ßeftig trachten; laß Orbnung, Eintracht unb üiuße in unfern Regier» ben ßerrfchcn, unb füßre uns fletS auf ben Siegen beS ©laubens unb ber ‘Sugenb, bic uns allein juc eroigen Jjerrlidjfeit bringen. Kmem

Xept: i ^)etrl 2 , 11.

Sieben 53rut>er, ich ermähne euch, al$ bie grcmblinge unb Pilger, enthaltet euef) bon ben flet|chlid;en fuften, welche wiber bie (Seele (freiten.

5ßarum feilte ich nicht baöjenige tßun, maS mir Vergnügen macht? SÖSarum follte ich nidjt meine

<23on ber ©ttäfjtgung unfercr SSesiertJcn. 471

25egierben befriebigen? 2öer gab benn meinem Jjer* jen alle feine Triebe unb Oiegungen? Jpaben fic nicht ihren Urfprung non ©oft? ©ollte benn biefeß gütig* fle Siefen mir Q3egierben anerfebnffen fyaben, bie id> nicf)t befriebigen barf? Unb foüte baojenige, maß mir $mibe unb Vergnügen gemä^ren foll, mir $ur Ctuaal merben ? bie Erfüllung unferer 35egierben fo an? genehm, unb boeb fo ßreng verboten: marum (>af uns ©off eine fo betfefy;fe Sftatur gegeben, bie feinem ©e* fe£ miberflrebt ? Ober marum fyat er uns ein ©efelj gegeben , baß bie Triebe unferer Sftatur »erbietet unb nerbammt?“ £>aS, ©eliebte, ift nicht nur bie ©pra* dje ber Ungläubigen unb SEBeftmenfdjen, melcbe alle ©cfyeingrünbe aufi'ucben, bie ^Sefriebigung i^rer iufle $u red)tfertigen , unb fiel) in ifjrer ©icberfjeit immer mef;r einjufebläfern : fonbern folcbe ©ebanfen unb ©inroürfe fleigen auch roofjl biSroeifen in ben ©eeleri guter ^Jienfcben auf, roenn fle miber bie junblidjen SSegierben fämpfen, unb fid? felbft ©emalt antljun foüen. 3)iefe ©cbmierigfeiten laffen flcb aber feljr leiebt lofen, menn mir uns fornof)! bon ber Statur unb 33eftimmung beS ?9ienfcben, als aueb bon ber SSefcbaffenbeit ber if)m eingeflanjten Triebe unb Sftets gungen bie richtigen begriffe machen.

£ßas ber '»Jftenfd)? ©in ebleö unb munbefba* Des ©efebopf bcS ?U!mäd)tigen. Tluf ber einen ©eite bat er bielcö mit ben ^b*er€n gemein ; auf ber anbem aber er auch bureb gro§e Söorjüge meit über biefel« ben erhaben, ©r Ijat ©innmerfjeuge, mobureb ©ms pßnbungen unb 33egierben in i£m rege gemacht roert ben; e$ benft unb lebt aber auch in if)m ein ©eifb,

©94 rcelcber

472 Sßon bei* Mäßigung unserer *Segterbcn.

weldjer über tiefe IBegierben wachen unb ße gehörig orbnen unb mäßigen foü. (Er nicht nur ein <23e* wohner tiefer £'rbe; er foü aud) fünftig ein Burger bes Rimmels werben. €r lebt nicht für fld) allein auf ter Sßelt; er fielet auch mit anbern in Sßerbins bung: alles Utnfidnbc, tie if>n überzeugen muffen, baß er in einer gehörigen Drtnung feine ©lütffeligfeit ju fud)en habe, baß er gewiffen (g:infd)ränfungen unb ©efe^cn unterworfen, baß er es fich fclbfl, baß er e$ ber ©efeüfchaft , baßer es ber €wigfeit fcbulbig fet), feinen SScgierben ©djranfen ju fefjen, unb allen bie» fen SSerhäitniffen gemäß ju benfen unb ju l;anbeln. ^'a, wenn wir nid;ts als bloße Sßiere wären , wenn wir 97iemanben von unfenn ^erßalfen Dfechenfdjaft 511 geben hätten, wenn wir burch bie ungeßinbevte 23efricbigung unferer fuße weber uns felbß, nod)T(n* bern fdjabeten, wenn mit tiefem ?urjen leben aüeö aus, unb in ber Qümigfeit für uns weber etwas ju furchten nod) ju ßoffen wäre : fo wären wir vieüeidjt nod) in etwas ju entfdjulbigen. Tiber unfere ganje <£inridjtung, unfere S3ernunff, unfere Q3eßimtnung, unfere SÜatur forbert von uns eine gehörige Mäßigung unferer Regierten,

ttnb was ßnb tiefe Q3egierben , bie unfer @djo= pfer uns einpßanjte? (Sie ßnb in ftd> felbß feßr nüß* ließ unb gut ; ße würben uns 511 unferer (Erhaltung unb ju unferm Vergnügen gegeben; ße erjeugen in uns ein ßarfes Verlangen nad) bem, was wir für gut ßalten unb uns nctßmcnbig iß. J£>aß unb lieb *, gurcht unb ^ofnung, gretibe unb Mißvergnügen,

©eßmerj

Sßon ber SDJöjjtgutig unfctet 33egtert>en. 473

©chmerj unb ^raurigfeit, unb alle untere 2(ffecten unfcrcr ©eele finö eben fo nofhwenbig, alß bie Triebe unß $u narren, unß fort jupftanjen , unß in ©efell; fd;aft jufammenjufchliehen. Sie SBegierben feljen ben 9D!enfchen in ^dtigfeif unb ^Bewegung; fic ftnb in ber ©eele beß 5ftenfd)en unb mcnfcfjlid^er ©efellfcbaft, rcaß 2Sinbc in ber Slatur finb ; ohne biefeibe würbe aüeß (Ich in einer tobten ©nforniigfcit unb ©title be» ftnben. 2lber nur foüen wir unß unfern Q3egierben nicf;t blinblingß uberlaffen; wir feilen ihrer ©ewalt wiberfteljen, wenn fte ju heftig werben; wir follen (Iß mit Vernunft mäßigen unb regieren, unb felbft ba uns bißweilen berfelben enthalten, wo ihre lBefriebi= gung noch erlaubt unb unfd)ulbig tfl , baniit wir bie Jperrfchaft über (le erhalten. ©onft werben fte aus wohltätigen SOSinben jerftorenbe ©türme; fonft rieh* ten fte Unorbnung unb SSerberben an, fonft madjen fte unß ju Unechten. £ßir follen alfo biefe 'Segierben gwar nicht außrotten unb jerftoren , benn fonft mufj* ten wir aufhoren SJienfchen ju fepn, aber wir füllen fle orbnen unb mäfjigen. Saß ifl cß, waß nid)t nur bie gefunbe Vernunft, fc-nbern auch baß (£f)nftemhum Von unß verlangt. Unfere 31atur füll nicht jerfiorf, fonbern burd) bie ©nabe geheiligt unb verebeft wer* ben; unfere ©eele feil ber ©1(3 richtiger unb wo^ge* orbnefer ^Begierben fet)n; burd; ben ©eifi ©otteß feil unfere 9JIenfd)l)cit ihre vorige Unfdjulb, Roheit unb Eßurbe, unfere Vernunft ihr licht/ unfere §ret)- heit ihre ©tatfe, unfere ©eele ihre DberljerrfdjafC über bie nichtigen 33egierben wieber erhalten, (Ein 3ßÖev beiu um feine Oiuhe, um fein wahres ©lücf,

©35 um

I

474 S3on öer Mäßigung unfcrcc Q3cgtert>cn.

um feine emige 5Bc^lfar(^ ju tf;un iß, mirb geroifj tiad) einem ^ufianbe fid) fefjncn , n>o er als ein $6ei* fei* unb alö ein (£f)rifl DlefeS feben fo geniefjt, bafj er bag jufünfrige flcf> nid)f baburd) verbittert/ unb bie# (es gcfd)ief)et burd)

"Die Mäßigung ber 25egterbeit.

-affet uns juerft fefyen, meines diejenigen Q5e* gierDcn ftnD, Die mir nid&igcn feilen ; fer> ncr aber auch Die Mittel angeben, Durch mclcf)e mir in Den ©tanD gefegt merDen, unfere $3cgierDcn ju madigen.

©ie SSegierben unferer @eelc entfielen aus ben# jenigen ©npjrnbungen, roeldje burd) bie @inne von äufjern 0cgenflanben in uns veranlagt roerben, unb fo mannicfcfallig alfo bie X>inge aufer unß jtnb, fo mannidjfalrigfinbaud) unfere $3cgierben. $ßenn unfer Verlangen / unfere SßSiinfdje, unfere Tfffecten ju f>ef# tig merben, bafj mir bie ©ttnime ber Vernunft nidjt mehr hören , fo nennet biefes bie fpeilige ©djrift ein Sleifd;lid>ge|jinntfct)n, ober eine§?inbfd;aft miber@oft meil alebcnn bas gleifd) über ben 0eift, unb bie @innlid)Peit über Das üernunftige 9?ad)bcnPen fiegf. Unter allen ^egierben unb Trieben aber ifl roofd Peine fo heftig unb ftarf, als ber J)ang ju berjentgen 7(rt vonOBollug, meldje aus bem Triebe jur $ortpfTan# jung entfpringt. £)er meife @d)öpfer (;at i^n aus ben mid)tiggen Urfadjen fo innig mit ber menfd)lid;en fftatur Vcrmebt, unb menn man ben feid)tjlnn unb bie Ueppigfeit unferer Seiten bebenft, fo ifts fein

SBun»

Q}on tcc Sfldfjigung tmfmr Regierten. 47$

Sßunber, ba§ er bet) fo Vielen SHenfcben, fdjon oft in ber 3u9en& auöartet. I)ie Siebungen baju von aufjen unb innen ftnb fd)meid)elhaft unb ftarf ; aber befto mehr follten tvir barüber machen, biefen an ftd) fo unfdjulbigen unb tvoblfhatigen Sricb nicht burd) uns natürlid)e, getvalttf)dtige, unehliche, ober unmafjige 23efriebigung ju entroeibjen, fonbern üjn burdj Arbeit, Sftdfjigfeit unb einfadje lebensart in Sud)* unb Drbs nung ju Ralfen. Unb baju follte uns unfer eignet SSortbeil rei|en. 2)enn biejenigen, welche auf eine unvernünftige 'Hrt in ober aufjer ber «£he bie lüfte beö ^leifcbeö vollbringen, zerrütten ihre ©eelenfrdfte, jer* ftoren if)ren leib , unb ftürjen ftd) in ein frühzeitig ©rab. 3ft nicht ^aurig, bafj ber Sttenfd) fo tief gefallen ift, ba(j er in vielen ©tücfen ftd) von bem unvernünftigen ^b‘erc übertreffen lagt ? bafj er für bie furje luft von einem 2lugenblicfe ober von einet ©tunbe, 3a(?rc 000 Vergnügen unb 5BohIfet)n tveggiebf, ober n?of)l gar £horh«iten begebt, Überweg d)e er ganje ©vigfeiten feuften muh? 3Baö baft bu nun baven, tvenn bu ein unfchulbigeö Habchen ver« führfl , ober btef) mit einer unreinen J£>ute einfdffeft, ober ben (Eib ber ehelichen ‘Sreue bridtft, ober beinen eignen leib fd)änbejt? '©ein ©efübl tvirbeö bir fagen, tvenn nod) nicht ganj verlofchen ift, bafj bu tvibet bie Statur, tviber bie ©efe|e, tviber bie liebe, bie bu anbern fd)ulbig bift, tviber bie Drbnung ©otteö banbelft; unb fo lieb unö alfo unfere Üvufje, unfer ©lücf, unfere ©efunbheit, unfer leben ift ; fo fehrlaf« fet unö auch barauf bebacht fepn, biefe 55egierben ju madigen.

€ben

475 33on bet SÖJäjjisung unfetet SBegietben.

©ben fo »credit eöftdrbcnn audjmit anbern Ve* gierben, rüc(cf>e Den ©innen fdjmeicbeln, unb in be5 ven Vefriebigung ber ‘SDtcnfcf) feine Seit, SDiaafj unb £>rbnung $u galten meifj. ©ott (jat aüerbingö Diele SJlitfd unferer 3iaf)rutig unb unferö Vergnügen? ge= fdjajfen, €r f)at bie Statur nid)t umfonft mit fo Die» len ©cfyonjjcifen unb 9ieid)tljümern ouögefdjnuicft ; er roill , ba£ mit unferö 3bafet)nö burd) ben ©enujj feiner ©üter tedjt frof) merben follen. 7(ber menn bie# fe (£0 i ober Srinflufl fo ftarf auöartet, ba$ ber S9?enfd), ber IKatur juroiber, firf) ju ftarf übernimmt ober mit 6eraufd)cnben ©etränfen feinen Verfianb gleidjfam erfäuft, ober menn er feine fjöljern Smecfe bcö lebend fennt, als biefe, unb nid;f barutn i{jtunb trinft, um ju leben, fonbern barum ju leben glaubt, um ju effen unb ju trinfen; fo jief)et er fid) mandje $ranff;eit ju, mad)t jid> ju ©efdjdftcn untüdjtig, roirb träge jum ©uten, unb erlieft burd) biefe grobe ©innlicf)feit alle l)of)ern Triebe unb aud; alle Diel ret# ticre Vergnügungen beS ©eiftcö. er bringt ba? burd) in fld) ben ©amen ju mandjen anbern latent unb Unorbuungen, unb baljnf jid) ben $Beg ju Die# len anbern ©ünben. Q;r mirb burd) biefen unmd(ji= gen ©enujj nicht erquidf, fonbern ermattet; er Der# manbelt jtd) baS Vergnügen in ©d)merj, unb bie ^eilfamfle ©rquicf'ung in robtlidjeö ©ift ; unb bas tjeift benn , ftatt mit mäßigen £ügen aus CLueft ber ©tävPe unb ©efunbfjeir ju trinfen, ftd? gan$ Ijins ncinjlürjen, unb barin erfaufen. SDarum ift es benn aud) bie auöbrücflicfje 5'orberung ber djrijllic&en lel;re, jmar unferö leibes jw matten, aber hoch nicht ju Der=

järteln,

3ßon bet* SMpigung unsrer Regierten, 477

jdrfeln, ober ihn mit uberpüfftgen ©dften anjufullen, meiere bie 33egierben heftiger reifen. Unb für wefe df)eö ©efepopf ip fo etrnaß mopl unanpdnbiger, alß für ben iBienfcben, bet) welchem ber ieib eigentlich nur ber uneblere £hc*l> ber ©eift aber ewig ip ?

"Kuper biefen S^egierben, welche fid) in fofdhert offenbaren Kußbvucpen fTeifd>Iicf)er iuflc jeigen, giebt noch anbere , welche ben 9ftenfd)en eben fo tief er« niebrigen, unb ihm eben fo fcpdblid? pnb, wenn ftc nicht gemafjiget werben, 0piel pon irgenb einer KrC ip in ftd) felbfl etrnaß fe^r gleichgultigeß. ößentt aber ber Süftenfcp bem ©pielen fo fef>r ergeben ip, bafj er opne bafTelbe nicht leben , bah « nicht laf* fen fann; wenn er etwaß beffereß waprenb ber ßeit t§un fbnnte, aber feine Pflicht barüber Perfaumt; wenn er habet) gewirmfueptig ifl, furj, wenn baß ©pielen jur feibenfepaft wirb : fo wirb ifmi fcpdb* lieh, gereicht ihm jum 9?achtheif unb jur Unruhe, anpatt jur ©rpolung , unb er geräth habet) auf fcf)db* liehe Kbwege unb in bie ©efahr, fleh on pd) felbpunb an Knbern ju Perfunbigen. D tpie fehr mifchet pep boef) baß funbliche $3erberben in alleß, traß wirtljun, teben ober benfen! *£)ie meprepen SSegierben, tpelche bie .ftanb beß weifen ©djopferß in unß pPanjfe, wer? ben burch unfere eigne ©cpulb unfere gaüpricfe, unb ihre unmafjige SÖefriebigung ober üble Kbricptung ip eß, bafj wir nicht gatij froh ««b glüeflid) pnb, fon= bem unß unfere furjen lebenßfage Perbittern, £er Srieb jur ©hre »I1 in (*«& felbp erlaubt, unfcpulbig, tpohlthatig. Kber auf welche ©egenpanbe ric()tep btt ihn ? 28aß ip bir wahre £hre ? @»tpp hw hie ©pre

bet;

478 QSon bet $ü?d§igung unferer Regierten.

bet) ©oft ober bet)9ftenfd)en ? bie (Erfüllung beiner bein mahrerüfuhm? Ober fud)fl bu vielleicht öeine ^f;rc in ber ©djanbe, im iafler ? 3u wie vie* len ^^or^eifen (eitet ber (^f)rgei| unb bie Qritelfeit bie ^ftenfeften , bie feinen begriff von ber malmen (Jbre haben, unb biefelbe blo§ im au§erlid)en ©Ian*e, im 'ilnfe^en vor ber SBelf, niefjr aber im $5etvuflfet)n ber *Ked)tfd)uffenheit, ini Beifall ©otteß unb ebler SJlens fdjen fe|en! £icr £rieb nad) ©utern unb SXeid)thum unbUeberfluj? ift in fid> felbft niefjt firafbar. Tibet er artet in Öelbgeilj, ©elbftfudjt unb Ungered)tigfeit auß, menn mir Sag unb 9ftad)t barauf ftnnen , unfer Vermögen ju vermehren, menn mir barüber bie ©e# fu^le beß tSJiitleibs unb ber ^enfdjenliebe in unß un» terbrüefen, menn mir bie ‘Pflichten ber ©eted)tigfeit Verleben, unb unfer Vertrauen mehr auf ben tobten £Keid)tbum alß ben (ebenbigen ©ott fcfjen. O mir ar= me IJftenfdjen! mir merben von allen ©eiten ein SKaub unferer $3egictben. 3Bir finb überall mit Oieijungen unb ©efaljren umringt! $Bir ringen unaufhörlich nad) ber^öefriebigung unferer lüfte ; mir erreidjen, maß mir rounfdjen, unb maß haben mir? einen ©djatten ! einen *30ampf ! ein 9ttid)tß! 9)iöd)ten mir bod) jeber ©ad)e ihren mähren SDCerth geben! Möchten mirboef) bie grofje 2Beisl)cit lernen, unfere Q5egierben ju ma< higen unb in gehörigen ©djranfen ju halten! 3ßie biefeß gefd)of)en fönne , unb burd) meld)e üOiittel mir in ben ©tanb gefejt merben , unfere '-öegierben fletß unter ber 7luf|id)t unb Ovegietung ber Vernunft unb beß ©eifleß ju galten , baju foll nun noef) eine furje Tlnleitung gegeben merben. ®ie Mittel ftnb £ßad)«

famfeit

^ßon tw Sföaßigung ‘unfern’ 35«9ietfcen. 479

famfeit unb ©ebcf; 33ermeibung foldjer ©elegenl;e:» ten; wo unfere^öcgierben juljeftig gcreijt werben unb ju flarfc Siafjrung tv galten fönnen; unb eine im ©e= muif; flefö lebhaft erhaltene SöorfMung »on bent großen ©cßaben einer unmäßigen Q3efriebigung uns ferer 23egierben, unb »on ben großen $3ortf)eilen, l)ie wir ba»on fcaben, wenn wir fte mäßigen.

©teile bir alfo oft in ©tunben beß Srnfleß unb ber ’tfnbacbt ben großen ©d)aben »or, welcher auß einer ungejäßmfen Befriedigung deiner lüfte unb 53e* gierben entfielt. Da, wo einmal heftige unb itnge» jturae Q3egierben in ber ©eele fjerrfdjen , ba wirb bec Berftanb \>erbunfelc, bie €inbilbungöfraft »erunreis nigt, bie Jreißeit gefdjwädjf unb baß J£>er$ »erberbf. Die Jjerrfcßaft bet Begierben läßt baß vernünftige 'Sftadjbenfen nidjt auffommen; ber ©cla»e feinet leis benfd)aften ift alfo feiner ridjtigen Begriffe unb Urs t^eile über ©otr, ÜJeligion, $ugenb unb iaßer fäljig, unb bie Unßttlid)feit feiner Jjpanblungen fowoßl, alß aud) t'^re traurigen folgen bleiben feinem SScrflandc »erborgen. ®3et* fid> einmal an ben groben Urgofj* lid)feiten ber ©inne beluftiget, unb fein anberß alß tßierifdjeß QSergnügen fennt , bejfen ©eift wirb julejC burd) bie ©ewalt blinber ©toße unterbrucft; bie uns reinen Bilber ßnb feiner <£inbilbungßfraft jlefß gegen= Ibättig, mifcben ftd). in alle anbere ©ebanfen, felbft wäfjrenb ber ©tunben ber Tlnbacf)!, unb feljen ftcf> fo fefl , baß bie ^mpftnbung unb Begicrbe bep jeber ©elegenfjeit erwadjt, unb ißn jur Unmäßigfeit bafjtn reißt. Daß traurigße babep ifl, baß fo ein ‘üöienfd) julejt feine Sreiljeit verliert, unb nad? ber ©pradje

48^ <7^ >er sstäfigung tmfecec £3ec|ierben.

ber T'djrift enbüch ein ')3icf>r wirb, ber nicht me^e feine .Sprint, . nb ein Seopnrb, ber nicht mehr fein. $!ecfen intern fnnn. ©enn, ba eine jebe ^Öefricbi gung einer Regierte ben Seeth betreiben immer ftdrfe.* madjt; ba jebe Regierte im gleichen ©rabc * roirb, als »Te 3Ral;vnng erhält, fo rate baß $euer fldrs fer auflobett, wenn Del in baffelbe gegoffen mirbr fo mirb ber 5)ienfch julejt oon feinen iufien bejroung.M unb aufgericben. $rei!id) bilbet ftd) ber iafler^afci «in, bafj er alßbenn ungebunben unb fret? ift, wenn er offne Smang unb ungehindert baß tjjun fann, maß et in feiner gefofslofen iufternheit unb nach feinen ftrafbaren kkhtfmn tuünfdjt Tiber roie irret er fldj, wenn er baßjenige für Freiheit half, maß im ©runbe bie clenbefie Äned)tfd)afc ift! ©teilet gegen i(jn ba? Verhalten eines §hri|ten. tiefer hat auch biefelben Q3egierben; fie regen ftd) in ihm eben fo ftarf; aber et bleibt ficf> feiner beroufi; er benft über ihren Ur# fprung unb ilpre folgen reiftid) tiad) / unb fo fdjiuer i^m aud> nNrb,-fo entfd)lieflf er ftd) hoch/ fid) felbft jubeftegen, bie Tinwanblungen beß Steibeß, beß Jpaf» feß, ber üvachfucht, ber$BoHuft, jubämpfen, unb bargegen bie ©eftnnungen ber IBlenfchenliebe, bet Oicinigfeit, ber ©emutl) unb Sugenb in fld> ju un# tet'halten. ©er f afterhafte, ber feinen ©egierbeti blinblingß folgt, flehet jwar aud) bie fthablid)en 3'oi* gen, bie feine Ungebunbenheit nad) fieb jief)en wirb, aber rote ein ©chlad)ttf)ier roirb er ju ber ^hat h^9c# riffen. £ßo ift ^izx ber frepe SQtentch? Tiber n>ie traurig ift ber ßuftanb eines “QJicnfchen, mit bem burch feine eigene ©djulb fo weit gekommen ift/ bafj

Q3on t>er $föäf}tgung unfern SSegieröem 481

er fünbigen mufj ! unb ber feine JKu^e, feine ©efunbljeif, feine <£()re, fein leben boron fejt, einige Tlugenblicfe wie ein unvernünftiger ?07cnfcf> fjanbeln ju fonnen ! ja bert julejt bie grofjte ©chßnbe, bas gröfjte Unglücf nicht mehr abf)alten fann, feine lüfie ju befriebigen! 2lberbie 9J}df?igung unferer Vegierben bringt uns bie gröfjtett Vorteile; fie ift fo wenig eine unangenehme (£in= fchrdnfung ober eine bruefenbe iaft, bafj fee Pielmelje eine reiche Ctueße ber gufriebenheit unb bes wahren Vergnügens ift. 5Ber fid> in bem ©enufje bes finn« lieben VergügenS ju madigen weif, ber erhalt auch feine @efunbt)eit unb feine Ärdftej er beforbert aber babureb ben ©enufj bes Vergnügens felbft, unb be» hauptet babep eine flctc Jjpeiterfcit, ÜJuf)e unb Sistig# feit bes ©eijtcs unb beö iebens. (£r erfpart fleh fo manchen Äummer, fo manche Vorwürfe unb leiben, welche ber Unmdfjige über fid) felbft bringt, unb weil er in (EfTen unb Xrinfen, unb im ©enufj jebes an« bem finnlicben Vergnügens fich felbft in ben gehörigen 0chranfen hält, fo wirb er nicht nur biefes Iebens recht froh, fonbern fann auch mit bejto mehrerer 3u« Verficht in bas jufünfttge bliefen,

SGßoöet ihr biefes ©iücfs theilhaftig werben, fo fepb mdfjig , unb Permeibet forgfdltig alle biejenigeit ©elegenheiten, wo eure Vegierben ju heftig gereijC werben unb $u fiarfe Währung .erhalten fonnten. lln» fer QErlefer hat uns SCßachfamfeit unb ©ebet empfofj* len, um ben Verfügungen aus^uweichen, ober int Äampfe gegen biefelben ju befiehen. £>iefe $Bach« famfeit aber befiehet barinnen, bah wir nicht nur auf bie innerlichen Vegierben unb 9{eijungen, fonbern gtvcit« tim«. Jj h Auch

482 Sßon &er SJtöjjigung unferer Söegierfecn.

oucf) auf bie äußerlichen ©elegenf)eiten jur ©unbe öuf* inerffam finb, unb jene fegleid) unterbrutfen, menn fie in uns auffieigen, unb biefe fließen unb meiben, menn fie fiel) uns anbieten. 2ßir foüten es miffm, toas unfere iieblingsfunben ftnb, unb meld)eS unfere fd)n>ad)e ©eite ift, mo mir am erften angegriffen mer» ben fönnen; mir füllten oft unterfudjen, bet) melden ©elegenlpeitcn unb unter melcben Umfldnben mir fte« len, um funfeig bie Klippen permeiben, mo unfet ©laube unb unfere ^lugenb fd;on einmal fd;eiterte. gliel) Por ber ©ünbe, mie por einer ©cblange, benti menn bu il;r fo na^e fomntfl, fo flicht fie bicf>. SDlei* bc, meibe o (Etpriff, fold>e Derter, fold>e <Perfonen, fold)e ©elegenßeiten, |old)e iagen, morinnen beine SÖegierben eine ju heftige Oieijung empfangen fbnn» ten; roeicbe ber ©ünbe aus, fd)mdd)e fie burd) beine glucbt ; fd)ließ 'Äug unb Dfjr unb Jperj Por i^>r ju* Saß es nid)t auf bie 9)robe felbfi anPommen, mie flarC bu int mirPlidjen Kampfe bift, fonbern erleichtere bir bie Erfüllung beiner <J>fUcf)C burd) S3orfid)t unb Älugs heit. Ä^mpfe felbfi ifl unfere ©eele nteifi fdjmach unb permirrt, bah öer 33erftanb nicht alle llmffdnbl faltblutig überbenPen, ober fid) auf alle Mittel befin* nen follte, mdd)e angemenbet roerben muffen, um $u ftegen. 5Jian muß nicht erfl über bie ©efaßr eines 5BegeS benfen, menn man fd)on am 2lbgtunbe fie^f, fonbern lange porfjer, ef)e man fo meit fommt. £ßer ölsbenn erfc madten miü, menn bie 2lnfed)tung i£n überfallt, ber ifi fd)on l;alb Perloren. 9)ein, in bea rußigflen, befien unb glücflichflen ©tunben unferS iebens muffen mir uns «He örünbe lebhaft porflellen,

bie

QSon t>er TOjjigung unfercr 93egi«rt>*n. 4 g 3

bie uns ju einem feften (£ntfd)lufj unb ju einem un* auSgefejten 33efireben in allem Outen bemegen Vom nen. Tiber bann muffen mir auch nicht glauben, ba§ mir unuberminblid) ftnb, roenn mir ein ober baS ans beremal ben ©ieg bavon getragen haben. Unfere Umftdnbe ftnb nicht immer einerlei) ; unfere Regier* ben ftnb nicht immer gleich heftig; bie Dielungen ftnb nicht immer non ein unb berfelben Tirt. Arbeit, Äreuj unb S'einbe tonnen manche 33egierben in uns fchmdchen, meld>e bod) $ur anbern Seit bet) einer 93er* änberung unferer Lebensart unfers 93lufeS unb unfe* rer ©iucfsumftdnbe beflo heftiger mieber aufmachen. 0 mie ift mand)er fonfi mohlerjogene Jüngling, man* eher red)tfd)affene SSJiann, ja mof)l gar mancher front* me <£f)ri|l aus Mangel einer fortgefejten SDßachfamfeit in eine ©unbe gerätsen, bie ihm hernach bittere (Heue, ©chmerj unb ^hrdnen genug getoffet hat! SBir haben mef)r als eine fd)road)e ©eite, mo mir angegriffen merben tonnen, unfer ganzes Jperj ift jur ©unbe geneigt, unb unfer ©taube ift nicht immer gleich flarf. 5Benn er jejt mie eine (Eeber allen @tür* men trojf, fo ifl er vielleicht ein anbermal mie ein man* fenbes SRoljr, ba$ t»on ber geringen iuft jerbrochett merben fann. £Bie mifjtrauifd) unb behutfam muf} uns baS alles gegen uns felbfi machen! 9ßie fe^r mufj uns^bas von unferer Ohnmacht uberjeugen, unb junt ©ebet treiben, bas ein fo bcroaljrtes Mittel ift, unfere ©eelen immer glaubensvoller unb jidrfer ju machen.

0 ©oft, unfer Q3ater, ber bu uns in biefen ©fanb ber 3U^( unb «Prüfung gefegt fpafi, an bich »vollen mir uns ftets halfen. Oieinige bu felbft unfere * *£>h 2 Jperjen

484 unfern Söegietbw.

^crjctt bon aßen bofen iuflen. £>enn was §a(f cö, wenn wir uns aud) du§crltd> oon biefent unb jenem groben iafler enthielten, bie 0ünbe aber mit iijtcc S&urjel nocf) in unferm Jperjen bliebe ? $>u h^ft unö jwar fein erlaubtes unb unfdjulbiges Vergnügen um terfagt. 1)u (jafl biefme^r felfcfl uns fo manche Ctuel« len ber greube erofnet, unb uns Triebe eingepfTanjt, burct) beren Oernünftigc $5efriebigung wir uns glucf= lid) fühlen. Tiber, o ®ott, lehre uns s33ia£igfeit unb Orbnung, baniit baS, was uns jlat'fcn foll, uns nid>t fcbwddje, unb bie Mittel unferer Erhaltung nicht bic SBerfjcuge unferer 3^iftorung werben. üteidje unö felbfl aus beruhe bie Waffen, womit wir im Kampfe gegen -baS 33ofe ftegen fonnen, unb h<lf/ bofj wir ftets als üDJenfcben benfen unb hanbeln, bie nid)t nur für bie (Jtbc, fonbcrn aud) für ben Jpimmel, nid)t nur für bie 3*it, fonbcrn aud) für bie (£wigfeit ge» fd;ajfen ftnb !

Wcunt

Heim im& 3W4ti3ig|?e prefcigt*

Q3on fccm l)&d)|ftmd)tigcn Söerfe i>er Q3etr* befimmg unferer ©eele*

SDiettu erfle ‘Prebigt in bcr ©aoop in Sonbon, cm ©omitafle Trinitatis, Vormittags 1781.

£)

bu, ber bu bet) ber Schöpfung allen Gingen $>afet)n unb leben gabt, 0 bu, befen Obern noch alles erhält, burebbringf, belebt, unb felbjt Sobte ins leben roeefen fann, 0 bu, ofme ben mir nichts ftnb unb nichts fennen , allmächtiger ©eit ©otteS unb (EhriO»/ t«(> ic& toor QÜcn ®‘n9en um &c‘nett

523eiftanb , um beine fegenSretcbe ©egenwart unb ÖBirffamfeit ju biefer Betrachtung an. SÜSerben nicht ohne bid) olle meine CCBorte leere, falte, tobte ^one fetjn? Tiber burch bich fonnen fie ju ©efuf>l , ju ©eit unb leben werben. Stur unter beinern €influfj wirb unb fann alles, was ich fagen will, bleibenbett fruchtbaren ©inbruef auf bie unterblieben Seelen bie* fer jahlreichen SÖerfammlung machen. 0 ent^unbe in uns ein ^eiliges Jeuer, wie ju Seiten ber erften tyvit (len, bamif alle unfere £erjen auf bem Tllfar ber lic * U unb Tlnbetung als ein einiges großes Opfer lobetn, unb unfere Tlnbacht bir wohlgefällig fetjn möge. Äein

£ h 3 SinjU

486 Q5ott fcem f)6<$fftvt$tigtn SÖ3er fe

(Einziger muffe biefe ^eilige ©taffe, wo bu mofmftunb trivffl , of;ne $3ele()rung, ohne Führung unb CErroe» fung verlaffen. D ©off, mache becfojf&ee ’TBorf, jeben ©ebanfen, feben ©ntfd)lufj, jebe <2impftnbung bei #er$en« lebenbig unb mirffam, unb la§ biefe ©tuube für bie (£migfeit gefegnef fetjn. Jperr ich [affe bid) nid)f , bu fegnefl micb benn. Du muff mid; fegnen, benn eg ift bein SBerf. Timen»

VOct bm id? ? XEae jctl icl? ? tDas werbe id? feyrt? Diefe fragen, weine ©elieb* ten, [eilte fid) jeber vernünftige IBienfd? in feinem ie* ben menigftenö e:nmal recf>t ernfU;aft vorlegen unb be¬ antworten. ©o viel ifl bodj einmal gewi§, als "DUien* feben finb »vir ju grofjen Tlbj»d)fen gefdjaffen, ©oft fcat efmaS ©rofje« mit uns vor, unb mir finb nid)t burd) 3uföü °ber of)ne Tlbf»d)t auf biefer <£rbe. DaS fefjen mir aus allen Unifiänben, bafj lÜftenfd)en in ber fiebtbaren 2Be(t bie midjfigften ©efd)6pfe ftnb. <£s benft ein vernünftiger ©eift in uns: »vir finb gleid^fam bie Herren ber Sftatur, unb »venn mir gleid) einmal fVerben muffen, fo fagt uns bod) unfer innere« ©efül)l, bafj ber Tlllmäd)tige, ber uns au« bem 91id)(S ins Dafepn fd)uf, uns nid)t jur gänjlidjen 3cri*orung unfers TBefens bejiimmt traben fonne, bafj mit unfentt $obe nid>f alles aus fe»), unb bafj unfer unterbliebet ©eifl feine ©renjen feiner SBünfcbe unb feiner 'Dauer fenne. „‘XBec bin id) alfo? 5ßas foll id) auf bie* ferOürbe'? unb mag »verbe id) in ber Grmigfeic fetjn?“ Das finb bie wichtigen fragen, bie id) gern eins mal $u meiner völligen 33eruf)igung unb ©emifjfceit xtä)t grünblid) beantwortet fcaben mochte, meil fie bie

&od;jte

btt 95erbef]ming unferet ©cele, 487

hödjjfe unb rocd^fiqfie TCngefegcn^cit meines furjen le* benß auf ber (£rbe außmacben, unb bie alfo menig* fienß einmal in meinem J^ierfetjn meine ganje 2luf< nterffamfeit unb mein ernftfjaftefteö 9ftad)benfen öer< bienen. l^d) bafi id) bie furje Seit, melche id> auf ber QBelf ju (eben habe, nach ganj öerfcbiebenett ©runbfa^en anmenben fann. 3d) fann mich meinen Begierben, bem Vergnügen ber ©inne unb bem SDienfte ber 203elt uberfaffen ; unb gleicbmol fühl icf) aud) in meinem 3nncrften rüten jtarfen 3U3» nad) QBa^r^eit, SKccbt unb ©emijjen ju hanbeln. Leibes fann unmöglich gleid)Diel fetjn, unmöglich einerlei) $ol* gen haben. <£ß ift bod) einmal ber Sftühe mertfj, ju mif[en, maß ich mahlen ntufj, marum ich &a bin, unb maß ich oernünftigermeife fetjn foü. ©inmaf ntufj ich boch miffen, roie mein Jperj befchaffen ijl; einmal ntufj ich bocbfelbfl bet) mir außmacben, mie ich mit ©ott (lebe , unb maß ich für meine eigne 'Per* fon für ein ©cbicffal ju ermarten habe, menn biefeß furje leben , ©ott meifj menn ? für mich ju Sn» fce geht.

£ß ijl bet) ber SBidjtigfeit biefer ©adje unbe* greiflicb, mie bie meijten SJlenfcben fo gebanfenloß unb leichtftnnig in ber SEBelt bahin leben, unb mit meld)ent SCßahnjlnn Biele aüeß oerlachen, maß ©ott, Oteligion, Unjlerblichfeit unb Jjintntel betriff. Tlllein, eine ern* fle Betrachtung über unfern Suflanb unb Beftimmung bleibt boch mahrlid) bie mid)tigjle unb oernünftigjle Unterfudjung , bie ein Üftenfd) anjleüen fann. D mein ©ott, mie fbnnen 9ftenfd)en, bie bod) ihr irbi* fd;cß flug unb emfig in SKidjtigfcit ju bringe«

S) h 4 fud;e«

488 93on Um hodjfftt>i$tigen <5Ber!c

fuchen, wie fonnen fle fo blinb, forglog unb tobt fetin , wonn cg auf bic unvergängliche ©eligfeit beg unflerblidjen ©eifleg anfonimt ? ^fd) meine trüber, bie ©ach« betriff ja nicht ein fur$es irbifcheg ©lücf, nicht jerfiorbare ©üter unb ©djdfse ber ©rbe, fons bern bie Dtube unb bas 3ßof)l einer ganzen ©wigfeit. SEBaS bat ber ?Dienfd) größeres, als feine ©eele, bie euch eine ganje 2Belt übermiegt, wenn fle mit iljr in eine 5föagfcbaie gelegt wirb? Denn was ()dlf e$ bem Sftenfcflen, wenn er and) bie gan$e SEGelt gewönne, unb litte ©d)aben an feiner ©eele? Unb wie (eicht fann fte bet? Dem allgemeinen Sßerberben ber 3Beltlei* ben , wenn mir fle nicht in eine QSerfajfung ju fe£en fuchen, mo fte fleber ifl, unb wenn auch Fimmel unb ©rbe um unö vergangen!

Das ewige Jpeil unferer ©eele ju beforgen, bag bleibt alfo für uns bie heiligfie ‘Pflicht, bag erfle mich'* tigfle ©efd}afte. Unb jeeljer, je lieber! Denn mir md)t roiffen, ob mir nur bie folgenbe ©funbe erle« ben, ober m d) bet) folchen Kräften flnb, fo wäre es bie gröflte ^fjorbeif von ber (3Belt/ roenn mir biefe ©acht nur einen 'Mugenblicf, gefchmeige bis auf unfer ©ter« bebette verfeifleben mollten. D roie halb fann ein urv vermuteter 'iob uns in baS ©ebief ber ©wigfeit ver* fefcen, nod) ef;e mir ung barauf vorbereiteten! Sftein, gerabe jejf, in biefer ©tunbe, in biefen Minuten wollen mir uns fammeln, alles au fjer uns vergeben, unb nur an uns unb an ben ^''flanb unferS J^crjeng benfen. ^eöcr faqc 511 fld>: „ich millunb mufjes felgen, mie ich befebaffen bin. ^d) tvill unb mufl eg mir frei) herausfagen, mie ich mich flnbe. 3$ will »weh felbfl

boc

Uv SSerbefferung unferer ©eele, 489

bor ben 9Jid)terftuf)f ber SBahrheit, bes ©emiffen* forbern, unb mein £erj im SRamen meinem ©otte« unb 4?eilanbeg 3cfu &hrifti, bes heiligen unb gered)* fen 3Belfrid)ter* , jur Ütechenfdmft jiefjen. 2>ch roill mich riefen, bamit ich nicht gerichtet merbe. ^d) roiDt reiften, mie ich befdmften feijn muß, menn ich ©oft gefallen unb eroig f lig fepn foll Jjperr, all* »mftenber ©ott! ofne uns bte Hugen, baß mir uns in unferer mähren ©eftalt erblicfen, unb ftel;e uns im S&erfe unferer Befehrung unb ©eligfeit bet;, ©rfor# fche 0 ©off unfer ^>erj, unb prüfe, mie mirS meinen;' fleh/ mir auf bofen SGegen ftnb, unb (eite uns auf «roigen 5Begen! @egne baju aud) biefe Befrachtung, unb erhöre uns, menn mir bid) ferner im Sftamett Ghrifti anrufen : Urtjer Vater jc.

£ejt: 3<>&. 3/ 1 18.

- 58arltcfj, warlicf), tefj fage Mr,

fep benn, baß jernanb bon neuem geboren werbe, fann er ba$ Üfetcf; ©ottee nid)* fe* f>en.

£)iefe ©feile enthalt bie große lehre bon bet? Sßiebergeburt bes UJienfdjen burch ben ©eift ©offeS. 3d> molltc roünfchen, baß es jeber fchon aus @rfal)* rung müßte, maS bas fep, bamit ich nicht nüthig hätte, es meitläuftiger ju erflärcn. Tiber ich furch* te, baß biele (Ehriften ftch, mie STicobemuS, babon fehr unbeutlid;e Borfteüungen machen. @0 biel fte< het ein jeher leicht ein, baß es nicht im eigentlichen -v

4? h 5 ©inn

4$o 33ott bem IjW wichtigen SfBerfe

(Sinn nerftanben werben fann; benn nach bem laufe ber Statur tft unmöglich, ba§ ein ÜJtenfch non »teuem geboren werben fann. (£ß mujj alfo einen an= bern, einen hohem, einen geglichen ©inn ^ahen. (Csfeybemt, bafjjemanb x>on neuem geboren werbe, fonft bann er bae Keid? (Botteß ni d?t feiert baß ^eift alfo : 2Benn ber üütenfeh nicht ganj anberß wirb, alß er gewöhnlich ift, wenn er nicht eineganj anbere Denfungßart annimwf, wenn er nicht gan$ anberß h<mbelf, alß fo, wie bie außgeartefen Triebe feiner Statur t^n (eiten : fo ift er nid;t fdf)ig jur ©emeinfehaft mit ©otf unb jum ©enufj ber ©e» ligfeit. ©o wie ber !^ube ganj anbere ©runbfd|e unb Hebungen ber Dteligion annefunen mufjte, wenn et (T^rifl werben wpllte: fo mufj ber (Ehrijt einen ganj anbern 0inn in (ich ijerrfeben (affen , alß ber £ßclt* menfeh/ wenn er felig fetjn will. Unb biefe grofje SSeranberuug beß Sflenfchen, welche fo wichtig, fo tiotfjwenbig, aber auch fo feiig ift, wirb bem ©eifte ©otteß jugefdjrieben. 2ßir jtnb alfo nicht baß, waß wir fei)n fallen; wir muffen anberß, beffer werben* Daß ift unfer^uftanb, unfere 23eftimmung. iSetrach» tet bafjer jejt aufmerffam mit mir

2Da$ ^6cf)jTmic^tigc SfÖerf ber 23efferutt$ uttferer 0eele

thetU: ba§ fte beffer werben muffe; (heile: wie fte beffer werben fonne.

5ßir muffen unß alfo &uerjt uon ber Siotfjwenbig# feit überzeugen , ba£ wie beffer werben muffen.

©o

fcer 93erbej)erung unferer ©eefe. 491

©0 fe§r aber aud? unfere Eigenliebe hier TCuöfTuc^tc fuc^cn mochte, uns ju rechtfertigen; fo fefrt ficb uns fer £e rj nor uns oerbirgt, ober alle ©trafmurbigfefe ton uns ab(ef)nt : fo (auf fagt es bod) unfer innere# ©efuftf/ fo flarf lelprf es jebe Erfahrung unb heraus* fprucf» ber einigen 3Bahrbeif, ba§ mir Oerberbt, ba# mir ©unber finb. Es funn auch nicht anberS fepn. VO A6 rem gcboron ifi, fcae i j? ^lei(cb ' was non fdjmachen, fünblidjen, flerblidjen Üfler.fcben geboren ift, ifi ein fdtoacher, funblicber, ^erblicher 93tenfd). ©unber fonnen nur ©unber fortpflanjen. Hilf unsere QSoreltern rnaren ohnmäd)tige, fünbige fterblicbe 'äfterfdien, unb baS finb aud) mir, baS mer* ben and) unfere 9iad)f'ommen fepn. ?{d) fie ijt ba^in, bie Unfchulb, bie mir aus ber Jftanb unfers ©cbbpfer# empfingen; es ift bahin, baS S3i(b ber ©ottheif, ba# mir an uns tragen foütcn, unb mir beftnben uns itt einem unleugbaren tiefen Verfall, befinbcn uns in eis tiem ungotflichen Bufanbe ber §inflernifi unb Unroifs fenbeit, ber ©ünbe unb beS iafiers, bes ElenbeS unb Sobes. 9ftod) immer gilt es non uns, maS ©oft fdjon toor einigen taufenb 3abrcn bon ber menfchlichen $8er< berbnib fagte: baS £)id;>fen unb 'Jradjten bes menfdj* lieben «fterjens ift bofe non 3»ugenb an unb immerbar, unb non allen $ftenfcben fann ©off bie Älage füllen, toeldie er einfl über baS Jfraelieifdje ?öolf führte : 0 meb bes junbigen SBolfs, bes 33olfS non großer «0lif» f«t bat, bes bosbaftigen ©aamens, ber fcbdblicben Äinber. £>as ganje £aupt ifi franf, bas ganje £erj »fl matt. Sßon ben gufjfolen an bis auf ben ©cheitel i|t nichts ©efunbes an ibm !

©age

49* 93on hem l)6<$fifoichtigen SSSerFe

©age nicht: id) bin bocfj fein üOiorber, fein SDieb uni» IKduber, fein -Biegneibiger, fein Ehebrc» «her, fein ©ottegldfierer. 2Bof)l! 2tber greunb» tag ifl gerate bie ©pradje beg fiol^en ^^atifders, mel* (her aug ©elbfibetrug fagte: hanfe bir, ©off,

bafj ich nic^C bin mie anbere leufe. Äennefl bu aud) bie 9Dttngel beineg »erberbten Jpe rjeng ? SÜSer ifi bir SSürge bafür, bafj cg nicht aud; in alle jene grobe la* fier auggebroeben fetjn mürbe, menn bie frepe ©nabe ©otteg eg nicht gesintert hatte, ober baf? bu baö nicht noch alleg merben fonntefl, menn baö ganje fünblidje Q3erberben beiner Diatur aufjumadjen ©elegenheit er* fctelt? Unb bifi bu in ben Tlugen beg allcr^eiligfbctt ©otteö alfo meniger flrafbar, alö ber grobfie «Büffe» t^üter, ba ber ©aame ju allen biefen laflern in bei# nem J£>er&en »erborgen liegt? D mir muffen unö ^icr »or blinber Eigenliebe hüten, unb uns fdjlecbterbingg auf ber vßßage mügen, auf meldjer unö einfl ber Oiich* ter ber SCGelt mdgen roirb. X)ie ©ad>e ifi gar ju roid>* tig, unb mir haben eg h^* mit bem llnenblichen ju thun, ber jmar bie liebe felbfi, aber aud; ein »erjeh* renbeö §eucr ifi. Um aber ung »oliig »on unferm £3erberben unb unferer ©trafmürbigfeit &u überjeus gen, fo führe ein jeber (ich felbfi »or ben DÜchferfiuljl feineg ©emiffenß, unb lege fid) folgenbe fragen »or:

„$Bie ifi big(jer mein leben »erhoffen? unb mie §abe ich t>ie 3ahrc/ wo jeher 2lugenblicf mir treuer fepn fotlfe , »erlebt, feitbem id) angefangen habe, mit SSemufjtfepn benfen, unb mit Freiheit ju fjanbeln? 3Bar ich fromm unb manbelfe ich bor ©oft?

$atte ich ©oft fletg bor tfugen unb im J&erjen, unb

Der SBerbefterung unferer ©eele. 493

/

hütete id) mich, in irgenb eine ©unbe ju milligen, unb roiber feine ©ebofe &u t§un? £>adjte id) bet) jebet greube, bet) jeber Jjjanblung ber 3>ugenb ober be$ männlichen 'Klferß, bafj mid) ©ott beßmegen nor ®e* ridjt fuhren mürbe? glofj ich &or ber ©unbe, mie bor einer ©d)lange? 2Bar ich f«*t jeljer c>n bernbegic# tiger ©djuler unb ein eifriger 9>lad)folger ^efuSljtifU meineö J^errn , ber (ich für mich ouß liebe in ben^ob gab? 8Bar id) nach feinem 53et)fpiele ©oft über alleß gehorfam, mar ich, wieder, feufd), gerecht, benuu tt)ig, liebreid), mohltfjuenb, fanftmut^tg , menfehen* freunblid) ? X)arf ich ju mir felbft fagen : bie liebe (£f;ri(U bringt mid) ? ^ch bin gejtnnf, mie Jjefuß ©hrijiuö aud) mar; Ich reinige mich, wie ©r rein ift, id; ^anbeic, mie(£r gehanbelt hot* 3<h lebe nicht mir, fonbern ©ott unb ber $ugenb? ^dj freujige mein gleifd) fammt ben lüften unb S3egierben ? bin meiner beibenfeheften, meiner bieblingßfünben Jperr? Jfjtanbele ich immer nach jenem ©runbfa($: 2llleS, mag c mollet, baß euch bie beute thun follen, baß tljuf ihr ihnen aud)? £>arf ich fagen; ^d) fe^e nicht fowofjl auf baß Alleinige, alß auf baß , maß beß anbern ift? fagen: id) gehord)e ©ott mehr, alß Sftenfdjen; ich halte fe|t an feinem SGorte ; ich fteüc mich nicht biefer SBelt gleid); ich fcheine alß ein bid)t; ich wanble alß «in unfträfftd)eß Äinb ©otteß unter bem berfefjrfeti ©efchled)te ber SKenfchen; ich hin berfohnlich, unb liebet bie geinbe? .ftabe ich ffhon einmal in mei# item beben $hr<*nen ^cr ^cuc un& 23etrubnifj über mein funblid)eß©lenb bergojfen: hob ich fdjon einmal ©ott .fußfällig um feinen ©eift angeßeht, unb um

£3er*

494 ^Son bem h&clj(ltt)icht>gen IBerfe

Vergebung meiner Sunben gebetet? Ofebet unb han* beit ber ©eift (Etjrijli in mir unb burd) ni«'d> ? ^in ich fein (Srclloerfrcter unter meinen trübem ? ©ol)ef mein ganjes Verlangen unb ^Sejlreben nach einer feligen ©wigfeit? konnten olle meine ©ebanfen, 5ßunfdje unb 33egierben, bie jemals in mir aufge« fliegen finb, ans iidjt fommen? konnte fie lieber tuijTen? Äann id) non jebem <5Borfe , bas id) gerebet $abe, DJed)enfd)aft geben? Äann einjl ba* iöerjeich* niß aller meiner Spaten unb Jjpanblungen am 5Belt= gertd)te »or bem ganjen Jpimmel, oor allen Engeln unb (Seligen abgelefen werben, o£>ne baß id) ju erro? tfjcn brauche? Äurj, bin id) ein $3ilb unb Äinb ©ofs teS, ein junger 3efu Sljrjfli, ein wahrer (Elprift, ein be beS Rimmels, unb ijl mein Jpe rj in ber feligen OSerfaffung, baß, wenn id) biefen Tlugenblicf flerben foütc f id) freubig oor bas ©eßcht bes Ewigen treten fonnte?“ -

iaß bein ©ewiffen antworten ! faß es bir bein ttrtfjeil fpred)en, ef;e bief) ber 5ßeltrid)ter gerabe^u aufs beutlid)fle oerbammf, unb aufs unmiberrujlicbile bir bas $obesurtf)eil fprid)t. lid) gefiel; es bir im* mer, benn wie fonntejl bu etwas oor bem TUlwtffen* ben perbergen, baß bu nod) nicht bas bijl, was bu fepn follfl. Unb wenn bu bas nod) nicht bijl: wie fannfl bu babet) noch fo rul)ig, fld)er unb forgenloö bafjin leben, als wenn in beinern Jjerjen alles in bet beflen Orbnung wäre, als wenn bu webet oor bem Üfcobe noch oor ber ewigen 3ufunft erfdjrecfen burftefl? 2)ann jlel;et es gewiß mit einem Äranfen fef;r mißlich* wenn er fchon in einer gdnjlichen ftuljlloflgfeit fid) be* i - fnbef.

ber QSerbcfferung unferer ©eck. 49 s

ftnbef. D wie ^ofl bu bid) bieder ohne ©runb füc «inen (£f>riflen Raiten fonnen, ba bu es niemals ernfl- lid) unterfudjt 06 bu es fet)ß. hie

33erroirrung eines 5Bahnmi|igen, ber ftd) für einen $onig ober für noch etwas niedreres f)ä(f; aber ein (?(enber unb Unglücklicher iß, welcher 33ebauren uni) Sftitleib bsrbient? £)u ein S^rifl? unb bod) Piel# leicht ein offenbarer ©ünber ein SÖSollüßling, ein ©ofjenbiener, ber Sßelt unb €itelfeit anbetet, ein ©erläumber, ein ^runfenbolb, ein©pieler, ein Un» gerechter ? Du ein C^^rifl ? Unb fjaft oielleicht in bei* nem ganzen leben noch fein 2Maft im Soangelio mit geraber 'Knwenbung auf bein 4?erj gelefen ? .fpaft Sßodjen, s3Konatf>e unb 2>ahre berßießen (affen, ohne einmal ins ^nnerße heineS *^«r^nS einzubringen,, unb bich felbß fennen ju lernen? 3BaS hilft bir ba$ göttliche 5Bort, wenn es an beiner ©eele ein tobtet 23ud)fUbe, leerer @d)all iß, unb nicht ©eiß unb leben wirb? Oft fjafl bu jmar bie Sßirfungen feines ©eißeS in beiner ©eele empfunben; aber ach wie halb mürben biefe guten Diuljrungen, biefe (Jntfdßüffe jut gänzlichen SSefferung wieber burch Streuung, leicht# ßnn unb Sftachläjfigfeit Perbrängt! 3ufrieben mit bic felbß, roeil bu Pielieid^t bie äußerlichen ©ebräuche ber ^Religion mit beobachtete^; jufrieben mit bem meni* gen ©uten , welches bu etwa in ßüdjtiger Söerglei* chung mit Tlnbern bep bir mahrnaf)mß ; jufrieben mit bir, baß bu ein äußerlich ehrbares leben füljrfeß, o(>ne baß bein Jjerj ebel unb rein mar; jufrieben, baß 9ftenfd)en bich für gut unb braP hielten, ohne ju un# terfuchen, wie bu mit ©ott ßänbeß; jufrieben mit

einigen

496 <5ßon fcem fy&c§fftbi<$tigcn ^Ber!e

einigen .Jpanblungcn, meld)c ben @d)ein beß ©ufett Ratten, aber auö einer unreinen Ctuelle flogen, Ijaft bu bisher in einer ©orglofigfetf bafpirigelebt, wo bu bet) äUebcm, maß ben Jjjauptgrunb bes J^crjenß betriff, nod} ba bijt, wo bu por jebn ober niedrerem ‘Jobren, 100 bu fdjon bep beiner ©eburt it>ar|l. Unb oieUeicbt nidjt einmal mefjr ba. ©aß ^erj ift noch immer baß alte ungebefferfe $erj, an ©id)ten unb ‘Sradjtett befe, ooll uon fünblid)en 3?egierben, leer Pon Q3ujj« traurigfeit unb ©emutf), leer non jenem alles übers roinbenben ©lauben, leer pon jener alleß umfajfer.ben ©otteß « unb $)ienfd)en(iebe, entfrembet Pom leben, baß auß ©ott ift. ©u lebft $mar aber ifl <in bloß natutlicbeß <Pflanjen * ober ©;>ierleben, (£f)ri* fhiß lebt nid)f in bir, unb bu bift alfo lebenbig tobt, unb roürbejf, roenn bu ned) fjeute jlurbft, nidjt alß ein junger 0;rifli fterben, rourbeft, wenn aud)93fcn« (eben pon beinern gutem #erjen nod) fopi l DKibmenß mad)ten , unb bid; nad) beinern $obe aud) rvofyl t)od? ober ^odbjljelig priefen, mürbejt bennod} beine "Mugen nidjt oor beut h6d>fler» Dritter auffjebert bittfen, fonbern Perbammt fcpn, weil bu nidn wie* bergeboren bifb. 2ldj wer bifl bu, wer bijt bu ? ©r« fdjrecfe Por bir felbjt* (£ß fep benn, bafj bu mieber* geboten, ein ganj anberer neuer, bejferer CÜienfd) wir|l> fonjl fannft bu nicf)C rufcig, nidjt heilig, nid)t felig fepn. ©ott ift nid)t ein ©ott, bem gottloß SOBejeti gefallt, wer bofe ift, bleibt nid)t Por i(>m. SSerän« berf, neugefdjaffen , neubelebt muffen mir werben, wenn mir ©ott gefallen unb Sfjetl an ben ©ütern fei« «es £immelreid)6 fcaben wollen*

©apon

Ui SSerbefierung unfern 6ce(e. 49?

$)at>on werben mir, wie ich f^effe, nun gewif uberjeugt fet;n, bafj eine geiflliche fÖerdnberung mit uns an (ginn, Herj unb £Oanbei Dorgef)en muffe/ unb es ifl mir, als trenn id; in mancher ©eeie bie wid;tige ^rage aufffeigen fdfje: was mu(j Id; f(jun, ba§ id; felig, ober welches einerlei; iff, bajj id; ©oft# , gefällig , gut, fromm, fjeilig «erbe? ©s 1(1 mir, als bbrte ich ^ter unb ba bie geheime ©timmet es fel)lt nid;t t>iel / bu ubertebeff mich, ein ©fwiff ju wer« ben. 'Hllein, roaS hilft es bem Uranien, ju miffen, wenn (cf; if)m fage, bafj bie ©efunbl;eit bas ebeiffc ©ut iff, wenn id; if)m nicht jugleicb fage, wie er ge« funb werben fann* SOßas ijüfts bem ©unber, er * werft ju fet)n, wenn id) iljn nicht ju bem Krjt f)inmet= fe, welker uns öon ©oft ju unferer ©erechtigfeit unb Heiligung gemacht iff, unb ju bem ©eiff, weld;er Herjen anberf unb ^mber ©otteS hübet? ©s iff alfo noch bie Hauptfrage übrig : waS iff 5U t^un, was an« jufangen , bafj wir ganj anbere fjftenfchen , beffere dljtiften werben, als wir bisher waren« 3Bof)erne(;« men wir Äraft jum ©uten unb ju bem, was jum fe* ben unb göttlichen vÜSanbel bienet? CEßelches iff bec ÖBcg, bet uns jur Heiligung un& <ge{jg^jf fuf>rt ? XX)ie binnen unfete tteröetbten ©eelen vetart# bett unö beffee werben? darauf will id; furj anf« Worten, unb bie Antwort in folgenben @a(j rerfaf« fen : Unfere fÖefferung wirb jwar burch ben ©eiff ©otteS angefangen unb ju ©tanbe gebracht; aber unt biefen muffen wir bitten, unb auch auf unferer ©eite allen ©rnff brauchen,

505ir

BtMlttv tbeit.

498 ^ßon tom hochflmiVfjtigcn

2ßir haben in beut SBcrfc unfern- 25efef)rung ei» nen ^olpern , einen gbttlid)en R3eifianb notfug. $Bit müßten bie @d)roacbheit, Di;nmad)t unb 0inn(id)feit unferer jerrütteten fRatur ju menig fennen, ober ein 5u grobes unb ftoljeß Vertrauen auf unferc straffe fe* f$en , wenn roir ein fo n>id)tigeß SOSerf über unßfelbß nehmen sollten, 0ne Pcrberbte ©ee(e f)imm(ifd> unb gottlid) ju machen , baju gehört mehr als menfd)(id;e .ßraft, baju gehört eme .ftraft, roie bie war, meldje TUles miß sJlid)tß fd)uf, eine Äraft, wcldje tobte le* benbig machen fann. Äunnft bu einen Ttugenbücf' cf>s ne ben (Jir.ffub biefer straft bein natür!id;eß feben er= f;a(ten? (£ben fo wenig fann baö geifllicbe offne fie in bir entliehen unb fartbauern. SXBcnn mir nur ei* nen einigen aufmerffamen ^Blicf auf uns werfen, unb auf bie OSeränberung unferer 0eele 2ld)t hoben, fo mu§ biefeß feben uns bie eigne Erfahrung (ehren. 5ßie grofj mag bie 7injab>l berer ferjn, roeld;e ftd) oen Seit ju Seit entfd;liefjen , bie $Gege beS SBerberbens ju oerlaffen, unb ein beffereß ieben 511 führen, bepwel* eben aber ber (Entfd)lu§ bocbnid)t jur sU3irflid;fcitwirb, weil fie es allein auf ftd) anfommen liefen, unb 511 floh mären, eine gottlidje Äraft ju Jpülfe ju rufen. 2)aß ftnb Äranfe, weld;e fid) jmar aufriebten wollen, aber wieber jurücf'fallen , weil fie weber ^raft nod) ©tül^e hoben. ^Bie oft wirb baß, maß man in 0tuns ben Des (£rnfleß Perfpricbt, in 0tunben beß ieid;t# finnß wieber gebrodjen ! $ja, bu weijjt es, mein ©off, wie gern id) ber 0ünbe gän^lid) loßfepn, ber ©crech= tigfeit obHig leben, unb bir aüeß berfpred;en niod^fe. 2lber bu fennej? aud; am beften meine fd;wod;e 0eite,

meine

be t $Ser&ejferung unfern* @eeln 499

meine Srdgljetf, bie fid) fo oft meiner bcmddjtigcf , unö tue §fud)tigfeit meines unbefianbigen unb treufo= fen JperjenS. liä) meine befien unö öufriduigCteti ©nt[d)(icijiingcn, öie id) Pon mir felbcr fa^te , waren nad) wenig ÖBocben ober “Sagen wieber Pergoffen, unb mürben wie Sfpautropfen pon ber (Sonne miebec weggejefwt , wenn bas ©erdufd) ber 2Be(t mich wie* ber umringte, ober bie SSegierben im Jjjerjen wieber oufmaebten. 533ie oft i;ab’ id) im fünften £id)fe bie Sugenb unö bas ©ute fd)6n unb liebensmürbig gefutt» ben ;«unb wie oft ift gleidiwo! biefer milbe ©lan$ Durd) bie bienbenben üvei^e fces Jagers wieber por meine« klugen peröunfelt worben’ 2id) in meinem g(eifdf)e roobnet nidjts ©uteß. SÜdoßcn l)ab id) mol)!, aber bas Vollbringen ftnö id) nid)f. >DaS ©ute, bas id) will, tl)ue id) nid)t, unb bas $3öfe, bas id) nid)tmiß, tl)ue id). SOßcldjer 203ieberfprud)! ^d) elenber ■>3ftenfd)l 2Ber will mief) erlofen Pon biefem fünölicben fterblt* d)en leibe ! 2ln meiner eignen Äraff mufjid) alfo mi§s trauifd) werben, unb id) weiß nidjts anjufangen, als mid)ganj, wie icf> bin, in bie 2(rme beiner (£rbar* mung ju werfen, unb ftitl mein J£>e rj Öen Steigungen beines ©eiftes ju erofnenj

VQaz äub <B»et(l geboten ifi, bdß i(I <£>eifi ‘Xlle biejemgen, meld)e burd) eine g6ccüd)e Äraft beS aud) mit ber d)tiß(id)en ief)re »erbunbenett oüiptrffamen ©eifleS ©otteß in if>ren (Seelen perdn# bert unb bejjer werben: bie flnb fdf)ig, bas ©ute miC Söeßanbigfeit ju lieben unb ju t^un. Diefes fagtlje* fuS (5f)rijtuS , ber bie StGafjrfceit felbji ijt , unb berti

3i * miß

5oo ^ßon t>cm hochfhvichttgcn 2BetIe

«>itt unb muß id) o^ric SSebenfen glauben, wenn id> gleich &en Qfinfluh feineß ©eifteß auf mein J£erj nidjt begreifen fannr ^ft mir bod) fchon bie Statur, welche er belebt, fe^r gef)eimni§uoü. $jch hb« baß (Saufen beß 'äSinbeß wo()l, aber id) weiß nicht, Don wannen et fommt, nnb wohin er geht. ^d) will alfo einfdl# fig glauben, weil mir meinJperj unb meine Dieljd(j* rige Erfahrung fagt , ba§ ich mit meinen eignen Bru ten nicht baljin bringen fann, nur ein mittelmä# fjig guter iÖlenfch unb (£f)i’ifl ju werben, gefdjweige benn bie gan$e 93erborben()eif meiner Statut wegju* febaffen , mich felbft ju Derleugnen, meine liebten Steigungen jutbbien, meine i:nd)rijllid;e©ewof;nheirert außiurotfen, unb jene Dollfommene unb reine liebe ©otteß unb ber SSKenfchen in meinem Jperjen anjujiin# ben unb ftu unterhalten, welche bie $3ebingung meü ner 0eltgfeit ift, unb mein (pbchfleß ©lucf fegn wür¬ be, wenn fte aud) Stiemanb Don mir forberte. 93on oben herab alfo, lieber Siftenfd) ! auß ©ei|t, auß ©oft ntufrt bu wiebergeboren unb neugefchaffen fei;n, ber ©eift 3cfu §hnfli nmfj in bir leben, wenn bu in feine gufjtapfen treten unb fo gejinnt fepn willjt, wie er war. 0ein ©eift mu§ bein ^>erj erfüllen, unb mit feinem himmlifchen iid>te burd)ftralen, unb mit fei# ner gbtr(id)en Äraft beleben, wenn bu erleuchtet, geijfc lid), ©orteß 93ilbe gleid)formig, h»^Di(ifchgeftnnt, eine neue Kreatur werben unb, inß Himmelreich einge* hen willft. Ohne ihn fannft bu nichtß unb am wenigjlen ftruebt tragen, ober ein fruchtbarer Siebe an bem lebenbigen 3Beinftocf bleiben, Orr, er allein rüt;rt, beruhigt, beffert bie Derirrte, trofllofe, Der#

berbfe

ber ^ßerbcfietumg unfcret ^eele. joi

terbte ©eele, bafi fle erleuchtet, fiarf, ^imntlii'cb wirb unb auß ihrer Jinfternif? fid) in hoß SXeicb beß iid)tß unb beß griebenß empor febmingt. Unb gem»fj, menn mir aud) feinen anbern ©eroeifj für bie ©öttlicb# feit ber chrifllichen Religion hatten, fo mürbe fchoti biefe ihre Äraft in ber Gilbung menfctylicher Spesen $ur malten Sugcnb unb Stömmigfeif, i^r ju göttli» «her (Jhre gereichen,

TCüein, mir mürben unß fe^r betrügen, mir mür* ben miber ©otteß meife Tlbflchten unb unfere eigene Ueberjeugung fjanbeln, menn mir untätig unb träge merben moliten. Riefen $Beg fchlägt unß baß (Jüans gelium nicht Por. 2ßir follen pielmefjr bitten fu« djen machen <— anflopfen ringen, follen bent Himmelreiche ©emalt an:hun/ fallen ©ott ntcfjt eher laffen , biß er unß fegnef. Äeiner ber erflen (Jhnfiett empfing bie ©abe beß heiligen ©eifteß, ehe er ftch nicht öffentlich unb mit Aufopferung aüeß beffen , maß ihm lieb mar, alß einen junger ^efu Shrifii angab, unb fein leben aufjuppfern bereit mar. Tllfa mollen mir nicht forgenloß unb untätig bie übernatürliche Hülfe ermarten. SÜSir moUen jmar jebe geheime 9iülj= rung unferß ©emiffenß bemerfen, aber aud) alle tel ber göttlichen ©nabe brauchen, bie mir in Hänben haben, unb über baß kleinere treu fepn, menn mir baß ©rötere erhalten mollen. Unfer Hc^anö fdbjl empfiehlt unß &ettn unb XEdcfcem

23eten alfo müffen mir, unablafjig, eifrig, ernft* (id )r beten; ©chaff in mir ©ott ein reineß H^i unb

3

fo2 ^ßon bem SIBctfe

gieb mir einen neuen gemiffen ©oift ic^re mid) t^urt nach beinern 2ßof>lgefaUen , benn bu bifl mein ©oft, fcein guter ©eifl füllte mid) auf ebener $3af;n. Unb wenn aud) 2lnfangö nid>t gelingt, wenn aud) bec ©laube fd>wad) werben ober »erlofdjen will , fo muf? fen wir fortfahren ju beten, muffen immer tiefer in ©ottes ^>aterljcri erbringen, noch me^r »erlangen, unb bog Steljmenß unb (Jmpfangcnß auß ber uner* fd)opflid)en ©nabenfulle nie mübe werben, biß £f)ri« fluö in uns eine ©eflalt gewinnt, biß ©otfeß lid;t unß erl<?ud)tef , biß bie $raft unb ber Jj>bl)e unfere <0ct)wad)l)eir »crfcblingt, biß baß Seuer beß ^eiligen ©eifleß bie h'ijle beß Sleiftfceß Pet'äc^rt, unb alleß aufs fer ©ett unb ber £ugenb uns 9tid;tß iß.

)Q0ad)en niujj bamit »erbunben werben. m muffen wir aileß, waß wir nur tfjun tonnen, unterlaß fen aüeß, was wir nur unterlaffen fbnnen, auf biefetn 5Ö3ege immer weiter ju fornmen. Tiber beßwegen muf* fen wir jletß auf unfer eigneß #erj aufmerffam fepn, maß firf) barinnen regt, unb junWidje ©ebanfen unb Steigungen muffen wir foqletd) in ifjrer erften ©eburt erliefen ; ©eräufd) unb 3erßreuung meiben, woburd) un? unfer 3,el »errutft werben tonnte; allen Tlnldffett unb ©elegenfjeiten jur 0ünbe reblid) unb gewiffenf)aft außweid;en, unb lieber baß Tluge »or beut betrügen* fcbenOvei^ unb baß Dl;r »or ber »crfüfiirerifcben 0tim* me beß iaflerß »crfd)lief en , alß ihnen blinblingß ins Q3erberben folgen ; muffen bie 2lbfd)eulid)feit auch her großen 0ünbe unb Tlbn^icbung »om gofflidjett ©e|t£ unß red}t lebhaft ju machen fueben; uns flpinc

SUcr*

fcet ^erbcfferutig unfcvcc @eete. 50 3

SSergnugungen verfagen, bie unö ©efcbmacf an f>o= fjern freuten unb 3ed jur ©rfullung bei Pflicht rau# bcn fonnten; muffen ung unter feflem Vertrauen auf bie ©nabe ©otteg auf bie Sßer|ud)ungen gefafjt ma# eben, benen wir einmal nicht auemeid)en fonnen, unb wo wir einige 3eif erübrigen, im ©tillen ju ©ott be* fen. Unb wenn mir aud) fallen, unb taufenb iuefen unb Unvoüfommenf)eiten in unferer Jugenb bemerfen, fo muffen mir nur nicht liegen bleiben ober gleidigultig werben, fonbern fogleid) roieber ju unferni J>ater ge# £en, an bem mir funbigten, unb ber $u verjeif)en bc= reit ift. Tluf biefe Tlrt mirb unfer matter verirrter ©eifl mieber burd) göttliche Äraft aufg neue belebt, unb vom ^rrbifeben jum Fimmel, bent Drte unferer SBejUmmung erhoben merben. Unb in biefem ©e# fdjafte muffen mir big an ben 'Job getreu fepn, bamit niemanb ung bie Ärone beg emigen iebeng raube, wel# d;e ©treitern unb ©iegern in jener CCBelt aufbewahrt wirb. Tluf biefem $Bege allein , 0 mein Jperj, fannffc tu jur SKufte unb jur Freiheit ber ^inber ©otteg ge« langen. Unb biefer 206eg fet? noch fo fd)mal unb fteil; ter ©ipfel fep noch fo Iwcb, ich werbe ihn erreichen fonnen, wenn ich nur will, wenn eg mir nur ©rnft ifl, wenn nur ©ott mir beifte^f, unb er will unb mirb unb muh mir beifteljen, fo gemi§, alg er bie 7lllmacbt, Siebe unb Jreue felbfi ifl. ©g muh, eg muh ein# mal mein ganjer unb völliger ©rnft mit meiner Reffes rung fepn. ©g betrift mein emigeg SCßo^l unb bie er* habende ©lücf'feligfeit meiner unterblieben 97afur. ©g mu§, eg nutf} fetjn, SOßeft unb 4?er$ mag fagen, wag t* wollen, eg muh fan! ^d; werbe baö 3««l wit

3 i 4 ©ebef,

504 QSon Um hochwichtigen <2Berfe

©ebef, mit Uebung, mit Srnft unb SKebtirfjccit er» ringen tonnen , unb fo ohnmächtig id) in mir fclbjl bin, fo werbe id) bocf? aUeö vermögen burd) ben, ber mich mächtig machet, burch S^rijluö!

Steine geliebfefte Sufjorcr! ^fcfcö ift baß erjle« mal, bah ich unter ©otteß rcunberbarer leitung ju €ucb gefprod)en höbe, unb o wie ^erj(id) wunfdje id>, bah fd)on biefe erfie Diebe nicht uergeblid), fonbern ewig an euren 0eelen gefegnet fepn mochte, Die 3Bahrf)eif, öon n>e(d)er id) gerebet höbe, ifl fähig, einigen *ur ^pew&eimb <£rrmintcrun0,flnbernhin* gegen *ur ernft|id)en 'ÜpivecfUrtg ju bienen.

3;d) wenbe mid) nuerft an Sud), i^r guten Hebe« 0eelen, benen um bic 0e!igfeit ein ganzer Srnjt ift, unb bie if)r febon ben Anfang gemacht höbt, auf bem 2ßege ber ‘•«öefehrunq unb beß ©laubens an un» fern JfK’rrn 3efum ^fjviflum , fornohl bie Dtuhe alß bie Ofeinigfcit eurer J&erjcn ju fuchen, unb bie ihr eud> beftrebt, auf biefer Erbe einen himmlifd;en 3Ban« bei nu führen. $Celd)e §reube muffet ihr barüber em» pftnben, bah bie grofje ernftiid)e Einweihung auf bie Swigfeit bet) unß 0tatt gefunben h ot, inbem ©ot# teß ©eift, auß bem ihr jum neuen leben unb himmii» fd)en 0inn wiebergeboren fepb, euch 3«ugn<h giebf, ba§ ihr ©ofteö Äinber fepb, $hr fepb felig, unb fo lang ihr treu bleibt, wirb euch njemanb biefe 0e* ligPeif auß euren Jjerften reiffen fonnen. Denn, tvec heilig rfi, ifi feltg, bas ifl eine ©runbwahrheif, welche feinem Swifa unterworfen ijt, aber bie ficb

frei#

fcer <Verb#rung unfercr ©eele. soj

freilief) burd) eigne Erfahrung mef>r empftnben , als roeitlaufcig burd) Sßorte unb ©d)(üffe bemeifen läfjt. Allein, fet)b nicht flolj unb nid)t fteber! galtet nidjt ben Anfang fd)on für bas £nbe, ober einige ©ebritte für ben ganjen SS3eg felbft. ©ud)ef jeben ^ag im ©U* ten ju rcaebfen. £Rid;t bafj id)S febon ergriffen ^dtte ober fd)on pollfommen fei) ; id) jag’ ifjm aber nach, ob id)S auch ergreifen mod)te, naeböem icb Pon 3*fu (Ef)tifb ergriffen bin. 2$r werbet es fclbfl roiffen, bafj eure Sugenb noch mand)e Mängel unb lü» efen (jat, unb bafj wir nur ftufenweife Sortfcbrit* te in unferer Vefferung unb Vollfommenhett ma» eben. 3Bad)et baber über *euer Jperj, unb benuljef jebe ©elegenljeif, in ber wahren ^DBcid^ciC unb genb es ju immer fwbern VoUfommenheit ju bringen. SBie leiebt ift eS in einer 2Ö3elf, wie biefe ift, wiebet perfübrt ober Pom ©trome beS allgemeinen Berber? benS mit fortgeriffen ju werben, unb wenn man auch febon bie ©üter unb Kräfte ber jufünftigen 5Be(t ge* fdjmecft §at, bennoeb wie £)emaS bie SOBelt wiber lieb ju gewinnen. E6ie möglich iffes, bafj aus einem ^eiligen ein Teufel werben fann, wenn man bem auf» wadjenben Verberben ber fünblid)en £ftatur freien lauf lafjt. SCenbet alfo allen Sleifi in ber Heiligung an, olpne welche 9)iemanb ben Jjierrn f«ben wirb, unb fudjet burd) euer ganjes leben bas $iel ju erringen, bas eud) Porgeftetft ift. £>enn eigentlich foü unfer ganjes leben ein ßampf wiber bie ©ünbe, eine immer pollfemmener unb fefter werbenbe Vefferung, unb eine immer gefd)icftere Vorbereitung auf ben Fimmel fet)n, 2Benn tyr alfo in bie ©efafjr ju fünbigen fommt,

3* 5 v fo

506 93on fccn fjodjflroid(jtigen 3BcrFe

fo bebenfet, mie roeit if>r mieber jurüdgeftoffen mür* bet auf bem SOßege, auf bem ihr fd>en fold)e$ortfd)rif* te machtet/ unb benfef an bcn 3umf beö f>ei(igen Q)auluö : ^Betrübet nicht ben heiligen ©eift, barnit iljt ocrjtcgeif fcpb biö auf ben 'Jag ^efu (grifft!

'Hber , maß foü id) ju birfagen, ber bu nod) niemals mit rechtem (Jrnjf an beine Q3cf[erung gebaut, ©ber jte $u ©fanbe gebracht ©age, maß roillfl bu ? X)u miüfi gern felig jet)n, unb gleid)mol bieüueU le ber Unfeligfeit, ein ungebcffcrteß Jperj t>oü iafter« liebe bemalten. £)ie @ünbe, bercn clenber ©claoe bu bift, macht elcnb, jeitlid) unb emig efenb. 2Benn bu alfo fortfa^ren roirft, fie ju lieben : fo fann ich bitr tovaußfagen, mie bein ©d)id‘|al unb 3uffrtnb hüchfl* wat)rfcf)einlid) be|d)affen fot>n roirb. £)u mirfi nein* lid) bet) ber ©ünbe nieutalß recht ruhig unb jufrieben fet)n ; roirft ©ott immer alö einen erjürnren fKid)ter anfefjen, unb bief) oor ihm fürchten, anflaff ifpn finb* lieh ju verehren ; mirfi reblid)er frommer 9Jienfd)cn Umgang fliehen, unb bie greunblchaft ber iafterhaf» ten juchen; mirfi bid> immer tiefer in bie £)ienfibar* feit ber ©ünbe oerjiriden, unb beine SÖefferung im» mer fdjmerer machen; mirfi mahrfdjeinlid), meil bie ©ottfeligfeif fd)on biefeß leben beglücft, bei) beinein ungottfcligen ©inn, fein ©lud unb Sfßohfergehett auf ber©rbe,unb menn baß aud)nid)t märe, bet) allem fReid)thum, TCnfehen unb Vergnügen, fein ruhiges ©emiffen haben > »»icfl in leiben unb $6ibermärtigfei* ten troflloß unb oerjagt fct)n, unb bet) beinern ^obe n>irfl bu oor ber Smigfeit jittern, 3lber menn bu , bein

feer <3ßcrbcflerung unferer @eefe. 507

feetn gan& bem ©eifte ©otfeß ofnen unb bid) grünblid) jum Herren betören , unb ein frommeß ie, ben führen willfl: |iob>c 7 fo fann id) bir auch mif©e* wi{jl)ed ö‘c ©eeligfeit »orauöfagen , bie baraus folgen wirb. ©off im Fimmel wirb ftd) beiner erbarmen, unb in 3efu €()ri|to bir alle beinc 0ünben vergeben ; i(;n wirft bu ftets als beinen fjulbreicben SSater anfe* £en fonnen, bet bid), fein £inb, auf guten ur«b feli5 gen COSeqcn führt; bu wirft ein jufriebeneß ©emütlj, ein ruljigeß ©ewiffen haben, welches baß jwd)fte©iücf feeß iebenß ift; ©ngel, Tfußerwdljlte unb gromme werben bich als '-öruber lieben ; baß ©ute wirb bir feurd) Uebung immer leichter, unb enblid) gitr anbern Statut werben; wirft fletß mit ©otr, mit bir felbft unb ber ganzen Sftatur im heften Vernehmen fielen, oüe ^Prüfungen unb feiben ftantI)off ertragen, fo mancher Uebei überhohen fet)n, in weldje bie @unbe fturjf, fo manches ©lud unb greube haben, welche feie ‘Sugenb gewahrt, im *£obe wirft bu getroft fei)n, weil bu Reffen fannft, ewig felig $u fepn. 2Gaß wiüft bu wählen? 0eligfeif ober 33erbammnifj? feben ober $ob? 0egen ober gluch? Jpimmel ober $6(ie? 3e£t nod)3«in jc%t flehet nod) in beiner $6af)f. SSieÜeicht h^ft öu feiefe oft fd)on entfd)(offen, um$ufe(j* ren, unb beffere 2Gege 5U betreten, weil bu es fühl« tefl, wie elenb mache, ben ^)errn unfern ©ott 511 »erlaffen , unb feine ©ebofe ju übertreten; aber was hilft bir ein ©ntfddujj, ber nie jur 3.hat wirb? 0ns mal nru§ ©rnft werben, ianger fearffl bu nid)t fd)lummern unb fdjlafen! fdnger barfft bu bie unenb* Iid;e 0-harmung unb iangmuth bein ©otteß nicht

jo8 <2Son bettt hpchflnrichtigm ^JBcvFe

verachten. S^tc^f lange mef)r, &iefleicbf noch in bie« fem'Sahre, toielleicht noch in biefem $ftonatf)e fo ift bein $ob ba, unb bein ©djicffal auf ewig entfehie* ben. Hä) baß bod) beine ©eligfeit bir feine geringe ©adje wäre! Hä) baß bod) einmal bie Decfe bon bei« «em klugen fiele! Hä) baj? bid? ein göttlicher 3U9 er« greifen , unb eine göttliche Äraft bein ganjeß ,#er$ erfebüttern möchte. 0 mein 3Kitgefd)&pf» meinet» crlöfter! warum wiüft bu, jlatf felig, oerbammf fepn! SÖSaß f)afi bu bat>on, ber ©ünbe langer ju bienen? ©er ©off, bem wir gehorchen follen, ijt baß nicht ber ©off ber liebe? $ßiü er nicht beine ©eligfeit? fOiit welker Srbarmung ruft er unß ju; maß fyab iä) bir get^an, mein S3oIf, unb womit (jab’ich t)id? be» Ieibiget, baß fage mir? SCBdrß möglich eineß folchen ©otteß ju bergeffen? SEBärß möglich, fid> bon einer J^anb loßjureißen, welche unß jum ewigen ©lücf fu^* ren will? 3Bie, bu woQtefi nod) einen Tlugenblicf' jö* gern, if)m bein ^erj, ißm bein leben aufjuopfern? SDiit welchem göttlichen Mißfallen mag er bißfjer gefehen haben, wenn bu bon 3 eit ju Seit jögertefl? «Diit weldjer SÖSehmuth mögen jene feligen ©eifter, bie außgefanbt werben, jum ©ienfl berer, bie ererben foüen bie ©eligfeif , biefen 7Cuffd;ub bemerft haben ? SBie oft, wenn bteUeidjf fd)on bir, alß einem wilben löaume bie 2(rf an bie SQSurjel gefegt war, bid) auß* $urotfen, mag bein .fpeilanb nod? für bich gebeten f;a* ben, bah t>u f*efjen bleibefl, ob bu bielleicht nun grüdjte tragen wolltefl! £Birb benn jcmalß eine gele* genere 3«it fommen? SHSirb benn jemalß bie ©ünbe häßlicher, bie Sugenb aber liebenßwürbiger werben ?

*<h

fcct S&rbcfferung unsrer 0«e(*. 509

“Xd) bu müjjtetf fdjon in grofje güljlfofigfeif berfunfent fetjn, wenn bid) bas alles nid)t rühren unb bewege« foüte, je ef>er je lieber für beinen unterblieben ©ei(t ju forgen. $)arum wad>e auf, ber bu fcftläft, fbc^e auf von ben lobten , fo wirb bid) (EljrituS erleudjfen. $)enn wifie.* wer auf t>os 0leifd; fdef , ber wirb bas Söerberbcn, wer aber auf ben @etfl fäef, ber wirb baö ewige leben ernbten! O mein ©otf, I ajj bas, was gefagt worben ifl, nicf)( of;ne 9»7u|en bleiben. €rwecfe in biefen ^erjen eine (jeilfame Unruhe, ba>* mit fle auf ben SQoeg jur ewigen tXu£e gebraut wer* ben , unb la§ uns bie ^rüc^te biefer @tunbe in betf €wigfeit wieber jrnben!

aDrey*

5io Slnroeifung, ein wahrer 0)ttft &u werben,

. - jj .j, .ca-- - .'■ ■,,

SDreyfjtgße prebigt.

Slnwcifunij, ein wahrer (^l)rijl ju werfcett, $u la;n unO in bleiben*

©cfjftftcn im Jjang 6ci) einer Suvdjtcife im i?86*

«ycr r, beffen ‘Spron ber J^immef unb beffen fd)eme( t ic Cfrbe ifi, ©oft tlnenbficber, ber bu bift unb »warft »mb |et)n wirft, wenn bid) gleid) «He Jpimmcl nid)t faffen, fo l)ajt bu bid) bed) felbft evtldrf, unter uns an fold)en Orten befonbers gegenwärtig unb roirffam ju fe»)n , »wo man fid) oerfammlct, bid) itit ©eift unb in ber 3Ba(nfjeit an^ubeten, unb mir na* ^ern uns al|o beinern Slprone mit fmblidjet (Jf;rfurd)f, bir für alle beitic unjdf)(igtt» 5J?ohIt^aten ja bauten, unb bid) als unfern (iebreidjen $>ater um beine fernere ©nabe für uns unb alle ©ten|d)en ju bitten.

^a, bu gropes SÖSefen, beffen Cüijre bie Jpimtncl erjagen, unb wen beffen Jjerrlid)?eit bie (£rbe oofl tft, wir beten mit ^eiligem (£rftaunen beine ’DJtajefidf an, bie wir nid)t begreifen tonnen. 'Preifj unb £)anf fet) bir, bajj bu nid)t für bid) ailetn felig fc»)n, fonbertt aud) uns, ©efd)opfen beiner 'JlÜmad)t, ©cligfeit mit* teilen woüteft. ^Prcifj unb X)anf fei) bir, bap bu beine unj»d;tb«re ©ett^eit in ben gvopen SÜScrfcn ber

©d;opi

ju fcptt itftö ju £>Iet'6cn. 51 1

©cfjopfung Per unfern Xugen fid>f6ar gemadjf, bag bu btd? ung als ben ©oft ber iiebe geoffenbarf, baß bu ung ju Pernunftigen unb unterblieben SD?enfd)erx gefebaffen, ba(j bu ung bigfjer auö beiner unerfd)opfIi* d)en ©eger.squeüe mit unjdfjligen 2Bo§ltljafen übers firomt f)at. Q)rei§ unb X)anf fetj bir, bafj bu biefj unferer, a(g gefallener @ünber, angenommen, unb ung beinen ©of)n, ^efum 0)rifium, jum Erretter gefanbt f)aft. 7(d? ba§ alle9J?enfd)en bid)afg(£d)6pfer unb 23ater ernennen, bic^> alg Jperrn unb ©efefcgeber perefpren, bid) alg bas f)öd)te ©uf (ieben, bir als unferm t>öd?flen 2Bof)ltl)dter über alleg Pertrauen motf)s ten! £err, «penn fommt bie 3eit, «po ade Koffer beg ©rbbobeng bicl) einmütig alg ben einjigen «pa^= ren ©ott anbeten , unb fsd) unter einanber a[g 53ru= ber lieben «perben ? Xd) (a§ bag [Heid) beineg @o§» neg bag bu unter ung aufgeridjfet fcaf}, unb ba$ ein SKeid) beg Üd)fg, beg griebeng unb ber ©lucf* feligfeit ijt, unter ^uben Sttuljamebanern Reiben unb aud) unter Triften immer «peiter Perbreifet «perben. Mochten alle bie, «peld)e jtd) (Sbris ften nennen, eg aud) «pirflid) fepn, mod)fen j«e i^rert ©lauben nid)t burd)lieblojTgfeit unb ein un^eiligeg iv ben fd)dnben ! Xd) ©ott, pertreib immer me£r bie SHad)t beg Ungfaubeng unb Xberglaubeng unter ung, unb gieb, bafj «pir beine ^eiligen ©efe^e, «peld)e alle auf unfer roa^reg S5efle abjielen, burd) bie Straft beineg ©eifieö mit eben ber iuft unb bem (Eifer erful* len, afg beine 23eref)rer im Jbimmel!

0 ©ott, ber bu bie iiebe bijl, unb für bie $3e* burfniffe unferg ieibcg fotroljl alg unferg ©eijleg for*

Seft

5 1 1 Sforoeifuitg, ein wahrer £ljriß ju wetten,

geft , fdfenfe uns boch alles, was uns für bießs furje fPifgerlebcn nulj!icb unb tmt()ig iß* Erfülle unfere SBunfche, fo ferne fie mit unferm Seelenheil beßeljen fonnen. 2Bas Dem nachteilig iß, bas oerfage uns, wenn wir es aud) noch fo feijr wunfehen; was bas bes forbert, bas gieb uns, wenn wir es aud) noch fo un» angene§m finden foüten. ia§ uns weber ju reich noch ju arm werben; gieb uns aber bet) ber Xbwarfung unferer Q3erufsgefchäfte unfer ef)rltd)es Xusfommen, unb bewahre uns, bah wie int ©lucf'e nicht ubermü* thig unb ausfehweifenb, im Unglucf unb leiben aber nid)t niebergefd)lagen unb ttoßlos werben. Sd;enfe uns ein jufriebenes dperj, welches für jebes 3)?aaS bet* ner unoerbienten $ßohltf)Ofen banfbar iß. ©tweefe uns einen $reunb, ber es reblich mit uns meinet, unb gieb, ba£ wir alle unfere Kräfte, 5äf)igfeifert unb ©uter ju beiner <£hre/ unb jurn 53eßen unferer trüber anwenben.

$Bir fdjdmen uns unferes Unbanfs unb leicht* finnS, o ©ott, womit wir bid) bisher aus ben Xugen gefegt, unb nad; unferm eignen oerfcf)rten Sinn ge* banbeit haben. CCBir haben gefhan, was wir hatten unterlaßen, wir haben unterlaßen, was wir hätten thun follen. 5ßir ßehen wegen unferer Sunben jn bir um ©nabe unb Vergebung, unb faßen öor beinein Xnge(td)fe ben aufridjtigen unb ernß(td)en Sufdßuß, ju unferer <Pßid)t jurücf ju feieren unb bir treuem ©e* borfam ju leiften. D bu ewige iangmutf), ßefie biefo unfere Dieue, unb unterßu(je biefen unfern Vorfall* ©eh nicht ins ©erid)t mit beinen $ned;ten, benn

3u fct)tt unt> ju blctbem $ 73

toor btr ift fein iebenbiger gerecht. SCßie ftdj ein Q3a* ter erbarmet über Äinber, fo erbarme t»u bid) über uns. $abe ©ebulb unb Sftitleib mir unfern $e(jlern unb ©d)mad)heiten ; fchenfe uns ein oerfohnlidjes unb fanftmütl)iges ^erj, unb !a(j uns eben bie 97ach)Tdjf trieberfaijren, meldje mir unfern irrenben unb feigen* t>en SOiitmenfdjen erjeigen.

Unb bamit mir fünfrig nic^f fo unglucflich (Inh, irgenb etmas ju ffjun, bas bir mißfallt; 0 fo bemafjre uns gnabig bor allen SKeijungen jur ©unbe, unb !a§ uns in ben ©efaljren nid}t jinfen, treidle uns umrinj gen. lege uns nid)t mehr auf, als mir ertragen fotts nen. 53emaf;re unftr £erj bor 9)ii§trauen unb Un* gebulb burd) ben mächtigen ©ebanfen, baf? bu unfer ©oft unb Q3uter bift, unter bejfen allmeifer Oiegierung alle unfere ©d)itffa(e flehen. £>erfe|e uns burd) bei* ne Q3orfef)ung in folche Umfldnbe, mo mir im ©utett immer mehr befefüget merben, unb unferm groben ^iele immer naher fommen fbnnen.

3a, gütiger Öott, es ijt bein ernfHicher SBilfe, ba§ uns allen geholfen merbe folle. X>u f;aft uns nicb£ ju unferer D.uaal, fonbern jur ©lürffeligfeit erfd)af- fen, unb bu millft, ba£ mir jur SÖSeisheit unbSugen{> gebilbef unb unferS XJafepnS froh merben foüen. Tiber noch Üben mir in einem ©tanbe ber Prüfung unb Sucht, in meld)em mir jur Smigfeit erlogen merbert foüen; nod) fmben mir an uns unb anbern mit Uebeln ju fampfen, melche bie ©ünbe über uns gebrad)t hak £> fiobe uns bep allen 03e|d)merlid)fetten biefes iebentf SJiuth unb ©tanbljaftigfeit ein, unb richte unfern 2Micf oft in jenes beffere leben, mo mir bon allen ite* iweit« $ t he ln

5 14 Sfnweifung, ein foafymGLfmjt ju tmbtn,

beln erlcfet werben , unb in beiner ©emeinfcf)aft un= öusfpred)ltcb unb ewig felig fepn (offen.

Sß?ir bitten aber nicht alfetn für uns, fonbern auch für affe SOlenfchen auf bem (frbboben, als bie mit uns qleid>en Urfprung unb gleiche Söefiimmung haben. Sftiwrn Dich, o bu Q3ater ber SDlenfcben, aller leiben» ben an; erquiefe alle ^ranfen, erleuchte alle Unwif» fnben; belfere alle iajierhaften ; trojle affe traurigen; unb febenfe allen ©terbenben, welche fict> jejt in ben bunfdn 'Shdlern beö ‘Sobes ben Pforten ber (Jwigfeit nahem, einen feligen Tiusgang aus biefer in bie un* ftchtbare ^Cßelf,

0 bu Tillwifienber, o bu Tillmachtiger, o bu Tillgütiger! ber bu alle unfere 23ebütfnijfe fennjl, e^e wir fie bir fagen, ber bu es beffer weißt, als wir, wa* uns wahrhaftig gut ifi, ber bu uns allein helfen fcarmj? unb hdfen txulifi, erhöre unfer bemüfhiges ©ebet, unb tl^ue nod) mehr, als wir bitten unb Per» flehen fonnen. £>ir fet> lob, «Preis unb Anbetung in alle (£wigfeit! Timen.

$e;cf: 2ipo|Telg. n, a 6.

£)ie junger mürben am erperi tiod)ien £f>n|len genennt,

^Darinnen jlimmen mir gewijjalfe ü6erein, meine ©eliebten! bajj “Sugenb unb ©ottfeligfeit uns glüefs lid) mache, unb bah fein SSJlenfd) auf ber £Gelf fet?^ ber fchon hier glücffeliger leben fbnne, afs ein wahrer

Shriff.

ju fepn unb ju bleiben. ji?

deswegen roirb euef; aud) fo oft bie ©d)on* ^cit t >er Sugenb mit Öen reitjenflen färben gemalt, unb i()r mißlicher ©nftojj auf euer roaljreg $ß0f>l fo itacbbrucflid) borgeftellt, um eure Jjperjen für fic ein* $unef)inen. 2ö3ie oft mujj mancher aud) bet) |ld> felbffc gefle^en: ja ma()rfjaftig, roergutijl, tnuj) glucflid) fepn; o menn id> fofiomm unb tugenbf>aft leben fontt* tt, wie ^efus mid) haben roilf, unb mir mit feinem SöSanbei alg SDtujter borgeleucbfet bat, mie ru^ig unb felig mürbe icb febon auf biefer 2Be!t fet)n ! £s ij* ettt unauöfprecbiicbeß Vergnügen, wenn id) bisroeilen nur einer guten unb eblen £anblung mir bemüht bin, unb teb beftnbe mid) habet) fo roobl, menn icb mir fagett fann, bafj id) nach meinem ©eroijfen unb bem SBiüett meineö @d)bpferg ge^anbeft ^abc. $Gie fo felig mur= be id) alfo fetjn, roenn id) in allen $düen gut unb cbrifllid) hielte, wenn mid) ein gan3 ebritf lieber 0inn belebte, unb icb einen gan* reinen unbefledtett SBanbel oor bem 7lngefid)fe beg 7IUmdd)tigen fuhren fonnte ! ©ag i|t alfo auggemadit, ba§ ber (£f)ri|T, ber »af)re C^rifl, ein recht glucffefiger Üttenfd) fet).

Allein, bag ift ^ierbet) eine wichtige fraget wie fangt man eg an, ein magrer §f)rift $u merben? SQJelcbe Mittel mufj man beöroegen brauchen? aufroeb <be Äennjeicben mu& man Tlcbf haben? belebe Spins bernijfe mufj man aug bem SBegerdunien, unb mo* ran mujj man jtd) halten, um nid)f nur auf ben 'TBeg ber roafjren ©lucffeligfeit ju fommen, fonbern auch auf bemfelben big ang(Jnbeju bleiben? Jpierauf babett leerer ber üieliqion unb if)re 3ubar«e am meiflen ju <tcf>ten» £Cit jtnb €>unber, unb bag i|t genug, ju

& t 2 begreif

5i 6 2lnmdfuttg, ein wahrer 0>ri(l ju werbet!,

begreifen, bo§ tr»it elenC* finb. ©lekbwol aber wol* len wir alle gern glücflid) fet>n. tiefer 8ßunfd) ifl euch unb mir tief in bie (Seele geprägt. 5ßie würbe td) mid) freuen , wenn id) jejt etwas barju beitragen tonnte, eure 0eelen juni Biele *u leiten. Äomnif, Ia(jf uns ben 3Beg fud)en, auf weld)em wir einen gndbigen ©oft, ein ruhiges ©cwijfen, ein frommes Jperj , ein ewiges Jpeil finben. werbe nid)ts fa= gen, als was aus Ueberjeugung unb liebe dienet; «nt» id) wünfdje einem ^rjte gletd) ju fepn, meld;er eben nid)t bem Äranfen oorfagt, weld) ein tfjeureS ^leinob bie ©e|unbf)eit fen, fonbern weldjer bie bewert 93iittcl Porfdilagt unb anwenbet, woburd) man gefunb werben unb bleiben fann «rill eud) ndmlid) eine

auf 0d)rift unb (Erfahrung gegrünbete 2(tnvctftitig ertbeilen , wie man ein wagtet C^rtfi werden, feyn unb bleiben tonne.

S3?an wirb Durd; ©ebet, 9}a$t>cnfen unb

Hebung.

Sftan jeigt, ba&mcm fep, burdj roaljre©otfc feltgfeit unb $ugehD;

Sftan bleibt e$ Durch ^Bac^famfeit unb $reue.

'Sie erfle $rage ifl alfo biefe: wie fangen wir e$ an, wa^re (S^riften ju werben ? was mufj bet) uns Porqefjen, was wirb an unferer 0eite erforbert, wenn wir in bie Rechte unb Verbinblidjfeiten biefes großen eljrwürbigen Rahmens einfreten wollen? Vielleicht wunbert jid) mancher über biefe §rage, weld)er es feiner Sfftepnung nad) fd>on longfl bureb bie ©e* burt Pon chrißlid;e Eltern unb burd; bie ^eilige 2au*

fe

U7

311 fet)n unt) 3u ftfetben.

fc gctccrfcert ifl; t>ieücicf)t rafft er mir, tuen« id) Reiften befe^ren roiü, als $Jlif?ionar nach Dfl< ober SGeflinbien ju reifen, um eine 7(nweifung, ein <Sf)rifl ju werben , folcften ieuten $u ertfjeilen , melcfte nod) nieftf getauft flnb, unb nod) nie etwas uon £()ri» flo gehört haben. 2(ber meine S'reunbe, wenn es ein großer Unterfd)ieb ifl, blos ben Flamen eineö (Sf)rt= flen ju führen, unb in ber $hat a^ß c’n iu han* be(n , wenn (Eljriflen nid)t geboren , fonbern gebilbet werben; fo fürchte id), ba§ felbfl mitten in berührt* ftenfjeit nod) Reiben ju befef)reji finb, unb bafj Q3iele welche ftd) einbilben, fd)on £j)ri|len $u fepn, e6 erjl nod) werben muffen. Unb wer unb mag ifl em walj* rer (E()rifl? €in SJienfch, weldjer !jefum Sbriflum für feinen .fterrn unb Jpeilanb, für fein ^jorbilb, für feinen (wchflen feerer unb Tfnfüfjrer, für feinen Dlicbfec erfennt; ein SDlenfd), ber feine Abhängigkeit t>on ©ott, fein fünblidjcö (2flenb, feine 'SobeSroürbigfeit fühlt, unt) fcurd) i^n, alö ‘SDlittler, ju ©ott kommt; ein SDlenfd), ber feinen ©lauben aus beriefme (S^rtfli Verleitet, unb oüe feine Jpofnungen auf fein löerbienft unb feine 23er= heifjungen grünbet; ein ’SSJlcnfd), ber burd) ben ©eifl 6f)r(fl( belebt unb regiert wirb, unb in feiner £)enkungg* ert unb feinem Verhalten fid) immer mehr nad) bem ©inn unb 53eifpiele 3efu £(>rifli &u bilben fud)t; ein SOienfcf), ber Richtig, gerecht wb gottfelig in biefer 2Be(t lebt; ein ?0lenfd), ber wie fein JpeilanD, ©ott über al» les, unb feinen SHebenmenfrfjen wie ftd) felbfl, ber aud) getnbe liebt, unb in beffen Sf)arafter alfo befon= berö ©anftmutf) unb $5emutl) fjeruorflecftenbe $üge flnb; ein erleuchteter, ein geheiligter, ein begnabigter,

£ k 3 ein

5 »8 Stoeifutig, ein toafyrer £(jwß *u toeröen,

4

ein (Ehrißußabnlicher SRenfdj, furj, eine neue &rea* tut, gefebaffen in Cbn|to 3cfu 3U guten VDetf fen. Cas ein (Ebrift; unb bu bifl baß mein 3Us fjorer? !^cb habe *rrar bae gute 3utraucn / ba§ in einer fo gro^n 93erfammlung Seelen giebt, roelcbe wirflid) burd) (Elfrißi iehre unb ©eiß erleuchtet , ge* bewert unb begnabigt morben finb; aber ba es unter großen beerben aud) räubtge 0chaafe giebf, fo fielet ju befürchten, ba§ mancher ßd) für einen (E|)rißen unb für ein ^inb ©otteß l;dlt, ber bod> niebtß roeni* ger iß. Daß äußerliche ^3efenntnif machet noch nicht auß. (Eß gehöret mel;r baju, 5Bie? bu ein Anbeter eineß ©otteß, ber bie #ei(igfeit felbß iß, unb bod) ein laflerßafrer 5ftenfch ? Du ein ©cbüler 3efu (Eijrißi / un& wiüß boch rceifer fetjn, a(ß (Er unb feine 'ilpoßel? Du ein s^efenner (Ebrißi, unb fd)ämß bid) fernes Namenß? Du ein Nachfolger beß feu* fd)en 3rfuö/ unb ergiebß bid) aller Unreinigfeit? beß bemütbigen ‘Jefuß unb biß ßolj? beß fanftmütf)igen !Jefuß, unb biß rachgierig? beß heiligen Jefuß, unb biß ein $einb beß ©Uten unb ein @daoe beiner iaßer? Nein , Jreunb, bu biß Pein (Eljriß, bu mu§t es erß werben, unb bu fannß unb trirß merken, trenn bir barum ein <Ernß iß.

(Eß mir, alß wenn bie ‘Jßabrfjeit ßcb hier un'O ba eineß dperjenß bemeißerte , unb ber ICunfdj öufßieg: 283aß mu§ id) tlnm, ba& id) ein (El)t'iß, baf’ ich feüg werbe? Die erße <Pßid)t einer folchett auftrad)enben nadjbenfenben I0cele l)erßid)eß ©e# bet, öerbunben mit btm ©ebrauche beß göttlichen SBorteß , mit NachbenPen , mit Uebung , mir immer

weitern

ju fei)n unb ju bleiben. 519

roeifern ©freben. ©trcas muffen bod) bie Süßorte un< fers Jpeilanbes : *>cn neuem geboxten werben bebeuten, unb fle jeigen geroif eine .ÖaupfberänDerung bes .JjerjenS unb 333anbelö an. $at bir es bisher ba« ran gefehlt: fo erwarte fle burd; fein Süßunber, fon* bern gebrauche bie ©nabenmiftel. li§ mit 9ftid)btn* fen unb Tlnbacht baS göttliche 5ßort, bergleiche bamit ben 3ujtanb beines JperjenS, unb bete $u bem um £r* leuchtung unb Äraft, melcber ber bester bes liri)tS unb ber 0„ueÜ aller Q3olIfommenheit jjt. „0 ©ott, 0 mein©cböpfer! mein ©rhaiter! mein einiger hödj* fier ^CBo^lt^ater , bon bem id) im leben unb £obe, „bon ber ©eburf an bis ins ©rab, bis in alle (Ernig* „feit mit leib unb ©eel abfange, erbarme bid) über „mich, unb fd)affe burd) beinen ©eiff in mir, rc>a$ „bor bir gefällig ift. fcin baß 5Berf beiner 4?dnbe; „aber burd) frembe unb eigne ©chulb in Unbollfom» menfeit unb Qülenb geraten. Jgulf mir baraus, unb „jeige mir bie Süßege, bie id) tbanbeln foü. Süßen fyat „be ich in biefen 3rf9^ngen ber Süßelt fonfl, als bicf), „ber bu mir bein SÜßort als einen fid>crn SÜßegroeifer „gegeben ^afl ? 0 mein göttlicher €rlöfer! laf bein „SSerbienft für mich nicht bergeblich fepn, bilbe mich „nach beinern ©inn, unb Iah mich bie juchte beiner „93erfohnung in 3*i* unb ©roigfeit genießen ! D bu „©eiff bes Einigen, erleuchte mein bunfleS £er$! ftärfe mein fchmacheS £erj! heilig* mein unreines „Jjerj! befeflige mein roanfenbes £erj!“ 23etefl bu oft fo, unb ernfUich : fo roirb ber, roelcbec ben ©alomo nicht unerhört bon feinem ^Iprone gehen lief, als er um ein roeifes frommes £er$ bat, geroif

Ä f 4 nud)

520 ffotwifung, ein ju mcrticn,

öud) btd) erkoren , unb ber ©runb ju einem roafjren QÜ;ri(ient()um roirb in beinern Jperjen gelegt werben. Unterbrücfe ober bie guten fKüfirungen nid)t; ge^ebec ©pur weiter nad); benfe oft über bas, was bu biffc unb fet)n follfl , wieweit bu es fdjen gebracht tj^f*/ itnb woran es bir nod) fehlt; weid>e ber ©elegenheif jur ©ünbe aus, unb übe bid) in allen d)i'ifUid)en ^u« genben nun mit eben; betn Cüifer unbftleijj, welchen bu ber» irbifd)en 2lngelegenf)ei;en bliefen ld|fe(t. 'Senn unfer (S^riftentbuin perlangt eben fo wohl, wie unfer Söeruf, flete tlebung, unb wenn wir nur mit reblis chem gleiß in ber Heiligung forrfahren ; fo werben mir halb mit jwhanneg &ag ©eßdnbnifj fütjren; ©et* ne 0eborc itnb nidit fchwer. SSBir werben alfo nicht <Ef)rißen burd) bie ©eburf, burd) eine unmittelbare Ärafr ober 2Bunber, fonbern buvcb ©ebet, burd) Sftochbenfen über unfern 3ufl°n& unb burd) fleißige Uebunq.

5Btr fommen nun jut ^weifen 5rö9e; w*c ^cigC man eS, bat* man ein (Sbrifi jcy? welches itnb bie fcherflen ^ennjeid)en, nad) weldjen man bie Otedif* fdiatfenlpeit unfers SbriflentbumS beurtbeilen muß? Törinnen äußert ficb ber d)ridlid)e ©inn, unb wie be» Rauptet man feinen d)riftlid)en (Sbarafter? Caswalj* re (£ljriflentl)uni befleißet juerfl nid)t in einem bloß lee* ren ‘ißiifen unb ht(torifd)en ©lauben. Qis fommt()ier tielmebr auf ein rcbltches ilusüben an. 3e*9e fl,fo teinen ©lauben mit beinen Werfen , fonfl ift er tobt unb ein ‘iSaum olpne gruebt. Unfer gottlidjer Qirlofetr aber l)at es langfl als em ficbereS ^enn^eid)en feftge# f fyt, nad; weld;em wir uns unb 2lnbere beurteilen

müjfen.

521

ju fet>n unb bleiben.

muffen, wenn er fagt: 21 n i^ren ^tuc^ten föUt ity fie ernennen. @age olfo nid)t: id) bin ein recht* gläubiger (Eorijl! ein guter Lutheraner! tiefes Q3e* fenntnifj n>tr& Dir nichts helfen , wenn Dein Jperj unb SBanbel ungebeffert bleibet. SBeber iutfjer noch Safe »in, weber ber 93abjl neeb SKulpameb, weber $0?o* fee nod) @ocrateg ftnb Herren beineß ©laubeng. fue Slpriflue ift bein £eilanb unb Siebter, unb alles wirb julc^t barauf anfommen, ob bu wirflicb ein gu» ter (Eh# gewefen fenfl,

2iud) befielt boe <£h#enfhum nicbf in bun< fein unb febwärmertfehen @eful)len, nid)t in ber SBeos baebtung gewiffer aufferiieber ©ebrdud;e, nicbf in Äniebeugungen unb ©ebeten, felbfl nicht einmal bloö in einzelnen guten ^anblungen. &ie(e, felbft gute Seelen fefcen einen ju großen SBertf) auf bie ©cfüfjie unb (Empftnbungen in ber Oieligion, unb glauben wcltf gar, ba§ fte feine guten %ifien ftnb, wenn fte nid)£ bet) jeber ©elegenbeit ftarfe Bewegungen in if;ren Tlffecten Perlpüren, ober ficbnicbt in fronen ergießen.

empftnbfamee £e rj unb eine ftarfe ©inbilbung# traft tonnen unö irre fuhren, wenn fte nicht unter ber Regierung einer gefunben Vernunft fb^en. ©ben fo galten fleh auch Biele für Triften, wenn fte biö= meilen bet; einer «Prebigt ober fonft einige gute £Ku(j« rungen in ihrem Serien unb ©ewijfen wahrnebmen. Tiber maß helfen alle (Erwecfungen , alle Borfähe, wenn fte nid)t fruchtbar in tyattn werben. 2ßaS alle Besprechungen, welche man fd)on wieber bricht, wenn man, fte faum getljan hat? Mancher »erfchiebt

® ? 5 feine

5 22 Stoeifung, ein tt)cif)«r0)rif! ju toertwt,

feine S5efef)rung biß aufs itranfenbeffe , unb glau6f, bofj er febon ba in einer Minute ©ott alle ab= bitten , unb ein guter (Efprift roerben fonne. Allein, wennet ifjr Denn, ba§ cm flud)figer 0euf$er, einige Pon Der naben ©efafjr beß $obcß erpreßte fronen, aQe 0cbanbflecfen beß Porigen iebenß »oegnoifeben, unb bas febon im Q36|en Perbdrtcte unb perrpilberte #er\ auf einmal umdnbern, erweichen unb beffern fonne?

(Eine ungleich grofj^re 7fn^af>f ber (Eljriflen litflf an Dem Q3orurt()ei(e fianf, als tpenn baß 2leuf?erlid;e ben (Ebriflen ausmacbe, alo wenn bie Religion baupt= fäd)lid) in ber Jp» iliqimq geivilfcr Etage, in ber 53eob# fung qetoijfer ©ebtdndie be|^4,nbe. SBenn man Die SD}enfd)en (picr mit 'Jtnbacbt unb 0tille baß göttliche QBort boren unb ganj (sfprfurebt ju fepn fdjeinen fie^f, fo follte man glauben , fTe rodren bie beflen (Eljriftcn. *2lbcr wenn man ilpnen Ipcrnad) in bie 2ßelt nacbgel)ef unb bemerft, »pie ber eine fleh ber flßoollufl, ber an» bere bem ©ei(j, ber brittc bent 0tolje unb allem Ue* bermutlje ergiebt, fo entbeeft man einen unerfldrlichert QBiOerfprucb. Oeein, i(jr 9Ttenfd)en, baß Idjjt fleh nid)t pereinigen. 5ftan fann pid)t in ber £ird)e ein (Engel, unb in ber $UMt ein Teufel fepn. EEftan foll uid)t auß einem EDJunbe ©ott loben unb and) fluchen. £)ie SHeligion barf auf feine feiten unb Oerfcr einge* fd)rdnft noerben, fenbern mu§ bie $ül)rerin unferß ganjen iebenß fepn, unfer ganjeß Jporj Durcbbringen, alle unfere Jjpanblungen regieren, unb unß in bie 0ti(# le, fo wie in baö ©erdufch ber SÖ3eU, ju unferm

$>er*

ju ftyn «nC> ju bleiben. 523

Vergnügen fo wie ju Weiten unb ©efdjöften beglei« een. SSftan fann mitten in her SOßelf feinem ©oft bie* nen, wenn man in feinem Berufe, old Dbrigfeit ober Unterthan, old Sefjrer, als ©affe, olö '#afer, old Äb/ als greunb, als 23ormunb bie Pflichten reb* lid) erfüllt, bie mir ©ott, uns felbfi unb onbern fchul* big jlnb, unb ber wahre ©ottesbienft fann nicht nur, fonbern mufj aud) mit unferm 5Banbel im gemeinen ieben verbunben werben, fonfl triff und ber Mußfprucfc unferd ©rlofers: (£e werben nicht alle, bie 311 mir (ogen: Herr, Herr, in boe Himmelreich kommen , fonbern bie ben XPiUen tyun meines Varere im -faimmel.

(Jnblitb gie6t es auch fold>e genug, welche ficb blöd beswegen fcbon für gute (Sbrifien galten, wenn |?e bisweilen etwas ©utes tf;un, unb einjeln gute Landungen verrid)ten, welche ihnen leicht werben. S)er ©efchäftsmann fyat jum 53eifpiel einmal einen großen ©ewinn gehabt, unb nun benft er etwas ©ro« feS ju tbun, wenn er babon ein geringes ©efdjenf macht, ober Firmen eine SEBohlthae ert^eilf. Ober er bat vielleicht mit Unrecht ein großes Vermögen ange* bauft, unb glaubt ficb nun mit ©off unb ber SOßelf om bcflen ausjufohnen , wenn er eine milbe ©tiftung macht, betrogener ©terblicher! mepneft bu, ba(f beine hollen £i|len für bas leere 3$erjeicbnijj beiner Sugenben genug tbun werben? ©olftefl bu nicht im* mer mehr bebacht haben, für wae, als wie viel bu fammleft? ©olltefl bu nicht bein ©igenfbum fdjon bei} iebjeiten vernünftig anwenben? 2Btr müjfen nicht

blöd

524 2Intwtfung, ein mof>rer gorift ju twt&ett,

6(oS bas leichte, fonbern aud) baß @chroere im ©e« fei; erfüllen ; muffen ©otf auch foldje Opfer barbrin= gen , bet) welchen cS nid)t o^ne @elbfloer(eugnung ab=> gebf, muffen auch iieblingsfünben fjaffen unb fchroere 5ugenben ausüben. &u bift entfjaltfam unb bauö* bd(terifd): aber auch gerecht unb rool)[tf)dtig ? IDu biff bemütf)ig ; aber biff bu nicht etroa habet) frieebenb unb f)eucblerifd)? £)u biff ein geinb bes©eif$e$, aber aud) ber&ßolluff unb '33erfcbroenbung? £)u biff gro§* mütf)ig; aber iff beine ©rojjmutb nid)t etroa 0tolj? S)u Pannff geringe Q3eleibigungenpcrjeif)en: aber liebff bu auch beine geinbe? £ur$, roenn roir roabre (SbriJ flen fepn rooüen, fo mu$ es nicht ftüd'roeife fepn, fon* fcern $u etroaß ©anjem fommen; unfere grümmigPeiC mub ffd) ftets g(eid) bleiben; ber (S()riff muf? ein greunb jeber ‘Jugenb, ein geinb jebeß lafferß fepn: fein ganzes £er$ mujj immer reiner unb ebler, fein ganjer SBanbel immer ^eiliger roerben*

«Eßoran Pann man nun aber tt>of)( am beffen fe< §en, ob jemanb ein roabrer §briff fei)? antroor« te ; roenn man gejinnt ift, roie 3CM (Efjrifhia gcffnnC war, unb roanbelt, roie er geroanbelt fyat , ober, an einer roafjren unb feffen grommigfeit. Unter Uften* fd)en giebt es Pein fo öoüfommeneS Puffer , ba§ man fagen Ponnte: mache es gerab? roie biefer ober jener. ’Jfber (Sbriffuß iff bas üftufter, nad) roefdjem roir un$ bilben fotlen. 2£er aber roar geborfamer gegen ©of* teß 3Biüen als er? roer roar mdfjiger, entbaltfamer, feufcher, bemütbiger, gerechter, fanftniütbiger als er? $S3er roar grojjmütbisec unb perfebonenber gegen

geinbe,

ä« fet;n unb ju blei6en* 52s

^etnbe, unb jdrtlicber unb treuer gegen greunbe, als <2!r? 2Ger trar gebulbiger unter allen leiben, alsQfr? SEßer trar arbeitfamer unb gefdjaftiger in ber ilbtrar« fung bes grofjen $BerfS, tro^u er gefanbt trar? 2ßie «r aber »rar, fo foll fein Schüler auch fepn ; unb nur alsbenn galten mir uns of)ne 3rrtf)um un^ $rugfd)lu§| für inaf)re (E^riflen , trenn nur feiner @inne$art ge» ntafj benfen, unb feinem 53eifpiele gemd§ haHbeln* SDaS £at er oft fdbft geforbert. £Ber mein junger fetjn roiü , fpriebt er, ber Perleugne ftd) felbjl, neunte fein Äreuj auf fiel; unb felge mir nach. £)aran trirb jebermannerfennen, bafj if)r meine junger fet)b, trenn i£r liebe unter einanber |>abt. 33efertbers jtnb De« mutf) unbSanftmutfj bie fchönflen perlen in ber Äro« ne ber (Shrtjientugenben. lernet pon mir, fagt er, benn id) bin fanftmurhig unb Pon Jjterjen bemufljig* £ur&, mit eben bem finblid)en, gottergebenen, tu= genb^aften Sinn follen mir unfer $f)un unb laffen, unfere ©eftnnungen unb Verhalten einrid)ten, unb bas ijt bas ftcherfte £ennjeid)en pon ber 9icchtfd)af» fenfjeit unfers (E()riflentlwmS*

Mein, fpier trirb mancher fagen; wer fann fo leben? 3Benn bas fc ifi, tuet- fann felig trerben? biefern *£one f)at man ftd) immer über bie Strenge t>eö (Efjriftentfjumö befchtperet, alö trenn ©ott mc(je Pon uns forbertc, als trir leiflen fonnfen. 9iein, mei« ne ^reunbe, es ifl nicht fd;trer, es ift leidet, ein Gfjrifi ju fet)n, trenn man es red)f anfangt. ©ein 3o<fc iff fanft, feine ß.a(i ifi leicbt» <£s ftnb nicht fehlere unb unerträgliche Sejfeln, welche er uns an«

5 26 2lm»eifung, ein toterer ©Ijflfl ju toerfcett,

legt, es ift eine felige ©ewalt, womit er uns ju fei< nem Dienfte jwingt, unb bie wahre greifet beftefjet barinnen, ba§ wir leinen befehlen gel)otd)en. ISlet)* ret if>r Denn, baß es leister fetj, ber Sßelr unb ©uns be 511 bienen? 2lch bas lafter belohnt feine £ned)te mit Unruhe unb 0enb, raubt ifpnen iljre greifet unb flutet fie in bie ^erbammni§. ©eljet boeb nur bie armen 93ienfd)en an , weldje in ihrem eitlen »erblen* beten ©inne bal;in wanbeln, unb entweber ber ©uns be ungefebeut bienen, ober hoch i§r #erj jwifeben bem Dienfte ©ottes unb ber SEGelf feilen wollen. SQSie fTnb fic fo ganj einem unruhigen OTcerc gleich ! 3Gie werben fie »on einem bofen ©emijfen gefoltert! wie unruhig finb fie mitten im ©enufj ihrer 0'telfeiten ! Tiber taufenbmal leichter ift cs, ©oft unb ber Digenb ju bienen, unb bas leben bes grommen ift ein ©pie» gel, worinnen fld) bie^errlidjfeit unbSKuhe bes hoch» ften SHSefenS abbrueft.

©nblich/ meine greunbe, m&fjen wir nicht nur eine ^eitlang iSf^riften fepn, fonbern es auch bis an unfern *Sob bleiben. 'Die lejte grage alfo ift : VOit bleibt man em C^nfi? Diefes ift nicht fo leicht, als man glaubt. (£s gehet t)ier wie im ^rbifdjcn. (Es foftet eben fo Diel ^ßachfamfett unb 9)tuhe, eine gute 5Birthfd)aft in Drbnung ju erhalten, als fie ein# jurichten ; unb es gehört eben fo »iel gleifj unb $reue baüu, auf bem SBege bes iebetts ju »erharren, als auf benfelben ju fonimen; Daher faget bie ©ebrift, ba§ wir aus ©ottes ÜJtacfjf burd) ben ©lauben be» wahret werben jur ©eligfeie, unb fie ermahnet uns:

#a(t

527

ju fepti unt) ju bleiben,

JPialfwaSbu haß, baßbirniemanb beine$!Vone raube., @et) getreu bis in ben $ob! $Gie beflagensmur* big bemnad) euer Sußanb, i(>r wanfelmüf()iqen unt> rückfälligen ©eelen, bie i^r bie Unfchulb ber ^ugenb verloren habt, mit junefjmenbem Elfter immer fdßech« ter geworben fetjb, bie if)r e^mals $reunbe ber 5fcu* genb wäret , aber untreu würbet. 2ßie hof)e U* fache ^abt i^r/ wie ber berlorne ©ofjn mieber ju eurem 533a» (er jurütfkef)ren , unb wie <petruS euren 5<iö $u bemei* nen , bamif euch roieber geholfen werben fbnne , efje euch ein plo^lidjer $ob übereilt. 5Damit mir nun auch wahre Triften bleiben können, fo will ich folgenbe furje Ütegeln empfehlen :

£)ie er(le Siegel bas ©e6ot unfers tfeifanbes VO& cfcet tinö betet, haß ih* nicht in 2infec& tnng fallet. 5Die Sftenge ber ©efa(jren unb SRew jungen jur @ünbe, mit welchen wir umgeben (inb/ machet bie Pflicht ber SBachfamfett außerß normen# big. SCßie biele fchäbliche ©runbfalje unb ©emo(m* feiten f)errfchen in ber SGBeft, bie uns halb bon ber Einfalt ber fmtimlifchen SQ3eis(jeit unb bom ©Uten ab* jiefjen können. 5H>te viele (Schlingen legt bie QüßelC unferer Unfchulb, SRebltcbfeif unb^ugenb.! 2Bie leicht es in einer SEßelf, bie im Birgen liegt, bom @tro* me beS allgemeinen 533erberbenS mit fortgeriffen ju werben ! 'Rber unfern größten ^einb tragen wir in un* ferm eignen 53ufen, unb bas unfer berberbtes unt) fchwacbes J^erj. S83ie notlßg es alfo hier, baß wir über uns felbfl wachen, baß wir gegen bas^Slenb» werf unb ben Sauber ber SÖSelt auf unferer £u t ßnb,

unO

528 SJnmeifung, ein waljmChriff ju werben,

unb jebe Sache nad) ihrem mähren 5ß5crt^e beurtheifett, ba§ wir jeben bofen ©ebanfen, jeben Unfall jurSun» be fogleid) in ber crflen ©eburt unterbruefen , unb unö auf ber fchn>ad)en ©eite am meinen »eridjanjen. S>ieh aber gefd)ief)ct auf feine mirffamere 5Beife, als moqlid)ft aller Gelegenheit jur Si'mbe ausjuroeichen, unb bie Kegungen unferS -het-jenS ju betuadjen. 'DJlit biefer SfBadjfamfeit mu§ aber aud) ©ebet uerbunbeit roerben. ^d) menne hier befottbers jenes J)erjensge= bet, welches man aud) im Umgänge mit ber $ßelf, unb bei) ber 2lbmartung feiner $3crufsgefd)dffe öerrid)* ten fann, weil cs nid)t fowol)l in langen Porten, als Vielmehr in furjen Rillen Seufjern befielet. ©rf)e6e bein Jjerj oft unb gern jum TlUgegenmärrtgen unb be« te: J?ier o mein ©ett ! ifl ein Sdjeibeweg, leite £)» utid)’. #ier ifl ein Vorfall, in weldjem guter Kath fd)mer ifl , jeige burd) beine SSorfehung mir Umflan* be unb ftßinfe, ans weld)en id) heuten Villen er« fennen fann! $ier ifl eine ©efalir, Iah mid) nicht in betreiben öerfTnfcn! Jpier ifl eine Gelegenheit jum ©Uten! lafj fte mid) eiligfl benuben! Jjpier ifl ein ©efchäft, Iah mid) fllucflid; »oüenben!

$)ie 3WOte Kegel ifl biefe : (&ebr<Ut<$e fleißig hie tTÜttel, weld)e ©ott uerorbnet hat, bid) in ber mähren ©ottfeligfeit unb ^ugenb nid)t nur ju erhol« fen, fonbern auch immer mehr ju befefiigen unb wet* ter ju bringen, ©ott hat uns fein Sßßerf gegeben/ fcafj es unfers Sufjes feuchte unb ein iid)t auf unferm ffißege fe\)n foli ; ifl es SBunber, bah ein ®lenfd) int ginflern tapt, wenn er biefem lichte nicht nad;gehen,

foni

Su fei)n unt> ju bfeibw» 529

fonbern feinem eignen ©utbunfen folgen rniü? ©oft f)ar bas biüige ©efe| gegeben, baf? mir fedjS £age in ber ’U'od}e arbeiten, ben fiebenten aber als einen Olus fcetag t'bm ^eiligen foüen; ifto min Sßunber, menn ber 3ftenfd) im ©Uten jurueffommf, menn er fogat aud) biefen Sag feinem ©cfyopfer raubt, unb an feit nem Sage me^r fürbigef, alö an biefem ? 2>efu$ (E^rtflus (;at ein ©ebächtnijjmal feines SebeS eingefefcf, ba§ mtterlofle trüber unb ©d)meflern fid) in i^rem ©lauben fldrfen , unb jur liebe unb ©ottfeligfeit er« muntern foüen; ift es alfo mof)f moglid), ba§ ^emanb ein (S^rifl fepn ober bleiben fann , ber biefe ©naben« ftiftung »erachtet ? 0 mein Sporer, bas gottlic&e SBort muffe bir lieber fepn als alle (&d)ä($e ber ©rbe! ©udje in ber ©dmft, bu mirft in if)r ben richtigen iebensmeg ftnben , benn fte ifts, bie Pon 3efu jeugef. gepre bie Sage bes ^>crrn in fliller Eingezogenheit, unb mit befferer 'Hnbacbt, als es leibet- hier gefdfiefjef.. 23er(a§ nidjt bie 53erfammlungen ber El;riflen, uni) fcbänie bid} nid)f, ben Sob beines Erlöfers ju feperrt, iie§ baneben ein anberes gutes 33ucb ; Permeibe fd)ledj* U ©efeüfd)aft; unb mdf)le bir einige fromme greun* be, in beren Umgänge bu S3elef)rung, erlaubten 3eif* Pertreib, Ermunterung jum ©Uten unb Sroft im Ul* ben ftnben fannfl.

®ie britte Otegel enblich ijt biefe t Verliere ttiemale baß grc£e 5iel ber (£w>ig£eit auß bett 2tugen! Siebente oft lebhaft, bafj es nur ma(jre ©ottjeligfeit unb Sugenb ifl , rnelcbe ben SSftenfchen §ier unb bort wahrhaftig beglüeft, unb baf? noch jen*

^iveitrc tO?l(. H ftjf

530 2fntteifung, ein wahrer df>rifl ju toerben,

feit beß ©rabeß fjerrliche löeloljnungen auf biejenigen war'en, weldje if)rem ^>eilanbe in unberrud'fer treue nachgefolgt finb. £)ie ©ottfefigfeit ifl ju allen £)in« gen nulje unb fiat bie SScrljcifningen biefeß unb beß jufünftigen lebenß. @d)on Ijier ifl bod) immer ber rccbtfd)affene 93lann, ber fromme (Efjrifl berjenige, welcher ft<h unb Tlnbern am nuftlic^flert ifl , unb bef» fen 25cmuf)ungen mit @egen unb Qjfjre gefront wer« ben. Tiber follte auch nid;tß ©uteß l;ier belohnt wer« ben: fo wirb bod) jene £öelf offenbar madjen, welch ein Unterfchieb fei) $wifd)en bem, ber ©ott ge=> bient, unb ber ifjm nid)t gebient (jaf. 23licfe alfo oft, o (Sfjrifl, l;in inß beffere leben, unb lafj ötcf> un« ter allen Äämpfen unb leiben burd) bie Jperrlichfeit aufridjten, welche an bir offenbart werben foll. Denn je d()n[id)er bu beinern -fpeilunbe f)tec an tugenb gewe« fen bifl, bcflo ähnlicher follfl bu ilpm bort in feiner •£>errlid)feit werben. Denfe alfo oft an tob ©rab ©erid)t unb Qiwigfeit unb alleß biefeß wirb bid> ju unoerdnberlid)er Oieblid)feit unb treue ermuntern.

©eljef, meine ©eliebfen, baß ifl ber 3Beg, ein wahrer CE^rifl ju werben, ju fepn unb ju bleiben, unb baß ifl auch ber fiirjefle unb ftd;erfle 3ßeg jur wahren ©lucffeligfeit. D wie würbe ich liefen tag fegnen, wo id} alß ein ^rembling baß erfle unb lejtemal unter eud) einige 5Cßorfe beß ewigen lebenß perfünbigef f>a« be, wenn ich uur efwaß baju beigetragen (jdtte, (£ud) allen, ober auch nur Wenigen, ja nur einer einjigen ©eele 3efum M$t unentbefjrlid; unb feine (jeifigfle

Oie*

3U fepn unt> ju bleiben. 531

üleiigion recht treuer uub öerebrungömurbig ju tna* eben. 0 roie rounfefa id), ba§ i(jr Me, i§r Me ben SÜSeg jur ©lucffeligfeit unb ©eeienruhe in Per Drb# tiung ber ©innesdnberung unb bes lebendigen ©lau» bens fuchet unb betretet, »reicher eud; gejeiget roorben ift! ©0 tonnte »cp ^offen , nach biefem ieben auf ber Srbe, tro nichts a(ö Trennung unb ilnbejianb ift, euch einji in ber beffern QBetC unb ror bem Sfjrone beö €n>igen wieder ju finden , unb i(jn auch für biefe ©tunbe ju fegnen! 0 wie nmnfcpe ich es ju bem aU* niddjtigen unb barmfjerjigen ©off, bafj er euch Men feinen ©eifi fepenfe unb euch beijief>en möge, bamit i^r bas, roas i§r ju fepn befennt, (Zfyvifien werden, unb nicht nur roerben, fonbern auch wirklich feyn, unb nid)t nur eine Seitlang fepn, fonbern and; bis an euren $ob bleiben mogef. Mien,

3itt erjl«tt Ö3anbe Seite ioi. Sinie 13* in bet Umfdjtct* feutig beö (junbett unb erffen ‘Pfdmä, lieö: Red) t d)W patt Jvetcl)tl;uni , unb Sinie 21, mir patt mir.

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